Protocol of the Session on March 24, 2022

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Meine Damen und Herren, mit seiner Konstituierung am 18. April 2018 nahm der Untersuchungsausschuss seine Arbeit auf. Seitdem fanden insgesamt 97 Sitzungen statt, davon 58 nicht öffentliche Beratungssitzungen und 39 Beweisaufnahmesitzungen.

Vor Einstieg in die Beweisaufnahme musste der Ausschuss zahlreiche Detailfragen zu den Aussagegenehmigungen, Gefährdungsbeurteilungen, Sicherheitsaspekten, zur Aktenzulieferung und zum Geheimschutz klären. Das war nicht immer einfach, aber letztlich konnte der Ausschuss mit der Landesregierung immer eine gemeinsame Lösung finden.

Im Verlauf der Beweisaufnahme, die am 28. Januar 2019 begann und am 7. Februar 2022 abgeschlossen wurde, vernahm der Untersuchungsausschuss insgesamt 58 Zeugen und hörte drei Betroffene an, von denen zwei zunächst nur als Zeugen geführt und im Laufe der Beweisaufnahme zu Betroffenen wurden. Außerdem wurden eine Sachverständige zum Untersuchungskomplex 6 gehört und neun Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes eingeholt. Schließlich hat der Ausschuss in großem Umfang Aktenmaterial und Schriftsätze beigezogen und ausgewertet. Das Aktenverzeichnis des Ausschusses umfasste bei Abschluss der Beweisaufnahme 421 Aktenstücke, die eine Gesamtlänge von 15

Regalmetern ausmachen. Insgesamt wurden 470 Dokumente eingeführt.

Im Rahmen der Beweisaufnahme konnte ein Zeuge nicht vernommen werden, da dieser Bedingungen stellte, die im Gesetz nicht vorgesehen sind und die der Untersuchungsausschuss einstimmig nicht akzeptierte. Infolgedessen beantragte der Ausschuss entsprechende Ordnungsmittel beim Amtsgericht Kiel. Sowohl das Amtsgericht Kiel als auch das Landgericht Kiel folgten der Argumentation des Ausschusses und setzen Ordnungsmittel fest. Die Verfassungsbeschwerde des Zeugen wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Letztlich verzichtete der Ausschuss jedoch darauf, den Zeugen zu hören.

Im Hinblick auf mögliche Betroffene stellte der Ausschuss zunächst mehrfach einstimmig fest, dass zum jeweiligen Zeitpunkt der Antragstellung kein Betroffenenstatus im Sinne des § 18 Untersuchungsausschussgesetz festzustellen war. Insgesamt gab es sieben Anträge von sechs Personen auf Feststellung des Betroffenenstatus. Davon wurde zwei unmittelbar stattgegeben und einem weiteren nach Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts.

Meine Damen und Herren, kommen wir zu den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses. Lassen Sie mich zunächst festhalten, dass es nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses war, irgendjemanden für ein mögliches Fehlverhalten zu bestrafen. Es war und kann auch nicht Aufgabe eines Untersuchungsausschusses sein, die Reputation einzelner Personen wiederherzustellen oder - sofern geboten Entschuldigungen einzufordern. Der Untersuchungsausschuss ist keine Superrevisionsinstanz, die die Rechtmäßigkeit rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen überprüfen könnte. Aufgabe eines Untersuchungsausschusses ist die Sachaufklärung. So haben wir es auch gehandhabt, und dafür möchte ich den Ausschussmitgliedern ausdrücklich danken.

Durch die sachorientierte und kooperative Zusammenarbeit ist es gelungen, einen Bericht zu verfassen, hinter dem CDU, Grüne, FDP, SPD und SSW stehen. Dies ist bemerkenswert, da ein Untersuchungsausschuss ja gemeinhin als schärfstes Schwert der Opposition gilt.

(Beifall)

Und wie es nun mal so ist, stellt man ex post fest, dass nicht immer alles so gelaufen ist, wie es im Lehrbuch steht. Ja, meine Damen und Herren, es sind Fehler gemacht worden. Ja, es hat Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen gegeben. Nicht jedes Verhalten, nicht jede Reaktion von Vor

(Tim Brockmann)

gesetzten, aber auch von Mitarbeitern war richtig und gerechtfertigt. Zweifelsohne hat die Beweisaufnahme des Ausschusses beispielsweise zum sogenannten Subway-Verfahren eine Vielzahl von Auffälligkeiten im Rahmen der damaligen Ermittlungen offenbart. Aber dass vorsätzlich oder strukturell Grenzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens überschritten worden sind, konnte der Ausschuss nicht konstatieren. Die Kommunikation auf den verschiedenen Ebenen und zwischen den Behörden war sicher nicht immer optimal. Aber dass bewusst Entscheidungen getroffen wurden, um einzelne Personen zu überführen oder zu diskreditieren, andere zu schützen oder zu bevorzugen, konnte nicht festgestellt werden. Eine Überwachung von Journalisten hat es ebenfalls nicht gegeben. Diese Geschichte war frei erfunden.

Polizei und Staatsanwaltschaft haben insgesamt gute und erfolgreiche Arbeit geleistet. Für die zukünftige Arbeit sind die Regelungen zum Einsatz von VPersonen und zum Umgang mit Informationen aus diesem Bereich in den Blick zu nehmen und in Teilen neu zu formulieren. Zuständigkeiten und Informationswege sind unmissverständlich zu definieren. Mit der erfolgten Änderung des Landesverwaltungsgesetzes hat dieses Haus bereits erste Konsequenzen aus der Ausschussarbeit gezogen.

Die Frage, ob bestimmte Äußerungen und Verhaltensweisen von Vorgesetzten in der Landespolizei rechtlich als Mobbing einzustufen sind, war in der öffentlichen Berichterstattung immer wieder Thema. Viele erwarten hierauf heute eine Antwort. Ich weise an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hin, dass die Klärung dieser Frage nicht Gegenstand des Untersuchungsauftrages war. Der Bericht enthält dementsprechend auch keine Einschätzung dazu. Auch ich gebe hierauf keine Antwort. Als Fazit zu diesem Thema lässt sich aber feststellen, dass heute mit dem Thema Mobbing in der Landespolizei erheblich sensibler und professioneller umgegangen wird. Es haben sich jedenfalls keine strukturellen Mängel in der Polizeiführungskultur ergeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht davon auszugehen, dass es im Bereich der Führung der Landespolizei ein Netzwerk zur Einflussnahme auf Personalentscheidungen gab.

Im Ergebnis kann auch niemandem der Beteiligten die Hauptschuld für die erfolgte Eskalation innerhalb der Landespolizei zugewiesen werden. Ursächlich war vielmehr eine Kombination verschiedener Faktoren, quasi ein „Multiorganversagen“, welches immer vor der damals schwierigen und gefährlichen

Situation in der Landespolizei beurteilt werden muss.

Meine Damen und Herren, nach vier Jahren intensiver Arbeit kommt der Ausschuss heute zu seinem Ende. Der Schlussbericht liegt Ihnen vor. Schauen Sie sich ihn an, und machen Sie sich ein eigenes Bild.

Zum Schluss möchte ich mich zunächst ausdrücklich bei den Ausschussmitgliedern für die wirklich gute Zusammenarbeit im Ausschuss bedanken. Sie haben mir die Leitung des Ausschusses an der Stelle leicht gemacht. Sie war stets von einer äußerst sachlichen und konstruktiven Atmosphäre geprägt, auch dann, wenn es um streitige Themen und juristische Fragen ging.

Bedanken möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen - sie sitzen da oben auf der Besuchertribüne -,

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, AfD und Dr. Frank Brodehl [fraktionslos])

die uns Ausschussmitgliedern durch die sogenannte Freitagsrunde viel Arbeit abgenommen haben.

Ein besonderer Dank geht darüber hinaus an die Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, die den Ausschuss in allen Belangen stets tatkräftig unterstützt haben. Insbesondere durch die Coronapandemie hat es einen erheblichen zusätzlichen Aufwand und Abstimmungsbedarf gegeben.

Bedanken möchte ich mich auch bei denjenigen, die durch Personenkontrollen - auch das ist sicherlich ein Novum in der Untersuchungsausschussgeschichte -, den Aufbau von Zugangsschleusen und durch ihre Anwesenheit in den Sitzungen dafür gesorgt haben, dass wir uns alle während der Sitzungen gut geschützt und sicher gefühlt haben.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Abschließend ein herzlicher Dank insbesondere an Frau Dr. Riedinger vom Wissenschaftlichen Dienst und unseren Geschäftsführer, Herrn Dr. Morten Alpes, für ihre stets fachliche Begleitung, für die fachliche Kompetenz. Ihnen ist es mit Sicherheit zu verdanken, dass dieser gut fundierte und nachvollziehbare Abschlussbericht vorliegt.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

(Tim Brockmann)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie abschließend, den Bericht des Ausschusses zur Kenntnis zu nehmen und den Untersuchungsauftrag damit für erledigt zu erklären. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos] und Dr. Frank Brodehl [fraktionslos])

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich unsere Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne begrüßen. Begrüßen Sie mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer des Gymnasiums Heide-Ost und bitte auch den Gewerkschaftlichen Fachverband des Schornsteinfegerhandwerks. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Peter Lehnert das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach nunmehr vier Jahren Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses und gut drei Jahren, in denen Zeugenvernehmungen durchgeführt wurden, ist es fast geschafft. In den insgesamt 97 Sitzungen, in denen sehr umfangreich und ausführlich Beratungen und Beweisaufnahmen stattgefunden haben und Zeugen ausführlichst befragt wurden, wurden alle aufgeworfenen Fragen umfangreich bearbeitet. Parallel dazu fanden natürlich auch zahlreiche Sitzungen der Facharbeitskreise statt. Es wurde in Fraktionssitzungen ausführlich berichtet und beraten. Es gab eine große Anzahl von Abstimmungsgesprächen mit dem Vorsitzenden des Ausschusses und den Obleuten.

Sie sehen schon an dieser Aufzählung, dass der Untersuchungsausschuss nicht nur über einen außergewöhnlichen langen Untersuchungszeitraum tätig war, sondern auch mit erheblichem Zeitaufwand verbunden war. Ich kann das, glaube ich, beurteilen, weil ich schon die Ehre hatte, in diesem Landtag häufiger Mitglied eines Untersuchungsausschusses zu sein. Insofern kann ich da entsprechende Vergleiche vornehmen.

Es wurden dabei umfangreiche Akten zur Beweisaufnahme herangezogen, die inzwischen eine Gesamtlänge von ungefähr 15 m erreicht haben. Neben den Zeugenvernehmungen wurden Sachverständige beauftragt und insgesamt neun Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes eingeholt. Wir hatten es dabei mitunter mit Zeugen zu tun, die in aller Ausführlichkeit nicht nur befragt wurden, sondern auch ihrerseits ein sehr umfangreiches eigenes Mitteilungsbedürfnis gegenüber den Ausschussmitgliedern hatten. Andere wiederum konnten nicht vernommen werden, da sie Bedingungen stellen wollten, die wir nicht akzeptieren konnten und wollten. Außerdem stand die ungeheuerliche Behauptung im Raum, es hätte eine Überwachung und das Ausspionieren von Journalisten stattgefunden. Es stellte sich heraus, dass diese Geschichte frei erfunden war.

Bei der Sachverhaltsaufklärung konnte dankenswerterweise in weiten Teilen Einigkeit erzielt werden. Dabei stand und steht im Mittelpunkt die Frage, wie und mit welchen Mitteln unsere Landespolizei und die Staatsanwaltschaft auf die großen Herausforderungen im Bereich der Rockerkriminalität in den Jahren 2009 bis 2011 reagiert haben. Dabei gab es klare politische Vorgaben, die mit einer Nulltoleranzstrategie den sogenannten Rockerkrieg schnell beenden sollten. Diese wurden erfolgreich umgesetzt.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich ausdrücklich bei der damaligen Hausspitze im Innenministerium für die geleistete Arbeit bedanken. Unser heutiger Landtagspräsident Klaus Schlie hat in dieser Zeit als zuständiger Innenminister die Verantwortung übernommen und mit seinem entschlossenen Handeln für ein Ende der Gewaltspirale gesorgt.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Es bleibt festzuhalten, dass nicht allen Beteiligen in Polizei und Justiz in diesem äußerst komplexen Kriminalitätsumfeld immer alles auf Anhieb gelungen ist. Doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer von uns würde ernsthaft behaupten, dass ihr oder ihm in seiner alltäglichen Arbeit nicht auch Fehleinschätzungen und Fehler unterlaufen würden? Die Kommunikation und Abstimmung innerhalb und zwischen den Behörden war nicht immer optimal. Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass die Ergebnisse der Arbeit dazu führten, den sogenannten Rockerkrieg zu beenden und die Sicherheit in Schleswig-Holstein wiederherzustellen und dauerhaft zu gewährleisten.

(Tim Brockmann)

Für die zukünftige Zusammenarbeit innerhalb der Landespolizei und mit der Staatsanwaltschaft sind die Regelungen zum Einsatz von V-Personen und zum Umgang mit erhaltenen Informationen bereits jetzt aktualisiert und angepasst worden. Dadurch haben wir nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen klarer gefasst, sondern auch die entsprechenden Rechtsgrundlagen geschaffen. Erlauben Sie mir an dieser Stelle, für die CDU-Landtagsfraktion ganz klar und unmissverständlich zu erklären: Wir sind allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Bereichen der Landespolizei, des Justizvollzugsdienstes sowie der Gerichte und Staatsanwaltschaften zu großem Dank verpflichtet. Ihre nicht immer einfache und bisweilen auch die eigene Person gefährdende Tätigkeit wird nicht nur mit großer Professionalität durchgeführt, sondern ist auch mit herausragendem persönlichen Engagement verbunden.

Deshalb haben sie aus meiner Sicht auch das Recht und den Anspruch an uns Politiker, dass wir ihre Arbeit entsprechend wertschätzen und dies auch mit konkreten Maßnahmen untermauern. Dazu gehört aus meiner Sicht vor allen Dingen die notwendige Ausstattung sowohl in personeller als auch materieller Hinsicht.

Ich möchte mich schließlich sehr herzlich bei all denjenigen bedanken, die mit ihrem Engagement in den letzten vier Jahren einen erheblichen Beitrag zur Arbeit des Untersuchungsausschusses geleistet haben. Zunächst gilt dies für die Vorsitzenden; für Claus Christian Claussen, der bis zu seiner Ernennung zum Justizminister dem Ausschuss vorsaß,

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Dr. Frank Brodehl [fraktionslos])

und in den letzten Jahren für den Kollegen Tim Brockmann.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Dr. Frank Brodehl [fraktionslos])

Ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, mich ausdrücklich beim stellvertretenden Vorsitzenden, Thomas Rother, zu bedanken, den ich seit vielen Jahren als sehr kompetenten und fleißigen Abgeordnetenkollegen kenne und schätze.

(Vereinzelter Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Beifall Dr. Frank Brodehl [fraktionslos])

Ich bedaure es persönlich sehr, dass er uns in der nächsten Wahlperiode nicht mehr zur Verfügung steht, kann aber seine Entscheidung,