Protokoll der Sitzung vom 23.01.2014

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Erkrankt sind heute die Abgeordneten Jürgen Weber und Dr. Gitta Trauernicht. Wir wünschen Ihnen von dieser Stelle aus gute Besserung.

(Beifall)

Für die Landesregierung sind beurlaubt die Ministerin Dr. Wende und der Minister Breitner.

Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums aus Preetz. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Es ist mir eine Ehre, die Vizepräsidentin a. D. Frau Herlich Marie Todsen-Reese herzlich zu begrüßen. - Willkommen im Landtag!

(Lebhafter Beifall)

Meine Damen und Herren, bevor wir wieder in die Debatte eintreten, gebe ich Ihnen noch Änderungen in der Reihenfolge der Beratungen bekannt. Für heute Vormittag ist die Beratung der Punkte 18, 44, 9 und 27 vorgesehen. Am heutigen Nachmittag erfolgt der Aufruf für die Tagesordnungspunkte 28 und 36 nach dem Punkt 21. Die Punkte 13 und 19 sowie 41 sollen ohne Aussprache behandelt werden, und der Punkt 40 soll von der Tagesordnung abgesetzt werden. Es ist vorgesehen, am Freitag ohne Mittagspause zu tagen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Keine Zwangsmitgliedschaft in der Pflegekammer

Antrag der Fraktionen von CDU und PIRATEN Drucksache 18/1456 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Frau Abgeordneten Katja Rathje-Hoffmann für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Beginn der Diskussion um die Pflegekammer haben wir unsere Bedenken und unsere Argumente immer wieder dargelegt und benannt. Interessanterweise gab es schon bei den Befürwortern immer schon Zweifel und Bedenken.

Im Laufe der Zeit ist die Gruppe der Zweifler und Kritiker an der so teuren Zwangsverkammerung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen immer mehr angewachsen. Erst recht nach Bekanntwerden der Ergebnisse aus der interessanten Befragung der etwa 1.100 examinierten Pflegefachkräfte in den Krankenhäusern, in den Pflegediensten und in den Altenpflegeheimen ist dies sichtbar geworden. Die befragten Pflegefachkräfte erklärten überwiegend, und das zu 69 %, dass die geplante Pflegekammer die Probleme der Pflege in Deutschland nicht lösen könne, schon gar nicht in SchleswigHolstein. Das Argument für sich alleine betrachtet ist schon stichhaltig genug, um weitere Zweifel zu haben.

Erwähnen möchte ich auch, dass 56 % meinen, eine Pflegekammer bringe nur zusätzliche Bürokratie. Allerdings - das gehört auch dazu - sagen 51 % der Befragten, sie wollten eine Pflegekammer, und das sollte eigentlich beruhigen.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nüchtern betrachtet muss man sich überlegen: Was ist das für eine Zahl, und wie verifiziere ich sie? Insoweit sehe ich in der Befragung eine eklatante Schwäche. Von den 51 % der Befürworter sagen immerhin 17 %, sie seien nicht bereit, Kammerbeiträge in welcher Höhe auch immer zu bezahlen. Sie wollen keine Kammerbeiträge, keine Pflicht- und keine Zwangsbeiträge. Aber ohne solche Beiträge kann eine Kammer nicht existieren. Das ist verfassungsrechtlich so geregelt.

(Beifall CDU)

Daran kann man erkennen, dass die 51 %, praktisch eine absolute Mehrheit, gar keine richtige Mehrheit darstellen.

Hier lohnt sich auch ein Blick zu unseren Hamburger Nachbarn, die ebenfalls eine Befragung durchgeführt haben. Diese Befragung der Hamburger ist aber ein bisschen transparenter und differenzierter gewesen. Die Hamburger Kolleginnen und Kollegen haben nämlich vor der Befragung mit realistischen Zahlen gearbeitet. Es gehört zur Fairness dazu, dass man den betroffenen Menschen vorher erzählt, was eine Pflegekammer kosten wird, was sie kann und was sie nicht kann. Insofern hätte ich mir ein solches Vorgehen auch für Schleswig-Holstein gewünscht, damit die Pflegenden wissen, dass sie, auch wenn sie nicht im Pflegebereich tätig sind, den Beruf nur gelernt haben und in mittlerweile anderen Professionen tätig sind, trotzdem, wenn sie das Ex

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amen nicht zurückgeben, 5 € Mitgliedsbeiträge je Monat zu zahlen haben.

(Beifall CDU und Wolfgang Dudda [PIRA- TEN])

Die Staffelung der Beiträge stellt sich wie folgt dar:

8 € für Teilzeitkräfte, zehn bis 12 € für Vollzeitkräfte und 25 € monatlich für Leitungsfunktionen. Auch dies gehört für uns zur Wahrheit dazu, bevor man eine Befragung durchführt, nicht aber dubiose und nebulöse Zahlen.

(Beifall CDU und Wolfgang Dudda [PIRA- TEN])

Diese detaillierten Informationen wünschen wir uns auch hier. Vielleicht kann man das Ganze ja noch einmal starten. Aber dieses scheint nicht geplant zu sein.

Bei uns wurde gefragt, ob ein Beitrag akzeptiert werden würde, jedoch wurde nicht hinzugefügt, in welcher Höhe.

Der Paritätische merkt an - der steht nicht unbedingt im Verdacht, unser großer Freund zu sein -, dass Details in der Umfrage auffallend seien. Sechs Gründen für eine Pflegekammer stünden fünf Gründe gegen eine Pflegekammer gegenüber. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Schon die Optik wirkt positiv auf das bevorzugte Ergebnis pro Pflegekammer.

All die Hoffnungen, die die Befürworter haben, werden wie eine Seifenblase zerplatzen, wenn der Alltagstest ansteht:

Erstens. Monatliche Zwangsbeiträge in unbekannter Höhe.

Zweitens. Austritt ist nicht möglich.

Drittens. Pflegefachkräfte aus Schleswig-Holstein müssen trotzdem Pflichtbeiträge zahlen, auch wenn sie in anderen Bundesländern arbeiten. Das steht so im Flyer des Gesundheitsministeriums.

Viertens. Eine Pflegekammer darf und kann kein Bundes- oder Landesrecht regeln wie zum Beispiel das Altenpflegegesetz oder das Krankenpflegegesetz.

Fünftens. Es droht noch mehr Überwachung und Kontrolle für die Pflegenden und die Pflegeeinrichtungen.

Wenden wir uns doch lieber den dringendsten Problemen der Pflege zu. Das sind die Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Pflege, für gute Arbeitsbedingungen,

für eine ordentliche Bezahlung, für eine bessere Personalausstattung, für eine kostenlose und einheitliche Berufsausbildung, für effizientere Kontrollen, für weniger anstatt mehr Bürokratie.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Diese Probleme müssen wir angehen, und die Pflegekammer kann genau diese Probleme nicht lösen.

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und der SPD im Bund finden wir die richtigen Antworten auf die drängenden Probleme in der Pflege: die Reform der Pflegeausbildung, die Einführung eines Pflegeberufegesetzes, die Stärkung der staatlichen Berufsfachschulen, ein verbindliches Verfahren zur Refinanzierung der Berufsausbildung, eine kostenfreie Berufsausbildung, eine Qualitätssicherung und Entbürokratisierung durch effiziente Prüfverfahren. Das sind die Antworten auf die Probleme der Pflege, meine Damen und Herren, und nicht die Pflegekammer.

(Beifall CDU und FDP)

Gute Pflege braucht mehr Geld und weniger Bürokratie, schon gar nicht verursacht durch die Pflegekammer.

Der Widerstand formiert sich. Es ist nicht nur der von Ihnen so gescholtene bpa, dies ist das DRK, es ist ver.di, es ist der DGB Nord, der Paritätische, die AWO hat Bedenken, allüberall formiert sich Widerstand, und Sie wollen das so durchdrücken: „Basta“, sagen Sie.

(Beifall CDU und FDP)

Meines Erachtens schwächen Sie die Gewerkschaften.

Frau Abgeordneten, kommen sie bitte zum Schluss.

Ein letzter Satz. - Dass die Gewerkschaften das so sehen, können Sie daran erkennen, dass vor einem Monat der DGB Nord in Lübeck beschlossen hat, und zwar einstimmig, er will keine Pflegekammer.

Sie wollen der Pflege eine Stimme geben, meine Damen und Herren. Die Pflege wird ein dünnes Stimmchen bekommen, und das wird auch noch teuer. - Danke schön.

(Beifall CDU und FDP)

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(Katja Rathje-Hoffmann)