Ich verstehe das durchaus, Herr Kollege, versuche aber jetzt, die Frage des Kollegen Harms zu beantworten.
Was das Thema Israel angeht, habe ich vorhin in meiner Rede ausdrücklich gesagt, dass es für mich deutsche Staatsraison ist, dass es eine Ausnahme ist, dass wir, obwohl Israel in einer Krisenregion ist, in der Tat Waffen nach Israel liefern, allerdings auch dorthin nur Verteidigungswaffen. Es gab auch schon Anträge Israels, Panzer geliefert zu bekommen, und die hat Deutschland mit Recht abgelehnt, weil wir keine Angriffswaffen nach Israel liefern. Das ist so.
- Die U-Boote übrigens - weil Sie das hier einwerfen, Herr Minister - dienen in der Tat der Verteidigung für den Fall eines Angriffs, zum Beispiel mit atomaren Waffen anderer Mächte. Das ist der Punkt, um den es geht. Insofern, bezogen auf die Lieferung von Verteidigungswaffen an Israel, würde ich einen Unterschied machen. Den müssen wir als Deutschland wohl auch machen. Ansonsten bin ich der Meinung, dass wir keine Waffen in Krisengebiete liefern sollten
Ich muss Ihnen eines ganz ehrlich sagen: Mir tut es nicht weh, wenn wir hier unterschiedliche Auffassungen vertreten. Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.
Darüber leidenschaftlich zu streiten, wie wir diesem Wahnsinn ein Ende bereiten - die Waffen werden immer mehr, und wir kriegen jeden Tag Bilder davon, was mit Waffen, auch mit deutschen Waffen, angerichtet wird -, das ist das Motiv für uns zu sagen: Wir gehen auch über das hinaus, worüber wir uns gemeinschaftlich europäisch einigen können, auch wenn wir an dieser Minimaleinigung etwas Gutes finden. Das heißt aber nicht, den anderen zu sagen, was sie tun sollen. Wir sollten aber mit gutem Beispiel vorangehen.
Deswegen finde ich es schade, dass Sie diesem Satz nicht zustimmen mögen. Ich halte ihn für konkret und klar. Wir wären bereit - ich biete das noch einmal an -, den Teil Ihres Antrags, der sich auf den Kodex des Europäischen Rates von 2008 bezieht, zu übernehmen; den finden wir nämlich richtig,
weil er ein Minimalstandard ist, nicht jedoch das, was uns in der vorherigen Praxis in jedem Punkt hilft. Das ist meine Antwort darauf.
Ich habe nur noch eine Feststellung zu machen. Ich gehe also recht in der Annahme, dass Sie den Staat Israel als einzige Ausnahme betrachten, was Krisengebiete betrifft, dass aber beispielsweise ein Staat wie Südkorea nach Ihrer Auffassung keine Rüstungsexportgüter aus Deutschland beziehen können soll. Ist das richtig so?
- Das darf ich doch wohl sagen! Wir haben doch Länder, wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika, die ja auch bestimmte Dinge erfüllen. Ich kritisiere hier gar nicht Südkorea. Aber ich wünschte mir zum Beispiel ein bisschen weniger Säbelrasseln von Herrn Trump und ein bisschen mehr Bemühungen, dass seine Gespräche mit dem komischen Herrn in Pjöngjang zu einem Ergebnis führen. Das wäre nämlich gescheiter, als Waffen nach Südkorea zu liefern.
Egal wie stark wir Südkorea militärisch ausrüsten würden, solange wir die Situation haben, dass Nordkorea über atomare Möglichkeiten verfügt, kann Südkorea ausgestattet werden, so stark es will, es ist aussichtslos.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist durchaus in Ordnung, wenn man sich ein bisschen aufregt; denn das bringt Schwung in die Debatte. Das ist jedenfalls besser, als wenn immer nur Nebengespräche
Die Garantiemacht für Südkorea sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Ich bleibe dabei: Deutschland kann in vielen Dingen mit gutem Beispiel vorangehen. Wir könnten zum Beispiel Weltmeister werden bei der Entwicklungshilfezusammenarbeit; das fände ich ganz prima. Wir könnten uns mehr darum kümmern, etwas gegen den Hunger in der Welt zu tun. Wir könnten mehr dafür tun, dass es fairen Handel gibt und dass etwas gegen Kinderarbeit unternommen wird. Wir könnten mehr dafür tun, dass große Giganten besteuert werden; all das könnten wir tun. Wir müssen aber nicht in alle Teile der Welt unsere Waffen liefern. Dafür sehe ich keine Verpflichtung, auch nicht in solchen Regionen.
Lange Rede kurzer Sinn: Ich hätte mich gefreut, wenn hier die Bereitschaft bestanden hätte, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Wir würden Ihren Teil übernehmen; Sie aber mögen unseren nicht übernehmen. Ich habe das verstanden. Das halten wir aus. Dann machen wir das eben im Wettbewerb. Wir werden gegen Ihren Antrag stimmen und unserem Antrag zustimmen.
Jetzt hat das Wort für den erkrankten Wirtschaftsminister der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fand insbesondere den letzten Beitrag bemerkenswert. Als Regierungsmitglied habe ich gelernt, dass man sich zurückhalten muss. Herr Dr. Stegner, ich finde, Sie haben es sich in der einen oder anderen Antwort auf die Interventionen, insbesondere auf die Intervention des Kollegen Harms, ein bisschen zu einfach gemacht.
Ich darf für die Landesregierung, für den erkrankten Kollegen Dr. Buchholz reden, den Sie sozusagen zum Kronzeugen dieser Debatte machen wollen. Ich bin auch erstaunt darüber, dass es angeblich ein
Interview des Wirtschaftsministers aus SchleswigHolstein gewesen sein soll. Ich hatte eigentlich gedacht, es war die Genehmigung der Rüstungslieferung für Saudi-Arabien durch den Bundessicherheitsrat nach dem Krach in der Großen Koalition.
Aber sei es drum. Ich glaube, wenn man das einmal abschichtet, ist deutlich geworden, dass Rüstungspolitik selbstverständlich ein extrem aufgeheiztes Thema, ein unglaublich sensibles Thema ist. Ich glaube auch, dass es bei aller Leidenschaft Aufgabe von Politik ist, besonders aufgeladene Themen etwas differenzierter zu betrachten, wie das hier viele Rednerinnen und Redner vorher getan haben.
Herr Abgeordneter Vogt, Herr Abgeordneter Harms, Herr Abgeordneter Voß, natürlich geht es um Wertevorstellungen. Es geht um Frieden, es geht um Sicherheit, es geht im Übrigen auch um Völkerrecht.
Herr Dr. Stegner, Sie fordern klare Regeln für Rüstungsexporte. Das ist zunächst etwas Selbstverständliches. Schaut man sich den bestehenden Rahmen für die Genehmigung von Rüstungsexporten an - darauf ist hier mehrfach hingewiesen worden -, erkennt man, dass es viele klare Regeln gibt. Sie selbst erwähnen ja in Ihrem Antrag den Gemeinsamen Standpunkt des Europäischen Rates.
Ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen, das ist keineswegs ein windelweicher Text. Artikel 2 des Gemeinsamen Standpunkts verpflichtet die Mitgliedstaaten unter anderem, eine Ausfuhrgenehmigung immer dann zu verweigern, wenn das Risiko besteht, dass exportierte Rüstungsgüter zur internen Repression genutzt werden, im Endbestimmungsland bewaffnete Konflikte auslösen oder verschärfen würden oder diese bei schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht zum Zwecke der Aggression gegen ein anderes Land oder der gewaltsamen Durchsetzung eines Gebietsanspruchs zum Einsatz kommen. Mit anderen Worten: Es geht um die Einhaltung der Menschenrechte sowie um Konfliktverhinderung oder um Konfliktbeendung. Das sind die Maßstäbe europäischer Rüstungspolitik. Ich finde, das ist nicht windelweich.
Dasselbe gilt im Übrigen - auch das ist mehrfach angesprochen worden - für die Maßstäbe der politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen, beschlossen - auch das wurde erwähnt - im Jahre 2000 von einer damaligen rot-grünen Koalition.
Meine Damen und Herren, richtig ist aber auch, dass es in der deutschen Rüstungspolitik noch an klaren Regeln fehlt. Genau auf diesen Widerspruch hat der Wirtschaftsminister aufmerksam gemacht. Die Grundsätze der Bundesregierung haben nur eine politische Bindung. Auch das deutsche Außenwirtschaftsrecht gibt der Bundesregierung einen erheblichen Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über Rüstungsexporte, und zwar einen politischen Spielraum.
Was Bernd Buchholz gemacht hat, ist nichts anderes, als festzustellen, dass die deutsche Rüstungspolitik vor dem Hintergrund dieser Spielräume dazu führt, dass gemeinschaftliche europäische Projekte erheblich erschwert werden. Das ist eine Tatsache. Das ist derzeit so, und das ausgerechnet von einem Partner, der ansonsten zu Recht auf eine europäisch abgestimmte, völkerrechtskonforme und multilateristische Politik setzt. Ich glaube auch, dass der Wirtschaftsminister ebenfalls recht hat, wenn er klar sagt, wir brauchen eine einheitliche und abgestimmte Linie in Europa, völkerrechtlich glasklar, diskriminierungsfrei, transparent und europäisch konsentiert.
Selbstverständlich ist es auch die Aufgabe eines Wirtschaftsministers - und da spielt im Übrigen die Zugehörigkeit zu einer demokratischen Partei nur eine sehr untergeordnete Rolle, Herr Dr. Stegner, das haben auch Vertreter Ihrer Partei in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht anders gehandhabt -, dass auf industriepolitische Probleme hingewiesen wird; natürlich führt das für deutsche und schleswig-holsteinische Unternehmen - das wurde angesprochen - im Zweifel zu erheblicher Planungsunsicherheit. Aber gerade Planungssicherheit wird benötigt.
Wir haben in Schleswig-Holstein Kernkompetenzen der Rüstungsindustrie. Ich gehe davon aus, dass bestimmte Schlüsseltechnologien weiterentwickelt werden sollen. Es ist ebenfalls eine Tatsache, dass wehrtechnische Unternehmen allein von der Lieferung an die Bundeswehr nicht werden weiter existieren können. Der ehemalige Oberbürgermeister Albig und der heutige SPD-Bürgermeister Kämpfer haben aus meiner Sicht zu Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass im maritimen Sektor die Wehrtechnik über unglaublich viel Erfahrung und Kompetenz verfügt, etwa im U-Boot-Bau oder bei den Korvetten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, über diese maritimen Kernbereiche reicht diese umsatzstarke und vielfältige Branche aber weit hinaus. Natürlich gibt es viele Unternehmen in unserem Land, die ganz oder teilweise Elemente für Schiffe, U-Boote, militärische Fahrzeuge oder Flugzeuge zuliefern. Schleswig-Holsteins Wehrtechnik leistet einen erheblichen Beitrag zur Wertschöpfung, zur Beschäftigung und schafft berufliche Perspektiven. Aber vor allem trägt sie mit den Produkten auch zur Sicherung von Frieden weltweit bei.
Es ist doch richtig, dass nicht nur der Landeswirtschaftsminister, sondern auch Oberbürgermeister übrigens gehören beide Ihrer Partei an - darauf hinweisen, dass der jährliche Wehrtechnikumsatz dieser Unternehmen in Schleswig-Holstein abrechnungstechnisch bedingt sehr stark schwankt, nämlich zwischen 1 Milliarde und 2 Milliarden €. Allein in Kiel sind von den 11.000 Industriearbeitsplätzen gut 4.800 der wehrtechnischen Industrie zuzuordnen, und 50 bis 70 % der hergestellten Produkte gehen in den Export. Es wäre komisch, wenn ein SPD-Oberbürgermeister nicht darauf hinweisen würde.