- Das ist eine Selbstverständlichkeit. - Lehrkräftegewinnung wird uns in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen. Deshalb gründen wir eine Allianz für Lehrkräftebildung. Das Bildungsministerium hat zusammen mit den Hochschulen erste Abstimmungen für eine solche Allianz auf den Weg gebracht. Mit einem Vorstand, einem Kuratorium und einem wissenschaftlichen Beirat schaffen wir eine breite Struktur, in die alle Beteiligten eingebunden sind. Jeder ist eingeladen, sich in den Prozess einzubringen. Das bringen wir jetzt mit dem Hochschulgesetz auf den Weg.
Entscheidend wird aber sein, wie diese Allianz in den kommenden Jahren mit Leben gefüllt wird. Allen sollte klar sein: Das ist mit schwierigen Entscheidungen verbunden, wahrscheinlich sogar mit zusätzlichen Haushaltsmitteln. Das wird die entscheidende politische Debatte sein, wenn es um die Frage geht, wie wir die Lehrkräftebildung in Schleswig-Holstein in Zukunft gestalten.
Heute ist der Startschuss für die Allianz für Lehrkräftebildung. Das ist ein wichtiger Schritt, damit es auch in Zukunft genug gut ausgebildete Lehrkräfte für unsere Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein gibt. - Danke, dass Sie mir zugehört haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs im vergangenen Sommer tauchte in der Maßnahmegruppe aus dem Hochschulkapitel eine neue Überschrift auf: „Allianz Lehrkräftebildung im Hochschulbereich“. Die Überschrift war neu, nicht jedoch die Maßnahme selbst; diese hatte im Haushalt 2021 noch „Kompetenzzentrum Lehrkräftebildung im Hochschulbereich“ geheißen und hatte offenbar die gleiche Aufgabe und die gleichen Ressourcen.
Im Oktober 2021 antwortete die Landesregierung auf unsere Frage, dass das ehemalige Kompetenzzentrum - die künftige Allianz - erst in den nächsten Monaten offiziell gegründet werden solle. Die Regierung wusste also nach zwei Jahren immer noch nicht, wo sie eigentlich hinwollte.
Im November 2021 kündigte Frau Prien an, dass es diese Allianz geben werde. Ein Bezug zum Hochschulgesetz wurde an keiner Stelle hergestellt. In sämtlichen Anhörungen wurde darauf verzichtet, das überhaupt zu erwähnen. Das ist sehr wohl ein Unterschied zu den Geschichten, die Sie aus der Vergangenheit erzählt haben, Herr von der Heide.
Knapp zwei Tage vor der endgültigen Behandlung der Novelle zum Hochschulgesetz im Bildungsausschuss übermittelte die Landesregierung uns durch Antrag der Koalitionsfraktionen einen umfangreichen Paragrafen über die Struktur dieser Allianz und ihre Aufgaben. Eigentlich meint man ja mit „Allianz“ einen freiwilligen Zusammenschluss von Partnern, aber nicht eine gesetzlich verordnete Behördenstruktur, aber gut.
Das Ganze sollen wir jetzt mittels eines Antrags bejubeln, indem die Koalitionsfraktionen die Landesregierung auffordern, „alle relevanten Akteure sowie das Parlament in die Ausgestaltung der Allianz mit einzubeziehen“. Auf einmal?
Meine Damen und Herren, ich weiß gar nicht, ob Sie sich der historischen Stunde bewusst sind, in der wir uns in diesem Moment befinden: Dies wird wahrscheinlich der Antrag mit der kürzesten Geltungsdauer in der Geschichte des Landes Schleswig-Holstein sein. Jetzt gleich fordern Sie die Landesregierung auf, aber heute Nachmittag nehmen Sie es selbst in die Hand und beschließen gesetzlich, wie es mit der Lehrkräftebildungsallianz sein soll.
Es ist eigentlich skurril und Wahlkampfhokuspokus, den Sie hier veranstalten. Ja, Sie haben ein tolles Paket geschnürt. Aber niemand weiß, was drin ist. Es steht irgendetwas von „Lehrkräftebildung“ drauf, und Sie können so tun, als ob Sie fleißig seien.
Niemand bestreitet, dass die Verbesserung der Qualifikationen der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer eine ständige Aufgabe ist, bei der es keinen Stillstand geben darf. Das betrifft die Fachlichkeit ebenso wie die Pädagogik.
Ja, wir müssen mit den Hochschulen zum Beispiel darüber ins Gespräch kommen, wie wir für den Lehrkräfteberuf die besten Pädagoginnen und Pädagogen gewinnen. Es ist nicht in allen Hochschulen die Mehrheitsauffassung, dass die besten Pädagoginnen und Pädagogen diejenigen seien, die gesucht sind.
Herr Kollege von der Heide, Sie haben den Angebotsüberhang bei den Gymnasiallehrkräften erwähnt. Das Problem, das Sie jetzt lösen wollen, haben Sie durch gesetzgeberische Entscheidungen in dieser Legislaturperiode selbst verursacht, aber gut.
Niemand bestreitet, dass zu wenige junge Leute, die die Schule verlassen, sich dafür entscheiden, ein Lehramtsstudium aufzunehmen. Es gibt in unserem Land Regionen und Standorte, die seit Langem damit zu kämpfen haben, dass es nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber gibt.
Ebenso gibt es eine Reihe von Fächern, in denen der Nachwuchs an jungen Lehrkräften nicht ausreicht - mit entsprechenden Konsequenzen für die Unterrichtsversorgung. Gerade aus dem Fach Mathematik bekommen wir häufig die Rückmeldung, dass junge Menschen an den Hochschulen herausgeprüft beziehungsweise nicht bis zum Staatsexamen vorgelassen werden, obwohl sie eigentlich gut eingesetzt werden könnten, vor allem an Grundschulen. Ob das ein Punkt ist, den man ausschließlich mit den Hochschulen als stimmberechtigte Partner diskutieren kann, werden wir sehen.
Grundsätzlich gilt: Stellen sind in der Tat längst nicht mehr das Problem in Schleswig-Holstein; das Problem ist deren Besetzung.
Dazu hat der Bildungsforscher Klaus Klemm gestern in der Tat eine erschreckende Prognose vorgelegt. Hatte die KMK unter dem Vorsitz von Frau Prien noch einen bundesweiten Bedarf von nur 20.000 Stellen bis 2025 und 14.000 Stellen bis 2030 angenommen, so sagt Herr Klemm, dass diese
Zahlen nur belastbar seien, wenn wir uns von sämtlichen pädagogischen Ansprüchen verabschieden und zum Beispiel auf kleinere Klassen, auf Ganztag, Inklusion und auf Förderung von Schulen in sozialen Schwerpunkten verzichten. Das sollten wir aus unserer Sicht auf keinen Fall tun. Insofern sind die Klemm-Zahlen vermutlich die richtigen.
Dass hier alle Beteiligten an einen Tisch müssen, ist keine besonders revolutionäre Erkenntnis, sondern eine Selbstverständlichkeit. Dass man sich nicht nur mit unverbindlichen Gesprächsrunden zufriedengibt, ist in Ordnung. Ob es in der Form gemacht werden muss, wie Sie das tun, halte ich für diskussionswürdig. Die Diskussion wollten Sie - aus welchen Gründen auch immer - vermeiden. Warum es jetzt erst ein Vierteljahr vor der Landtagswahl aus dem Sack geholt wird, bleibt Ihr Geheimnis.
Der Begleitantrag der Koalition ist gegenüber der Verankerung in dieser Allianz im Hochschulgesetz überflüssig - ich habe es schon gesagt -: Wahlkampfgetöse. Deswegen lassen wir uns auf dieses Spielchen nicht ein. An dieser Stelle ist Enthaltung das Maximum an Begeisterung, das Sie von uns erwarten können. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Schuleiter einer Grundschule im Kreis Steinburg oder die Chefin einer Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe oder eines Förderzentrums eine Stelle für eine Lehrkraft ausschreibt, dann können sie oft nicht aus einem Pool von Bewerbungen auswählen. Oft müssen sie froh sein, wenn sich überhaupt jemand mit der entsprechenden Fächerkombination auf die ausgeschriebene Stelle bewirbt.
Wir haben in einigen Regionen in bestimmten Fächern wie Mathe, Physik, Kunst und insbesondere an den Grund- und Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe, an den berufsbildenden Schulen und im
Als Jamaika-Koalition haben wir gegengesteuert mit A 13 für die Lehrkräfte an Grundschulen, mit einem Bonus von 250 € für LiV, die in Regionen arbeiten, die unterversorgt sind. Wir haben auch die Zugangshürden für ausländische Kräfte gesenkt und vieles andere mehr.
Aufgrund der steigenden Schülerinnen- und Schülerzahlen und der Altersstruktur in unseren Lehrerzimmern lässt sich aber schon heute prognostizieren, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden. Der Bedarf an Lehrkräften wird sich in den nächsten zehn Jahren deutlich erhöhen. Gleichzeitig können wir mithilfe der Studienanfängerzahlen und der Übergangs- und Erfolgsquoten der Hochschulen berechnen, wie viele Hochschulabsolventinnen und -absolventen wir ungefähr zu erwarten haben.
Wenn man die Lehrkräftebedarfsprognose und die voraussichtlichen Zahlen der Absolventinnen und Absolventen übereinanderlegt, bleibt eine deutliche Lücke. Wir reden hier nicht von ein paar Hundert, sondern allein in Schleswig-Holstein von circa 3.000. Bundesweit - wir haben es gerade gehört fehlen 81.000 Lehrkräfte bis 2030. Wir müssen also die Studienplatzkapazitäten für die Lehrkräfte, die später an Grund- und Gemeinschaftsschulen unterrichten, für die bereits genannten Mangelfächer, für den Bereich Sonderpädagogik und die berufsbildenden Schulen deutlich ausbauen.
An welchen Hochschulstandorten und in welchem Umfang die Studienplätze geschaffen werden können, das sind die Schlüsselfragen. Diejenigen im Parlament, die schon etwas länger dabei sind, wissen, wie groß die Empörung insbesondere an der Uni Kiel war, als wir 2014 als Küstenkoalition beschlossen haben, zukünftig auch Sek-II-Lehrkräfte an der Uni Flensburg auszubilden.
Dass die sonst oft konkurrierenden lehrerbildenden Hochschulen sich jetzt dazu bereit erklärt haben, gemeinsam in die Allianz für Lehrkräftebildung zu gehen und zusammen zu beraten, wo die Studienplatzkapazitäten geschaffen werden sollen, ist nicht nur ein wichtiger, sondern ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Das ist eben auch ein Verdienst der aktuellen Landesregierung, vor allem von Oliver Grundei, der maßgeblich die Verhandlungen mit den Hochschulen geführt hat.
Die Allianz für Lehrkräftebildung wird sich natürlich auch mit anderen Fragen als dem Ausbau von Studienplatzkapazitäten beschäftigen müssen. Deshalb ist es gut, dass es mit dem Wissenschaftlichen Beirat und dem Kuratorium zwei beratende Gremien gibt. Wir geben mit unserem Antrag der Allianz auch mit auf den Weg, Konzepte zur Weiterbeschäftigung von Vertretungskräften zu entwickeln.
Wir haben viele Vertretungskräfte - unter ihnen auch Menschen, die keinen Masterabschluss haben -¸ die sich in der Praxis an der Schule sehr gut bewährt haben. Da ist zum Beispiel eine Musikerin, die an einem Konservatorium ausgebildet wurde. Da ist auch ein Tischlermeister, der sich super in Mathe eingearbeitet hat, und viele andere mehr. Wir bekommen häufig Mails von Vertretungslehrkräften und auch von Schulen, die verzweifelt sind, weil sie diesen Kräften meist nach spätestens fünf Jahren mit befristeten Verträgen kündigen müssen, weil diese sich sonst unbefristet als Lehrkraft einklagen könnten. Hier brauchen wir Möglichkeiten der unbefristeten Weiterbeschäftigung und -qualifizierung,
Handlungsbedarf besteht auch bei den Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe. Viele finden keine Referendarinnen und Referendare. Warum können nicht auch angehende Gymnasiallehrkräfte hier ihr Referendariat machen? Auch die Gymnasiallehrkräfte haben für die Sek I studiert. Wenn es da eine Lösung gäbe, zum Beispiel mit der Chance, zukünftig auch an einer Schule mit Oberstufe arbeiten zu können, wäre viel gewonnen.