Tim Brockmann

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spätestens seit der pauschalen Kritik der SPD-Bundesvorsitzenden Esken, es gebe einen latenten Rassismus in den Reihen der deutschen Polizei, wird in Deutschland bundesweit und in den Ländern über dieses Thema munter und facettenreich diskutiert. Angeheizt wird die Diskussion immer wieder durch das Bekanntwerden von verschiedenen Vorfällen in Teilen der Polizei.
Um es vorwegzunehmen: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus dürfen und werden wir in unserer Polizei nicht dulden.
Alle diese Arten von Vorfällen sind auf das Schärfste zu verurteilen; sie müssen konsequent dienstrechtlich und strafrechtlich verfolgt werden. In unserer Polizei gibt es keinen Platz für solch menschenverachtendes Gedankengut.
Das bedeutet: Dort, wo es Vorfälle gibt, muss konsequent gehandelt werden. Die Struktur der Polizei muss sicherstellen, dass menschenfeindliches Verhalten frühzeitig erkannt und entsprechend geahndet wird. Ich bin mir sicher, dass dies auch geschieht.
Diese Maßstäbe gelten, meine Damen und Herren, aber nicht nur für die Polizei, sondern ausnahmslos für alle gesellschaftlichen Bereiche. In der gesamten Gesellschaft darf es keinen Platz für linken oder rechten Extremismus, für Antisemitismus und religiösen Extremismus oder für Rassismus geben.
Aber blicken wir nun nach Schleswig-Holstein: Weder das am 6. Oktober 2020 veröffentlichte Lagebild „Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden“ des Bundeamtes für Verfassungsschutz noch der - verspätet vorgelegte - Bericht der Polizeibeauftragten geben Hinweise auf ein latentes Rassismus- oder Extremismusproblem in unser Landespolizei. Und ich bin überzeugt, dass dies auch so ist.
Unsere Landespolizei agiert umsichtig und abwägend. Es zahlt sich aus, dass in der Ausbildung unserer Polizistinnen und Polizisten viel Wert auf eine weltoffene Bürgerpolizei gelegt wird. Unterstrichen wird dies nicht zuletzt damit, dass die zentrale Ausbildungseinrichtung der Landespolizei in Eutin seit Anfang 2020 Mitglied bei „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ ist und zudem eine enge Partnerschaft mit der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem pflegt.
Natürlich können wir nicht in den Kopf jedes einzelnen Polizisten hineinsehen. Natürlich wissen wir auch nicht, ob jeder seine Grenzen, seinen Übergang, seine Signale so bewacht, dass die Seele nicht erkrankt, wie es Herbert Grönemeyer in seinem Lied „Fall der Fälle“ besingt. Deshalb ist die Ankündigung unserer Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack richtig, die Polizistinnen und Polizisten umfassend zu ihren Werten und Einstellungen zu befragen und die politische Bildung zu stärken. Wir müssen wachsam sein und falsche Entwicklungen
rechtzeitig erkennen, damit man diesen entgegenwirken kann.
Dabei dürfen wir uns aber nicht einseitig mit rassistischen und extremistischen Handlungsweisen beschäftigen, sondern wir müssen auch hinterfragen, welches die Ursachen für solches Handeln und Denken sind: Warum verschiebt sich ein Wertekompass, und warum verfestigen sich Vorurteile gegen bestimmte gesellschaftliche Gruppen? Warum sind die Resilienz und die Belastbarkeit der einzelnen Beamten im Dienstalltag unterschiedlich stark ausgeprägt? Solche Fragen dürfen in dieser Debatte nicht ausgeblendet werden.
Wir als Politik und Gesellschaft müssen uns klar hinter unsere Polizei stellen. Der Polizeialltag ist kein Ponyhof. Jeden Tag sind unsere Polizistinnen und Polizisten Gewalt und Respektlosigkeit ausgesetzt. Ich möchte an dieser Stelle nur einmal an die Geschehnisse im Dannenröder Forst erinnern: Dort schlägt den Polizistinnen und Polizisten blanker, militanter Hass entgegen, der zum Teil von Politikern noch angeheizt wird. Auch dieser Hass und diese Gewalt sind menschenverachtend.
Uns darf es nicht egal sein, was so etwas mit unseren Polizistinnen und Polizisten auf Dauer macht. Wir dürfen sie mit solchen Erfahrungen nicht alleinlassen. Wir müssen ihnen Halt geben, ihnen den Rücken stärken.
Gleichwohl sind die immensen Belastungen des Dienstalltags keine Rechtfertigung für extremistische oder rassistische Gedanken und Handlungsweisen. Wenn so etwas auftaucht, darf es nicht unter den Teppich gekehrt werden, sondern es gilt auch von den Kolleginnen und Kollegen auf den Dienststellen -, Haltung zu zeigen, nämlich dass solches Gedankengut und solche Handlungsweisen nicht toleriert werden.
Dennoch hat es wenig Sinn - ich finde, es ist auch nicht zielführend -, einseitig oder pauschal mit dem Finger auf die Polizei zu zeigen. Auch andere gesellschaftliche Bereiche sind betroffen. Deshalb ist es richtig, die Polizei nicht singulär zu betrachten, sondern innerhalb des schleswig-holsteinischen Aktionsplans gegen Rassismus. Dabei gilt es, sich mit dem Arbeitsalltag, dem Werteverständnis sowie der Widerstandsfähigkeit der Polizei gegen menschenverachtende Verhaltensweisen zu befassen. Insofern bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem Antrag der SPD-Fraktion sagen: Diesen hätten Sie gern zeitiger vorlegen können; dann hätten wir uns schon intensiv damit befassen können. Ich schlage vor, wir überweisen Ihren Antrag in den Innenausschuss und befassen uns dort damit. Aber für heute bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
„Die Tradition von Schwarz-Rot-Gold ist Einheit und Freiheit. Diese Flagge soll uns als Symbol gelten, dass die Freiheitsidee, die Idee der persönlichen Freiheit, eine der Grundlagen unseres zukünftigen Staates sein soll.“
So kommentierte Ludwig Bergsträsser, Abgesandter der Sozialdemokraten im Parlamentarischen Rat,
die Entscheidung, dass die Flagge der Bundesrepublik Deutschland schwarz-rot-gold sein soll.
Die Farben Schwarz-Rot-Gold sind historisch gesehen eine wiederkehrende Kombination, wenn es um ein demokratisches, geeintes und friedliches Deutschland geht. Bereits im März 1848 erklärte der Bundestag diese Farben zu den Nationalfarben. Die Frankfurter Nationalversammlung folgte dem im November 1848, die Weimarer Republik erklärte in ihrer Verfassung am 11. August 1919 SchwarzRot-Gold zu den Reichsfarben.
1989 waren es die Bürgerinnen und Bürger der DDR, die mit schwarz-rot-goldenen Flaggen friedlich für Demokratie und Freiheit demonstrierten und die Wiedervereinigung herbeiführten. Gleichzeitig wurden die Farben Schwarz-Rot-Gold immer wieder von antidemokratischen Kräften bekämpft und verbannt. Zuletzt waren es die Nationalsozialisten, die mit der Machtübernahme 1933 dafür sorgten, dass die Farben Schwarz-Weiß-Rot zumindest vorübergehend wieder zu den Reichsfarben wurden.
Deshalb waren die Bilder Ende August auch besonders beschämend, als am Rande einer Coronademonstration auf den Treppen des Reichstagsgebäudes in Berlin schwarz-weiß-rote Reichs- und Reichskriegsfahnen geschwenkt wurden. Ich denke, dass wir in diesem Hohen Haus uns einig sind: Solche Flaggen haben vor dem Bundestag nichts zu suchen.
Sie stehen nicht für ein demokratisches, freies und friedliches Deutschland. Sie repräsentieren das genaue Gegenteil. Sie schließen an die Zeiten des Nationalsozialismus und des Kaiserreichs an. Deshalb haben wir uns auch in der CDU-Fraktion darüber Gedanken gemacht, wie wir mit dem Verwenden von Reichskriegsflaggen umgehen wollen.
Einfach ist es mit den Flaggen des Dritten Reiches. Kollege von Pein wies darauf hin: Die sind bereits verboten. Schwieriger wird es dagegen mit den Reichskriegsflaggen des Norddeutschen Bundes, des Kaiserreiches und der demokratischen Weimarer Republik. Deren öffentliches Zeigen ist nicht strafbewehrt. Gleichwohl steht völlig außer Frage, dass sich rechtsextreme Reichsbürger und andere Verfassungsfeinde der Flaggen aus symbolischen Gründen bewusst bedienen und sie für ihre Zwecke instrumentalisieren. Die wehrhafte Demokratie muss rechtsextremistischen Tendenzen entgegentreten. Gleichzeitig muss sich der Rechtsstaat bei sei
nen Maßnahmen an den Maßstäben des Grundgesetzes messen lassen. Dazu gehören die herausragenden Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Diese Rechte können nicht einfach eingeschränkt werden.
Deshalb - sehr geehrter Herr Kollege von Pein, Sie haben darauf hingewiesen - ist der Verweis in Ihrem ursprünglichen Antrag auf die Bremer Erlasslage nicht zielführend. Denn jüngst hat das Bremer Oberverwaltungsgericht einem Antrag der NPD stattgegeben. Die NPD hatte sich gegen das Verbot gewandt, Reichskriegsflaggen und Symbole, die Inhalt des besagten Erlasses waren, auf einer Kundgebung zu zeigen. Begründet wurde der Beschluss des Gerichtes damit, dass das Zeigen der genannten Flaggen nicht gegen Strafgesetze verstoße. Mit diesem Zeigen von symbolträchtigen Gegenständen wie der Flagge werde von der Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Eine inhaltliche Begrenzung von Meinungsäußerungen komme, soweit sie nicht dem Schutze der Jugend oder dem Recht der persönlichen Ehre diene, nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 Grundgesetz in Betracht. In den allgemeinen Gesetzen, insbesondere den Strafgesetzen, habe der Gesetzgeber Beschränkungen des Inhalts von Meinungsäußerungen an konkrete tatbestandliche Voraussetzungen gebunden, so das OVG Bremen. Und diese lägen nun mal nicht vor. Auch der Tatbestand der Volksverhetzung werde nicht erfüllt.
Auch der Erlass selbst, so das OVG Bremen, könne schon mangels Gesetzesqualität kein die streitgegenständliche Einschränkung rechtfertigendes allgemeines Gesetz im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 Grundgesetz darstellen.
Also fassen wir zusammen: Der rot-rot-grüne Bremer Erlass hilft nicht weiter, und ich möchte mir in Schleswig-Holstein eine solche juristische Klatsche auch nicht abholen. Dennoch kann ich den Wunsch der Gesellschaft und auch vieler Ordnungsbehörden verstehen, eine rechtssichere Lösung für den Umgang mit der Reichskriegsflagge zu finden. Das ist Kern unseres Alternativantrags und unseres Auftrags an die Landesregierung.
Vielleicht müssen wir aber neben den ganzen rechtlichen Fragen zugleich die demokratischen Symbole unseres Staates noch stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Meine Damen und Herren, auch das ist sicher unser aller Auftrag und auch Aufgabe der politischen Bildung.
Ich bitte Sie, beide Anträge an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, damit wir uns dort
noch einmal ausführlich über die rechtlichen Rahmenbedingungen austauschen können und hoffentlich zu einer guten und sinnvollen Lösung kommen werden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Polizei in Schleswig-Holstein ist eine Bürgerpolizei. Sie ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche Freund und Helfer für die Menschen in unserem Land. Das ist das Selbstverständnis unserer Polizei, und auch die überwiegende Anzahl der Menschen in Schleswig-Holstein sehen dies genauso. Unsere Polizistinnen und Polizisten halten jeden Tag ihren Kopf hin. Sie sind in Gesprächen mit den Bürgern, sie helfen in kritischen Situationen und wagen sich in gefährliche Einsätze. Sie arbeiten im Schichtdienst, sie arbeiten am Wochenende, und für all das, was sie leisten, gebührt ihnen Dank, Anerkennung und Respekt.
Leider sind dieser Dank, diese Anerkennung und dieser Respekt nicht selbstverständlich. Es kommt
immer wieder vor, dass Polizistinnen und Polizisten genau das Gegenteil erfahren, nämlich Misstrauen, Geringschätzung und leider auch Gewalt.
Gewalt gegenüber einem Menschen auszuüben, ist nur in wenigen Situationen hinnehmbar: neben Notwehrsituationen nämlich nur dann, wenn sie vom Staat zur Durchsetzung von Gesetzen ausgeübt wird. Das gilt ohne Ausnahme.
Umgekehrt heißt das auch, dass ein gewalttätiger Angriff auf Einsatzkräfte nicht hinnehmbar ist. Es ist nicht nur ein Angriff auf die persönliche Integrität, auf Leib und Leben eines Menschen, sondern es ist auch ein Angriff gegen unseren Staat. Einen solchen Angriff müssen wir mit aller Entschlossenheit beantworten.
Insofern war es gut, dass die Große Koalition in Berlin bereits im Jahr 2017 auf die zunehmende Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten reagiert hat. Mit der Einführung des eigenen Straftatbestandes tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte in das Strafgesetzbuch wurde ein klares und unmissverständliches Zeichen gesetzt, nämlich, dass wir als Staat keine Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte tolerieren. Diese Verschärfung des Strafrechts war längst überfällig und im Übrigen eine alte Forderung der CDU-Landtagsfraktion.
Es ist völlig klar, dass mit dieser Verschärfung nur ein erster wichtiger Schritt gegangen wurde. Da dieser Schritt allein nicht ausreichend ist, setzt unser Antrag an dieser Stelle an. Wir wollen, dass Gewalt gegen Einsatzkräfte noch stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt wird. Respekt und Anerkennung müssen wieder gesamtgesellschaftlicher Konsens werden. Wir wollen unsere Polizistinnen und Polizisten noch besser auf diese Realität vorbereiten und die Gesellschaft sensibilisieren.
All diese Maßnahmen helfen weiter als ein populistischer Antrag, der einfach nur die Mindeststrafe erhöhen will und völlig übersieht, dass es eine Mindeststrafe ist und die Strafe nach oben hin deutlich weiter gefasst werden kann. Deshalb lehnen wir auch den Antrag des Abgeordneten Schaffer ab. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir ziemlich sicher: Wir werden in diesem Hohen Haus gleich fünf ähnliche Reden hören - und eine, die genau das Gegenteil behaupten wird. Aber das soll uns nicht davon abhalten, das, was der Ministerpräsident gesagt hat, zu teilen. Ich gehe davon aus, dass wir mit großer, mit überwältigender Mehrheit diesem Ersten Medienänderungsstaatsvertrag zustimmen werden.
Im vergangenen Monat hat der Schleswig-Holsteinische Landtag dem Medienstaatsvertrag zugestimmt. Jemand, der mit dem Mediengeschehen nicht ganz so eng vertraut ist, wird sich wundern, dass wir heute schon über den Ersten Medienänderungsstaatsvertrag reden. Aber so ist es in der Medienpolitik: Nach dem Staatsvertrag ist vor dem Staatsvertrag!
Mit dem Medienstaatsvertrag hatten wir die Grundlage für eine neue, moderne Medienordnung in Deutschland geschaffen. Mit dem nun vorliegenden Ersten Medienänderungsstaatsvertrag kümmern wir uns um die zukünftige Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks; denn der vorgelegte Staatsvertrag sieht vor, den Rundfunkbeitrag ab dem 1. Januar 2021 um 86 ct - von 17,50 € auf 18,36 € zu erhöhen. Mit diesem Staatsvertrag wird die Empfehlung der KEF, der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, umgesetzt - nicht mehr und nicht weniger.
Meine Damen und Herren, 86 ct - 10,32 € pro Jahr sind auch in Zeiten von Corona moderat und angemessen. Denn zur Wahrheit gehört, dass dies die erste Erhöhung seit dem Jahr 2009 ist; damals lag die monatliche Zahlung noch bei 17,98 €. Im Vergleich dazu sind es zwölf Jahre später 38 ct mehr.
Trotz der Beitragsanpassung werden den Rundfunkanstalten in den kommenden Jahren erhebliche Sparanstrengungen abverlangt. Denn diese hatten gegenüber der KEF einen Mehrbedarf von 3 Milliarden € für die kommenden vier Jahre angemeldet
mit der Folge, dass der Beitrag um 1,70 € gestiegen wäre. Er steigt aber nur um 86 ct.
An dieser Stelle wird eines deutlich: Mit einer hemmungslosen Selbstbedienung der Rundfunkanstalten haben wir es hier bei Weitem nicht zu tun, sondern uns liegt der Vorschlag eines unabhängigen Expertengremiums vor, bei dem es ausschließlich um den Erhalt der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht - so, wie es sich aus der Rundfunkfreiheit in Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes ableitet.
Unser Grundgesetz gebietet größtmögliche Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Seine Finanzierung hat frei von politischer Einflussnahme zu erfolgen. Deshalb ist ein Abweichen von der KEF-Empfehlung nach der Rechtsprechung nur sehr bedingt und in Ausnahmenfällen überhaupt möglich, zum Beispiel bei einer unangemessenen Erhöhung. Aber eine solche Ausnahme ist für mich nicht erkennbar.
Meine Damen und Herren, oft haben wir uns in dieser Legislaturperiode zum öffentlichen-rechtlichen Rundfunk bekannt. Er ist ein Wert an sich. Gerade in Coronazeiten hat er uns wieder ganz deutlich gezeigt, wie schmal der Grat zwischen Fake News und Verschwörungstheorien auf der einen Seite und einem unabhängigen, neutralen, gut informierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der auch unbequem sein kann, auf der anderen Seite ist. Deshalb müssen wir dafür Sorge tragen, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk bedarfsgerecht finanziert ist.
- Danke schön.
Lassen Sie mich abschließend einen Blick auf unseren NDR werfen. Auch hier zeigt sich an der aktuellen finanziellen Situation, dass es sich bei dem Vorschlag der KEF nicht um ein Wünsch-dir-was des Intendanten handelt. Vielmehr attestiert die KEF dem NDR, dass er - im Gegensatz zu anderen Anstalten - punktgenau gewirtschaftet und die ihm zugewiesenen Mittel zum Ende der Beitragsperiode weitgehend verbraucht hat. So soll es sein!
Gleichwohl führt die Berechnungssystematik der KEF dazu, dass der NDR in den kommenden Jahren 300 Millionen € einsparen muss; der Ministerpräsident sprach bereits davon. Hier darf und muss man allerdings die Frage stellen, ob die Berechnungssystematik richtig gewählt wurde; denn es lässt sich kaum erklären, dass einerseits der Beitrag steigt und andererseits ein umfassendes Sparpaket
aufgelegt werden muss, das zulasten der Mitarbeiter, des Programms, der Infrastruktur und der Innovationsfähigkeit geht.
Meine Damen und Herren, es steht für mich völlig außer Frage, dass guter und unabhängiger Journalismus Geld kostet. Wir sollten dies mit einem eindeutigen Votum für diesen Staatsvertrag anerkennen. Damit können wir auch ein starkes Zeichen in Richtung Sachsen-Anhalt senden, dass nämlich die Demokraten zusammenhalten, dass wir uns für neutrale Berichterstattung aussprechen und dass wir uns für Pressefreiheit stark machen.
Ich bitte um Zustimmung zum Staatsvertrag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Endlich liegt der erste Tätigkeitsbericht der Beauftragten für die Landespolizei vor. Vielen herzlichen Dank. Damit können wir Abgeordneten uns nun ein eigenes Bild von der Tätigkeit machen.
Lassen Sie mich jedoch vorwegstellen: Ich finde es bedauerlich, dass der Bericht erst jetzt vorgelegt wurde, denn das Gesetz sieht vor, dass ab dem zweiten Jahr des Tätigwerdens der Beauftragten diese jährlich dem Landtag einen Bericht über ihre Arbeit zu erstatten hat. Demnach hätte der Bericht bereits im vergangenen Jahr vorgelegt werden müssen. Das ist nicht geschehen und auch zu kritisieren: Ein gesetzlicher Auftrag ist keine bloße Anregung. Der Tätigkeitsbericht ist integraler Bestandteil der Institution Polizeibeauftragte. Er ist auch für uns Parlamentarier wichtig, denn das ist doch der Sinn und Zweck dieser beauftragten Stelle: Schwachstellen aufzeigen, damit wir diesen zeitnah begegnen können.
Ich will mich an dieser Tatsache gar nicht lange abarbeiten, aber es wäre für die Zukunft und für die Integrität der Institution der Beauftragten für die Landespolizei schon gut, wenn sie sich an die entsprechenden Fristen hielte.
Kommen wir zum eigentlichen Bericht. Dieser verzeichnet insgesamt 105 Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern in zwei Jahren, wobei sich 20 als unzulässig erwiesen. Es lässt sich also feststellen, dass
weniger als eine Eingabe pro Woche eingegangen ist. 33 Beschwerden richteten sich gegen die Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen, wobei sieben nicht bearbeitet werden konnten, da der Beschwerdeführer keine Unterlagen zur Verfügung stellte oder den Kontakt abbrach. 24 Eingaben erwiesen sich als unbegründet. Somit verbleiben zwei Fälle, bei denen die Polizeibeauftragte feststellt, dass diese Beschwerden zumindest teilweise begründet seien. Im Ergebnis findet sich also kein einziger Fall, bei dem es eindeutig zu rechtswidrigen polizeilichen Maßnahmen gekommen ist.
Der Bericht beschäftigt sich auch mit Fällen missglückter Kommunikation zwischen Polizei und Bürgern. Einmal pro Monat ging eine solche Beschwerde ein. Ich stimme dabei mit der Polizeibeauftragten voll und ganz überein, dass polizeiliches Handeln transparent und nachvollziehbar sein muss. Dass dies für den Bürger offensichtlich nicht immer der Fall ist, ist natürlich nicht schön, es verwundert ehrlich gesagt aber auch nicht. Manchmal sind unterschiedliche Erwartungshaltungen oder das klassische Sender-Empfänger-Problem, mit dem sich die Wissenschaft bereits seit Jahrzehnten befasst, die Ursache.
Schauen Sie sich beispielsweise den Fall des Hamburger Porschefahrers auf der A 7 an. Hier der Porschefahrer, der im Grunde alles richtig gemacht habe, und dort die empathielosen Polizisten, die ihn in angeblich schnodderigem Ton auf der Autobahn über den Abstand des Warndreiecks zum Fahrzeug belehrten. Ich frage mich, ob dies wirklich ein Fall ist, mit dem sich die Polizeibeauftragte intensiv befassen muss. Vielleicht hatten alle einfach nur einen schlechten Tag.
Für wichtiger halte ich dagegen Fälle, in denen es um den Vorwurf von Polizeigewalt geht. Solche Vorwürfe sind immer brisant, und ihnen ist ohne Wenn und Aber nachzugehen. Gleichwohl steht für mich außer Frage, dass Polizei Gewalt anwenden darf. Der Einsatz von Gewalt kann und darf nur allerletztes Mittel sein, aber wenn Recht durchzusetzen ist, müssen wir uns auf den Einsatz des unmittelbaren Zwangs durch die Polizei verlassen können.
Insgesamt erreichten in zwei Jahren sechs Vorwürfe von Polizeigewalt die Polizeibeauftragte, die sich bei näherer Betrachtung jedoch sehr unterschiedlich darstellen und von denen letztlich nur ein Fall zu strafrechtlichen Konsequenzen führte. Alle anderen Fälle lassen sich, je nach Blickwinkel, so oder so lesen. Vorsätzliche oder unberechtigte Polizeigewalt kann ich jedenfalls nicht erkennen.
Unsere Landespolizei fährt pro Jahr mehr als 500.000 Einsätze. Dem stehen insgesamt 105 Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Dies ist ein hervorragendes Zeugnis für die professionelle und herausragende Arbeit und den Ausbildungsstand unserer Landespolizei. Meine Anerkennung!
Meine Anerkennung gilt daher allen Polizistinnen und Polizisten, die jeden Tag auch in schwierigen Lagen mit viel Umsicht, Geduld und Einfühlungsvermögen ihren Dienst leisten.
Die Beauftragte ist aber nicht nur für Vorgänge zwischen Bürgern und Polizei, sondern auch für innerpolizeiliche Angelegenheiten zuständig. So kann sich jeder Polizeibeamte unmittelbar ohne Einhaltung des Dienstweges an sie wenden. Im Berichtszeitraum wurde 281-mal von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, wobei fast zwei Drittel der Eingaben vertraulich waren. In den Fällen geht es dabei um den generellen innerdienstlichen Umgang oder innerdienstliche Konflikte. Auch dies verwundert wenig, schließlich handelt es sich bei der Polizei um eine hierarchische Organisation, in der nicht jede Entscheidung endlos diskutiert werden kann.
Insofern ist es selbstverständlich, dass es auch kritische Stimmen zur Arbeit der Polizeibeauftragten gibt. So weist die Gewerkschaft der Polizei darauf hin, dass sich Polizeibeamte durch das Auftreten der Beauftragten angegriffen und teilweise vorgeführt fühlten und gleichzeitig die ungute Erkenntnis hätten, sich gegen eine nur dem Gesetz verantwortliche und somit unantastbare Polizeibeauftragte nicht verteidigen zu können.
Meine Damen und Herren, auch solche Stimmen müssen wir ernst nehmen und dürfen sie nicht unberücksichtigt lassen. Die Akzeptanz der Polizeibeauftragten innerhalb der Polizei lebt jedenfalls davon, dass diese Sachverhalte neutral und im Dialog bearbeitet und aufgeklärt werden. Die Polizeibeauftragte darf nicht zu einem Instrument des Misstrauens gegen die Polizei werden. Sie hat die Polizei und die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu unterstützen. Das funktioniert nur mit der notwendigen Distanz und der gebotenen Neutralität.
Herr Präsident, ich komme zum Ende. - Ich finde, die recht geringe Anzahl von Fällen macht vielmehr deutlich, dass die Idee der Bürgerpolizei in Schleswig-Holstein genauso wie die Aus- und Fortbildung der Polizeibeamtinnen und -beamten sowie die Führungskultur innerhalb unserer Polizei hervorragend funktionieren. Ich finde, das ist die gute Botschaft dieses Berichtes. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anfang des Monats stellte die DLRG - ein herzliches Willkommen von meiner Seite an dieser Stelle - eine erste Zwischenbilanz der Badesaison 2020 vor. Es waren erschreckende Zahlen: 50 Menschen ertranken in den ersten sieben Monaten in norddeutschen Gewässern, davon 15 in SchleswigHolstein. Diese Zahl mag im Vergleich zu den 65 Verkehrstoten im ersten Halbjahr in Schleswig-Holstein gering erscheinen. Aber hinter jedem Toten steht ein individuelles Schicksal und eine Familie.
Wir alle haben die dramatischen Bilder der Rettungseinsätze an der Elbe, in Geesthacht und Kollmar noch gut vor Augen, in denen die Feuerwehr, DLRG, Wasserwacht, Polizei und andere Seite an Seite gemeinsam mit viel Energie und Einsatzbereitschaft im Einsatz waren. In Kollmar gelang es ihnen, die Verunglückten zu finden, sie zu bergen und dem Rettungsdienst zu übergeben. In Geesthacht jedoch kam trotz großen Engagements jede Hilfe zu spät.
Auch an Nord- und Ostsee kommt es regelmäßig zu großen Einsätzen, wie etwa Mitte Juli, als zwei Stand-up-Paddler vor Haffkrug von der DGzRS und der DLRG aus Seenot gerettet werden mussten.
Die CDU-Fraktion ist dankbar, dass wir im Land zwischen den Meeren so viele unterschiedliche Rettungsorganisationen haben. Wir sind jedem einzelnen Helfer und jeder einzelnen Helferin zutiefst dankbar,
völlig egal, ob sie sich in der Feuerwehr, dem Roten Kreuz, den Johannitern, der DGzRS, der DLRG, dem THW oder bei wem auch immer, den ich jetzt noch vergessen habe, engagieren. Sie leisten Großartiges, vielfach ehrenamtlich und in der Freizeit. Das verdient Anerkennung und Respekt.
In den letzten Monaten haben wir bereits viel für die Sicherheit an den Küsten und Gewässern erreicht. Mit der Übernahme der Koordinierung der Wasserrettung durch die DGzRS hat unser Innenministerium, wie ich finde, eine pragmatische Lösung für ein langwährendes Problem gefunden. Mit dem Badesicherheitsgesetz haben wir die Voraussetzung für sicheres Baden in unseren Binnengewässern geschaffen.
So weit, so gut, doch wir sind damit noch nicht zu Ende. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf von CDU, Grünen, FDP und SSW wollen wir das Badesicherheitsgesetz zu einem Badesicherheits- und Wasserrettungsgesetz weiterentwickeln, um noch mehr Sicherheit in Schleswig-Holstein zu erreichen. Wir erreichen dies, indem wir darauf verzichten, neue Strukturen zu definieren oder Beauftragte zu schaffen. Wir brauchen keine gesetzliche Definition, was Wasserrettung ist und wo diese stattfindet und wer sie letztlich durchführt. Dieser Versuch, die Wasserrettung als vierte Säule neben dem Brandschutz, dem Katastrophenschutz und dem Rettungsdienst gesetzlich zu regeln, war bereits in der letzten Legislaturperiode unter SPD-Führung mit Pauken und Trompeten gescheitert.
Es geht uns um die Verbesserung der Rettungskette. Mit unserem Gesetzentwurf stellen wir sicher, dass all diejenigen, die im Falle eines Notfalls in der Lage sind, auf dem Wasser zu helfen, auch durch die Rettungsleitstellen alarmiert werden, wie es in Kollmar und Geesthacht geschehen ist.
Wir stellen sicher, dass die Hilfsorganisationen jenseits von Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz unter Nutzung des BOS-Digitalfunks und Blaulicht zum Einsatzort eilen können, wir stellen sicher, dass nur Hilfsorganisationen, die über klar definierte Ausbildungsstandards verfügen, Teil einer solchen Rettungskette werden.
Seit vier Jahren diskutieren wir nun über die Wasserrettung. Die Vorgängerregierung - ich sagte es hat es nicht geschafft, eine praktikable Lösung zu finden. Stattdessen - ich wiederhole mich - sollte ein komplexes und teures System gefunden werden, das am Ende nicht durchsetzungsfähig war. Diese Idee wird nun von der SPD in dem vorgelegten Gesetzentwurf fortgeschrieben. Sie versuchen erneut, die Aufgabe Wasserrettung zu definieren. Damit stellen sich wieder die alten Fragen: Wem wird die Aufgabe tatsächlich übertragen? Wer trägt die Kosten? - Ich finde, ein solches System brauchen wir nicht.
Mit unserem Gesetzentwurf bilden wir die Wasserrettung so ab, wie sie in Schleswig-Holstein derzeit bereits stattfindet, nämlich in einem kollegialen Miteinander der einzelnen Organisationen. Deshalb ist die Sorge einzelner Vertreter, beispielsweise der Feuerwehr, auch völlig unbegründet, dass hier etwas weggenommen werden soll oder einzelne Hilfsorganisationen Rosinenpickerei betreiben würden. Wir stellen sogar sicher, dass Mittel aus der
Feuerschutzsteuer oder des Katastrophenschutzes nicht für die Wasserrettung verwendet werden.
Seit vier Jahren diskutieren wir nun, wie wir die Wasserrettung normieren können. Ich finde, es ist an der Zeit, dass wir dieses Kapitel schließen.
Unser Gesetzentwurf bietet dafür eine hervorragende Grundlage. Er bindet die freiwilligen und ehrenamtlichen Strukturen der Wasserrettung in das bestehende Rettungssystem ein, ohne jemandem etwas wegzunehmen. Statt gegeneinander zu arbeiten, zählt das Miteinander: Seite an Seite, gemeinsam. Deshalb lautet unsere Maxime: Rette, wer kann! Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geehrten Damen und Herren! Pünktlich zum Start der Badesaison haben die Jamaika-Koalition und der SSW ein Badewesen- und Wasserrettungsgesetz vorgelegt. Mit diesem Gesetzentwurf lösen wir eine ganze Reihe von Problemen, die in den vergangenen Jahren rund um das Baden in schleswig-holsteinischen Gewässern deutlich geworden sind.
Lassen Sie mich auf die Notwendigkeit dieses Gesetzesentwurfes eingehen: Viele von uns erinnern sich sicher noch an die ungläubigen Blicke von Touristen und Einheimischen, als im vergangenen Jahr an vielen Badestellen an unseren Binnengewässern Badestege gesperrt und Badeinseln aus dem Wasser gezogen wurden - und das trotz herrlichen Sonnenscheins und Temperaturen von über 30 °C, die förmlich zum Baden im kühlen Nass einluden.
Was war geschehen? Der Bundesgerichthof verurteilte bereits im Jahr 2017 eine Gemeinde zu Schadensersatz, nachdem es zu einem Badeunfall gekommen war. Infolgedessen erließ der Kommunale Schadensausgleich eine deutliche Warnung an die Kommunen, dass, wenn durch die Kommunen Infrastruktur zum Baden geschaffen würde, eine Schwimmaufsicht den Badebetrieb zu überwachen habe.
Aber der gutgemeinte Hinweis, Schwimmaufsichten bereitzustellen, hilft nicht wirklich weiter, denn viele Kommunen können gar keine Aufsicht stellen. Sie können sich dieses entweder finanziell nicht leisten können, oder sie finden überhaupt keine Aufsichten. Somit blieb ihnen gar daher nichts anders übrig, als Badeinseln einzuholen, Stege zu entfernen oder Badestellen gänzlich zu sperren.
Das Urteil machte einmal mehr deutlich: Jedem Bürgermeister, jedem leitenden Verwaltungsbeamten, aber auch jedem einzelnen Sachbearbeiter in der Verwaltung können strafrechtliche Konsequenzen drohen, wenn es zu einem Unglücksfall kommt. Ich habe daher großes Verständnis, wenn ein ehrenamtlicher Bürgermeister sagt, dass er nicht bereit sei, dieses Risiko zu tragen, und gleichzeitig von der Politik eine gesetzgeberische Lösung fordert.
Es ist doch wirklich ein Irrsinn, wenn Badeinfrastruktur abgebaut wird, die vorher, wie vielfach geschehen, mit europäischen Fördermitteln zur ländlichen Entwicklung angeschafft wurde. Meine Damen und Herren, dies können Sie niemanden erklären.
Mit unserem Gesetzesentwurf geben wir den Kommunen wieder ein Stück Rechtssicherheit zurück. Natürlich können wir sie nicht vollständig aus der Verantwortung entlassen, denn der Grundsatz, dass diejenigen, die eine Badestelle einrichten oder betreiben, die zivilrechtlich erforderlichen Sicherungs- und Rettungsvorkehrungen zu treffen haben, bleibt unverändert bestehen.
Dies gilt im Übrigen auch für jeden einzelnen gemeindeeigenen Kinderspielplatz. Es wird uns nicht gelingen, die Pflicht und den Umfang der aus § 823 BGB abgeleiteten Verkehrssicherungspflichten für die jeweiligen Badestellen rechtssicher zu regeln. Ein rechtliches Restrisiko bleibt. Wir können aber die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Gefahrenabwehr derart anpassen, dass sie durch die Einführung von Legaldefinitionen eine Hilfe für Kommunen sind.
Das hilft auch der Gerichtsbarkeit bei zivilrechtlichen Schadensersatzklagen: Zur Auslegung der Verkehrssicherungspflichten kann dann und wird dann auch oft der im öffentlichen Recht gesteckte Rahmen zur Auslegung des Umfanges der Verkehrssicherungspflichten herangezogen, und diesen Rahmen definieren wir mit unserem Gesetzesentwurf.
Wir stellen klar, dass es keine Pflicht zur Beaufsichtigung jeglicher eingerichteten und betriebenen Badestelle durch eine Badeaufsicht gibt, nur weil die Kommune Infrastruktur zum Baden geschaffen hat. Zu solcher Infrastruktur gehören übrigens bereits Mülleimer. Hier bereits eine Badeaufsichtspflicht zu normieren, wäre unsinnig und für die Kommunen nicht tragfähig. Deshalb ist es richtig,
dass das Badesicherheitsgesetz nun beispielsweise klarstellt, wann eine Badestelle vorliegt und wann eine Badeaufsicht zu stellen ist. Diese Pflicht besteht insbesondere dann, wenn die jeweilige Kommunen ein Entgelt für die Nutzung der Badestelle erhebt oder besondere Gefahren von der Badestelle ausgehen.
Meine Damen und Herren, die Anhörung im Innenausschuss hat sehr deutlich gezeigt, dass die Kommunen auf das Badesicherheitsgesetz sehnlichst warten und uns sehr dankbar sind, dass wir dieses Gesetz heute beschließen werden. Somit dem Badespaß in dieser Sommersaison nichts entgegen.
Allerdings zeigte die Anhörung auch, dass nach wie vor das Thema Wasserrettung nicht geklärt ist. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Versuche unternommen, hier eine für Feuerwehr und Wasserrettungsorganisationen tragfähige Lösung zu finden. Auch wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, endlich eine gesetzliche Regelung für die Wasserrettung in Schleswig-Holstein zu finden. Es gilt, die Regelungslücken hinsichtlich des Zuganges zum BOS-Digitalfunk und der Sonderrechte im Straßenverkehr für die ehrenamtlich organisierten Wasserrettungsorganisationen zu schließen, ohne sie dabei aufgrund ihrer überwiegend ehrenamtlichen Strukturen zu überfordern und ohne dabei den vielen freiwilligen Feuerwehren oder dem Rettungsdienst irgendetwas wegzunehmen.
Für mich ist entscheidend: Es muss sichergestellt werden, dass je nach Einsatzlage die richtigen und die besten Kräfte eingesetzt werden können.
Auch wenn wir im Rahmen des Badesicherheitsgesetzes heute noch keine Lösung für die Wasserrettung vorlegen konnten, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir zeitnah eine Lösung finden und diese bis zum Herbst umsetzen werden.
Abschließend wünsche ich alle Urlaubern, Tagesgästen und Einheimischen einen herrlichen Sommer und ein tolles und vor allem sicheres Badevergnügen in unserem schönen Schleswig-Holstein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank an den Ministerpräsidenten und den Staatssekretär für ihre unermüdliche Arbeit im Rundfunkwesen. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht immer einfach ist, 16 Bundesländer und 16 verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen und das in Staatsverträgen zu manifestieren, die sich ja auch - wie wir erleben immer wieder ändern. Nicht zuletzt hatten Sie uns im Dezember darüber unterrichtet, dass auch schon die erste Änderung des Medienstaatsvertrages diskutiert wird.
Die Grundlagen des bisherigen Rundfunkstaatsvertrages, der die Leitplanken für die aktuelle Medienordnung bestimmt, stammen aus dem Jahr 1991. Damals galt es, eine einheitliche Medienordnung für das wiedervereinte Deutschland zu finden. Es war eine Zeit, in der die Medienwelt noch überschaubar war. So ist es wenig überraschend, dass in der Präambel zum Rundfunkstaatsvertrag aus
schließlich von einem dualen Rundfunksystem aus öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk gesprochen wird. Daneben gab es eine Vielzahl klassischer Druckzeugnisse, wobei die Betonung auf „Druck“ liegen muss, denn sie wurden damals noch ausschließlich auf Papier gedruckt.
Knapp 30 Jahre später blicken wir auf eine völlig veränderte Medienwelt, die es erforderlich macht, die Leitplanken der Medienordnung grundlegend zu modernisieren. Wir haben es nicht mehr mit klar voneinander getrennten Medien und Verbreitungswegen zu tun, sondern die einzelnen Mediengattungen konvergieren gegeneinander. Einst getrennte Inhalte und Verbreitungswege wachsen zusammen und lassen sich insbesondere im Internet nicht mehr voneinander trennen. Zudem sind neue Akteure hinzugekommen. Die Medienlandschaft besteht nicht mehr nur aus Zeitungen, Radio und Fernsehen, sondern es gibt eine Vielzahl neuer Formen, zu denen Online-Nachrichtenportale, Videoplattformen, Suchmaschinen und soziale Netzwerke gehören. Diese neuen Formen waren aber bisher keinem effizienten medienpolitischen Regulativ unterworfen.
Der nun vorgelegte Medienstaatsvertrag spiegelt diese digitale Transformation wider. Insofern ist auch nur konsequent, dass wir nicht mehr von einem Rundfunkstaatsvertrag, sondern von einem Medienstaatsvertrag sprechen, der aus meiner Sicht ein medienpolitischer Meilenstein für Deutschland ist. Zwei große Themenfelder werden angepackt: Zum einen werden die ersten notwendigen Schritte für die zeitgemäße Medienregulierung vor dem Hintergrund fortschreitender Konvergenz vorgenommen, zum anderen wird zugleich die im Dezember 2018 in Kraft getretene Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste der Europäischen Union fristgerecht umgesetzt.
Zentrales Anliegen des Medienstaatsvertrages ist es, auch im digitalen Zeitalter die Sicherung von Meinungsvielfalt zu gewährleisten. Die Sicherung der Meinungsvielfalt ist für unsere Demokratie unerlässlich, gerade in Zeiten der Coronapandemie wird dies besonders deutlich. Fake News gehören zur Tagesordnung. Mit gezielten Falschmeldungen wird versucht, politische Debatten zu beeinflussen. Deshalb ist es richtig, dass im Medienstaatsvertrag das Transparenzgebot und das Diskriminierungsverbot eine zentrale Rolle spielen, insbesondere auch für Suchmaschinen und Plattformen. Sie müssen künftig die zentralen Kriterien, nach denen sie ihre Algorithmen sortieren, offenlegen, zudem innerhalb von sozialen Netzwerken beispielsweise Social
Bots kennzeichnen. Damit schaffen wir mehr Transparenz für den Nutzer.
Auch die Verpflichtung der Einhaltung journalistischer Standards für besonders meinungsrelevante Telemedien ist eine gute Entscheidung und trägt zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung bei. Auch der Tatsache, dass bei Produktion und Verbreitung audiovisueller Inhalte ehemals bestehende Einschränkungen wie Frequenzknappheit und teure Technik keine wesentliche Rolle mehr spielen und somit fast jeder sein eigenes Programm im Internet gestalten kann, trägt der Medienstaatsvertrag durch die Bagatellgrenze im Zulassungsverfahren Rechnung. Gleichwohl ist hier, wie die Landesregierung mitteilt, noch vieles im Fluss und die Anpassung des Rechtsrahmens noch nicht abgeschlossen.
Wer den Medienstaatsvertrag gelesen hat, wird feststellen, dass viele weitere Aspekte der sich verändernden Medienwelt in dem Vertragswerk aufgegriffen werden. Jeden einzelnen Punkt aufzugreifen, würde den Zeitrahmen sprengen. Deshalb möchte ich die verbleibende Zeit nutzen, um noch einmal kurz auf den Antrag der SPD einzugehen. Ich halte Ihr Anliegen durchaus für richtig und wichtig. Der Ministerpräsident hat dieses schon erkannt. Allerdings müssen wir zunächst einmal erkennen, dass wichtige Schritte für mehr Barrierefreiheit bereits umgesetzt werden. So müssen künftig auch Anbieter sogenannter fernsehähnlicher Telemedien, um ein Beispiel zu nennen, barrierefreie Angebote aufnehmen und den Umfang stetig und schrittweise ausbauen. Gleichwohl sind noch Themen wie die konkrete Ausgestaltung der Barrierefreiheit oder die Berücksichtigung unterschiedlicher Beeinträchtigungen offengeblieben, die sicherlich im Rahmen der kommenden Medienänderungsstaatsverträge Berücksichtigung finden müssen.
Deshalb ist es eine gute Idee, dass wir beide Anträge im Ausschuss noch einmal beraten werden. Unserer ist an der einen oder anderen Stelle noch ein bisschen konkreter. Aber lassen Sie uns im Ausschuss darüber sprechen, denn wir haben das gemeinsame Ziel, mehr Barrierefreiheit auch im Rundfunk und in den Telemedien zu erreichen. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die Landespolizei; denn endlich beginnt die parlamentarische Beratung des Gesetzes zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz. Bevor ich inhaltlich auf den Gesetzentwurf eingehe, möchte ich mich bei der Innenministerin und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministeriums und der Polizei sowie ausdrücklich auch bei Staatssekretär Torsten Geerdts, unter dessen Leitung der Entwurf erarbeitet wurde, bedanken. - Vielen Dank, dass Sie uns diesen hervorragenden Gesetzentwurf vorgelegt haben.
Ich finde es hervorragend, wie eng dabei mit den Beteiligten, insbesondere mit der Polizei, zusammengearbeitet wurde.
Bedanken möchte ich mich auch bei den Koalitionspartnern für die gute und kollegiale Diskussion über die Leitplanken dieses Gesetzentwurfs. Ich glaube, wir können sehr stolz auf den vorliegenden Gesetzentwurf sein. Immerhin ist dies die erste große, umfängliche Reform unseres Polizeirechts seit 2007, und es steht außer Frage, dass sie dringend nötig ist. Denn unsere Polizei ist im Jahr 2020 einer völlig anderen Gefährdungslage ausgesetzt, als dies 2007 noch der Fall war.
Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt auch: Wir scheuen uns nicht davor, moralisch und ethisch schwierige Themen anzupacken. Dazu zählt aus meiner Sicht insbesondere die Anpassung bezüglich des Schusswaffengebrauchs.
- Da brauchen Sie gar nicht zu lachen! - Gleichzeitig ist mir völlig klar: Der polizeiliche Schusswaffengebrauch kann und darf nur Ultima Ratio sein. Er ist nur zulässig, um eine gegenwärtige Lebensgefahr oder eine gegenwärtige Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit abzuwehren. Auch wenn sich niemand eine solche krisenhafte Ausnahmesituation wünscht, kommt sie im polizeilichen Alltag hin und wieder vor. Dann, meine Damen und Herren, ist Rechtssicherheit für die eingesetzten Polizistinnen und Polizisten essenziell. Wir sind es ihnen schuldig, diese Rechtssicherheit zu geben.
Deshalb ist es gut, dass mit dem Gesetzentwurf die Eigensicherung der Polizei auf der einen Seite und die körperliche Unversehrtheit der Bevölkerung auf der anderen Seite in einen schonenden Ausgleich gebracht werden.
Wir schaffen Rechtssicherheit beim finalen Rettungsschuss, dem wohl schwerwiegendsten Grundrechtseingriff, den man sich vorstellen kann. Wir schaffen Rechtssicherheit für unübersichtliche Situationen, in denen zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben der Schusswaffengebrauch auch auf Täter in einer Menschenmenge erforderlich sein kann; und wir schaffen Rechtssicherheit, dass in akuten terroristischen Bedrohungslagen oder Amoklagen die Schusswaffe auch gegen
Täter eingesetzt werden kann, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass es unserer Polizei immer wieder gelingt, solche krisenhaften Situationen bereits im Voraus zu verhindern. Aber sollte es dennoch einmal zu einer solchen Situation kommen, ist es unsere politische Verantwortung, unseren Polizistinnen und Polizisten die erforderliche Handlungssicherheit zu geben. Diese Aufgabe erfüllen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.
Vor rund drei Wochen veröffentlichte das Innenministerium eine für mich erschreckende Zahl. 1.254 Fälle von Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten wurden im vergangenen Jahr dokumentiert, 377-mal wurden Beamtinnen und Beamte sogar im Dienst verletzt. Solche Angriffe sind völlig inakzeptabel und sind auf das Schärfste zu verurteilen. Deshalb ist es genau richtig, dass wir die Eigensicherungsmöglichkeiten der Beamtinnen und Beamten mit diesem Gesetzentwurf verbessern.
Zum einen möchte ich an dieser Stelle die Bodycam nennen, für die wir nun, nach Beendigung der Pilotphase, eine ausdrückliche Rechtsgrundlage schaffen. Geregelt werden soll, wie mit den erhobenen Daten zu verfahren ist, wie Betroffene ihre Rechte gelten machen können. Der Einsatz von Bodycams ist in Wohnungen nicht vorgesehen.
Ich denke, dies sollten wir uns noch einmal genau ansehen. Gewalt endet nicht an der Wohnungstür, und auch andere Bundesländer wie etwa das grünschwarz regierte Baden-Württemberg ermöglichen den Einsatz in Wohnungen, ohne das Grundrecht auf Unversehrtheit der eigenen Wohnung zu verletzen.
Zum anderen stärken wir die Eigensicherungsmöglichkeiten der Beamten. Bisher durfte eine Person erst gefesselt werden, wenn der Freiheitsentzug vorlag. Dies werden wir nun in einem eng begrenzten Rahmen lockern und damit einer langjährigen Forderung des polizeilichen Einzeldienstes entsprechen. Das ist ein echter Fortschritt für mehr Sicherheit, wie ich finde.
Die Aufnahme des Distanz-Elektroimpulsgerätes in den Einsatzmittelkatalog hilft unseren Polizisten ebenfalls. Es schließt die Lücke zwischen Schusswaffe und Pfefferspray und wird durch seine bloße Anwesenheit deeskalierend wirken.
Meine Damen und Herren, ich bin mit dem vorgelegten Gesetzentwurf sehr zufrieden. Viele wichtige Punkte, wie die sogenannten Anpassungen der Schusswaffenoption der Eigensicherungsmöglichkeiten, die verdeckten Ermittlungen im Kampf gegen Terror oder die verbesserten Kontrollbefugnisse, werden den Arbeitsalltag unserer Polizisten erleichtern.
Es steht außer Frage, dass wir als Union uns an der einen oder anderen Stelle mehr gewünscht hätten, was die moderne Polizeiarbeit im 21. Jahrhundert angeht.
In einer Koalition können wir uns aber nicht zu 100 % durchsetzen. Insgesamt kann ich mich guten Gewissens hinter diesen Gesetzentwurf stellen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anfang Mai legte die Landesregierung den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 vor. Aus meiner Sicht ist er eine hoch interessante Lektüre, denn er gibt einen guten Überblick über diejenigen Kräfte, die es mit unserer Verfassung nicht gut meinen. Ich möchte mich daher zunächst ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes bedanken, die mit ihrer Arbeit jeden Tag einen unverzichtbaren Dienst für unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung und damit auch für die gesamte Gesellschaft leisten.
In § 1 unseres Verfassungsschutzgesetzes ist die Aufgabe klar definiert: Der Verfassungsschutz hat die Landesregierung und die zuständigen Stellen über Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu unterrichten - wohlgemerkt „zu unterrichten“. Er hat keine exekutiven Befugnisse, und ich glaube, das ist auch richtig so.
Vielmehr kommt er seiner Aufgabe dadurch nach, dass er Personen, Gruppierungen und Parteien, die er als verfassungsfeindlich und sicherheitsgefähr
dend einstuft, beobachtet, Informationen sammelt und diese auswertet. Der Verfassungsschutz ist das Frühwarnsystem der Demokratie.
Deshalb ist mir auch noch einmal wichtig, Folgendes herauszustellen: Der Verfassungsschutz kann aufgrund der begrenzt vorhandenen Befugnisse unsere Demokratie nicht allein verteidigen. Dafür sind wir alle zuständig. Der Verfassungsschutz kann uns nur helfen, zu erkennen, wo unser demokratischer Rechtsstaat angegriffen wird. Deshalb ist es auch wichtig, den Verfassungsschutzbericht ernst zu nehmen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Legt man die Verfassungsschutzberichte der letzten Jahre nebeneinander, so fällt auf, dass sich die Arbeit des Verfassungsschutzes aus der realen Welt in das Internet verlagert hat. Hier lauern mittlerweile die größten Gefahren für unsere Verfassung. Die Digitalisierung macht es den Verfassungsfeinden zunehmend leichter, die kruden Ideen beispielsweise über soziale Medien, Messenger-Dienste, spezielle Webseiten oder auch Spielplattformen zu verbreiten. Wenn also Extremisten digitale Technologien nutzen, um neue Räume zu besetzen, dann müssen wir ihnen folgen, denn unsere Demokratie muss auch im Cyberraum wehrhaft sein.
Insofern war es klug, unseren Verfassungsschutz bereits im Jahr 2018 mit 20 zusätzlichen Stellen auszustatten. Die Stellen waren aber auch erforderlich, um die Aktivitäten des Verfassungsschutzes im Bereich des Rechtsextremismus zu verstärken. Der Bericht und die vielen unerträglichen Ereignisse in den vergangenen Monaten machen sehr deutlich, dass wir hier sehr wachsam sein und unseren Rechtsstaat verteidigen müssen.
Mehr als 1.000 Personen gehören in SchleswigHolstein der rechtsextremistischen Szene an. Rund ein Drittel von ihnen gelten als gewaltbereit und treten auch immer wieder in Erscheinung, sei es durch Aufkleber, Musikveranstaltungen oder Straftaten wie Sachbeschädigungen, Bedrohungen oder Körperverletzungen, wie sie etwa durch Mitglieder des Aryan Circle Nord aus Bad Segeberg begangen wurden. Wir müssen genau hingucken, auf dass die Dinge uns nicht entgleiten, denn oft reicht - wie auf Seite 59 im Bericht zu lesen - nur eine Person mit konsequentem Führungswillen und mit in der Szene anerkanntem Charisma aus, um das vorhandene Personenpotenzial zu reaktivieren und zu aktivieren.
Dies zeigt: Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist wichtiger denn je, zumal auch der Islamismus die Sicherheitslage maßgeblich beeinflusst. So wurden dem islamistischen Personenpotenzial in Schleswig-Holstein 2019 immerhin 715 Personen zugeordnet, von denen 650 Personen dem Bereich des Salafismus zugerechnet werden können, der besonders bei jungen Erwachsenen eine hohe Attraktivität aufweist.
Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen kann ich leider nicht weiter auf die vielen anderen im Bericht genannten Gruppen eingehen. Es lohnt sich aber, einmal nachzulesen, was dort unter anderem zur „Roten Hilfe“, einem Verein, dessen Ansinnen es ist, Gewaltbereite in ihrem Kampf gegen die bestehende Ordnung zu unterstützen, geschrieben steht. Der Verein führt regelmäßig Veranstaltungen mit dem AStA an der CAU in Kiel durch.
Lassen Sie mich noch einige wenige Worte zu dem Antrag der AfD verlieren. In Ihrem Antrag fordern Sie die Ächtung der linken Gewalt. Gut so! Sich gegen linke Gewalt auszusprechen und diese zu verurteilen, ist keinesfalls verwerflich. Gewalt kann und darf niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein - weder von links noch von rechts.
Genau hier liegt das Problem in Ihrem Antrag. Es gibt kein einziges Wort zu den Problemen, die wir mit der Identitären Bewegung, den Reichsbürgern und der rechtsextremistischen Szene haben. Dies wundert mich nicht, denn dies ist das trübe Becken, in dem Sie fischen.
Lesen Sie im Verfassungsschutzbericht nach, welche Gefahren von diesen Gruppen ausgehen. Auch habe ich bisher keinen Antrag von Ihnen gesehen, in dem Sie sich gegen Rechtsextremismus aussprechen. Solange Sie dies nicht tun, habe ich doch erhebliche Zweifel an der wirklichen Intention Ihres Antrages, und so bleibt uns nichts anderes übrig, als diesen abzulehnen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Ministerin sehr herzlich für ihren Bericht danken. Er zeigt, dass auch in Schleswig-Holstein sogenannte Grundrechte- und Hygiene-Demonstrationen stattfinden. Gegen solche Demonstrationen ist auch gar nichts einzuwenden; denn dort nehmen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner ihr Grundrecht wahr, sich zu versammeln und ihre Meinung zu äußern.
Dieses Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gemäß Artikel 8 des Grundgesetzes kann und darf ihnen niemand absprechen. Es ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Der Staat hat grundsätzlich nicht zu entscheiden, inwiefern das Demonstrieren für oder gegen etwas inhaltlich zulässig ist und wel
che Meinung sich eine Versammlung zu eigen macht. Im Rahmen der Versammlungsfreiheit gibt es genau wie im Rahmen der Meinungsfreiheit kein richtig oder falsch. Insbesondere Versammlungen gegen staatliche Maßnahmen sind legitim. Dazu gehören grundsätzlich auch Proteste gegen Freiheitsbeschränkungen, wie wir sie jeden Tag durch die Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus erleben.
Gleichzeitig möchte ich festhalten: Auch auf Versammlungen gilt zunächst einmal geltendes Recht, aus dem sich Regeln für die Versammlung ableiten lassen. Diese Regeln können je nach Lage unterschiedlich sein; denn die Versammlungsfreiheit kann durch kollidierendes Verfassungsrecht, etwa durch die Pflicht des Staates zum Schutz von Leib und Leben seiner Bürger, verkürzt werden. Konkret heißt das, dass seitens des Staates Auflagen gemacht werden können, etwa das Einhalten von Abständen oder die Pflicht, Masken zu tragen.
Problematisch wird es allerdings, wenn sich die Demonstrationsteilnehmer nicht mehr an die geltenden Regeln halten und damit die Infektionsgefahr steigt, wodurch all unsere Bemühungen der letzten Wochen konterkariert werden können. Daher mein dringender Appell an alle: Das Demonstrationsrecht wird Ihnen niemand absprechen, aber halten Sie sich an die Abstandsregeln!
Aber nicht nur das Verhalten auf den Demonstrationen müssen wir im Blick behalten, sondern auch die Inhalte. Diese machen mir zunehmend Sorge. Erste kleinere Proteste gab es in Berlin bereits Ende März 2020. Dort versammelten sich zunächst linke Kulturschaffende und Kapitalismuskritiker vor der Berliner Volksbühne und verteilten Zeitungen mit dem absurden Titel „Demokratischer Widerstand“. Doch dieses Bild hat sich gewandelt; denn von Beginn an zogen diese Demonstrationen auch Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker an, die mittlerweile das Demonstrationsgeschehen deutschlandweit prägen.
Auch die AfD hat die Coronaproteste inzwischen für sich entdeckt und ruft insbesondere in Ostdeutschland offen zu Demonstrationen auf. Mehr noch: Der Protest findet mittlerweile oft unter Missachtung der Hygieneregeln und des Verbots größerer Versammlungen statt. Die Bundesregierung und die Landesregierungen werden dabei unter anderem als „diktatorisches Hygiene-Regime“, „Quasi-Diktatur“ oder „Notstands-Regime“ bezeichnet, und auch Gewalt gegenüber Passanten, Polizisten oder Journalisten tritt offen zutage. Demokratische Prozesse und Entscheidungen werden delegitimiert und
untergraben. Die Gefährlichkeit des Infektionsgeschehens und des Coronavirus selbst werden angezweifelt und durch die Darstellung falscher Tatsachen verharmlost. Diese Entwicklung halte ich für hoch problematisch, und ich möchte solchen Inhalten scharf widersprechen.
Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage ist es wichtig, dass wir als Staat mit unseren Sicherheitsorganen beide Augen und beide Ohren offen haben. Deshalb ist es auch gut und richtig, dass Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack bereits Mitte Mai 2020 vor der Unterwanderung sogenannter Grundrechte- und Hygiene-Demonstrationen durch Rechtsextremisten gewarnt und alle Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner zur Wachsamkeit gegenüber Wölfen im Schafspelz aufgerufen hat.
Dennoch ist es wichtig, meine Damen und Herren, dass wir auch denjenigen einen Raum bieten, die ohne Nazis, Antisemiten und Aluhüte gegen die Coronamaßnahmen demonstrieren und auf ihre Anliegen aufmerksam machen wollen. Gegen Kritik in der Sache ist nichts einzuwenden. Aber es gibt einen Unterschied zwischen den berechtigten Sorgen von Gastronomen, Reisebüroinhabern oder Busunternehmern - die bereits hier vor dem Landtag demonstriert haben - und Verachtung von Verantwortungs- und Entscheidungsträgern. Dieser Unterschied wird an vielen Stellen nicht mehr gemacht, und das ist keine gute Entwicklung, meine Damen und Herren. Vielmehr brauchen wir in diesen schwierigen Zeiten konstruktive Debatten.
Deshalb halte ich es auch für sinnvoll, den Antrag der SPD zunächst in den Ausschuss zu überweisen. Zum einen darum, weil sich viele der geforderten Maßnahmen bereits in unserem gemeinsamen Antrag „Für Demokratie - Gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Terror“, den wir in der letzten Tagung beschlossen haben, wiederfinden, und zum anderen, weil mich interessiert, wie diese Dinge bereits durch den Landesbeauftragten für politische Bildung oder den Offenen Kanal beispielsweise bearbeitet werden, und daraus folgend, an welchen Stellen nachgearbeitet werden muss. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Starker und unabhängiger Journalismus ist für unsere Demokratie konstituierend. Ohne freie Berichterstattung ist ein demokratischer Rechtsstaat, in dem wir leben möchten, unvorstellbar. Eine freie Presse, die den Bürgern Informationen bereitstellt, ist auch unabdingbare Grundlage für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt.
Insofern bin ich froh, dass unser Grundgesetz hier eindeutig ist und die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung Teil der Grundrechte sind.
Am 3. Mai feierten wir den Tag der Pressefreiheit, wobei ich mich natürlich ein Stück weit frage, ob das Wort „feiern“ an dieser Stelle gut gewählt wurde. Vermutlich wäre es treffender, von „ermahnen“ zu sprechen. Der Tag der Pressefreiheit soll uns ermahnen, dass nach wie vor weltweit die Pressefreiheit in Gefahr ist.
Ich nenne hier nur beispielhaft die Vorgänge in Polen, Ungarn, Großbritannien, die zeigen, wie
schnell eine funktionierende Presse unter Druck geraten kann. In anderen Ländern wie Russland und China ist eine freie Presse seit Jahrzehnten nicht mehr vorhanden. Die Presse ist dort Teil der Kontrollzwecke, mit denen die eigene Bevölkerung drangsaliert wird.
Zur Pressefreiheit gehören auch die Bestands- und Entwicklungsgarantien für einen funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk die ihm auferlegte Pflicht zur Grundversorgung der Bevölkerung mit Hörfunk und Fernsehen nur erfüllen, wenn er nicht allein in seinem gegenwärtigen Bestand, sondern auch in seinen zukünftigen Entwicklungen gesichert ist. Leider gab es in den vergangenen drei Jahren auch im Schleswig-Holsteinischen Landtag immer wieder Initiativen, die den Bestand und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner journalistischen Unabhängigkeit infrage stellten. Diese Initiativen - meine Damen und Herren, ich finde, das ist das Erfreuliche - wurden in diesem Haus in großer Einigkeit zwischen den demokratischen Parteien zu Recht abgelehnt.
Einerseits können wir deshalb in Deutschland froh und dankbar sein, dass es die Alliierten waren, die nach dem Zweiten Weltkrieg den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den westlichen Besatzungszonen nach dem Vorbild der BBC aufbauten, nämlich einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Andererseits müssen wir im Ergebnis leider auch feststellen, dass Presseund Rundfunkfreiheit und insbesondere der öffentliche Rundfunk nicht selbstverständlich sind und immer wieder verteidigt werden müssen.
Aber nicht nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist Teil eines starken Journalismus, sondern auch die zahlreichen Medienangebote der privaten Presse und der Fernseh- und Hörfunkunternehmen. Diese kommen leider, Herr Stegner, in Ihrem Antrag ein bisschen zu kurz. Zwar haben diese weniger mit der Legitimation, aber dafür - was ähnlich dramatisch ist - mit zunehmend größer werdenden wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen. Die Zahl der Abos sinkt kontinuierlich, der Anzeigenmarkt bricht weg. Diese Entwicklung ist Gift für einen guten Journalismus. Hier müssen wir als Land sicherlich in naher Zukunft etwas genauer hinsehen. Denn es kann nicht in unserem Interesse sein, dass der journalistische Aderlass hier einfach hingenommen wird.
Ich darf daran erinnern, dass wir genau aus diesem Grund von der Landesregierung auch einen Bericht angefordert haben, der im dritten Quartal vorgelegt werden soll, der uns sicherlich Antworten darauf geben wird, wie wir in Zukunft reagieren müssen.
Wir müssen Lösungen finden, wie auch in dieser Hälfte der dualen Medienordnung unabhängiger Journalismus fortbestehen kann. Dabei werden wir zum einen als Staat gefordert sein, zum anderen ist aber auch jeder einzelne Bürger gefordert, darüber nachzudenken, was ihm Medienvielfalt und Informationsvielfalt wert ist.
Auch die öffentlich-rechtlichen und die privaten Medien müssen die Menschen wieder davon überzeugen, wie wichtig Qualitätsjournalismus für unsere Demokratie ist. Wir brauchen einen starken und unabhängigen Journalismus, der Sachverhalte hinterfragt, Andeutungen nicht im Raum stehen lässt und Behauptungen überprüft. Gleichzeitig muss man Anforderungen an eine freie Presse stellen. Sie muss verantwortlich mit ihrer Stellung in unserer Demokratie umgehen. Nicht die schnelle Schlagzeile, nicht der erste Klick dürfen Maßstab sein, sondern die Qualität der Berichterstattung. Journalisten müssen Distanz wahren.
Sie müssen sauber recherchieren, Zurückhaltung üben, wenn die Faktenlage unklar ist. Sie müssen Hintergründe genau ausleuchten, fair unterschiedliche Meinungen zu Wort kommen lassen und, meine Damen und Herren, sie dürfen nicht Teil der eigenen Geschichte werden.
Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern stellte uns Ministerpräsident Günther vor, wie Schleswig-Holstein nach und nach wieder die Einreise in unser schönes Bundesland ermöglichen will. Das ist gut so, denn SchleswigHolstein ist schon immer ein gastfreundliches Bundesland gewesen. Der Tourismus ist eines der wichtigsten Wirtschaftszweige, den wir haben. Wir freuen uns darüber, wenn Touristen und Nachbarn, ob aus Hamburg, Niedersachsen oder MecklenburgVorpommern, aber auch aus allen anderen Bundesländern, ab dem 18. Mai 2020 wieder in unser schönes Bundesland kommen, hier Urlaub machen und unsere Küsten und das Binnenland genießen können. Diese Menschen sind uns herzlich willkommen.
- Danke. Die Menschen werden sich freuen.
Dass wir dies wieder möglich machen können, ist den aktuell niedrigen Infektionszahlen zu verdanken. Die Schleswig-Holsteiner haben große Verantwortung übernommen und gezeigt, wie man sich vorbildlich verhält. Zunächst war es richtig, vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens in anderen europäischen Ländern die Einreise aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland temporär zu beschränken.
Dabei hat die Landesregierung klugerweise zwischen der Einreise von Touristen auf der einen Seite und dem für die Lieferketten wichtigen Berufs- und Warenverkehr sowie zwingenden beruflichen Tätigkeiten auf der anderen Seite unterschieden. Ich bin mir sicher, die Entscheidung über diese Einreisebeschränkungen hat sich niemand in der Landesregierung leichtgemacht, stellen sie doch erhebliche Grundrechtseingriffe dar.
Sie zu lockern, ist nun der richtige Schritt. Das entspricht auch rechtsstaatlichen Grundsätzen. Grundsätzlich sind Beschränkungen von Grundrechten nur dort verfassungsgemäß, wo sie verhältnismäßig sind. Jede derzeit geltende Beschränkung von Freiheitsrechten muss ständig und immer wieder auf ihre Verhältnismäßigkeit hin überprüft werden. Deshalb stelle ich hier auch ausdrücklich fest: Grundrechte sind der Status quo. Freiheit muss man nicht begründen. Stattdessen ist jede Beschränkung der Freiheitsrechte zu begründen und zu befristen.
Dies wollen wir mit unserem Antrag noch einmal deutlich unterstreichen. Und wir sind auf einem guten Weg. Die gestern vorgestellten Lockerungen atmen diesen Geist der Freiheit. Deshalb möchte ich die Landesregierung noch einmal ausdrücklich loben. Die jetzt angedachten Lockerungen entsprechen dem liberalen Geist des Grundgesetzes
- ich hatte auf diesen Applaus gehofft - und zeigen den verantwortungsvollen Umgang mit den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen.
Mit diesen Lockerungen muss aber auch ein gemeinsames Konzept mit unseren Nachbarn einhergehen. Deshalb unsere Bitte an die Landesregierung, sich regelmäßig mit den anderen Bundesländern auszutauschen, wie mit den Quarantänemaßnahmen sowie Ein- und Rückreisen aus dem Ausland weiter umgegangen werden soll. Diese Maßnahmen müssen erforderlich, geeignet und angemessen sein.
Was mir aber besonders am Herzen liegt, ist die Bitte an die Landesregierung, sich bei der Bundesregierung für eine Normalisierung des Grenzverkehrs mit Dänemark einzusetzen. Hier brauchen wir schnelle Lösungen, die natürlich das Infektionsgeschehen nördlich und südlich der Grenze berücksichtigen. Insofern ist es gut, dass sich Ministerpräsident Günther und Bundesinnenminister Seehofer einig sind, einen konkreten Fahrplan zu entwickeln,
in welchen Schritten ab spätestens 15. Mai 2020 eine Öffnung der Grenze zu Dänemark erfolgen kann.
Allerdings hilft es nur wenig, wenn Dänemark erst ab Anfang Juni seine Grenze öffnen will. Vielleicht kann der SSW hier noch ein bisschen nachhelfen, der in seiner Pressemitteilung vom 30. April 2020 erste Lockerungen Dänemarks an seiner Grenze erkennen konnte. Insofern bin ich nicht von unserer Landesregierung enttäuscht, sondern eher von der mangelnden Bereitschaft Dänemarks zur Grenzöffnung.
Bis zum 15. Mai sind es nur noch sieben Tage. Daher meine dringende Bitte an die Landes- und Bundesregierung, weiter Gespräche mit dem Königreich Dänemark zu führen, um ab dem 15. Mai gemeinsame Schritte zur Grenzöffnung zu gehen.
Lassen Sie mich abschließend noch einen Punkt aus unserer gestrigen Haushaltsdebatte aufgreifen. Mit dem Nachtragshaushalt stellen wir 2 Millionen € für die Erforschung des Infektionsgeschehens zur Verfügung. Das ist auch aus rechtsstaatlicher Sicht wichtig, denn je mehr Kenntnisse wir über das Infektionsgeschehen gewinnen, je besser wir die Infektionsrate unter Kontrolle bringen und je besser die Bevölkerung verantwortungsbewusst mit der Lage umgeht, desto kritischer müssen Beschränkungen gesehen werden, desto größer ist der Begründungsaufwand. Noch einmal: Grundrechte sind der Status quo. Freiheit muss man nicht begründen. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war im Jahr 2008, als Queen Elizabeth II. die London School of Economics besuchte und einem Vortrag über die Finanzkrise lauschte. Am Ende des Vortrages stellte Sie die Frage aller Fragen, nämlich warum keiner der anwesenden Wirtschaftswissenschaftler die Finanzkrise vorhergesehen hatte. Zerknirscht, so ist die Überlieferung, mussten die renommierten Professorinnen und Professoren einräumen, dass es ein Versagen der kollektiven Vorstellungskraft vieler kluger Menschen gegeben habe.
Doch was folgte aus diesem Eingeständnis? Haben sich Forschung und Lehre in den Wirtschaftswissenschaften nachhaltig verändert, oder wird an der traditionellen Denkweise festgehalten? Findet eine intensive ethische Reflexion in den Wirtschaftswissenschaften eigentlich statt? - Mein Eindruck ist, dass dies gegenwärtig nicht ausreichend der Fall ist. Wirtschaftsethik ist in der Regel nicht Teil der ökonomischen Ausbildung oder nur ein Randthema, und in der Forschung erfolgt eine ethische Reflexion nur in Ausnahmefällen. Auch zu meiner Studienzeit an der CAU waren Bereiche wie Wirtschaftsethik in der Volkswirtschaftslehre noch kein Thema; heute ist zumindest eine Lehrveranstaltung hierzu Pflicht.
Spätestens seit der Frage der Queen wird die Kritik an den Wirtschaftswissenschaften und deren klassischen Antworten auf ökonomische Probleme immer
größer: Die Wirtschaftswissenschaften seien zu realitätsfern, zu marktgläubig, zu einseitig. Statt sich für andere Denkschulen zu öffnen oder sich mit anderen Disziplinen wie Politik, Jura, Soziologie, Philosophie, Psychologie auseinanderzusetzen und sich mit diesen auszutauschen, wurde über Jahrzehnte versucht, mit Hilfe von immer komplexeren mathematischen Modellen die Realität mehr oder minder gut abzubilden. Dazu bediente man sich des Homo oeconomicus, dieses stets vollkommen informierten, rational handelnden und auf die Mehrung seines Nutzens bedachten Wesens, welches in Realität leider in dieser Form nicht anzutreffen ist.
- Es ist leider so. - Natürlich ist es auch nicht der Anspruch der klassischen Wirtschaftswissenschaften, die Realität in ihrer Komplexität eins zu eins abzubilden. Dennoch nahm und nimmt man für sich gern in Anspruch, eine mathematisch-exakte Naturwissenschaft zu sein.
Mittlerweile wissen wir, dass dieses eben nicht der Fall ist, sondern dass wirtschaftliches Handeln durchaus irrational sein kann und nicht Naturgesetzen folgt. Selbst renommierte Wirtschaftswissenschaftler wie der Träger des Weltwirtschaftlichen Preises des Instituts für Weltwirtschaft, Paul Krugman, gingen mit ihrer Disziplin hart ins Gericht. 2009 formulierte Krugman in der „New York Times“, die ökonomische Disziplin habe sich verrannt, da Ökonomen im Kollektiv die Schönheit und die Präzision eindrucksvoller Mathematik mit der Wahrheit verwechselt hätten.
Was folgt nun daraus, meine Damen und Herren? Sicherlich sind die traditionellen volkswirtschaftlichen Modelle nicht falsch. Mit ihnen können viele ökonomische Geschehnisse gut erklärt und Vorhersagen getroffen werden; aber sie stoßen auch schnell an ihre Grenzen. Eben hier hat es Sinn, die traditionellen Ansätze um eine Plurale Ökonomik zu ergänzen.
- Danke. - Die Plurale Ökonomik als neue Denkschule bietet die Möglichkeit, den Blickwinkel der Wirtschaftswissenschaften sinnvoll zu erweitern und eben nicht einseitig auf Gesellschaft und Wirtschaft zu blicken, sondern einen intensiven Austausch der vielen verschiedenen ökonomischen Theorien und Ansätze auf Augenhöhe zu suchen. Dies ist ein hochinteressanter Ansatz, der auch gro
ße Chancen für unsere Universitäten in SchleswigHolstein bietet.
Wir als Koalition haben diesen Umstand erkannt und eine entsprechende Formulierung in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Wir wünschen uns, dass die zukünftige Professur für Plurale Ökonomik sich kritisch mit den bisherigen Theorien der Volkswirtschaftslehre auseinandersetzt, und wir bitten die Landesregierung, hier tätig zu werden.
Aufmerksamen Abgeordneten wird sicherlich schon aufgefallen sein, dass die Plurale Ökonomik nicht Bestandteil der aktuellen Zielvereinbarung geworden ist.
- Sehr gut. - Dies ist bedauerlich; denn es hätte sich für die Universitäten die Chance geboten, sich diesem innovativen Thema zu öffnen. Das ist bekanntlich nicht geschehen. Dennoch glaube ich, dass es auch andere Wege gibt, dieses Thema an einer Hochschule im Land zu verankern. Insofern ist es eine gute Nachricht, dass die schleswig-holsteinischen Universitäten vom aktuellen Tenure-TrackProgramm des Bundes profitieren und die EuropaUniversität Flensburg die Chance ergriffen hat, die Plurale Ökonomik in dieses Programm einzubringen. Ich denke, das ist ein guter Weg; denn im Ergebnis steht diese Professur Schleswig-Holstein gut zu Gesicht.- Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste von den Hochschulen! Mit dem heutigen Tag geht ein langer Verhandlungsund Beratungsprozess zwischen der Landesregierung und unseren Hochschulen zu Ende, der - so ist zumindest mein Eindruck - geräuschlos und ohne große öffentliche Auseinandersetzung geführt wurde. Die Verhandlungen waren - so wurde uns berichtet - von einem guten Miteinander geprägt. Dass das so gewesen ist, haben wir sicherlich auch der guten strategischen Vorbereitung durch die Landesregierung zu verdanken. Deshalb möchte ich zunächst der Ministerin, aber auch unserem engagierten Staatssekretär Dr. Oliver Grundei, der jetzt auch da ist, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschulabteilung ganz herzlich für das Erreichte danken. Herzlichen Dank für dieses hervorragende Vertragswerk! Sie haben Großartiges geleistet.
Mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen hat die Landesregierung eine langfristige Planungssicherheit für unsere Hochschulen geschaffen. Dies gilt nicht nur für die Hochschulen, sondern auch für die Hochschulmedizin, denn zum ersten Mal wurde eine fünfjährige Zielvereinbarung auch für den Be
reich Medizin zwischen Land, Hochschulen und dem UKSH vereinbart. Meine Damen und Herren, ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Mit dieser Bewertung stehe ich nicht allein. Immerhin empfiehlt der Bildungsausschuss dem Landtag einstimmig die Zustimmung zu diesem Vertragswerk.
Aber auch in der Anhörung der Präsidien der Hochschulen, die der Bildungsausschuss erstmals in diesem Zusammenhang am 24. Oktober 2019 durchführte, überwogen die positiven Stimmen. Der Präsident der CAU, Professor Lutz Kipp, bewertete die Zielvereinbarung sogar als einen wunderbaren Blumenstrauß. Meine Damen und Herren, mehr geht eigentlich nicht.
- Einen wunderschönen Blumenstrauß. - Natürlich können mit diesen Vereinbarungen nicht alle Wünsche und Herausforderungen der Hochschulen bis 2024 erfüllt werden. Auch das klang in der Anhörung an und gehört zur Ehrlichkeit dazu. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn Schleswig-Holstein ist nach wie vor ein Konsolidierungsland. So wurde darauf hingewiesen, dass die Hochschulen nach wie vor strukturell in Höhe von 40 Millionen € unterfinanziert seien. Dies lässt sich nicht wegdiskutieren, wird sich aber auch nicht von heute auf morgen lösen lassen. Sicherlich hätte es geholfen, 2014 die Entlastung durch den Bund bei den BAföG-Mitteln - wie es vereinbart war - auch den Hochschulen zugutekommen zu lassen.
Aber dies geschah nicht. Das Delta ist bis heute nicht geschlossen. Da müssen wir noch ein bisschen nacharbeiten.
Dennoch sind wir mit den jetzt vorliegenden Zielund Leistungsvereinbarungen auf einem sehr guten Weg. Wir gehen sogar neue, innovative Wege. Vergleicht man den neuen Hochschulvertrag mit seinen Vorgängern, so werden deutliche Unterschiede erkennbar. Es werden nicht nur abwicklungsspezifische Aspekte geregelt, sondern das Land und die Hochschulen haben auch strategische und für das Land bedeutende inhaltliche Schwerpunkte vereinbart. Dies sind die Themen Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Life Science, Meeresforschung, Energiewende, Materialwissenschaften, Gesellschaft im Wandel, Ernährung, Tourismus sowie Architektur und Bauwesen. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf das Thema Lehrkräftebildung gelegt. Die Ministerin hat darauf hingewiesen. Ich glaube, das ist eine sehr gute Entscheidung.
Neben den inhaltlichen Aspekten gilt es auch, einen Blick auf die finanziellen Aspekte zu werfen. Sie sind ein Hauptaspekt der Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Eine gesicherte Finanzierung ermöglicht den Hochschulen Planungssicherheit und gibt Raum für strategische Weiterentwicklungen. Deshalb bin ich froh, dass sich auch die finanziellen Aspekte sehen lassen können.
Für Schleswig-Holstein ist es eine besondere Leistung, den Hochschulen jährlich einen Zuwachs von 5 Millionen € in der Grundfinanzierung zu ermöglichen. Das heißt auch, dass am Ende der Laufzeit des Hochschulvertrags im Jahr 2024 den Hochschulen 75 Millionen € mehr zur Verfügung stehen. Zusätzlich werden die Tarif- und Besoldungssteigerungen übernommen. Auch das ist ein großer Erfolg. An dieser Stelle kann man sicherlich ein Dank an die Finanzministerin äußern.
Gleichwohl - das ist mir auch besonders wichtig geben wir das Geld nicht mit der Gießkanne aus, sondern verbinden es mit den genannten strategischen Zielen. Auch das ist neu. Das Strategiebudget ermöglicht den Hochschulen, sich zu profilieren, und zwar besonders in den Themenfeldern, die für das Land wichtig sind.
Wichtig ist auch - darauf will ich hinweisen -, dass die Haushaltsmittel dauerhaft sind. Das ermöglicht den Hochschulen, neue Professuren zu schaffen, Stellen zu entfristen - immer wieder eine Forderung, die wir aus dem Wissenschaftssystem hören und Querschnittsthemen zu realisieren.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Mit den neuen Ziel- und Leistungsvereinbarungen erhalten die Hochschulen weitgehende Planungssicherheit und werden von den Risiken allgemeiner Kostensteigerungen weitgehend freigehalten. Das neue Strategiebudget schafft die finanziellen Grundlagen für eine weitere Profilierung der Hochschulen in unserem Land. Mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen legen wir das Fundament für eine erfolgreiche Wissenschafts- und Forschungslandschaft in unserem Land. Ab 2020 liegt es dann an den Hochschulen, auf diesem Fundament ein erfolgreiches und großes Haus zu bauen.