Protocol of the Session on January 26, 2022

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Mit einem ganz anderen Hintergrund und auch mit einer ganz anderen Zielrichtung wurde der Aspekt der Präventionsarbeit betrachtet. Das Thema Prävention fand großen Raum in der Anhörung, die im Laufe der Beratungen stattgefunden hat. Zu Recht, denn jedes Glücksspiel kann süchtig machen, und eine Sucht ist eine ernst zu nehmende Krankheit, die dem Einzelnen, aber auch dessen Angehörigen vor allem psychischen und finanziellen Schaden zufügen kann - und das auch ziemlich erheblich. Es gilt daher, einen Weg zu finden, einen rechtlichen Rahmen aufzustellen, der das Suchtpotenzial minimiert, ohne das Spielen komplett zu unterbinden. Der Staatsvertrag wird hiermit in einem wichtigen Baustein umgesetzt, und das ist genau so richtig.

Gesundheitsschutz und Prävention sind seit Beginn der Pandemie in aller Munde. Auch der Staat hat eine enorme Aufklärungskampagne für die gesamte Bevölkerung betrieben. Was ich damit deutlich machen will, ist, dass ein Informationsaustausch, ein Gespräch immer einen erheblichen Unterschied machen kann.

Konkret denke ich dabei an das Potenzial, das in der Aufklärung über Sucht und Glücksspiel liegt, insbesondere in Bezug auf die junge Generation. Ich weiß, dass an vielen Schulen in unserem Land über dieses und ähnliche Themen gesprochen wird. Natürlich weiß ich auch, dass ein solcher Inhalt der

zeit wohl kaum einen Platz im Unterricht hat. Die Bildungseinrichtungen im Land sind aufgrund der derzeitigen pandemischen Situation im Ausnahmezustand. Das ist gut nachvollziehbar, meine Damen und Herren. Es ist mir aber wichtig zu betonen, dass diese Ebene der Prävention nicht vergessen wird, denn wie bereits angemerkt: Das Potenzial der Prävention ist groß, meine Damen und Herren. Deshalb ist es wichtig, dass wir finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit beispielsweise auch an Schulen etwas gemacht werden kann. Es wird jetzt gerade in diesem Bereich eine sichere finanzielle Grundlage hergestellt. Das ist ein großer Erfolg von uns allen zusammen.

Auch ich möchte mich für die gute Zusammenarbeit in den letzten fünf Jahren, was das Glücksspielrecht angeht, bei den Koalitionären bedanken. Es war wirklich in Ordnung, dass es möglich war, auch aus der Opposition heraus dort mitarbeiten zu können. Das hat mir sehr viel Freude gemacht. Ich bin selbst ein Stück schlauer geworden, und das soll möglicherweise auch ein Effekt sein, wenn man im Landtag ist. Man soll ja nicht mit dem gleichen Wissen hier herausmarschieren, wie man hereinmarschiert ist.

Das Glücksspielrecht ist jetzt ganz gut aufgesetzt. Lasse Petersdotter hat natürlich recht: Wir müssen schauen, ob wir möglicherweise den einen oder anderen Fehler gemacht haben. Das kann passieren. Dann müssen wir es überarbeiten. Aber das werden wir erst in der nächsten Wahlperiode machen. Schauen wir einmal, wie der ganze Laden sich dann zusammensetzt. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Harms. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich schlage Ihnen vor, zunächst zum Gesetzentwurf zu b), das ist die Ausführung des Staatsvertrags, und dann zum Gesetzentwurf zu a), der die Besteuerung der Online-Casinospiele beinhaltet, abzustimmen, da die Beschlussfassung zu a), also die Besteuerung der Online-Casinospiele, auf die Ausführung des Staatsvertrags Bezug nimmt. Können wir so verfahren? - Dann machen wir es so.

Wir kommen somit zunächst zur Abstimmung zu b), Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/3175. Ich lasse über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/3175, in der vom

(Lars Harms)

Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die SPD-Fraktion, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW, die FDP-Fraktion, die CDU-Fraktion, der Zusammenschluss der Abgeordneten der AfD sowie der fraktionslose Abgeordnete Dr. Brodehl. Damit erübrigt sich jede weitere Abstimmung.

(Vizepräsidentin Krämer berät sich mit den Schriftführern)

Der Gesetzentwurf Drucksache 19/3175 ist somit einstimmig angenommen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt CDU und FDP)

Wir kommen dann zur Abstimmung zu a), Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/3324. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, diesen Gesetzentwurf anzunehmen. Wer hier ebenfalls zustimmen möchte, den bitte ich jetzt ums Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch dieser Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Kommen wir nun zur Abstimmung zu c), dem Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/3344. Auch hier empfiehlt Ihnen der Ausschuss, den Gesetzentwurf, Drucksache 19/3344, anzunehmen. Wer erneut zustimmen möchte, den bitte ich auch hier um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Auch dieser Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. - Herzlichen Dank.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/3527

Wie ich sehe, wird das Wort zur Begründung nicht gewünscht. - Ich eröffne somit die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung, Dr. Sabine Sütterlin-Waack.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kontinuierlich wandelt und entwickelt sich die Rechtsprechung weiter, vor allem auch die Rechtsprechung zum Kommunalabgabengesetz. Allein vor diesem Hintergrund sind wir als Land be

strebt, den Kommunen bei der Abgabenerhebung einen rechtssicheren Rahmen zu setzen und darüber hinaus auch die gestalterischen Möglichkeiten für die Kommunen weiter auszubauen. Aus diesen Gründen ist diese Gesetzesänderung unentbehrlich. Der Entwurf beinhaltet fünf wesentliche Neuerungen.

Erstens. Wir öffnen den gesetzlichen Rahmen für Gebührenermäßigungen. Bisher konnten Gemeinden nur in einem sehr eng gesteckten Rahmen Gebühren ermäßigen. Mit unserem Gesetzentwurf schaffen wir nun neue Möglichkeiten: Zukünftig können Gemeinden auch für soziale oder kulturelle Zwecke oder für Veranstaltungen, die dem Wohl aller dienen, die Gebühren reduzieren.

Zweitens. Wir ermöglichen außerordentliche Abschreibungen bei Abgangsverlusten. Ich gebe zu, das klingt ein wenig technisch. Ich versuche es daher mit einem Beispiel für eine Abwasserkanalisation.

(Beate Raudies [SPD]: Oha!)

Abwasserkanalisationen haben üblicherweise einen sehr langen Abschreibungszeitraum. Durch verschiedene Umstände kann es aber auch dazu kommen, dass eine Kanalisation vor Ende des Abschreibungszeitraums abgängig ist, wie man so schön sagt - zum Beispiel wegen Materialermüdung, weil Rohre brechen oder weil Beton bröckelt. Dieser vorzeitige Wertverlust stellte nach der derzeit geltenden Rechtslage keine ansatzfähigen Kosten dar. Die Verluste mussten stattdessen vom Aufgabenträger getragen werden. Das entsprach sowohl abgabenrechtlich als auch betriebswirtschaftlich nicht der reinen Lehre. Wir stellen den Umgang mit den Abgangsverlusten nun buchhalterisch auf saubere Füße. Das ist nicht nur für die Kalkulation von Gebühren wichtig, sondern auch verfassungsrechtlich geboten.

Drittens. Wir ermöglichen die Eigenbeteiligung der Kommunen bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen. Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits die Pflicht zur Erhebung der Beiträge abgeschafft.

(Beifall Lukas Kilian [CDU] und Ole-Chris- topher Plambeck [CDU])

Über den kommunalen Finanzausgleich unterstützen wir die Kommunen dabei auch.

(Beifall Lukas Kilian [CDU] und Ole-Chris- topher Plambeck [CDU])

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

Schließlich haben wir 2021 einen neuen Vorwegabzug für Infrastrukturmaßnahmen in Höhe von 68 Millionen € im FAG gebildet. Dieses Geld steht den Kommunen für Investitionen in Straßen, Wege und Plätze zur Verfügung.

Darüber hinaus haben wir die Finanzausgleichsmasse auch insgesamt bereits 2021 um 65 Millionen € aufgestockt und damit dem Stabilitätspakt unserer Kommunen weiter den Rücken gestärkt. Mit diesem gestärkten Rücken haben sie eine echte Wahlmöglichkeit: Sie müssen keine Beiträge erheben.

Mit unserem Gesetzentwurf machen wir nun einen weiteren Schritt. Wir flexibilisieren die Regelungen für diejenigen, die noch Beiträge erheben, und schaffen noch mehr eigenen Gestaltungsspielraum für Kommunen. Diese können sich zukünftig selber mit erheblichen Eigenanteilen einbringen. So kann je nach individueller Situation vor Ort über die Beiträge entschieden werden. Schließlich sollen Anliegerinnen und Anlieger nicht über die Maße mit Straßenausbaubeiträgen belastet werden.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Mit dieser Änderung erweitern wir die Entscheidungskompetenz der Gemeinden und stärken die kommunale Selbstverwaltung.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Viertens. Wir schaffen neuen Spielraum für die Erhebung der Kurabgabe. Mit der neuen Regelung können die Gemeinden zukünftig je nach ihrer individuellen Situation selber entscheiden, vom wem sie die Kurabgabe erheben oder ob sie die Kurabgabe von ortsfremden Personen erheben möchten, die eine Unterkunft in der Gemeinde nehmen, oder ob sie die Abgabe von ortsfremden Personen erheben möchten, die sich als Tagesgäste im Gemeindegebiet aufhalten - oder auch von beiden. Insgesamt stärkt auch das die Entscheidungskompetenzen der Kommunen.

Fünftens. Wir setzen den rechtlichen Rahmen für die gegenseitige Anerkennung von Kurabgaben. Bereits heute gibt es einige Vereinbarungen, mit denen Gemeinden einander die Abgaben gegenseitig anerkennen, die Gäste in einer Nachbargemeinde entrichtet haben. Wir verankern nun die Möglichkeit der gegenseitigen Anerkennung der Kurabgabe auch im Kommunalabgabengesetz. So können Gemeinden vermeiden, dass Gäste unter Umständen mehrfach für denselben Zeitraum Kurabgabe zahlen müssen. Das ist eine Regelung ganz im Sinne der Bürgerfreundlichkeit.

Meine Damen und Herren, neben diesen fünf Punkten möchte ich abschließend noch einen Punkt ansprechen, der noch nicht im Gesetzentwurf steht. Es handelt sich dabei um eine Anregung des Nahverkehrsverbundes Schleswig-Holstein. Dabei geht es um die Möglichkeit, die Kosten für die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in die Kurabgabe einzurechnen, auch für die Gemeinden, die bisher noch nicht von § 10 KAG umfasst sind. Diese Anregung hin zu umweltfreundlicher Mobilität begrüßen wir ausdrücklich und grundsätzlich. Es bedarf jedoch noch eines intensiven Austausches mit den Partnern aus den kommunalen Landesverbänden und auch der Tourismuswirtschaft. Ein solcher Prozess benötigt ausreichend Zeit und Raum, um die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Änderungen abzuwägen. Wir werden in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium die Anregung von NAH.SH aufgreifen.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Entwurf passen wir das Kommunalabgabengesetz an die aktuelle Rechtsprechung an. Aber nicht nur das: Wir schaffen auch echte Flexibilität und Gestaltungsspielräume. Das ist nicht nur für unsere Kommunen gut, die nun selber nach der Lage vor Ort entscheiden können, sondern vor allem für alle Bürgerinnen und Bürger. Sie profitieren von unserem Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Ministerin hat die vorgesehene Redezeit um eine Minute erweitert. Diese Redezeit steht nun grundsätzlich auch allen anderen Fraktionen zu. Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Ole Plambeck das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes geben wir unseren Kommunen im Land noch mehr Flexibilität an die Hand, um auf örtliche Bedürfnisse einzugehen, und stärken dadurch, wie die Ministerin es zu Recht betont hat, die kommunale Selbstverwaltung.

Insgesamt packen wir mit diesem Gesetzentwurf fünf Themen an. Da ist zunächst die Sozialklausel des § 4 Absatz 2 Kommunalabgabengesetz zu nennen. Diese Vorschrift ist, wie eben schon beschrieben, sehr eng auszulegen und bedarf vor Ort einer aufwendigen Prüfung, ob eine Ermäßigung von Ge

(Ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack)

bühren aus sozialen Gründen überhaupt möglich ist. Im Sinne des Bürokratieabbaus, aber auch im Sinne, die Vereine und Verbände vor Ort besser unterstützen zu können, können zukünftig neben dem sozialen Grund auch Ermäßigungen für soziale oder kulturelle Zwecke und Veranstaltungen erfolgen.

Das schafft Vereinfachung und Klarheit auf beiden Seiten, wenn es zum Beispiel darum geht, einem Shanty-Chor das Bürgerhaus kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Der nächste Änderungspunkt ist die Einbeziehung von außerordentlicher Abschreibung bei Abgangsverlusten in eine Gebührenkalkulation. Der eine oder andere kennt sich mit Bilanzen aus. Wir haben eben ein Beispiel über die Abwasserleitung gehört; ich habe mir das Beispiel einer Wasserversorgungsleitung aufgeschrieben. Wenn eine Kommune so eine Leitung baut, müssen die Herstellungskosten in der Bilanz aktiviert und über die gesamte Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Wenn sie vorab abgängig ist, wird der Restbuchwert auf die Restnutzungsdauer verteilt, sodass sich der Abschreibungsbetrag erhöht, oder der Betrag muss außerordentlich komplett abgeschrieben werden. Nun kommt es: Dieser Betrag kann in die umzulegende Gebührenkalkulation eingepreist werden. Somit ist die Refinanzierung der Neuanschaffung oder Wiederherstellung möglich.

Eine weitere Flexibilisierung betrifft die Kurabgaben. Wie eben genannt ist unser Land Tourismusland Nummer eins. Der Tourismus ist ganz wichtig, insbesondere auch für unsere Kommunen. Diese Flexibilisierung ist für die Kommunen ein echter Gewinn. Zukünftig können die Kommunen selbst entscheiden, ob sie von Tagesgästen oder von Gästen, die vor Ort übernachten, eine Kurabgabe verlangen, und im Gesetz ist verankert, dass die Beträge mit Nachbarkommunen verrechnet werden können.