Protocol of the Session on March 25, 2022

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung des Schleswig-Holsteinisches Landtags. Erkrankt sind die Abgeordneten Klaus Schlie, Hartmut Hamerich und Kerstin Metzner. Wir wünschen von hier aus gute Besserung.

(Beifall)

Herr Knöfler weist gerade darauf hin, dass auch Tobias von der Heide erkrankt ist. Natürlich auch ihm von hier aus gute Besserung.

(Beifall)

Minister Claussen hat mitgeteilt, dass er ab 12 Uhr an der Teilnahme der heutigen Sitzung verhindert ist. Die Abgeordneten Ostmeier, Pauls, von SaynWittgenstein, Fehrs und Schaffer haben nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung verhindert sind. Die Abgeordnete Eka von Kalben hat nach § 47 Absatz 2 mitgeteilt, dass sie an der Teilnahme der heutigen Sitzung ab 12 Uhr verhindert ist.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich dem Abgeordneten Peer Knöfler herzlich zum Geburtstag gratulieren. Alles Gute für das neue Lebensjahr!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 46 auf:

Familien in Schleswig-Holstein in den Mittelpunkt stellen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/3738

Ausbau der Familienfreundlichkeit in SchleswigHolstein

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/3764

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/3766

Familien wirksam und dauerhaft unterstützen

Alternativantrag des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD Drucksache 19/3769

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat für die SPD-Fraktion die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Familie gründen und Kinder haben - das ist laut Shell Jugendstudie der größte Wunsch von jungen Menschen. Das war 2019. Ob das immer noch so ist, könnte ich nicht sofort beantworten. Denn die vergangenen zwei Jahre waren für Familien extrem hart. Dabei war bereits vor Corona für viele von ihnen der Alltag mit großen Herausforderungen verbunden, aber in der Pandemie haben sich die Missstände noch einmal multipliziert.

Ich persönlich kann den Wunsch, eine Familie zu gründen, absolut nachvollziehen. Gerade Familien geben Halt und Geborgenheit, vor allem in schwierigen Zeiten. Familien sind vielfältig, wir finden: Familie ist überall, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so einfach, aber auch so anstrengend zugleich. Gerade Familien mit kleinen Kindern hatten es in der Coronapandemie besonders schwer, umso mehr, wenn sie zusätzlich pflegebedürftige Angehörige haben. Ich habe sehr großen Respekt davor, was die Familien geleistet haben, in den meisten Fällen ist es unbezahlte Care-Arbeit.

(Beifall Christian Dirschauer [SSW])

- Es ist interessant, dass Mütter und Väter die ganze Zeit mitklatschen. - Daher verwundert es nicht, dass mehr als die Hälfte von ihnen bereits im vergangenen Frühjahr angab, durch die Coronasituation stark oder sogar sehr stark belastet zu sein. Das ist ein deutlich höherer Wert als bei Befragten ohne Kinder. Dafür gibt es viele Gründe: geschlossene Kitas und Schulen, Homeschooling, keine Freizeitangebote, höhere Kosten und vor allem auch die Sorge um den Arbeitsplatz.

Wir alle hoffen auf ein Ende der Pandemie, und die Familien hoffen ganz besonders auf ein Ende der Pandemie. Das wird helfen, damit der akute Druck etwas nachlässt.

Viele Probleme werden allerdings bleiben, weil sie von struktureller Art sind. Familien brauchen mehr

Unterstützung, sie gehören unbedingt in den Mittelpunkt unserer Politik.

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW - Unruhe - Glocke Präsidentin)

Geld ist bei Familien genauso dann am knappsten, wenn es am dringendsten gebraucht wird, in der Rushhour des Lebens, wenn viele Belastungen gleichzeitig kommen. Dazu der persönliche Anspruch, alles richtig machen zu wollen. Das erhöht den Druck noch mehr. Mache ich alles richtig? Gebe ich meinem Kind die Aufmerksamkeit, die es braucht? Bekommt es die gesunde Ernährung, die für seine Entwicklung wichtig ist?

Verehrte Landesregierung, Sie rufen doch immer so gern in Richtung Berlin. Hier die Antwort: Die Ampel in Berlin geht dieses Problem konkret an. Der neue Kinderzuschlag ist richtig als Überbrückung auf dem Weg zur Kindergrundsicherung. Und jetzt gibt es noch einmal zusätzlich 100 € Familienzuschuss zur akuten Entlastung. Das 9-€-Monatsticket für 90 Tage kommt genau zur richtigen Zeit, es hilft den Familien, die auf den ÖPNV dringend angewiesen sind. Mobilitätskosten belasten die Familien stark. Langfristig müssen wir für Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein einen kostenfreien ÖPNV erreichen.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum ist die Kindergrundsicherung so wichtig? In Schleswig-Holstein leben laut dem aktuellen Sozialbericht der Landesregierung 21,4 % der Kinder und Jugendlichen in Armut. Der Anteil ist seit 2011 erneut um 3,4 % gestiegen. Das ist Ihre Bilanz, Landesregierung. Vor allem ist das ein Armutszeugnis, im wahrsten und traurigsten Sinne des Wortes. Allein in Kiel lebt fast jedes dritte Kind unter 15 Jahren in Armut. Daher ist es absolut richtig, dass der Bund allen Familien einen Zuschuss zahlt, also auch den Sozialleistungsempfängerinnen und -empfängern.

Das Elterngeld wird verbessert und gibt mehr Flexibilität, vor allem mehr Zeit, Zeit für Familie, und ganz besonders die Entlastung für Alleinerziehende kommt bei denen an, die es am dringendsten brauchen. Hier ist das Armutsrisiko nämlich am höchsten.

Es tut den Familien also gut, dass die konservativen Bremsen nach 16 Jahren - schlechten Jahre für die Familien - endlich gelöst sind. Das brauchen wir auch für Schleswig-Holstein.

(Beifall SPD)

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

Auch in Schleswig-Holstein können wir einiges tun; da muss man nicht immer Richtung Berlin schauen. Es wird Sie nicht wundern, dass wir weiterhin die kostenfreie Kita brauchen, und wir werden sie ab dem Mai in Schleswig-Holstein auch umsetzen. Das ist die richtige Entlastung, sie kommt bei den Eltern in der Familienkasse sofort an.

(Beifall SPD)

Es wird Sie auch nicht verwundern, dass wir natürlich auch mehr Plätze brauchen. Und zu Ihrer Kitareform, die Sie so hoch angekündigt haben, das größte Projekt dieser Landesregierung: Es fehlen Plätze, wir haben immer noch Kitagebühren im Land, und die Fachkräfteoffensive haben Sie komplett verschlafen. Ich habe mir hier den Mund fusselig geredet. Eine Kitareform muss mit einer Fachkräfteoffensive einhergehen. Wir erleben den riesigen Frust, der in den Kitas gerade da ist. Das ist Ihr Versäumnis.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Wir werden aber auch die frühen Hilfen weiter ausbauen müssen und vor allem auch die entlastenden Dienste wie Kurzzeitpflege, Tagespflege und Nachtpflege. Die gehören für uns dringend dazu.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum letzten Satz!

Ich komme sehr gerne zum letzten Satz. Ich würde gerne noch mal zwei, drei Punkte zu Ihren Anträgen sagen.

(Heiterkeit)

- Einen Satz! Einen Satz! - Ich würde noch einmal kurz auf die Anträge eingehen.

(Zurufe SPD - Unruhe)

Wir sehen sehr deutlich, dass der Jamaika-Antrag nur eine Auflistung von dem ist, was da ist. Zukunft steht nicht drin. Wenn sich die Familien in diesem Land - in Schleswig-Holstein - Zukunft wünschen, haben sie am 8. Mai die Chance, das zu verändern. Wir als SPD sind bereit, denn die Familien gehören in den Mittelpunkt, und das wurde in den letzten fünf Jahren versäumt.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, begrüßen wir bitte, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Beruflichen Schule des Kreises Ostholstein! Herzlich willkommen hier heute im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Werner Kalinka.

Dann kriege ich auch zwei Minuten mehr.