Protokoll der Sitzung vom 27.01.2023

Zum Punkt Finanzierung am Anfang des Jahres, den Sie angesprochen haben – wenn ich den Gedanken noch zu Ende führen darf –: Es ist völlig richtig, dass wir immer wieder die Herausforderung haben, dass die Bescheide rechtzeitig ankommen. Ich habe eben nochmal nachgefragt, wann die Zuwendungsbescheide für die Frauenhäuser und für die Frauenberatungsstellen angekommen sind. In dieser Woche haben wir zehn Frauenhäuser und alle Frauenberatungsstellen bescheinigt. Natürlich ist es ein Problem für die Frauenberatungsstellen, aber auch für die Frauenhäuser, wenn die Finanzierung nicht zum 1. Januar des Jahres steht.

Das ist ein Problem, das seit Jahren besteht. Es wäre deshalb sehr sinnvoll, wenn wir hier im Parlament über die Frage diskutieren würden, wie wir das mit der Haushaltsführung hinbekommen. In normalen Haushaltsjahren haben wir die Struktur so, dass der Haushalt meistens im Dezember beschlossen wird und die Bescheide dann erst relativ spät rübergehen können. Um dort eine Planungssicherheit auch für die Frauenfacheinrichtungen und für die Frauenhäuser hinzubekommen, müssen wir genau über diese Frage diskutieren. Gerade in Jahren, in denen eine Wahl stattgefunden hat und wir einen verspäteten Haushaltsbeschluss haben, wird es noch schwieriger. Das macht es sehr anspruchsvoll. Ich glaube auch, dass wir die Einrichtungen nicht alleinlassen dürfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Frau Ministerin, erlauben Sie eine Frage von Frau Krämer?

Ja.

Frau Touré, ich belehre Sie ungern, aber das hat nichts mit der vorläufigen Haushaltsführung zu tun, denn auch in der vorläufigen Haushaltsführung dürfen – das haben wir im Finanzausschuss explizit besprochen – die laufenden Verpflichtungen weiter beglichen werden. Das ist völlig unabhängig und wurde uns so von der Finanzministerin so zugesichert.

(Beifall FDP und SSW)

Sie haben das Haus jetzt erst übernommen. Das war auch vorher woanders nicht anders.

Es ist gang und gäbe. Das sollten wir in der Zukunft abstellen, damit wir es schaffen, dass die Januargehälter gezahlt werden.

Ich habe auch nicht gesagt, dass die Frauenhäuser ehrenamtlich geführt werden, da haben Sie mich falsch verstanden. Ich habe gesagt: Es gibt Fördervereine, die einspringen, wenn das Land seinen Zahlungszusagen nicht fristgerecht nachkommt.

Okay, dann habe ich Sie jetzt richtig verstanden. Ich teile das absolut, was Sie sagen. Ich glaube, dass wir es bei der Frage in der Zukunft hinbekommen müssen, dass es da keine Lücke gibt. Diese Herausforderung haben uns die Frauenhäuser immer wieder genannt. Wir nehmen das auf jeden Fall mit, wie man das rechtzeitiger hinbekommen kann. Das ist die Rückmeldung, die ich bekommen habe, dass es im Verwaltungsablauf an dieser Stelle immer wieder Herausforderungen gibt. Wir werden uns anschauen, wie wir das verbessern können, weil wir alle das gleiche Ziel verfolgen, dass es ab dem 1. Januar keine Lücken gibt in der Ausschüttung der Mittel, die vor allem über das FAG sichergestellt und bereitgestellt sind.

Die FDP macht in ihrem Antrag sehr gute finanzielle Vorschläge, die aber leider für den Haushalt 2023 nicht mehr umsetzbar sind, für den Haushalt 2024 aber schon.

(Serpil Midyatli [SPD]: Oh!)

Auch das liegt unter anderem am FAG-Gesetz, weil wir da über die Frage von Strukturierung sprechen wollen. Ich finde es total richtig, über diese Fragen zu diskutieren und auch über die zusätzlichen Landesmittel zu sprechen, inwiefern wir diese überführen können. Von daher wäre es sinnvoll, diese beiden Aspekte zu berücksichtigen. Ich glaube, dazu gibt es unter den frauenpolitischen Sprecherinnen kaum einen Dissens.

Nochmal: Ich finde es gut, dass wir immer wieder gemeinsam darüber sprechen, wie wir Frauenhausfinanzierung noch besser unterstützen können. Der Aufenthalt in einem Frauenhaus ist in SchleswigHolstein für hilfesuchende Frauen kostenfrei. Dies würde sich aber ändern, wenn wir von der Pauschalfinanzierung abweichen wollen. Seit 2022 stehen im Finanzausgleichsgesetz über 8 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Summe wird aktuell jährlich um 2,5 Prozent dynamisiert, sodass in diesem Jahr bereits 8,4 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Ich bin der Überzeugung, dass eine bundeseinheitliche Finanzierung wichtig ist. Das ist auch der Aspekt, der sich in beiden Anträgen wiederfindet. Aber ich bin ebenso der Überzeugung, dass sich unsere guten Strukturen dadurch nicht verschlechtern dürfen. Das stellt der gemeinsame Antrag von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW sicher.

Ziel muss also sein, eine sinnvolle Lösung für die Frauenfachfinanzierung und Frauenhausfinanzierung in Deutschland zu entwickeln, ohne unsere guten Strukturen in Schleswig-Holstein zu schwächen. Andere Bundesländer könnten in der Theorie unsere Struktur schlichtweg übernehmen, wenn man ehrlich ist. Schließlich nennt die Bedarfsanalyse unsere Strukturen „ein im bundesweiten Vergleich vorbildliches Finanzierungsmodell, welches eine sozialleistungs- und einzelfallunabhängige Finanzierung in den Frauenhäusern gewährleistet“.

Als Ministerium sind wir am Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ von Bundesfamilien- und -frauenministerin Lisa Paus beteiligt. In den entsprechenden Arbeitsgruppen zur weiteren Entwicklung und Ausgestaltung der Regelungen und der Finanzierung wirken wir mit. Natürlich werden und wollen wir unsere Expertise und unsere Erfahrungen in den Prozess einbringen und bestmöglich mitgestalten.

Der Wohnort darf nicht bestimmen, ob eine Frau und ihre Kinder Schutz in einem Frauenhaus finden. Deshalb braucht es eine bundeseinheitliche Finanzierungsstruktur. Wenn die Finanzierungsstruktur nicht auf Bundesebene gesetzlich verankert werden kann, dann ist es am Ende des Tages Aufgabe der einzelnen Bundesländer, einheitliche Finanzierungsstrukturen aufzubauen. Davon bin ich überzeugt.

Auch in Schleswig-Holstein müssen wir die Debatte um die Frauenhausfinanzierung weiterführen und über die Ausweitung der Zahl der Plätze diskutieren und gemeinsam als Parlament und Regierung für eine ausreichende Finanzierung sorgen. Auf Bundesebene werde ich mich konstruktiv in die Debatte zu diesem Thema einbringen, und zwar so, dass die schleswig-holsteinische Perspektive immer im Fokus ist. Die Punkte, die Sie in den Anträgen vorgeschlagen haben, habe ich dabei im Gepäck. – Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

(Ministerin Aminata Touré)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich glaube, es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden? – Richtig. Also, kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 20/625, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, der SSW und die FDP. – Gegenstimmen? – Das sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse dann über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW, Drucksache 20/593 (neu), abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 A auf:

Kein CCS in Schleswig-Holstein und deutschen Küstengewässern in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)

Antrag der Fraktionen von SSW und SPD Drucksache 20/615 (neu)

Wissenschaftliche Erkenntnisse zu CCS berücksichtigen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 20/632

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Für den SSW hat der Abgeordnete Dirschauer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade einmal sieben Monate her, dass der Landtag hier seine ablehnende Haltung gegenüber der Nutzung der CCS-Technologie in einem interfraktionellen Antrag klar zum Ausdruck gebracht hat – und dann auch noch einstimmig.

(Beifall SSW und SPD)

Darüber hinaus spricht sich der Antrag ganz bewusst und ausdrücklich auch gegen CCS in den deutschen Küstengewässern der AWZ aus.

Was seitdem passiert ist, kann man wohl nur als irgendwie schräg bezeichnen. Mittlerweile konnten wir den Medien mehrfach entnehmen, dass sich verschiedene Kabinettsmitglieder wohl nicht an diesen Beschluss gebunden fühlen.

(Lars Harms [SSW]: Tz, tz tz!)

Da stellen wir uns die Frage: Ist das vielleicht das bewährte Modell der Salamitaktik, mit dem wir es da zu tun haben? Das Wirtschaftsministerium stimmt auf der Wirtschaftsministerkonferenz für CCS, und der Wirtschaftsminister sagt: Ich war ja gar nicht da, ich habe ja gar nicht die Hand gehoben. – Pontius Pilatus, ich wasche meine Hände in Unschuld.

(Beifall Sybilla Nitsch [SSW])

Im September darüber hinaus Karin Prien, die Denkverbote ausschließen will und ganz offensichtlich vergisst, dass sie ja selbst auch Abgeordnete dieses Parlaments ist und den Beschluss mitgetragen hat.

(Zurufe: Oh! Oha!)

Und der Wirtschaftsminister in seiner weiteren Begründung im Ausschuss: Ja, es ist irgendwie doof gelaufen, aber – ich will es mal umgangssprachlich sagen – CCS ist doch irgendwie sexy.

(Thomas Hölck [SPD]: Wat?)

Und zu guter Letzt die Aussagen des Ministerpräsidenten: Die Reduzierung des Eintrages von Treibhausgasen sollte unideologisch geprüft werden. Dies gelte für Kernenergie genauso wie für CCS,

(Vereinzelter Beifall CDU – Rasmus Vöge [CDU]: Sehr gut!)

und daher wolle Ministerpräsident Günther das Thema CCS mit Pragmatismus und Offenheit für Schleswig-Holstein prüfen. – So war es dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag in der letzten Woche zu entnehmen.

Mit solchen Aussagen werden der Parlamentsbeschluss untergraben und die Bürgerinnen und Bürger verunsichert, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das geht so nicht!

(Beifall SSW und SPD – Zuruf Lars Harms [SSW])

Und was legen uns die regierungstragenden Fraktionen heute als Alternative zu unserem klaren Bekenntnis gegen CCS vor? – Ein „ja, aber“, so kann man es vielleicht nennen: Ganz viel Prosa im Antrag, um sich möglichst alle Hintertürchen offenzu

halten. Ein klares Bekenntnis, Herr Ministerpräsident, ist an der Stelle etwas anderes. Das richtet sich natürlich insbesondere auch an die antragstellenden Fraktionen. Auch das Handeln der Union auf Bundesebene zeigt, wohin der Weg eigentlich gehen soll. Dort versuchen Sie, den Weg für CCS auch an Land aufzumachen: Hört, hört!

(Lars Harms [SSW]: Ja!)