Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Ich habe vielleicht noch etwas Neues, was ich Ihnen heute erzählen kann, was Sie der Presse noch nicht entnommen haben: Die CAU - da bin ich absolut stolz auf unsere Landesuniversität, das hat mich sehr gerührt - plant eine Neustrukturierung ihrer Lehramtsstudiengänge. Die Module Pädagogik, Didaktik und Methodik, die sie im Bereich der

Lehrerausbildung bisher - sagen wir einmal - nicht optimal entwickelt hat, werden in der Zukunft einen weitaus größeren Stellenwert einnehmen als in der Vergangenheit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das kann man hier in dieser Visualisierung sehen; das werden Sie da jetzt nicht erkennen.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich bin mir absolut sicher, dass die CAU, die in den Fachwissenschaften - das wissen Sie alle - international spitze ist, mit dieser Neuorientierung auf die didaktischen, pädagogischen und bildungswissenschaftlichen Anteile der Lehrerausbildung in Zukunft eine Lehrerinnen- und Lehrerausbildung anbieten wird, die ihresgleichen sucht. Sie wird sich in Deutschland mit den exzellentesten Universitäten messen können. Ich bin stolz, dass die Universität in Kiel diesen Weg gehen will.

Nebeneffekt dieser Bewegung der CAU ist - ein kleiner, aber wichtiger Nebeneffekt -, dass auf diese Weise die Kooperation zwischen beiden Universitäten leichter wird, weil damit das, was wir uns immer alle - ich glaube, da sind wir uns einig - gewünscht haben, die Durchlässigkeit von Studierenden von Kiel nach Flensburg und von Flensburg nach Kiel, viel größer wird als in der Gegenwart und in der Vergangenheit. Ich hoffe, dass wir uns alle - weil es um unsere Universität geht - bei diesem Thema einmal freuen können.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wie sehen die Vereinbarungen mit der Universität Flensburg aus? In Flensburg bleiben die sieben Fächer, über die von Anfang an Einigkeit bestand, erhalten und werden auf Sekundarstufenniveau II angehoben. Bei den sieben Fächern - das ist Ihnen bekannt - handelt es sich um Deutsch, Mathematik, Anglistik, Dänisch, Spanisch, Geschichte und Wirtschaft/Politik. Hinzu kommen die Fächer Kunst, Sport und Französisch. In allen drei Fächern soll es Kooperationen zwischen den beiden Universitäten geben.

Die naturwissenschaftlich orientierten Mangelfächer Biologie, Chemie, Physik und Geografie bleiben in Flensburg auf Sekundarstufe-I-Niveau erhalten. Wir begründen das damit, dass dies Mangelfächer sind und wir in jedem Fall die entsprechende Lehrerinnen- und Lehrerzahl erreichen müssen, wenn wir unsere Lehrerinnen- und Lehrerbildung umstellen.

(Ministerin Dr. Waltraud Wende)

Aber es wird - wie gesagt - einen WeiterbildungsMaster geben, den die CAU anbietet, sodass die Absolventinnen und Absolventen der Universität Flensburg, die dieses wollen, sich berufsbegleitend auch für das Sekundarstufenniveau II qualifizieren können. Das Fach Technik bleibt an der Universität Flensburg als Sekundarstufenfach I erhalten, da es an den Schulen nur in der Sekundarstufe I angeboten wird.

Eine neue Qualität unserer zukünftigen Lehrerinnen- und Lehrerausbildung sind wie gesagt die Kooperationen, die die Universitäten planen. Ich danke den Präsidenten beider Universitäten für ihre schlussendlich hohe Kooperationsbereitschaft.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das ist für mich mehr als eine Einigung, denn wir beschreiten in Schleswig-Holstein damit neue Wege.

Lassen Sie mich das an einzelnen Fächern deutlich machen. Das Fach Kunst soll in Zusammenarbeit mit der Muthesius-Kunsthochschule an beiden Universitäten neu konzipiert und an beiden Universitäten im Sekundarstufenbereich angeboten werden. Dabei sollen der Schulbezug der Ausbildung sowie die praktisch-künstlerische Arbeit besonders berücksichtigt werden.

Für das Fach Französisch wurde vereinbart, dass das in Flensburg neu aufzubauende Fach inhaltlich komplementär zu den in Kiel vorhandenen Professuren ausgerichtet wird. Was heißt das? - Wir werden auf diese Weise Synergien erzeugen, nämlich Synergien in der möglichen Zusammenarbeit mit Blick auf gemeinsame Forschungsprojekte. Das mag Sie hier vielleicht nur am Rande interessieren, für die Universitäten sind aber gerade diese Synergien absolut wichtig.

Das Fach Gesundheit, Ernährung und Verbraucherkunde soll in Flensburg als Sekundarstufenfach II ausgebaut und die Anerkennung bei der KMK im Rahmen eines Schulversuchs beantragt werden. Für diesen Ausbau soll und will die CAU ihre Expertise im Fach Ökotrophologie einbringen, die, wie Sie wissen, sehr groß ist. Kooperationen wird es auch im Fach Sport geben.

Unser Gesetz wird Grundlage sein - da bin ich der festen Überzeugung, dass das so ist - für die beste Lehrkräftebildung, die wir in Schleswig-Holstein jemals hatten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und weltweit!)

Das neue Studium wird die Studierenden beider Universitäten optimal für ihren anspruchsvollen Lehrberuf qualifizieren. Davon profitieren unsere Schülerinnen und Schüler, und davon profitiert nicht zuletzt der gesamte Hochschulstandort Schleswig-Holstein.

Eine Rolle rückwärts wie von der Opposition gefordert wird es nicht geben. Dafür sehen wir keine Veranlassung. Noch mehr: Ich kann das mit Blick auf die Studierenden und die beiden Universitäten nicht verantworten. Die Studierenden brauchen Planungssicherheit, und zwar so bald wie möglich.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Was sind die qualitativen Herausforderungen, auf die unser Gesetz eine Antwort gibt? - Wir passen die Qualifizierung unserer zukünftigen Lehrkräfte an unsere Schulstrukturen an. Wir werden künftig eine Ausbildung für Grundschullehrkräfte, Sekundarlehrkräfte, Berufsschullehrkräfte und Sonderpädagogen haben. Alle weiterführenden Schulen egal ob Gymnasium, Gemeinschaftsschule mit oder ohne eigene Oberstufe - brauchen Lehrkräfte, die die Fachkompetenz besitzen, um Schülerinnen und Schüler bis zum Abitur führen zu können. Zentrale Herausforderung in allen Schularten sind Heterogenität, Inklusion, Medienkompetenz und Deutsch als Zweitsprache.

Gestatten Sie mir eine weitere Anmerkung am Rande: Mit der Implementierung des Themenbereichs Inklusion in der Lehrkräftebildung ist SchleswigHolstein gemeinsam mit vier anderen Bundesländern Avantgarde im Bildungsbereich Deutschlands.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Und auch mit der Verbesserung des schulpraktischen Bezugs in der Ausbildung gehören wir bundesweit zur Avantgarde.

Welche Bedarfe an Lehrkräften wir zukünftig haben werden, haben wir eben schon diskutiert. Wie sieht das Zahlenverhältnis von Schülern und Lehrkräften aus?

Die Entwicklung der Schülerzahlen - ich stütze mich auf eine Prognose aus dem Bericht zur Unterrichtssituation für das Schuljahr 2012/2013 -: Die Schülerzahlen an allen öffentlichen Schulen sinken voraussichtlich von 385.000 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2013/2014 auf 335.000 Schülerinnen und Schüler im Jahr 2021/2022, also um 50.000 Schülerinnen und Schüler.

(Ministerin Dr. Waltraud Wende)

Lehrerbedarfe: Bei einer durchschnittlichen Lehrer-Lebensarbeitszeit von 35 Jahren müssen in jeder Dekade rund 30 % der Lehrerinnen und Lehrer ersetzt werden.

Nach dem bisherigen Abbaupfad kann man in den 20er-Jahren von rund 20.000 Planstellen ausgehen, das sind real circa 25.000 Personen, weil viele Lehrerinnen und Lehrer nicht auf vollen Stellen arbeiten, sondern die Teilzeitoption gewählt haben. Pro Dekade müssen wir daher 7.500 Lehrkräfte ersetzen. Damit haben wir einen errechneten jährlichen Lehrerinnen- und Lehrerbedarf von 750.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das gilt nur bei linearer Besetzung!)

Zu den Lehramtsstudierenden: In Schleswig-Holstein haben im Jahr 2012 1.610 Studienanfängerinnen und -anfänger ein Lehramtsstudium aufgenommen. Mit dem Master abgeschlossen haben im gleichen Jahr 910 Studierende. Hier haben wir in der Tat Verbesserungsbedarf. Ich finde, dass wir uns diese Abbrecherquoten so in der Zukunft nicht mehr leisten können. Daran müssen wir mit beiden Universitäten arbeiten.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Wie sieht das Verhältnis zwischen der Absolventenzahl einerseits und dem Lehrerbedarf andererseits aus? - Der Lehrerbedarf ab den 20er-Jahren das habe ich eben ausgeführt - liegt bei circa 750 jährlich. Absolventen: 910. Sehr konservativ geschätzt benötigen wir jedoch 25 % mehr Absolventen als zu besetzende Stellen. Deshalb müssten wir etwa 1.000 Absolventen haben. Sprich: Wir qualifizieren aktuell zu wenig zukünftige Lehrkräfte, weil nämlich nicht alle Anfänger einen Studienabschluss machen, nicht alle nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Studiums als Lehrerin oder Lehrer arbeiten wollen, sich die Absolventen nicht so auf die Fächer verteilen, wie es sich eine Ministerin zum Teil wünschen würde, und die Schulen bei der Auswahl - das ist auch ein Grund - ihres Lehrerpersonals eine Bestenauslese haben müssen. Deswegen müssen wir mehr als den aktuellen Bedarf qualifizieren. Hinzu kommt - leider ist das so -, dass nicht alle Absolventen in Schleswig-Holstein bleiben.

Kosten: Gestatten Sie mir zunächst einen Dank an die Fraktionen für die Entscheidung bezüglich der entstehenden Kosten. Mit dem von den Koalitionsfraktionen angesetzten Kostenrahmen von strukturell 1,5 Millionen bis 2 Millionen € und einmalig 1 Million bis 1,5 Millionen € Investitionskosten sind wir auf der sicheren Seite.

Wie rechnen wir? - Das Bildungs- und Wissenschaftsministerium rechnet für eine Professur, die wir an einer Universität installieren, mit Kosten von 122.000 €. Das Centrum für Hochschulentwicklung unterlegt eine Professur, die man neu installiert, mit Kosten von 100.000 €. Das heißt, wir haben eine Sicherheitsmarge - weil wir mit 122.000 € rechnen - von 22.000 €.

Darüber hinaus haben wir uns beim Ausbau von Flensburg an kleinen Universitäten orientiert. Wir haben geschaut, wie kleine, sehr erfolgreiche Universitäten in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung ihre Ausbildung gestalten. Dies sind zum Beispiel Konstanz und Eichstätt-Ingolstadt. An ihrer Ausstattung haben wir uns orientiert, weil wir die Fächer in Flensburg auf Sekundarniveau heben wollen. Ich bin davon überzeugt, Flensburg und Kiel sind bestens aufgestellt. Wir brauchen die besten Lehrkräfte für unsere Kinder, und wir brauchen zwei Standorte für die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung.

Weil wiederholt eingefordert worden ist, dass die Zahlen klarer werden sollen, werden wir überlegen, wie wir ein Format schaffen können, mit dem wir Sie intensiv aufklären können. Ich werde Ihnen jetzt einmal aufzählen - das können Sie dann selbst nachrechnen -, wie viele Professuren in Flensburg jeweils eingerichtet werden sollen. Fach Deutsch: sechs Professuren sind vorhanden. Hier werden keine neuen Professuren eingerichtet. Das war im Übrigen auch nie geplant. Englisch: vier Professuren. Dänisch: zwei Professuren. Spanisch: zwei Professuren. Geschichte: vier Professuren. Mathematik: vier Professuren. Wirtschaft/Politik: zwei Professuren. Biologie: zwei Professuren. Chemie: eine Professur. Gesundheit und Ernährung: drei Professuren. Französisch: zwei Professuren. Geografie: zwei Professuren. Kunst und Textil: zwei Professuren. Kunst: zwei Professuren. Philosophie: eine Professur. Physik: eine Professur. Sport: drei Professuren. Technik: eine Professur.

Nun wissen Sie alle, Flensburg fängt nicht bei null an. Flensburg hat Professuren. Für den Mehraufbau von Professuren, die sozusagen über dem jetzigen Ist zu dem zukünftigen Soll eingebracht werden müssen, haben wir eine Gesamtsumme von 925.000 € eingeplant plus 185.000 € Overhead. Dabei haben wir uns an dem orientiert, was die DFG als Overhead den Studienorten zur Verfügung stellt. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

(Ministerin Dr. Waltraud Wende)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 14 Minuten überzogen. Diese 14 Minuten stehen nun allen Fraktionen zur Verfügung. Gibt es weitere Wortmeldungen? - Das sehe ich nicht.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Bildungsausschuss zu überweisen, bei den Anträgen gibt es den Bedarf, Sachabstimmungen durchzuführen.

Kommen wir zunächst zum Gesetzentwurf Drucksache 18/1856. Es wird Überweisung an den Bildungsausschuss beantragt. Wer so abstimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig an den Bildungsausschuss überwiesen.

Wir kommen jetzt zur Drucksache 18/1854 (neu). Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will es ist ein FDP-Antrag -

(Zurufe: Gemeinsamer Antrag!)

- Moment, ein CDU- und FDP-Antrag gemeinsam mit den PIRATEN?

(Zurufe)

- Nein, einmal FDP reicht? Das ist ein anderer.