Meine Verlobte, Gyde Jensen, war gestern zur Mittagspause hier und hat eine ziemlich große Portion aufgetischt bekommen, die sie am liebsten hätte zurückgeben wollen. Ich habe das insofern vermieden, als ich sie mir selbst angeeignet habe, bevor sie im Container gelandet ist.
Jeder einzelne Kauf, jeder einzelne Blick in den Kühlschrank ist auch wichtig, um diesem hehren Ziel etwas näherzukommen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege, auch für Ihren Einsatz. - Das Wort hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Schnurrbusch.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Kein vernünftiger Mensch kann die Verschwendung von Lebensmitteln guthei
ßen. Doch obwohl niemand damit einverstanden sein kann, steigen die Lebensmittelverluste jedes Jahr aufs Neue.
Zunächst möchte ich ausdrücklich die Tafeln hervorheben, die einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten leisten. Sie stehen in ständigem Kontakt mit dem Handel, um noch verzehrfähige Lebensmittel an sozial Schwächere abzugeben. Dafür gebührt den vielen freiwilligen Helfern unser Dank.
Eine aktuelle Studie des Instituts für nachhaltige Ernährung der Fachhochschule Münster verzeichnet für Deutschland einen Lebensmittelverlust von rund 82 kg pro Einwohner, insgesamt rund 18 Millionen t. Auf Schleswig-Holstein übertragen bedeutet das, dass wir fast 1 Million t an Lebensmitteln pro Jahr vernichten. Umgerechnet auf Weizen hieße das, dass wir rund ein Drittel der Ernte nicht nutzen würden. Das können und wollen wir auf Dauer nicht hinnehmen.
Leider gibt es hier im Land nur wenig Initiativen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. Folgt man der aktuellen WWF-Studie, ist Schleswig-Holstein allenfalls Mittelmaß; Vorreiter sind hier Bayern und Nordrhein-Westfalen.
Welche Maßnahmen die Landesregierung gegen die Verschwendung von Lebensmitteln ergreifen will, haben wir sie vor 14 Tagen in einer Kleinen Anfrage gefragt. Leider haben wir bis heute noch keine Antwort darauf, was ich sehr bedauere, denn dann hätte die Debatte noch einen weiteren Aspekt umfassen können.
Das Problem ist komplex: Es gibt nicht nur den einen Verursacher, sondern viele Beteiligte. Damit sind wir auch schon beim Hauptproblem des SPDAntrags, der fast ausschließlich auf den Handel abzielt. Ein Abgabengesetz soll her, das den Handel verpflichtet, genießbare Lebensmittel zu spenden. Das sogenannte Containern soll über Umwege doch wieder legalisiert werden. Auf der letzten Justizministerkonferenz hier in Schleswig-Holstein ist dieser Vorstoß aus Hamburg gescheitert. Nun versucht die SPD, das Thema hier noch einmal aufzuwärmen.
Allerdings fallen im Lebensmitteleinzelhandel nur rund 5 % der Verluste an. Der Handel hat per se ein großes Interesse daran, Lebensmittel zu verkaufen. Jede weggeworfene Gurke, jede Wurst bedeutet einen Verlust, bedeutet fehlenden Umsatz trotz Kosten. Aktuell entwickelt ein Start-up-Unternehmen dynamische Preisschilder für sensible Lebensmittel,
Der viel größere Schaden entsteht jedoch auf den Transportwegen, in den Kantinen und in den Gaststätten sowie mit einem Anteil von etwa 40 % beim Endverbraucher in den Privathaushalten. Obst und Gemüse, das auf den Transportwegen beschädigt wird oder in den Reifehallen nicht schnell genug nachreift, wird vernichtet. Es gelangt gar nicht erst in den Handel, weil es vermeintlich nicht mehr den hohen Normen genügt, die viele Verbraucher heute an Lebensmittel anlegen. Hier sind wir also alle gefragt, unsere Ansprüche nicht ins Vermessene hochzuschrauben, denn oft wird nur jeder zweite Salatkopf geerntet; der Rest wird untergepflügt, weil er den hohen Standards nicht genügt.
Verluste auf den Transportwegen ließen sich etwas eindämmen durch die Stärkung regionaler Vermarktung oder die Direktvermarktung durch unsere Landwirte. In Hotels oder Kantinen müssen heute aufgrund strenger Auflagen und Vorgaben Lebensmittel entsorgt werden, die durchaus noch zum Verzehr geeignet wären. Das gilt es zu beachten, zu respektieren, aber auch im Rahmen des Alternativantrags zu überprüfen.
Es gibt in der Tat eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Lebensmittelverluste zukünftig zu reduzieren. Der Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen ist aus unserer Sicht besser geeignet, diesem komplexen Problem Herr zu werden. Deswegen werden wir ihm zustimmen und lehnen den SPDAntrag ab. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lebensmittelverschwendung fängt nicht beim Container an, sondern auch mit Lockangeboten, die zum Mehrkauf verführen. Rabattschlachten führen dazu, mehr einzukaufen, als man eigentlich wollte. Das ist unter anderem eine Wurzel des Übels. „Drei zum Preis von zwei“ sollte bei verderblichen Lebensmitteln grundsätzlich gesetzlich verboten werden - verderbliche Lebensmittel in Großpackungen übrigens auch, weil damit die Verschwendung programmiert ist.
Lebensmittelverschwendung fängt im Shop der Back-Kette an, der bis Sonnabendabend volle Regale anbietet. Pünktlich um 18 oder 20 Uhr - oder wann auch immer der dahinter gelegene Supermarkt seine Türen fürs Wochenende schließt - wird aus den Kuchen, Brötchen und Broten von einer Sekunde zur nächsten Abfall.
Da kaum eine Tafel am Wochenende Dienst schiebt, werden Woche für Woche ganze Regale in den Container geschoben, weil die Kundinnen und Kunden angeblich bis kurz vor Ladenschluss noch die volle Auswahl erwarten. Das ist natürlich Quatsch, ändert aber an der Praxis vieler Back-Ketten überhaupt nichts. Handwerkliche Bäcker, die es tatsächlich noch gibt, machen da nicht mit.
Lebensmittelverschwendung fängt beim Erzeuger an, wenn keine ausreichenden Lager-, Transportund Verarbeitungskapazitäten vorhanden sind. Bei Erzeugerproblemen, Rabattaktionen und handelsseitigen Angebotsvorgaben sind Erzeuger, Lebensmittelindustrie und der Handel gefordert. Sie müssen gezielt Kante zeigen gegen Lebensmittelverschwendung.
Was tun sie stattdessen? Auf die Verbraucher zeigen, die unvernünftig mit Lebensmitteln umgehen würden. Dabei werden sie bedauerlicherweise von der entsprechenden Ministerin Klöckner unterstützt. Schaut man in den aktuellen Ernährungsreport 2019, dann sucht man die Verantwortlichen für Lebensmittelverschwendung in Industrie und Handel vergeblich. Nur der Verbraucher wird als Verursacher von Lebensmittelverschwendung benannt.
Ich denke aber nicht, dass wir Landwirtschaft, Handel und Industrie aus der Verantwortung entlassen sollten.
(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Würde beispielsweise das Entsorgen von verzehrfähigen Lebensmitteln durch den Handel steuerlich bestraft oder gesetzlich verboten werden, würde es gar nicht mehr zur Lebensmittelverschwendung in dieser Höhe kommen. Das wäre übrigens auch weitgehender als das, was der vorliegende Vorschlag vorsieht, den Handel zur Abgabe verzehrfähiger Lebensmittel zu zwingen. Wir müssen Almo
sensysteme stoppen, in welche die Verschwendung schon eingepreist wird. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen, wie es in dem Antrag an anderer Stelle ja auch gefordert wird, und zwar beim Mindesthaltbarkeitsdatum.
Lebensmittelverschwendung fällt nämlich auch beim Mindesthaltbarkeitsdatum an, das sogar auf unverderbliche Waren wie Zucker, Salz oder Essig aufgedruckt ist. Obwohl viele Lebensmittel noch Tage oder sogar Wochen und zum Teil sogar Monate nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums genießbar sind, wirft nach einer Untersuchung des Ernährungsreports jeder Zwanzigste Lebensmittel weg, wenn sie abgelaufen sind. Junge Menschen übernehmen dieses Verhalten. So wirft jeder zehnte Jugendliche Lebensmittel bei Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums in die Mülltonne.
Ich habe bereits die Tafeln angesprochen. Deren vorbildliches Engagement geht in den meisten Fällen über die reine Verteilung von Lebensmitteln hinaus. Oftmals bieten sie auch soziale Gemeinschaft, Informationen über soziale Leistungen und einfach mal ein Ohr zum Zuhören. Die Tafeln sind aber keineswegs ein Reparaturbetrieb für sozialpolitische Fehlentwicklungen.
Mit Sorge habe ich in den letzten Jahren beobachtet, wie aus einer Einzelfallhilfe inzwischen ein unverzichtbarer Bestandteil der Sozialpolitik geworden ist. Dem steht eine sträfliche Unterfinanzierung der Tafeln gegenüber, die eigentlich auf professionelle Füße gestellt werden sollten. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, dass in dem vorliegenden Antrag gegenüber anderen Vorschlägen, die ich oft gehört habe, keine weiteren Forderungen und Funktionen an die Tafeln gestellt beziehungsweise übertragen werden. Das finde ich unheimlich gut.
Es geht auch um das sogenannte Containern oder um die Lebensmittelrettung, die in der Regel unorganisiert vonstattengeht. Bedauerlicherweise wurde erst vor Kurzem ein Vorstoß Hamburgs zur Legalisierung des Containerns von der Mehrheit der Justizminister abgelehnt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind auch nicht gerade einfach, muss doch für das Containern ein Zugriff auf Grundstücke und Infrastruktur ermöglicht werden.
Okay, dann will ich nur noch sagen: Darum sollten wir die rechtlichen Rahmenbedingungen im Ausschuss deutlich prüfen. - Jo tak.
Vielen Dank, auch für die Disziplin nach Aufforderung. - Jetzt hat zu einem Kurzbeitrag die Abgeordnete Marlies Fritzen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zu zwei Punkten äußern. Zum einen möchte ich auch für meine Fraktion sagen, dass wir dem Containern von der Sache her mit großer Sympathie gegenüberstehen, weil es darauf aufmerksam macht, dass Dinge, die noch gut gebraucht werden können und die einen hohen Wert haben, einfach weggeworfen werden. Insofern, finde ich, haben Sie die richtige Initiative ergriffen. Deshalb ist dieses hier auch als Ursprung für diese Debatte sehr gut geeignet.
Ich möchte mich bei Flemming Meyer ausdrücklich nochmals bedanken für Ihre letzten Worte in Bezug auf die Arbeit der Tafeln und die Frage, ob diese sozusagen unser Gewissen beruhigen dürfen. Das dürfen sie nämlich nicht. Ich bin auch unbedingt der Meinung, dass wir dieses nicht im Rahmen vom Gewähren von Almosen diskutieren dürfen, weil das ein paternalistischer Ansatz ist, der die Würde der Menschen, die davon betroffen sind, in keinster Weise angemessen berücksichtigt.
Ich freue mich auch über den Ursprungsantrag der SPD. Aber - jetzt komme ich zu meinem Aber, weshalb ich mich noch mal gemeldet habe -: Wir haben anders als die JuMiKo in unserem Antrag einen Prüfauftrag für die Straffreistellung oder Nichtstrafbewehrung von Containern gestellt. Hier ist zweimal deutlich angesprochen worden, wie problematisch das ist und dass das nicht einfach mit einem Federstreich gemacht werden kann. Aber wir als grüne Fraktion setzen uns dafür ein. Ich habe auch den Wortbeitrag des Kollegen Dennys Bornhöft so verstanden, dass wir nach Möglichkeiten ringen sollten, dieses zu regeln, damit es nicht strafbar ist und damit diese Lebensmittel nicht weggeworfen werden müssen.