Meine Damen und Herren, es ist leider eine traurige Erkenntnis aus dem PUA, dass viele beteiligte Führungskräfte trotz der intern mehrfach erkannten Fehlentscheidungen nicht die Einsicht oder die Kraft gefunden haben, endlich die Reißleine zu ziehen und den Konflikt selbst zu beenden oder sich der vorhandenen Möglichkeiten des Konfliktmanagements der Landespolizei zu bedienen.
Der Unterschied zu staatsanwaltschaftlichen Prüfungen, dem internen Bericht Mecklenburg-Vorpommerns oder auch dem Buß-Bericht ist - auch das habe ich von Anfang an betont -, dass unser gemeinsamer Bericht öffentlich zugänglich ist. Die einstimmige Sachverhaltsdarstellung und die von CDU, SPD, Grünen und SSW gemeinsam getragene Bewertung muss man nicht teilen; es ist eine parlamentarische Untersuchung.
Bei einigen öffentlichen Äußerungen konnte ich mich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass das detaillierte Studium dessen, was im Abschlussbericht drinsteht - und was nicht drinsteht! -, noch aussteht. Ich hoffe, gerade meine vielfältigen Zitate regen dazu an, genauer in den Abschlussbericht zu schauen.
Der Innenministerin und dem Justizminister empfehle ich, unsere gemeinsamen Schlussfolgerungen, insbesondere die Empfehlungen von CDU, SPD, Grünen und SSW zum Umgang mit Quellen, Vertraulichkeitszusagen sowie Führungs- und Fehler
kultur, mit dem heutigen Istzustand zu vergleichen und eventuell noch nicht gezogene Konsequenzen zu ziehen.
Exemplarisch: Der Richtervorbehalt beim zukünftigen Einsatz von VPs im Rahmen der Gefahrenabwehr und das Herauslösen der internen Ermittlungen aus dem LKA sind schon erfolgt, teilweise durch die Exekutive, teilweise durch uns selbst. Das ist also ein Ergebnis. Das ist doch nicht nichts.
Auch auf strafrechtlicher Ebene ist es kein Zufall, dass der Ampel-Koalitionsvertrag endlich gesetzliche Regelungen für den Einsatz verdeckter Quellen vorsieht, auch wenn ich - wie der Ausschuss - eine richterliche Kontrolle dort für zweckdienlicher halte als eine parlamentarische Kontrolle.
Meine Damen und Herren, die parlamentarische Aufarbeitung findet heute ihren Abschluss. Ja, Kollege Lehnert hat es schon gesagt: Nicht jede Beteiligung am PUA führt direkt ins Ministeramt; aber das kann ja noch werden.
Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die insgesamt sehr konstruktive Zusammenarbeit.
Natürlich schließe ich mich dem Dank an unsere unermüdlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, der sogenannten Freitagsrunde.
Ein gemeinsamer Bericht kann natürlich nie zu 100 % die eigene Überzeugung darstellen. Aber ich glaube, wir alle haben viel dafür getan, dass wir zumindest mit sehr großer Mehrheit - zehn von elf, teilweise auch einstimmig - zu gemeinsam vertretbaren Überzeugungen kommen konnten. Dafür danke ich Ihnen. Das dürfte nach meinem Dafürhalten Kollege Lehnert kann mich wahrscheinlich korrigieren; aber ich möchte, ehrlich gesagt, nicht auf seine Zahl an PUA kommen - in der Geschichte der PUA, die ich mitbekommen habe, eine Einmaligkeit sein. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Grüne begrüßen wir sehr die Einigkeit aller Fraktionen bei der Feststellung der gemeinsam ermittelten Tatsachen und die weit überwiegende Einigkeit bei den Bewertungen und Schlussfolgerungen. Das ist das Ergebnis einer Ausschussarbeit, die vier Jahre lang von einem gemeinsamen Willen und von großer Kollegialität getragenen war.
Auf der Grundlage eines von allen demokratischen Fraktionen getragenen Einsetzungsbeschlusses haben wir den Ausschuss mehr als eine Enquetekommission gesehen, um die Arbeit der Landespolizei, aber auch der Strafverfolgungsbehörden in Schleswig-Holstein kritisch zu untersuchen und um teilweise über mehr als eine Dekade schwelende Konflikte aufzuarbeiten. Dabei haben wir immer das Ziel verfolgt, die Strafverfolgungsbehörden und die Landespolizei zu stärken.
Meine Damen und Herren, dies wird uns aber nur dann gelingen, wenn sich alle Seiten mit der konstruktiven Kritik des Schlussberichts auch konstruktiv auseinandersetzen.
Ausdruck des Charakters als Enquetekommission war auch, dass wir durch die Vorsitzenden seit Sommer 2021 in die Erstellung des Schlussberichts eng eingebunden wurden. Ich glaube, auch das ist ein Novum in der Geschichte der Untersuchungsausschüsse in Schleswig-Holstein.
Diese Möglichkeit haben wir mithilfe unserer phantastischen Mitarbeiter - sie alle sitzen auf der Tribüne
intensiv genutzt. Ich möchte noch einmal mit ganzem Herzen meinen Dank aussprechen: Ohne euch hätten wir dieses Programm nicht geschafft. Ich habe große Hochachtung vor eurer sachlichen und fachlichen Kompetenz sowie eurem Fleiß. Das war großartig!
Vor allem die Aufnahme vieler Schlüsseldokumente im Originalwortlaut ist für uns im Sinne einer transparenten und damit nachvollziehbaren Darstellung der komplexen Sachverhalte unverzichtbar gewesen. Nur sie ermöglichen es den Leserinnen und Leser des Schlussberichts, sich ein eigenes Bild zu
machen und so die Feststellungen und Empfehlungen des Ausschusses nachzuvollziehen und kritisch zu überprüfen.
Auch der Mehrheitsteil, den wir gemeinsam mit CDU, SPD und dem SSW tragen, fußt auf Kompromissen. Für uns steht eine seriöse Aufarbeitung über den Interessen eines politischen Meinungsstreits. Auch im anlaufenden Wahlkampf wird das nicht stattfinden können; es geht um eine Sachenquete.
Meine Damen und Herren, ein Hauptanliegen für uns Grüne bei diesem PUA war und ist jedoch der Umgang mit sogenannten V-Personen, mit menschlichen Quellen. Schon in meiner Rede anlässlich des Einsetzungsbeschlusses im Februar 2018 hatte ich dargelegt, dass von V-Personen und der verdeckten Kooperation mit Personen aus dem kriminellen Milieu eine schwerwiegende Infektionsgefahr für den Rechtsstaat ausgeht. Sie sind und bleiben grundsätzlich ein Übel.
Das haben für mich auch die Untersuchungen dieses PUA gezeigt. Sind sie ein notwendiges Übel? Heiligt der Zweck der notwendigen Bekämpfung des organisierten Kriminalitätsfeldes den Einsatz dieses Mittels?
Meine Damen und Herren, hier kann ich Ihnen die Antwort jetzt liefern: Ja, menschliche Quellen aus den Milieus sind zur Bekämpfung der Schwerstkriminalität in sehr engen Leitplanken leider ein notwendiges Übel.
Und nein, der Zweck der notwendigen Bekämpfung der organisierten Kriminalität heiligt auch hier nicht jedes Mittel. Die Grenzen zwischen Führen durch die Polizei und dem Versuch der Vertrauensperson, durch Manipulation der Polizei eigene Interessen zu verfolgen, sind fließend. Die Polizei darf sich aber nicht von Kriminellen vor den Karren spannen und selber instrumentalisieren lassen.
Umso bemerkenswerter ist die gemeinsam gewonnene Erkenntnis des Untersuchungsausschusses. Der Umgang mit verdeckten Quellen durch das Landeskriminalamt, die Staatsanwaltschaft Kiel und die Polizeiabteilung im Innenministerium hat sich im Untersuchungszeitraum als höchst problematisch dargestellt. Die von dem Kollegen Tim
Brockmann in dem Zusammenhang erwähnte Formulierung „Bockmist“ bescheinigt das ein wenig zu milde - nach meiner Ansicht.
Zeugenaussagen, Sperrerklärungen, Vertraulichkeitszusagen und Verpflichtungserklärungen unterliegen nicht der Beliebigkeit, sondern sie müssen rechtsstaatlichen Anforderungen genügen.
Noch während des laufenden PUA haben wir in einem ersten Schritt mit unserer Jamaika-Koalition enge Leitplanken zur Regelung des VP-Einsatzes zur Gefahrenabwehr in unserem Landesverwaltungsgesetz definiert und geschaffen. Eine absolut dringend notwendige Regel in der StPO - das ist nicht unsere Gesetzgebungskompetenz - steht aus, ist aber im Koalitionsvertrag der Ampel vorgesehen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf drei konkrete, aus meiner Sicht sehr problematische menschliche Quellen eingehen, die im Schlussbericht angesprochen werden.
Erstens. Im Dezember des vergangenen Jahres berichtete der Norddeutsche Rundfunk über den ehemaligen sogenannten Präsidenten der im April 2010 verbotenen Bandidos Neumünster. Dieser sei vom LKA als Vertrauensperson geführt worden, habe aber nach eigenen Angaben keine Vertraulichkeitsvereinbarung unterschrieben oder einen Deal mit dem LKA Schleswig-Holstein geschlossen - also nichts davon.
Wir konnten diese Behauptung aus Zeitgründen nicht mehr aufklären. Sie ist jedoch eigentlich ungeheuerlich und in einem Rechtsstaat unvorstellbar. Eine Person soll ohne ihr Wissen zu einer V-Person gemacht worden sein! Daher haben wir dem Landtag im Abschlussbericht empfohlen, „die Landesregierung aufzufordern …, zu den erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen und dem Parlament darüber noch 2022 zu berichten“. Darauf bin ich sehr gespannt.
Dann ist da an zweiter Stelle ein weiterer sogenannter Präsident, diesmal der Präsident der ebenfalls verbotenen Legion 81 Kiel, nach Medienberichten eine ehemalige V-Person, ein Gewalttäter, Zuhälter, Teil der rechten Szene und ein Rocker. Mir liegen aufgrund der Antworten auf einen Abgeordnetenbrief Informationen zu diesem Themenkomplex vor, bekannt als größte Rockerrazzia Norddeutschlands. Zur Erinnerung: Im Zuge der Ermittlungen allein auf Grundlage der unzutreffenden Informa
tionen dieses Menschen wurde im Jahr 2012 hier in Kiel ergebnislos der Betonboden einer Fabrikhalle aufgestemmt, um eine angeblich dort einbetonierte Leiche zu finden - Schaden für den Landeshaushalt allein hier über 200.000 €.
Es ist für mich bis heute nicht nachvollziehbar, dass die Strafverfolgungsbehörden in Schleswig-Holstein allein aufgrund der Aussagen dieses Zeugen umfangreiche und im Ergebnis weitestgehend erfolglose Ermittlungsmaßnahmen ergriffen haben, obwohl in anderen Bundesländern eindeutige Erkenntnisse darüber vorlagen, dass den Einlassungen dieser Person nicht zu glauben sei. Eine zwingend gebotene kritische Nachbetrachtung dieser „Operation Wasserschlag“ scheint es bislang bei den Ermittlungsbehörden des Landes nicht gegeben zu haben.