Protocol of the Session on June 21, 2019

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(Lukas Kilian)

uns um die Erhöhung der Kapazitäten. Wir klemmen uns dahinter, dass die Bahn pünktlicher und zuverlässiger wird. Wir sind ständig dabei zu prüfen, ob das Angebot noch besser werden kann.

Leider haben wir in Schleswig-Holstein dafür keine gute Infrastruktur. Am prominentesten sind wohl die Probleme auf der Marschbahn, aber auch in den anderen Netzen ist die Infrastruktur größtenteils einfach alt. Das sieht man auch am Grad der Elektrifizierung der Bahnstrecken in Schleswig-Holstein, denn damit ist es auch nicht allzu üppig bestellt. Wir haben schon mehrfach darüber gesprochen: Wir sind mit 29 % das Schlusslicht. Über die Gründe gibt es verschiedene Theorien, eine haben wir jetzt gehört. Ob die wahr ist, wissen wir nicht, aber Fakt ist: Schleswig-Holstein ist ungenügend elektrifiziert, und das wollen wir gern ändern.

Elektrifizierter Bahnverkehr hat nämlich mehrere Vorteile gegenüber der sogenannten Dieseltraktion. Elektrozüge sind stärker und können schwerere Lasten ziehen. Elektrozüge beschleunigen schneller. Elektrozüge sind verbrauchsärmer, und Elektrozüge sind auch emissionsärmer. Man kann den Bahnverkehr auf zwei Arten elektrifizieren, entweder über Oberleitungen oder über einen Speicher im Zug, also entweder einen Akku oder ein Speichermedium wie zum Beispiel Wasserstoff. Hier schließen wir gerade das Vergabeverfahren zur sogenannten XMU-Beschaffung - also die Beschaffung von 55 emissionslosen Lokomotiven - ab. Das ist ein gewaltiger Schritt in Richtung Umweltschutz und eine tolle Innovation für unser Bundesland.

(Vereinzelter Beifall FDP)

Am liebsten hätten wir natürlich ein paar mehr Oberleitungen über unseren Bahnstrecken. Leider ist der Bau von Oberleitungen zur Stromversorgung sehr teuer. Schleswig-Holstein ist ein finanzschwaches Bundesland. Wir freuen uns deswegen sehr, dass die Bundesregierung das Programm „Bund für Elektrifizierung“ angekündigt hat, und wir würden uns auch über eine baldige Realisierung freuen. Wir bitten deshalb die Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen.

Schleswig-Holstein hat einen sehr geringen Elektrifizierungsgrad. Das haben wir übrigens mit anderen finanzschwachen Bundesländern gemeinsam. Wir rangieren hier hinter Thüringen und Sachsen auf dem letzten Platz. Besonders hoch ist der Elektrifizierungsgrad im wohlhabenden deutschen Südwesten. Also ist gerade in den finanzschwachen Ländern der Ausbau der Elektrifizierung besonders nötig.

Damit wir - natürlich auch Sachsen und Thüringen - von der Bundesförderung profitieren können, muss das Programm richtig ausgestaltet werden. Das darf nicht in bestehende Programme, zum Beispiel in das Bundes-GVFG, einfach eingegliedert werden, denn diese Programme sind größtenteils auf Kofinanzierung ausgelegt. Das heißt, der Bund gibt zwar etwas dazu, wir müssen aber auch etwas dazugeben. Das könnten wir uns schlicht nicht leisten.

Maßnahmen zur Emissions- und Kostensenkung, Maßnahmen zur Strukturverbesserung dürfen nicht an der Finanzkraft der betroffenen Länder scheitern. Was wäre das denn für eine Hilfe, die sich gerade die Bedürftigen nicht leisten können?

(Beifall FDP, Hartmut Hamerich [CDU], Lu- kas Kilian [CDU] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir möchten, dass das Programm „Bund für Elektrifizierung“ direkte Förderungen vergibt, die nicht von bestehenden Finanzhilfen abhängig gemacht werden und unmittelbar der Verbesserung des Schienenregionalverkehrs dienen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mobilität ist persönliche Freiheit. Wir alle hier wollen den Menschen den Traum von der Mobilität erhalten, den Bahnverkehr für Bürgerinnen und Bürger sicherer und komfortabler machen, und wir alle wollen die Beeinträchtigung der Umwelt möglichst eliminieren.

Wenn wir von den Hilfen des Bundes profitieren wollen - das wollen wir -, dann darf das Geld nicht an Kofinanzierung gebunden sein. Lassen Sie uns daher gemeinsam die Regierung beauftragen, für die zügige Umsetzung des Programms „Bund für Elektrifizierung“ und dafür zu werben, dass die Bedingungen so ausgestaltet werden, dass wir daran partizipieren können.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP] und Jörg Hansen [FDP])

Stimmen Sie dem Antrag zu. Ich habe wahrgenommen, dass Sie alle auch in Ihrem privaten Umfeld und über private Kontakte dafür werben wollen. Ich glaube, das ist es wert. Das Ergebnis wird hoffentlich sein, dass wir die Elektrifizierung hier entscheidend voranbringen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Kay Richert)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit einem Milliardenprogramm will der Bund die Elektrifizierung des Schienenverkehrs voranbringen. Die Prioritäten sind dabei die Elektrifizierung überregional wichtiger Hauptstrecken, von regionalen Personennahverkehrsstrecken, ein neues Ausbauprogramm zur elektrischen Güterbahn und ein Förderprogramm für Züge mit alternativen Antrieben. Angestrebt wird ein Elektrifizierungsgrad von bundesweit 70 statt bisher 60 %. Vor allem die Förderung von Strecken des regionalen Personennahverkehrs ist natürlich voll und ganz im Sinne Schleswig-Holsteins, weshalb auch die AfD-Fraktion den vorliegenden Antrag unterstützt.

Gewundert haben wir uns etwas über die Anspruchshaltung, mit der der Antrag daherkommt, denn eine Einbindung der neuen Förderung in bestehende Förderprogramme wie zum Beispiel das GVFG, also das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, wird darin pauschal abgelehnt. Die Fortführung der Finanzierung nach dem GVFG ohne weitere Befristung über das Jahr 2019 hinaus ist aus unserer Sicht als großer Erfolg anzusehen. Deshalb halten wir es für fragwürdig, wenn diese Finanzierungsvarianten in dem vorliegenden Antrag in den Verdacht einer Förderung zweiter Klasse geraten.

Gerade die besonderen Programme für den Bau und Ausbau schienengebundener Verkehrswege des ÖPNV in Verdichtungsräumen werden für Verkehrsunternehmen und Kommunen auch in Zukunft eine hohe Bedeutung haben. Darauf wies gerade eine Studie im gemeinsamen Auftrag der Bundesländer, des Deutschen Städtetages und des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen hin.

Trotz der zu erwartenden neuen Förderung ist die Gesamtsituation des Schienenverkehrs in Schleswig-Holstein nach wie vor nicht zufriedenstellend. Abgesehen von der niedrigen Quote der Elektrifizierung ist das Hauptproblem des Bahnverkehrs im Vergleich zu anderen Bundesländern die fehlende Qualität der täglich zu erbringenden Dienstleistungen, besonders im regionalen Bereich. Die Quote der unpünktlichen Züge ist deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Seit dem Jahr 2016 reduzierte sich die Pünktlichkeitsquote des Nahverkehrs im Norden von 91 % auf 84,5 %. Neben technisch mangelhaften Zügen sind die erheblichen Engpässe

im Fachpersonal hier unverändert die Hauptursachen für eine geringe Akzeptanz des ÖPNV.

Solange aber die Qualität des bestehenden Angebots im Nahverkehr nicht verbessert wird, werden auch die Fördermaßnahmen nicht voll greifen können. In dieser Woche wurde in den Ausschüssen die Bestellung von 55 neuen Schienenfahrzeugen diskutiert. Wir haben dieser Entscheidung zugestimmt - aus voller Überzeugung. Wir glauben und hoffen, dass die Anschaffung neuer Fahrzeuge dazu beitragen wird, Verspätungen und Ausfälle zu vermeiden.

Aber auch diese batterieelektrisch betriebenen Züge brauchen Strom, um ihre Akkus aufzuladen. Dazu müssen zusätzliche Ladestationen gebaut werden ein enormer zusätzlicher Aufwand, der nicht anfallen würde, wenn die Elektrifizierung hier im Land schon weiter vorangeschritten wäre.

Der Ausbau von Oberleitungen ist für unser Land eine essenzielle Notwendigkeit, ein längst überfälliger Anschluss an eine moderne Infrastruktur, und deswegen können wir dem Antrag der regierungstragenden Fraktionen zustimmen. - Danke.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit einem Elektrifizierungsgrad von 60 % liegt Deutschland zwar über dem EU-Durchschnitt - der liegt bei 54 % -, aber andere Länder machen uns vor, wie es besser geht. Wie schon vom Kollegen Kilian gesagt, ist die Schweiz mit einem Elektrifizierungsgrad von 100 % der Spitzenreiter, gefolgt von Belgien, den Niederlanden, Schweden, Österreich und Italien mit einem Anteil zwischen 71 % und 86 %. Das heißt, diese Länder haben bereits sehr früh Maßnahmen ergriffen, um ihren Schienenverkehr umweltschonend auszubauen.

Die GroKo in Berlin will dieses Problem nun angehen und ihren Koalitionsvertrag entsprechend umsetzen. Dort ist festgeschrieben, dass das Schienennetz bis 2025 zu 70 % elektrifiziert sein soll - ein ambitioniertes Ziel, wie ich meine, aber es ist wohl machbar. Vor allem ist es aus Sicht des Umweltund Klimaschutzes notwendig, diesen Schritt endlich anzugehen, damit wir vom Diesel wegkommen.

Das Programm der Bundesregierung basiert auf vier Säulen. Die erste Säule ist das zentrale Instrument für die Elektrifizierung der überregionalen Strecken. Allein die darin vorgesehenen Aus- und Neubaumaßnahmen des Bedarfs können die Elektrifizierungsquote bis auf 67 % anwachsen lassen. Die dritte Säule ist das Ausbauprogramm für die elektrische Güterbahn. Damit wird das Ziel des Lückenschlusses von nicht elektrifizierten Strecken angestrebt sowie die Schaffung von Ausweichstrecken. Mit der vierten Säule soll eine technologieoffene Förderung für alternative Antriebsformen erreicht werden.

Nun zur zweiten Säule, um die es in dem vorliegenden Antrag geht, die GVFG-Mittel. Mit der zweiten Säule ist vorgesehen, regionale Strecken zu finanzieren sowie die Elektrifizierung auf bisher nicht förderfähige Strecken auszudehnen.

Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel sollen über das GVFG an die Länder verteilt werden, und damit wären wir bei dem vorliegenden Antrag. Es ist zwar noch nicht endgültig entschieden, aber sollte so verfahren werden, dann bedeutet das, dass ab 2021 1 Milliarde € pro Jahr für die Elektrifizierung der regionalen Schienenstrecken zur Verfügung gestellt wird, also ein durchaus verlockendes Förderprogramm vonseiten des Bundes.

Die Kopplung der Fördermittel an die GVFG-Mittel bedeutet aber, dass die Länder eine entsprechende Kofinanzierung stemmen müssen. Darin liegt das Problem.

Im Bundesvergleich hat Schleswig-Holstein mit 29 % den geringsten Anteil elektrifizierter Schienenstrecken. Bei uns ist der Bedarf, etwas für die Elektrifizierung zu tun, höher als in anderen Ländern, was zur Folge hat, dass wir insgesamt mehr Landesmittel aufbringen müssen als die Länder, die hier schon weiter sind. Aus Sicht des SSW kann dies so nicht gewollt sein. Wenn der Bund seine Elektrifizierungspläne insgesamt voranbringen will, sollte dies unabhängig von den GVFG-Mitteln passieren.

Wie es jetzt vorgesehen ist, wird das dazu führen, dass gerade die finanzschwächeren Länder Probleme bekommen, die Elektrifizierung der Schienenstrecken voranzubringen. Es wird, wie im Antrag beschrieben, dazu führen, dass es zu Verzögerungen oder Verhinderungen kommt. Wir haben in Schleswig-Holstein den Bedarf, unsere Strecken zu elektrifizieren oder mit innovativen Antriebsformen auszustatten, und wir haben auch den Strom, um die Strecken beziehungsweise die Triebwagen zu ver

sorgen. Allein die notwendigen Kofinanzierungsmittel machen es schwer, hier zusätzlich etwas zu bewegen.

Wir haben gerade in dieser Woche im Wirtschaftsund im Finanzausschuss beschlossen, dass wir künftig in den Netzen Nord und Ost neue Triebwagen mit innovativem Antrieb fahren lassen wollen. Das heißt, wir bewegen heute schon etwas im Bereich der Elektrifizierung. Gerade was die innovativen Antriebsformen angeht, sehe ich großes Potenzial für Schleswig-Holstein, insbesondere an der Westküste. Wir brauchen uns nichts vorzumachen: Oberleitungen auf der Marschbahnstrecke sind schwer durchgängig machbar, wenn doch, dann nur mit einem gewaltigen und nicht im Verhältnis stehenden Aufwand. Daher plädieren wir dafür, genau zu schauen, wo der Einsatz innovativer Antriebsformen - beispielsweise auch mit Wasserstoff - wesentlich sinnvoller ist. Aus diesem Grund wäre es zielführender, wenn der Bund ein Komplettprogramm auf die Beine stellen würde - ohne Kofinanzierung -, um es dann den Ländern zu überlassen, wie sie ihre Strecken elektrifizieren wollen. - Jo tak.

(Beifall SSW und FDP)

Ich erteile das Wort für die Landesregierung dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich über die Einmütigkeit bei diesem Thema und bedanke mich für die Rückendeckung aller Fraktion bei dem Versuch, die Elektrifizierung für die Schienenstrecken im Land in Schleswig-Holstein voranzutreiben. Wir haben Nachholbedarf. Wir sind mit 29 % das am schlechtesten elektrifizierte Bundesland. Das ist gesagt worden. Wenn wir das im Bund angestrebte Ziel von 70 % Elektrifizierung erreichen wollten, müssten 500 zusätzliche Streckenkilometer unter Oberleitung gepackt werden. Wer weiß, dass jeder Kilometer ungefähr 1 Million € kostet, weiß, dass das ein 500-Millionen-€-Paket wäre, das in diesem Land zu realisieren wäre.

Genau da liegt eben der Hase im Pfeffer. Obwohl das Finanzierungsmodell für uns zurzeit nicht passend ist - dazu komme ich gleich -, haben wir als Landesregierung in Berlin Strecken wie Kiel-Lübeck, Westerland-Itzehoe, aber auch Neumünster

(Flemming Meyer)

Oldesloe angemeldet. Wir haben immerhin schon einmal 300 km in die Pipeline gegeben, um zu sagen: Die wollen wir unbedingt elektrifiziert haben.

Das Problem - das hat Flemming Meyer eben gerade zu Recht skizziert - liegt in der Art der Finanzierung. Der Bund erklärt, er wolle ein freundliches Programm machen: Bund für Elektrifizierung. Hier im Haus wird auch immer von Kofinanzierung gesprochen. Ich möchte Ihnen einmal skizzieren, was es bedeutet, wenn wir das nach dem Bundes-GVFG finanzieren müssten.

Nach dem Bundes-GVFG ist folgende Finanzierungssystematik vorhanden: Die Planungskosten müssen die Länder komplett allein tragen. Die Planungskosten betragen ungefähr - das wissen wir bei der Deutschen Bahn - 19 bis 20 % der Gesamtkosten. Von der Realisierung müssen 40 % der Baumaßnahmen von den Ländern getragen werden. Die überschießenden Kosten, falls es teurer wird, müssen komplett allein von den Ländern getragen werden.

Was bedeutet das für 100 Millionen €, also 100 km Ausbau? - Das Land muss vorab 20 Millionen € tragen. Von den restlichen 80 Millionen € - 40 % von 80 Millionen € - sind es 32 Millionen €, die das Land tragen müsste. Das macht nach Adam Riese schon 52 Millionen € von 100 Millionen €. Kommt es zu überschießenden Kosten, reden wir noch einmal von 8 Millionen € bis 10 Millionen €, die oben draufkommen. Anders ausgedrückt: Dieses Bundesprogramm besagt: Mindestens 52 % bis 60 % müssen die Länder tragen, und der Rest kommt vom Bund.

Ich kritisiere deshalb Folgendes: Das ist ein Programm, das diejenigen in Anspruch nehmen werden, die finanzstark genug sind, das aus Landesmitteln zu machen. Das werden unsere bayrischen und unsere baden-württembergischen Kollegen sein, die heute schon 500 km für das nächste Jahr angemeldet haben. Wir müssten 150 Millionen € stemmen, die wir schlicht und ergreifend nicht haben.

Deshalb müssen wir dafür sorgen - ich bedanke mich für die Unterstützung -, dass über Bundestag und Bundesrat klargemacht wird, dass dieses Förderprogramm, gibt es kein eigenständiges Förderprogramm für die Elektrifizierung, an SchleswigHolstein vollständig vorbeirollen würde. Das können wir nicht. Das wollen wir nicht. Deshalb bedanke ich mich herzlich für die Unterstützung. Wir werden über den Bundesrat und alle unsere Möglichkeiten dafür sorgen, dass es zu einem eigenständigen Förderprogramm kommt.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Doris Fürstin von Sayn-Witt- genstein [fraktionslos])