Für die Landesregierung hat jetzt der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Küstenschutz in Schleswig-Holstein, eine Generationenaufgabe? - Ja, in der Tat, aber auch eine Überlebensfrage. Ein Viertel unserer Landesfläche ist sturmflutgefährdet und somit bereits heute auf Küstenschutz angewiesen. Langfristig kann der Schutz vor Sturmfluten aber nur gewährleistet werden, wenn der Meeresspiegelanstieg, der sich infolge des Klimawandels ergibt, frühzeitig einbezogen und in die Planungen unseres Generalplans zentral eingepflegt wird.
Aktuell sehen wir eine massive Hitzewelle an der Antarktis, ein erneutes Zeichen dafür, dass das, was
wir im Generalplan zugrunde legen, nämlich die pessimistische Annahme eines Meeresspiegelanstiegs um bis zu 1 m, tatsächlich das ist, worauf wir uns heute vorbereiten müssen. Umso wichtiger ist es, dass wir im neuen Generalplan Küstenschutz bei den Deich- und Warftverstärkungen einen solchen Anstieg für das Jahrhundert zugrunde legen, die Unsicherheiten über das tatsächliche Ausmaß des künftigen Anstiegs zunächst einmal zur Kenntnis nehmen und uns auf einen schwerwiegenden Anstieg vorbereiten.
Umso wichtiger ist es auch, dass wir den Menschen an den Küsten Sicherheit geben und ihnen durch eine intelligente Bauweise die Sicherheit dadurch vermitteln, dass wir in Zukunft nachsteuern können. Die Bauweise unserer Klimadeiche und auch der Klimawarften ist so ausgelegt, dass ein weiterer Anstieg des Meeresspiegels zusätzlich ausgeglichen werden kann, wenn erforderlich. Dieses Maß an Vorsorge gilt auch für die konstruktiven Bauwerke Innendeich, wie zum Beispiel die Sperrwerke, die Schöpfwerke und die Siele, bei denen vollkommen klar ist, dass wir natürlich auch in dem Zusammenhang Erneuerungsbedarf haben. Insofern ist es wichtig, dass wir diese Debatte gemeinsam mit den Betroffenen führen. Dabei ist die Strategie für die Niederungen, die ich hier schon vorgestellt habe, für uns ein ganz zentraler Baustein in dieser Gesamtstrategie.
Für einen guten Küstenschutz in Zeiten des Klimawandels brauchen wir auch eine starke zweite Reihe. Aus diesem Grunde wurde und wird auch im neuen Generalplan festgehalten, dass auch die Mitteldeiche als zweite Deichlinie konsequent zu erhalten und Verschlechterungen zu vermeiden sind. Das Land unterstützt die zuständigen Verbände bei der Erfüllung dieser Aufgaben. Die Umsetzung der Verstärkungsprogramme, die sich aus dem Generalplan ergeben - aktuell sind 74 km Landesschutzdeiche zu verstärken -, ist für Schleswig-Holstein eine Herausforderung. Aber ich bin froh, dass es uns gelingt, auch weiterhin die Finanzierung der Ausbaubedarfe, die wir festlegen, über den gesamten Zeitraum sichergestellt zu haben. Dazu gehört natürlich auch das notwendige Personal beim LKN. Deswegen haben wir in den vergangenen Jahren an der Stelle nochmals aufgestockt, um den notwendigen Bedarfen entsprechend Rechnung tragen zu können. Das ist ein ganz zentraler Baustein, den wir weiter im Blick behalten müssen.
333.000 Menschen, 60 Milliarden € an Sachwerten gilt es langfristig zu schützen. Bei diesen Zahlen leuchtet natürlich auch ein, dass Deichrückverlegungen keine generelle Alternative darstellen können. Die Hochwasserrisiken in den Küstenniederungen sind neben den Schutzmaßnahmen durch räumliche Vorsorge auch zu begrenzen. Im Landesentwicklungsplan von 2021 wurden hierzu Vorranggebiete für den Küstenschutz und für die Anpassung an den Klimawandel an den Küsten aufgenommen. Trotzdem verbleiben Restrisiken in den Küstenniederungen, denen durch ein optimiertes Gefahrenund Katastrophenmanagement begegnet werden muss.
Dazu hat die Landesregierung natürlich auch unter dem Eindruck der Hochwasserkatastrophe des letzten Sommers in Westdeutschland einen Zehn-Punkte-Plan beschlossen. Mit diesem Plan erhält der Katastrophenschutz auch an den Küsten die notwendige Stärkung. So sind in den nächsten acht Jahren Investitionen in Höhe von rund 76 Millionen € hierfür vorgesehen.
Als Fazit halte ich fest, dass die Herausforderungen, die sich aus dem beschleunigten Meeresspiegelanstieg für uns ergeben, immens sind. Sie sind eine Generationenaufgabe und als solche nur ganzheitlich im Sinne eines integrierten Risikomanagements zu lösen und zu verstehen. Mit dem Generalplan Küstenschutz 2022 hat die Landesregierung dafür die notwendigen Maßnahmen vorgesehen, die es jetzt für die Anpassungsmaßnahmen entsprechend zu organisieren gilt und natürlich mit den ausreichenden Mitteln auch des Bundes sicherzustellen gilt.
Meine Damen und Herren, die Absicht der Freien und Hansestadt Hamburg, ihr Sedimentmanagement in der Tideelbe auf langfristige Füße zu stellen und nachhaltig auszurichten, begrüßen wir ausdrücklich. Die Kreislaufbaggerei im Elbstrom muss ein Ende haben. Für uns steht dabei der Schutz des Wattenmeeres vor den Einträgen von Schadstoffen und insbesondere Trübungen durch Sedimente im Vordergrund. Wir haben uns deswegen als Land Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren stets als Partner und Nachbar Hamburgs darum gekümmert, dass es Angebote für die Unterstützung bei der Findung von entsprechenden nachhaltigen Lösungen gibt. Sicherlich ist auch der Beitrag, den wir an der Tonne E 3 leisten, dabei ein ganz relevanter Baustein, um die Sedimentfrage fachlich geeignet und rechtlich zulässig zu lösen.
mengen an der Tonne E 3 ermöglicht und eine Anschlussvereinbarung in Aussicht gestellt. Auch weiterhin stehen wir stets bereit, über entsprechende Maßnahmen zu reden. Aber die Akzeptanz für die Unterstützung Schleswig-Holsteins gegenüber Hamburg hängt natürlich maßgeblich davon ab, dass Hamburg auch unsere gemeinsamen Interessen an der Außenelbe und an der Nordsee anerkennt und respektiert. Wir haben stets deutlich gemacht, dass eine Verklappung in der Außenelbe, sei es bei Scharhörn oder am Neuen Lüchtergrund, aus derzeitiger Sicht nicht mit dem Schutz unseres gemeinsamen UNESCO-Weltnaturerbes vereinbar ist.
Deswegen ist es gut, dass es gelungen ist, auch mit den niedersächsischen Kollegen, allen voran an der Stelle bei Scharhörn eine Verklappung zu vermeiden, weil eben belastete Sedimente von diesen Stellen in das Wattenmeer verdriften und damit diesen Naturraum nachhaltig bedrohen können. Diese Gefahren - das ist der entscheidende Punkt - muss Hamburg ausschließen und dafür konsequent nachweisen, wie sie das umsetzen wollen. Das ist für uns der entscheidende Punkt.
Hamburg muss gleichzeitig dazu eine langfristige nachhaltige Lösung für dieses Sedimentproblem vorlegen. Auch an dieser Stelle stehen wir stets als Partner bereit, zu diskutieren und nach Maßnahmen zu suchen. Doch muss es eine solche Perspektive geben; denn ansonsten wird die Akzeptanz langfristig leiden. Ein Handeln gegen Recht oder Natur ist, wenn man den großen Wunsch hat, das weiter zu erhalten, nicht möglich.
Wir müssen eine langfristige und nachhaltige Lösung finden. Dafür stehen wir bereit. - In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Der Minister hat die vorgesehene Redezeit um zweieinhalb Minuten ausgedehnt. Diese Redezeit stünde jetzt auch allen Fraktionen zur Verfügung. Ich sehe jedoch nicht, dass davon Gebrauch gemacht werden soll, denn mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Folglich schließe ich jetzt die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung.
a) Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/3668: Es ist beantragt worden, über diesen Antrag in der Sache abzustimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich ums
b) Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/3729: Auch hier ist Abstimmung in der Sache beantragt. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist auch dieser Antrag einstimmig angenommen.
Erhalt, Ausbau und Unterstützung von freigemeinnützigen und kommunalen Krankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Bernd Heinemann das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Gesundheitsversorgung und ihre Finanzierung waren selten so im Fokus. Der Spagat zwischen sinkenden Sozialversicherungseinnahmen und massiv steigenden Kosten ist unübersehbar und schmerzt. Das gilt auch in Schleswig-Holstein und treibt die Menschen auf die Straße, nicht nur bei der imland Klinik. Es ist spätestens jetzt wichtig, genau hinzusehen, wo und wie wir bei gleichzeitigem Fachkräftemangel unsere ambulante und stationäre Versorgung im Land erhalten und verbessern können.
Für die Sicherung der stationären Versorgung brauchen wir eine Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung, wie sie auf Bundesebene geplant ist. Eine moderne, reformierte Krankenhausfinanzierung muss stärker als bisher differenziert nach Versorgungsstufen gestaltet sein sowie die notwendigen und erlösunabhängigen Vorhaltepauschalen berücksichtigen.
Ein besonderer Schwerpunkt - das erleben wir immer deutlicher - muss in einer auskömmlichen Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin, der
Ein besonderer Schwerpunkt liegt in diesen Zeiten der Angst und Sorge von immer mehr Menschen auch in der psychiatrischen Versorgung. Hier gibt es in Schleswig-Holstein einiges zu verbessern.
In der Psychotherapie sind momentan lange Wartezeiten zum Alltag geworden. Das wird in Zeiten von Pandemien und Kriegen nicht besser. Hier ist die Versorgung in unserem Land schlicht und ergreifend zu dünn.
Gleichzeitig erleben wir in anderen Ländern, aber auch bei uns, dass die Medizin längst viel mehr kann. In vielen Ländern Europas, in Skandinavien oder im Baltikum, haben Telemedizin, Robotik und künstliche Intelligenz große Fortschritte gemacht. Sie machen es möglich, dass immer mehr Behandlungen ambulant und oder weit weg vom hochqualifizierten Behandler mittels Robotik und künstlicher Intelligenz digital erfolgen können. Rollende beziehungsweise fliegende Stroke Units und Schockräume ermöglichen immer häufiger den Beginn der Behandlung schon im Rettungsmittel.
Mit Rosinenpickerei wird unser Gesundheitssystem allerdings scheitern, besonders wenn der Anbieter 16 % Gewinn an die Aktionäre in Zürich oder sonst wo ausschütten muss. Das muss deutlich werden.
Nachhaltige, moderne und effektive digitale Systeme wie in Estland, Norwegen und zunehmend Dänemark sind in staatlicher, gemeinnütziger Verantwortung - und trotzdem oder gerade deshalb immer auf der Höhe der Zeit.
Es ist auch in Schleswig-Holstein Zeit, unsere Reform der medizinischen Versorgung fortzusetzen. Unsere Maximalversorger sind auf der Höhe der Zeit - dafür haben wir gemeinsam gesorgt, schon in der Küstenkoalition -, aber auch sie können mehr, wenn sie mit den kommunalen Krankenhäusern und ambulanten Versorgungszentren besser vernetzt werden.
Sie kennen unsere sozialdemokratischen Ansätze: Wir wollen mehr Verantwortung für das Gemeinwesen, sei es durch eine Bürgerversicherung oder ein kommunales Versorgungszentrum. Wir wollen zukünftig mehr kommunale Verantwortung, wo Profitinteressen die Versorgung in Gefahr bringen. Der Bund hat die Hand ausgestreckt; ergreifen wir sie, und bringen wir unser Gesundheitssystem nach vorn!
Ihr Alternativantrag enthält wenig Sicherung und Innovation, aber viel Markt. Trägervielfalt ist so lange in Ordnung, wie Versorgungsverträge ohne Wenn und Aber eingehalten werden, aber das ist oft nicht der Fall.
Jetzt noch etwas in eigener Sache: Ich danke Ihnen für das Zuhören bei meiner vermutlich letzten Rede. Ich danke allen Demokraten des Hauses vor allem für die faire Zusammenarbeit in den letzten zwölfeinhalb Jahren. Ich bin dankbar dafür und froh darüber. Ich bedanke mich auch noch einmal für die vielen guten Wünsche zu meinem 70. Geburtstag bei meinem Abschiedsempfang hier im Haus. Allen noch einmal herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein ist uns sehr wichtig, und Jamaika hat in den letzten Jahren viel auf den Weg bringen können: Krankenhausgesetz, Rettungsdienstgesetz, Schlaganfälle nur noch in Stroke Units, Point in Space für die Luftrettung, Telenotarzt, Telemedizin - um nur einiges zu nennen. Trotzdem bleibt viel zu tun.
Wir müssen unser Gesundheitswesen zukunftsfähig gestalten. Die Digitalisierung und künstliche Intelligenz eröffnen viele Möglichkeiten. Telemedizin ist ein Beispiel, aber die Systeme müssen auch kompatibel miteinander sein, zum Beispiel die Leitstellen untereinander. In einer Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss haben wir vor Kurzem gehört, dass die Kompatibilität noch nicht gegeben ist. Sie muss aber auch von der Leitstelle zum Rettungswagen und vom Rettungswagen zum Krankenhaus gegeben sein. Wichtige Gesundheitsparameter müssen vom Rettungswagen digital schnell zur Notaufnahme übermittelt werden können. Hier gibt es noch viel zu tun.