bereits 2017 veröffentlichten Studie des Digitalverbandes BITKOM wird jeder zweite dieser Internetnutzer innerhalb eines Jahres Opfer von Cybercrime.
Doch nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmen sind tagtäglich Angriffen aus dem Internet ausgesetzt. Die Zentrale Ansprechstelle Cybercrime des LKA verweist hier auf eine von der IHK Schleswig-Holstein durchgeführte Umfrage unter 713 Unternehmen. Nach dieser Befragung wurden schon im Jahr 2013 bei 33 % der Firmen bei uns in den letzten zwölf Monaten ein oder mehrere Cyberangriffe ausgeübt. Die fünf Jahre, die seit der Erhebung vergangen sind, sind im digitalen Zeitalter natürlich eine halbe Ewigkeit. Wir müssen also jetzt mit mehr Angriffen rechnen; und auch die Dunkelziffer kann hier durchaus hoch sein.
Experten verweisen regelmäßig darauf, dass sich diese Situation verschärft. Aus Sicht des SSW ist diese Entwicklung alarmierend. Spätestens wenn man sich vor Augen führt, dass nicht nur die Zahl der Delikte, sondern auch die Zahl der Erscheinungsformen von Cybercrime stetig zunimmt, wird der Handlungsbedarf deutlich.
Die Kommunikationsmöglichkeiten des Internets sind nahezu unbegrenzt. Es bietet enorm viel Potenzial und riesige Chancen; zugleich werden die Möglichkeiten zunehmend zu illegalen Zwecken genutzt. Allein die finanziellen Schäden gehen in Deutschland in die Milliarden.
Egal ob einzelne Betrugsfälle oder Wirtschaftskriminalität im großen Stil: Beide Delikte werden tagtäglich im und über das Internet begangen. Das gleiche gilt für die Delikte in den Bereichen Hasskriminalität, Terrorismus oder Kinderpornografie. Wir können also feststellen, dass das Internet bei all seinen Vorteilen auch die perfekte Plattform zur Begehung von Straftaten ist.
Für uns ist deshalb grundsätzlich klar, dass wir auf Landesebene einen Beitrag leisten müssen, um diese Form der Kriminalität wirkungsvoll einzudämmen.
Cybercrime hat nicht nur vielfältige Erscheinungsformen, sondern diese illegalen Aktivitäten kennen auch keine Grenzen im klassischen Sinn. Nicht selten haben es die Ermittler mit international organisierten Gruppen zu tun. Aus diesem Grund ist der Schwerpunkt im vorliegenden Antrag auch völlig richtig gesetzt, und zwar der Punkt der Vernetzung.
der Behörden ist es möglich, Internetkriminalität effektiv zu bekämpfen. Wir teilen dieses Ziel und die Forderung nach Mechanismen, die ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern beispielsweise gegen Hackerangriffe gewährleisten. Nur so können wir sensible Bereiche unserer Infrastruktur, wie etwa Stromnetze oder Krankenhäuser, ausreichend schützen.
Die im Antrag aufgeführten Punkte sind sinnvoll und werden vom SSW mitgetragen. Ich will aber trotzdem deutlich machen, dass wir auch mit Blick auf die gewünschte vernetzte Sicherheitsarchitektur sorgfältig vorgehen müssen. Ganz ohne Frage sind unsere Sicherheitsbehörden immer mehr mit Sachverhalten und Straftaten, die einen digitalen Bezug haben, konfrontiert. Noch dazu ist es unstrittig, dass die Gefährdung durch Cybercrime zunimmt.
Neben den bestehenden Aufgaben kommen also neue Herausforderungen auf unsere Behörden zu. Deshalb ist nach unserer Auffassung aber unbedingt darauf zu achten, dass - bei gleichbleibendem Personalkörper - nicht nur Personal innerhalb der Polizei oder Justiz verlagert wird, sondern auch mehr Personal zur Bekämpfung von Cybercrime eingestellt wird. Wir brauchen also über die derzeitige Anzahl des Personals hinaus Leute, die sich diesen Deliktfeldern widmen.
Mit mehr Personal allein ist es nicht getan. Wenn wir eine reibungslose Kooperation der Behörden sicherstellen wollen, müssen wir auch massiv in den Bereich der Ausbildung investieren. Es bringt uns zum Beispiel herzlich wenig, wenn die Polizeibehörden Internetkriminelle dingfest machte, der Strafjustiz im Umgang mit dieser Form der Kriminalität aber die nötige Erfahrung und Kompetenz fehlte. Wir müssen also auch darauf achten, dass wir Ausbildung fortschreiben und dass wir vor allem berufsfremde Leute, die sich im Internet auskennen, anstellen und entsprechend bezahlen; das wird leider notwendig sein. Auch diesen Aspekt müssen wir im Blick haben, wenn wir Cybercrime wirklich effektiv bekämpfen wollen.
Für die Landesregierung erteile ich das Wort dem Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Drüben sitzt ein Kollege, der heute als Dezernatsleiter für dieses Phänomen, wie es so schön heißt, verantwortlich ist. Er erzählte mir - ich kann Ihnen empfehlen, sich mit ihm zu unterhalten -, dass er 1999 - also vor gerade einmal 20 Jahren als junger Kollege erstmals mit dem Phänomen Kriminalität per Rechner konfrontiert worden ist. Damals sagte sein Chef zu ihm: „Ach, weißt du, du kennst dich doch mit Computern aus. Kümmere dich mal drum!“
So fing die Bekämpfung von Cyberkriminalität an. Heute ist der junge Mann von damals Chef einer der größten und modernsten Einrichtungen hierzu. Mit dem Kompetenzzentrum Digitale Spuren vollziehen wir - das sage ich ganz bewusst - im Grund den gesellschaftlichen Wandel, den wir erleben.
Wir müssen eines konstatieren: Diejenigen, die im Internet kriminelle Machenschaften begehen, kommen immer wieder auf neue Ideen. Wir müssen versuchen, diese nachzuvollziehen.
Das Kompetenzzentrum Digitale Spuren soll insbesondere Daten von elektronischen Geräten analysieren, unabhängig davon, ob es sich um Daten aus Fahrzeugen, WLAN-Verbindungen, Smarthome oder sonstige Techniken des Internets handelt. Die Ermittlerinnen und Ermittler arbeiten dort in einem guten Team zusammen.
Sehr geehrte Frau Wagner-Bockey, Sie haben es vorhin völlig zu Recht angesprochen: Es geht dort nicht nur um die Frage der Ermittlung, sondern insbesondere auch darum, die Daten, die dort ermittelt werden, auszuwerten, nicht nur in dem Fachzentrum, sondern auch in den einzelnen Abteilungen. Dazu bedarf es Menschen mit einem hohen Sachund Fachverstand, aber auch mit einem Einfühlungsvermögen in diese Materie. Cybercrime ist leider eines der Kriminalitätsphänomene Zukunft.
Wir brauchen mit dem Kompetenzzentrum Digitale Spuren eine reibungslose Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Dieser Bedarf ist nicht nur in den zentralen Orten, sondern insbesondere auch in den Flächengemeinden von großer Bedeutung.
Bekanntlich unterliegen die Phänomene der Cyberkriminalität einem extrem schnellen Wandel und variieren stark in ihrer Komplexität. Zwei Beispiele: 2017 fielen durch den Erpressungstrojaner WannaCry in Großbritannien zahlreiche Krankenhäuser aus; auch deutsche Unternehmen waren betroffen, maßgeblich zum Beispiel die Deutsche Bahn.
Ende 2018 gab es den sogenannten Politikleak, als massenhaft personenbezogene Daten von Politikerinnen und Politikern, von Journalistinnen und Journalisten sowie von Personen des öffentlichen Lebens über diverse Internetplattformen veröffentlicht wurden.
Beide Beispiele zeigen, wie sich unzureichende Absicherungen und vor allem veraltete Technologien, aber auch ein unzureichendes Risikobewusstsein von Nutzerinnen und Nutzern auswirken kann.
Gerade bei Seriendelikten, die unter Zuhilfenahme des Internets begangen werden, wie zum Beispiel beim Einsatz von Ransomware oder bei Fällen der digitalen Schutzgelderpressung, ist für die involvierten Sicherheitsbehörden insbesondere zu Beginn nicht immer schnell genug erkennbar, dass es einen länderübergreifenden Zusammenhang gibt. Wenn ein solcher Serienzusammenhang erkannt ist, stellt sich regelmäßig die Frage, welche Stelle der Ermittlungen zentral geführt wird und wie das gemeinsame Vorgehen der strafverfolgenden und gefahrenabwehrenden Maßnahmen koordiniert wird. Nur dadurch können parallel beziehungsweise doppelt geführte Ermittlungsschritte vermieden werden.
Um die Gefahr effektiver abwehren zu können, müssen die Informationsflüsse zwischen den Behörden und insbesondere länderübergreifend ständig auf Verbesserungsbedarf überprüft werden, damit Serientaten in Fällen der Cyberkriminalität schneller erkannt werden.
Aus diesem Grund stellt Schleswig-Holstein bei der kommenden Innenministerkonferenz - das ist vorhin schon erwähnt worden - zwei Anträge zu diesem Thema. Ziel ist es, gemeinsam mit den anderen Ländern zu einer engen und besseren Kooperation zu kommen.
Nun nicht nur zum Blickwinkel der Polizei, sondern auch der Justiz. Um den im Land beteiligten Behörden eine effizientere Strafverfolgung im Bereich Cybercrime zu ermöglichen, wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft eine Zentralstelle Informations- und Kommunikationskriminalität eingerichtet. Seit dem 1. März 2018 gibt es bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe eine entsprechende Schwerpunktabteilung. Die ist landesweit für die Bekämpfung von herausgehobenen Ermittlungsverfahren aus dem Bereich Cyberkriminalität zuständig.
Gegenstand dieser Verfahren sind Straftaten, die Elemente der Informations- und Kommunikationstechnologie aufweisen, und solche, die mit Mitteln
der Informations- und Kommunikationstechnologie begangen werden oder gegen die Integrität oder Authentizität von Daten gerichtet sind. Die Schwerpunktabteilung ermittelt vor allem solche Sachverhalte, die der organisierten Cyberkriminalität zuzurechnen sind, und solche, die Angriffe auf Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen zum Gegenstand haben.
Um Ihnen zum Schluss zu verdeutlichen, dass die Sicherheitsbehörden auf diesem Gebiet bereits auf einem hohen Level erfolgreich zusammenarbeiten, ein letztes Beispiel. Ende April wurden nach Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und des Bundeskriminalamts drei Deutsche festgenommen. Sie sollen die weltweit zweitgrößte kriminelle Handelsplattform Wall Street Market betrieben haben. Diesen Festnahmen gingen aufwendige verdeckte Ermittlungen voraus, an denen sich auch US-amerikanische und niederländische Strafverfolgungsbehörden sowie die europäische Polizeibehörde Europol beteiligt haben.
Trotz dieses Erfolgs bleibt die Bekämpfung von Cyberkriminalität für die Sicherheitsbehörden eine der größten Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft. Mit der Initiative bei der Innenministerkonferenz stellen wir das Thema in einen angemessenen Kontext und werden dort nach Lösungen suchen, gemeinsam und vor allem länderübergreifend. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um 2 Minuten überschritten. Ich sehe nicht, dass Fraktionen davon Gebrauch machen möchten.
Wir kommen zur Abstimmung. Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Fraktionsvorsitzende Dr. Ralf Stegner.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Regelmäßig tauchen auf der Liste der deutschen Rüstungshandelspartner hochproblematische Länder auf. Saudi-Arabien ist das prominenteste Beispiel der vergangenen Monate. Deutsche Waffen spielen in Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt nach wie vor eine zentrale Rolle. Dennoch hat das Thema Waffenexporte in den letzten Jahren nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die es verdient hätte.
Das hat sich in den vergangenen Monaten geändert, vermutlich auch deshalb, weil uns Flüchtlinge in Europa die direkten Folgen von Kriegen und Konflikten in Afrika oder dem Nahen Osten direkt vor Augen führen. Eines haben die Debatten über deutsche Waffenlieferungen immer wieder gezeigt: Gut gemeint ist selten gut gemacht.
Die Haltung der Deutschen ist ziemlich so klar wie bei kaum einem anderen Thema: In Umfragen lehnen 80 % der Befragten Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete ab, rund zwei Drittel sind sogar generell gegen deutsche Waffenexporte.
Die vergangenen Monate zeigen, dass die derzeitigen Regelungen zu Waffenexporten nicht klar genug sind. Saudi-Arabien war auch schon vor dem Mord an Khashoggi eine blutrünstige Diktatur, in der Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Selbstverständlich war der Exportstopp nach dem Bekanntwerden der Ermordung richtig, aber er wäre es eben auch schon vorher gewesen. Die Industrie beschwert sich zu Recht, wenn Richtlinien unklar sind oder von der Tagespolitik abhängig gemacht werden.
Unsere Partnerländer brauchen Planungssicherheit. Zur Ehrlichkeit gehört, dass man Regelungen verbindlich und gleichzeitig restriktiv machen muss. Besser ein Deal, der nicht zustande kommt, weil er von klaren Regeln ausgeschlossen wird, als ein Deal, in den viel Zeit und Geld fließen und der dann auf Eis gelegt wird. Die Beschäftigten sollen das nicht ausbaden müssen.
Ich habe mich übrigens gemeinsam mit Manuela Schwesig dafür eingesetzt, dass die Polizeiboote, die auf der Peene-Werft in Wolgast für Saudi-Arabien gefertigt worden sind, die deutsche Marine bekommt. Die muss man nicht in eine solche Diktatur liefern.
Wir haben eine schräge Debatte gehabt, auch hier. Konservative und Liberale haben gelegentlich den Eindruck erweckt, man sei kein guter Europäer, wenn man gegen eine restriktive Praxis ist. Das ist falsch, wenn Sie an den Kodex von 2008 denken. Ich finde es erfreulich, dass die Koalition diesen Kodex jetzt entdeckt und ihn weitgehend abgeschrieben hat. Das ist ein Mindeststandard für das, was geschehen soll. Darin steht zum Beispiel, dass man nicht an Länder liefern darf, die sich im Krieg befinden. Saudi-Arabien ist ohne Zweifel am Krieg im Jemen beteiligt, die Vereinigten Arabischen Emirate sind es auch.