Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Seit etwa zehn Jahren bezieht der Landtag eine eindeutige Position gegen CCS auf dem Festland, in der Zwölfseemeilen-Zone und in der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Die rechtliche Lage dabei ist klar: Landespolitisch können wir sowohl das Festland als auch die Zwölfseemeilenzone definieren und könnten CCS ermöglichen oder verhindern.
Die AWZ allerdings ist nicht Teil der landespolitischen Verfügung. Daniel Günther hat nun angeregt, diese Position – allerdings im Hinblick auf die AWZ – erneut in den Blick zu nehmen, im Hinblick auf Restemissionen erneut zu diskutieren und gegebenenfalls zu verändern. Ich sage einmal so: Als grüner Fraktionsvorsitzender hat man, wenn man erfährt, dass der Koalitionspartner CCS in der Nordsee befürworten möchte, im Wesentlichen zwei Optionen. Die erste Option ist, in Empörung zu verfallen und mit der Partei gemeinsam eine
sich dieser komplexen Diskussion zu stellen und die Argumente abzuwägen. Meine Fraktion und ich sind davon überzeugt, dass es richtig ist, den zweiten Weg zu wählen.
Aber verstehen Sie diese Bereitschaft nicht falsch als ein verfrühtes oder ein aus der Situation geborenes Befürworten von CCS,
sondern als Teil einer Debatte. Wir sehen die möglichen Risiken durch die technologischen Eingriffe in die Nordsee. Auch wenn das GEOMAR die Risiken von Leckagen an den von ihnen untersuchten Standorten als gering einschätzt, können die Folgen schwerwiegend sein. Eine Versauerung der Meere etwa würde die Ökosysteme der Nordsee stark beschädigen. Das hätte Artensterben zur Folge.
Zu Beginn dieses Dilemmas steht die Erkenntnis, dass wir weltweit auf einem Pfad in die Klimakatastrophe sind und dass viele Bereiche heute weit davon entfernt sind, klimaneutral zu werden oder so dekarbonisiert zu sein, wie sie es eigentlich sein müssten. Darum müssen wir alle Kraft darauf verwenden, die Treibhausgasemissionen zu verhindern und zu vermeiden.
Trotz all dieser Anstrengungen wird es einige wenige Bereiche geben, die kaum klimaneutral werden können. Hier müssen wir selbstverständlich die natürlichen CO2-Senken in den Blick nehmen – die Moore, die Wälder – und schauen, wie sie wirken. Hier müssen wir Carbon Capture and Utilization in den Blick nehmen und daraus Kohlenstoffdioxidkreisläufe schaffen.
Und doch wird das alles vermutlich nicht ausreichen. Dann stellt sich die Frage – das ist die Frage, die sich auch der SSW stellen muss –, ob wir das CO2 in der Atmosphäre deponieren oder ob wir das CO2 woanders deponieren und wie lange wir dazu bereit sind.
Mit Blick auf die Zeit möchte ich Folgendes sagen: Die SPD sagt – ich habe es in der Zeitung gelesen –, das sei eine Debatte für in 20 Jahren. Ich weiß, dass die SPD 2045 klimaneutral werden möchte. Wir als Koalition sagen 2040. Wenn Sie die Debatte erst 2043 beginnen wollen, dann ist es schlichtweg zu spät.
Auch logisch ergibt es gar keinen Sinn: Wenn wir in CO2-Budgets denken, können wir doch nicht immer weiter Richtung Wand fahren, sondern müssen uns jetzt darüber Gedanken machen, wie wir auch die schwer vermeidbaren Emissionen verbringen können. Ich sehe doch vor mir, wie Sie, Herr Thomas Losse-Müller, in 20 Jahren als Oppositionsführer hier stehen und sagen: Warum hat man sich darum nicht gekümmert? Die Lösung muss so groß sein wie das Problem! Man hätte es viel früher angehen müssen!
Das ist doch absurd! Wir müssen uns doch jetzt mit den Herausforderungen auseinandersetzen. Die Klimakrise ist längst jenseits einer Situation, in der man sagen könnte: Wir können uns morgen darum kümmern. Deswegen ist es klar, dass CCS, egal wo, kein Weiter so bedeuten darf. Dabei unterscheidet sich die Debatte heute von der vor zehn Jahren, wo es nur darum ging, die Kohleindustrie weiterlaufen zu lassen.
Trotzdem ist die CCS-Technologie nicht dazu geeignet, Alltagsbereiche wie etwa den Verkehr klimaneutral zu stellen, weil es gar nicht funktioniert, all das aus der Luft zu ziehen.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal den Oppositionsführer zitieren. Da heißt es bei dpa, Sie sagten, die Regierung traue sich nicht, große Probleme zu lösen und habe Angst vor Konflikten. Ich kann Ihnen sagen: Das Gegenteil ist der Fall.
Die ganze Debatte dreht sich doch darum, dass wir große Probleme lösen wollen und dass wir bereit sind, dafür Konflikte einzugehen. Deswegen ist es angemessen, jetzt miteinander in einer Expertinnenund Expertenanhörung ins Gespräch zu kommen und die Argumente abzuwägen – für den Umweltschutz, für den Klimaschutz und in allen Dilemmata dazwischen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Petersdotter! Ich will ganz ehrlich sagen: Ich weiß, wie konfliktfähig Sie in den letzten Tagen sein mussten. Man kann Ihnen die Schmerzen ansehen.
Liest man nur den Text Ihres Antrags, dann muss man sagen: Ja, dem, was Sie da aufgeschrieben haben, kann man zustimmen.
Es gibt einen relativ klaren Grund. Der Unterschied zwischen dem, was Sie da aufgeschrieben haben, und dem, was der Ministerpräsident und die CDU meinen, ist riesig. Absolut riesig!
Sie gehen in jedes Hinterzimmer, in jeden Gasthof und sagen, dass CCS eine Lösung ist und man deswegen gar nicht so viel machen muss.
(Tobias Koch [CDU]: Oh! Das ist ja unglaub- lich! – Uta Wentzel [CDU]: Ich fasse es nicht! – Weitere Zurufe CDU)
Und weil Sie das bei Ihrem Partner hier nicht durchbekommen, reduzieren Sie es dann auf die Punkte, die absoluter Konsens sind. Ja, natürlich müssen wir Carbon im Zementwerk abscheiden, um ihn als Input für die chemische Industrie zu haben.
CCU, absolut. Das ist doch hier nicht das Thema. Ja, man darf auch daran forschen. Ja, es wird Restmengen geben, die man irgendwann unterbringen muss.
Wir kennen doch die Position Ihrer CDU, die Sie in Berlin gerade formulieren. Sie wollen an die großen Probleme nicht ran.