Protocol of the Session on April 28, 2022

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(Beifall SSW und Beate Raudies [SPD])

Ein Zweites: Natürlich brauchen wir noch mehr in dem Bereich. Wir brauchen vor allen Dingen mehr Sozialwohnungen, in bestimmten Bereichen auch mehr kleine Wohnungen, weil inzwischen ältere Menschen alleine wohnen, weil Auszubildende und Studenten natürlich kleinere Wohnungen brauchen. Da müssen wir etwas tun, da müssen wir Geld reinstecken.

(Jan Marcus Rossa)

Es ist ja auch in Ordnung, dass wir alle das tun wollen. In der Tat hat Corona uns ein Problem beschert, da nicht gebaut werden konnte. Das will ich niemandem vorwerfen. Wir sind aber noch ein Stück zurück gegenüber dem, was wir noch vor drei Jahren hatten. Deswegen müssen wir jetzt Gas geben und Geld einsetzen. Das muss heute die Botschaft sein, dass wir als Land Schleswig-Holstein in die Tasche greifen und tatsächlich die Kommunen, aber auch die privaten und genossenschaftlichen Wohnungsbaugesellschaften unterstützen. Das muss jetzt kommen.

Aber: Wenn wir das jetzt tun, sind wir nicht die Einzigen, die auf dem Markt durch die Gegend laufen, sondern da sind auch die Kommunen in der Verantwortung. Die Kommunen haben Schwierigkeiten, das Geld zusammenzukratzen. Da gibt es eine Lösung, zumindest eine Teillösung: indem wir wirklich einmal gucken, ob man nicht eine Fehlbelegungsabgabe einführen kann, um so die Kommunen in die Lage zu versetzen, tatsächlich neuen Wohnraum zu schaffen.

Es kann doch nicht sein, dass jemand, der beispielsweise als Student berechtigterweise eine günstige Sozialwohnung bekommen hat, danach, wenn er Ingenieur ist, weiter zur Sozialmiete wohnt. Das ist doch nicht gerecht. Das will der wahrscheinlich auch selbst nicht. Da kann man doch erwarten, dass er einen Aufschlag bis zu der ortsüblichen Wohnungsmiete zahlt. Diesen Aufschlag kann man nutzen, um neuen sozialen Wohnraum zu schaffen. Das geht. Das kann man tun. Das tun alle anderen Bundesländer auch. Wir haben es früher auch gemacht. Das ist einmal abgeschafft worden, und das ist ein Fehler gewesen. Das ist definitiv ein Fehler gewesen. Es ist nicht sozial gerecht, dass Menschen, die viel haben, trotzdem hammergünstig - sozusagen auf Staatskosten - wohnen können. Das ist nicht gerecht. Wir haben uns um diejenigen zu kümmern, die unsere Hilfe brauchen. Da geht es nicht anders, als dass wir die Kommunen in die Lage versetzen, sich eine Geldquelle - eine wirklich gerechte Geldquelle - zu erschließen.

Ein weiteres ist mir wichtig: Wir sehen auch Wohnverhältnisse, die unter aller Kanone sind. Auch diese Menschen müssen Berücksichtigung finden. Es gibt Menschen, die werden in wirklich übelsten Wohnungen zusammengepfercht - mit Schimmel, mit kaputten Türen, in denen es kein fließendes Wasser gibt, die man nicht richtig heizen kann, wo alles kaputt ist. Es gibt keine Eingriffsmöglichkeiten, um die Vermieter, die das zulassen, wirklich einmal zur Verantwortung zu ziehen. Es gibt keine

Möglichkeit, um den Menschen kurzfristig schnell zu helfen.

Wir haben hier in diesem Parlament vorgeschlagen, ein Wohnraumschutzgesetz zu erlassen - genauso wie es das in Hamburg gibt, wo nämlich eine Kommune eingreifen kann, wenn solche Wohnverhältnisse herrschen. Ich verstehe bis zum heutigen Tag nicht, dass da niemand über seinen Schatten springen kann. Das geht nicht, Leute! Wenn es in Hamburg möglich ist, diesen Menschen zu helfen, aber in Pinneberg nicht, dann ist etwas schief in unserem Land. Mit dieser Schieflage werden wir aufräumen, das werden wir ändern, und zwar zur nächsten Wahlperiode. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für den Zusammenschluss der Abgeordneten der AfD hat jetzt der Abgeordnete Jörg Nobis das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die SPD will ein Aktionsbündnis einsetzen - keine zwei Wochen vor der Landtagswahl. Das ist keine Aktion, das ist Wahlaktionismus. Wie es so schön heißt - wir haben es schon gehört -: Wenn man nicht mehr weiterweiß, gründet man 'nen Arbeitskreis. - Die SPD weiß schon lange nicht mehr weiter, weil die Antworten auf die Frage, wie bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann, nicht in ihr Weltbild passen.

Ich helfe Ihnen da gern auf die Sprünge, liebe Genossen. Zuallererst können wir feststellen: Wenn Wohnraum fehlt, muss Wohnraum geschaffen werden. Das heißt: Bauen, bauen, bauen! Damit das gelingt, müssen einerseits die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, vor allem vor Ort, aber auch durch die Landesplanung. Andererseits muss das Bauen aber auch wieder günstiger werden.

Auf einen Teil der Baukosten haben wir keinen Einfluss, die steigenden Preise für Baumaterialien zum Beispiel. Aber an anderen Stellen, da schraubt der Staat kräftig mit und ist deshalb für die gestiegenen Bau- und Wohnkosten mitverantwortlich. Immer strengere Dämmvorschriften bedeuten, Wohnen wird teurer, und auch immer mehr Vorschriften rund um das Thema Energieversorgung bedeuten Bauen und am Ende Wohnen werden teurer - das Instandhalten dann im Übrigen auch. Ganz konkret die Fotovoltaikpflicht, die Pflicht zum Nachweis ei

(Lars Harms)

nes Anteils von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bei Heizungstausch - immer mehr Vorgaben belasten den Geldbeutel von Bauherren, Eigentümern und letztlich dann auch von Mietern. Auch die Grunderwerbsteuer trägt ihren Teil bei. Bauen wird teurer, und der Staat trägt Mitschuld. Wenn Sie jetzt die Auswirkungen beklagen, dann verdrängen Sie diese ganz offensichtlichen Faktoren.

Es gibt natürlich noch weitere Faktoren, die Sie gern ausblenden, wenn es um den angespannten Wohnungsmarkt geht. Faktor eins ist der Zuzug von Asylbewerbern. Von 2014 bis zum März 2022 wurden in Deutschland sage und schreibe 2.135.820 Erstanträge auf Asylgewährung gestellt. Natürlich sind einige von diesen Menschen nicht mehr im Land, aber natürlich heißt das auch, dass entsprechend viele Menschen ein Dach über dem Kopf benötigen und ein Teil davon eben auch in Schleswig-Holstein.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Andere bauen Häuser zum Beispiel!)

Das ist auch ein Grund für den angespannten Wohnungsmarkt.

Faktor zwei sind die gestiegenen Mobilitätskosten, die das Wohnen auf dem Land verteuern. Knapp die Hälfte der deutlich gestiegenen Kosten für Diesel und Benzin sind Steuern und Abgaben. Das heißt, der Staat - hier allerdings konkret der Bund - könnte weniger angespannte Wohnungsmärkte durch günstigere Spritpreise fördern. Wenn der ländliche Raum auch für Pendler attraktiv bleibt, kann dies einen Teil zur Entlastung der besonders angespannten Wohnungsmärkte in den Zentren des Landes beitragen.

Für all diese Punkte benötigt es keinen aktionistischen Arbeitskreis, sondern eine Regierung, die Politik nicht gegen, sondern für die Bürger macht. Liebe Genossen, Ihr Antrag kratzt wieder einmal nur an der Oberfläche und kommt nicht über das Vergießen von Krokodilstränen hinaus. Der Sozialwohnungsbestand schmelze ab, jammern Sie. Das stimmt natürlich, ist aber auch nur Ausdruck eines Teufelskreises, aus dem wir ausbrechen müssen. Sozialwohnungen fördern, die dann einige Jahre später wieder aus der Bindung fallen, und sich dann wundern, dass bezahlbarer Wohnraum fehlt - genau an dieser Stelle hört der Sozialdemokrat auf zu denken und fängt von vorne an zu fördern.

Wie könnte eine Lösung also aussehen? - Wir schlagen vor, mittelfristig den sozialen Wohnungsbau durch eine Konzentration auf das Wohngeld zu

ersetzen. Dazu gab es auch schon entsprechende Expertenkommissionen, weshalb wir hier und heute Ihren Antrag ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Landesregierung hat nun in Vertretung für die Ministerin Dr. Sütterlin-Waack als Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist ein offensichtlich gemeinsames und zentrales Anliegen, und Sie ringen hier um die richtigen Instrumente. Eines ist klar: Die Zusammenarbeit aller Akteure ist dabei notwendig und wichtig. Ich bin froh, Ihnen heute sagen zu können, dass diese Zusammenarbeit längst mit großer Schubkraft stattfindet.

Das Innenministerium ist in einem fortlaufenden fachlichen und wohnungspolitischen Dialog mit allen Akteurinnen und Akteuren der Wohnungswirtschaft. In den verschiedenen Formaten arbeitet man dort mit der kommunalen Ebene, mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden, mit Sachverständigen der Bauwirtschaft und der Stadtplanung zusammen. Ausgehend von einer gemeinsamen Analyse wird dort längst gehandelt.

Seit 2017 hat die Landesregierung rund 1 Milliarde € für bezahlbaren Wohnraum in Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt - natürlich auch mit Mitteln, die vom Bund kommen. Das ist doch klar, und das ist doch eine wirkliche gemeinsame Errungenschaft der Großen Koalition. Es ist ein Rekord: Seit 2017 haben wir mehr als 5.300 Wohneinheiten im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung gefördert.

Gleichzeitig unterstützen wir Kommunen dabei, zukunftsfähige und nachhaltige Wohngebiete zu planen. Dazu stellen wir 10 Millionen € für das Programm „Neue Perspektive Wohnen“ zur Verfügung. Bislang wurde es von zehn Kommunen erfolgreich genutzt. Allein das trägt dazu bei, dass Siedlungen mit mehr als 1.200 qualitätvollen Wohneinheiten entstehen können.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit muss - da hat der Kollege Tietze vollkommen recht - auf der Be

(Jörg Nobis)

reitstellung von Bauland liegen, das immer knapper wird. Nicht selten gibt es da einen erheblichen Engpass in den Kommunen, und zeitgleich wollen wir auch die Flächeninanspruchnahme im Auge behalten. Diese Ziele miteinander zu vereinbaren, ist nicht trivial und gelingt nur, wenn die Kommunen nachverdichten und die Brachflächen reaktivieren. Deswegen bereiten wir derzeit einen Baulandfonds vor. Insgesamt wird der am Ende 100 Millionen € umfassen, und er wird den Kommunen ganz praktisch dabei helfen, innerorts neue Bauflächen zu entwickeln.

Seit Beginn der 2000er-Jahre gibt es den höchsten Stand von Baugenehmigungen und besonders von Baufertigstellungen. Wir haben hier den richtigen Weg eingeschlagen. Gleichzeitig weiß ich, dass die Entwicklung der Mieten in einigen Regionen unseres Landes weiterhin ein großes Problem für Bürgerinnen und Bürger darstellt. Es gibt also keinen Grund - das haben alle Vorredner betont -, in den Anstrengungen nachzulassen.

Deshalb reagieren wir auch kurzfristig auf das schwieriger gewordene Marktumfeld. Die Baufirmen kämpfen mit dramatisch steigenden Materialkosten. Das wirkt sich natürlich auf den Wohnungsbau aus. Zusätzlich bestehen starke Unsicherheiten durch die Förderpolitik der Bundesregierung; das kann ich Ihnen auch nicht ersparen. Zum Beispiel war die neu aufgelegte Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude in Höhe von 1 Milliarde € innerhalb eines Tages ausgeschöpft. Damit fehlt unseren Wohnungsunternehmen in ohnehin außerordentlich unsicheren Zeiten auch noch ein wichtiger Baustein in ihrer Finanzierung.

Aus diesem Grund heben wir die Förderzuschüsse für sozialen Wohnraum - Peter Lehnert hat es erwähnt - zum Frühsommer auf 1.000 €/m2 an. Seit Dezember 2020 ist das mehr als eine Verdreifachung der Zuschüsse. Die entsprechende Richtlinienanpassung hat das Innenministerium bereits in dieser Woche eingeleitet, damit die Investoren wissen, womit sie in diesen unsicheren Zeiten rechnen können.

Wir arbeiten dabei natürlich Seite an Seite mit allen am Wohnungsbau Beteiligten. Wir springen als Land ein, um auch in diesem Jahr den Bau bezahlbaren Wohnraums in Schleswig-Holstein zu ermöglichen. Auf uns können sich alle am Wohnungsbau Beteiligten verlassen.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Habersaat [SPD]: Schade, dass die Mieter nicht betei- ligt sind am Wohnungsbau!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Folglich lasse ich zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/3809, abstimmen. Wer hier zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Damit ist der Antrag gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW von allen anderen Fraktionen und Abgeordneten abgelehnt.

Ich lasse dann abstimmen über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/3828. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag gegen die Stimmen der SPD-Fraktion bei Zustimmung sämtlicher anderer Fraktionen und Abgeordneter angenommen.

Ich unterbreche die heutige Sitzung bis 15 Uhr, wünsche eine angenehme Mittagspause und erinnere an den Finanzausschuss, der um 13:30 Uhr tagt.

(Unterbrechung: 12:52 bis 15:01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir mit der Tagesordnung fortfahren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne des SchleswigHolsteinischen Landtages Mitglieder des Kreisverbandes Pinneberg von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Bericht der Landesregierung zur Situation der Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und deren Auswirkungen in und auf Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/3815

Das Wort zur Begründung wird, wie ich sehe, nicht gewünscht.

(Ministerin Karin Prien)

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Wie gewohnt lasse ich zunächst darüber abstimmen, ob ein Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll und bitte um Handzeichen. - Die SPD auch? - Ich lasse noch einmal abstimmen. Ich frage, ob um einen Bericht in dieser Sitzung heute gebeten wird. - Da sehe ich, dass dies einstimmig ist. Dann wird auch so verfahren.