Protokoll der Sitzung vom 22.09.2023

(Annabell Krämer [FDP]: Sehr gut!)

die Anhebung der GWG-Grenze auf 1.000 Euro,

(Annabell Krämer [FDP]: Sehr gut!)

die Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung,

(Annabell Krämer [FDP]: Sehr gut!)

und die Investitionsprämie für Klimaschutz und Transformation. Diese Punkte sind richtig, keine Frage.

Auch Maßnahmen wie die Freigrenze bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von

(Annabell Krämer)

1.000 Euro sind nett und gut, es ist allerdings die Frage, was das mit Wachstumschancen zu tun hat.

Aber leider ist das Wachstumschancengesetz, wenn man genau hinschaut, teilweise auch ein Bürokratieaufbaugesetz. Gerade bei der Investitionsförderung für Transformation und Klimaschutz wird das deutlich. Denn es bedarf erst einmal eines Einsparkonzepts, das ein Energieaudit nach einer bestimmten DIN-Norm erfüllen muss, und es muss geltende Unionsnormen übertreffen oder bereits angenommene, aber nicht in Kraft getretene Unionsnormen erfüllen. Mein Kollege Oliver Brandt und ich waren letztens in Damp bei der Deutschen Steuergewerkschaft. Der Bundesvorsitzende der Steuergewerkschaft hat bestätigt, dass das Wachstumschancengesetz in dem Bereich eher zum Bürokratieaufbau führt.

Zum ganzen Überfluss kommt aus einem FDPMinisterium auch die Pflicht zur Mitteilung von innerstaatlicher Steuergestaltung. Grenzüberschreitende Steuergestaltung haben wir schon, jetzt soll auch die innerstaatliche Steuergestaltung ausgebaut werden. Auch das ist Bürokratieaufbau pur.

Herr Abgeordneter Plambeck, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte fortfahren.

Notwendig sind vielmehr schnellstmögliche Maßnahmen, um Bürokratie abzubauen, so wie der Minister das eben auch gesagt hat, und zwar für die Wirtschaft und für die Verwaltung. Denn Bürokratie lähmt nachweislich wirtschaftliches Handeln, stellt einen Wettbewerbsnachteil dar und belastet die Wirtschaft sowie die öffentliche Hand.

Deswegen fordern wir die Landesregierung in unserem Antrag auf, sich dafür einzusetzen, dass keine zusätzlichen bürokratischen Belastungen entstehen, dass die steuerlichen Entlastungen zielgenau und nachhaltig wirken und der Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität definitiv beschleunigt wird.

Insbesondere sollte die grundsätzlich sinnvolle Investitionsprämie direkt mit dem Bund und digital abgewickelt werden; denn Bürokratieabbau ist im Moment die Maßnahme dieser Zeit, die man unbedingt benötigt.

(Beifall CDU und Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf An- nabell Krämer [FDP])

Derzeit sieht der Gesetzentwurf in seiner Jahreswirkung Steuermindereinnahmen von über 7 Milliar den Euro vor, wovon weit über 60 Prozent Länder und Kommunen bezahlen sollen. Das geht so nicht, und darüber muss in Berlin noch gesprochen werden.

(Annabell Krämer [FDP]: Bingo!)

Vieles ist noch unausgegoren. Deswegen schlage ich vor, dass die FDP in ihrem Bundesministerium beim Thema Bürokratieabbau und der Finanzverteilung in dem Gesetz noch einmal nachbessert. – Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Oliver Brandt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Bericht über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zeigt, dass wir uns auf den Weg gemacht haben und die ersten wichtigen Schritte gegangen sind, um gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in SchleswigHolstein zu schaffen und unsere Infrastruktur zu modernisieren.

Zwei Beispiele möchte ich kurz herausgreifen. Das meiste hat der Minister schon genannt. Mit der bevorstehenden Ansiedlung von Northvolt werden wir in den kommenden Jahren an der Westküste einen bedeutenden Schritt nach vorn machen, der zahlreiche neue qualifizierte Arbeitsplätze schaffen wird.

(Beate Raudies [SPD]: Ja, wenn die da hin- kommen!)

Mit dem Welcome Center wird ein geeignetes Instrument geschaffen, um Unternehmen bei der Gewinnung und Betreuung ausländischer Fachkräfte zu unterstützen.

Der Bericht zeigt aber zugegebenermaßen auch, wo es noch etwas zu tun gibt. Den Betrieben im Land fehlt es an Fach- und Arbeitskräften. Unsere Häfen leiden unter den Investitionsversäumnissen der letzten Jahrzehnte. Ich glaube, daran sind alle Parteien in Regierungsverantwortung beteiligt gewesen. Das Streckennetz für den Schienengüterverkehr muss

(Ole-Christopher Plambeck)

ertüchtigt und ausgebaut werden. Nicht zuletzt gibt es zahlreiche Regeln, Verordnungen und Prozessvorschriften, die nicht nur Betriebe belasten, sondern auch die Verwaltung und damit die benötigte Transformation verlangsamen.

Die Wirtschaft steht aktuell vor großen Herausforderungen und hat diese auch für die Zukunft. Dabei ist die Unterstützung der Politik gefragt. Aber ob das Wirtschaftschancengesetz in dieser Form die Anforderungen erfüllt, daran haben zumindest führende Wirtschaftsexperten ihre Zweifel. DIW-Präsident Marcel Fratzscher zum Beispiel hält die Wirkung der darin enthaltenen Maßnahmen für überschaubar. Sie würden das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr gerade einmal um 0,06 Prozent und die Investitionen um 0,4 Prozent erhöhen, so seine Einschätzung.

Zugegeben, der Entwurf enthält einige geeignete Maßnahmen, um Impulse für eine bessere Wirtschaftsentwicklung in den nächsten Jahren zu geben. Da sind zum Beispiel die Forschungsförderung, aber auch die Förderung von Klimainvestitionen. Diese Maßnahmen stärken nicht nur die Wirtschaft, sondern fördern gezielt Innovationen und Zukunftsfähigkeit. So stärkt die Forschungsförderung dauerhaft innovationsstarke Schlüsselindustrien für die Transformation des Wirtschaftsstandorts Deutschland, und das ist angesichts der seit Jahren niedrigen Forschungsquote in Deutschland ein richtiger Schritt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Ebenso sinnvoll ist die Förderung von Klimainvestitionen, aber nur sofern sie bürokratiearm und nicht über die Finanzverwaltung abgewickelt wird. Allerdings ist im Gesetzentwurf derzeit geplant, dass mit der Klimainvestitionsprämie ein neues Festsetzungsverfahren in der Finanzverwaltung eingeführt und damit auch die Software KONSENS programmiert werden muss.

(Beate Raudies [SPD]: Ja und? Das funktio- niert ja da!)

Ja, aber wie lange dauert das?

(Beate Raudies [SPD]: Das dauert nicht lan- ge!)

Da kann ich Ihnen andere Geschichten erzählen,

(Beate Raudies [SPD]: Ne, das glaube ich nicht!)

aber darüber unterhalten wir uns ein anderes Mal. Die Steuerbegünstigung von Klimaschutzinvestitio

nen lässt sich nur unter Hinzuziehung eines Energieberaters überprüfen. Gefördert wird – ich zitiere aus dem Gesetzentwurf – ob

„der Anspruchsberechtigte im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit die Energieeffizienz verbessert … geltende Unionsnormen übertrifft oder … angenommene, aber noch nicht in Kraft getretene Unionsnormen erfüllt, sofern die Investition spätestens 18 Monate vor in Kraft treten der Norm durchgeführt und abgeschlossen wird …“

(Annabell Krämer [FDP]: Ist doch super!)

Ja, das ist kompliziert, aber von keinem Finanzbeamten zu überprüfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Damit wird mehr statt weniger Bürokratie geschaffen, und das in einem FDP-geführten Bundesfinanzministerium.

(Annabell Krämer [FDP]: Ganz dünnes Eis, Kollege!)

Unterstützung für Klimainvestitionen ist richtig und wichtig, aber es zeigt sich wieder einmal, dass die Steuergesetzgebung nicht für alles herhalten kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christopher Vogt [FDP]: Da klatscht die CDU! Wie geil!)

Ohnehin machen gerade diese beiden genannten Maßnahmen nur einen sehr geringen Anteil des Gesamtpakets aus. Die mit Abstand größte Steuerentlastung soll auf die Abschreibung von Ausrüstungsgütern entfallen. Doch diese Maßnahme begünstigt vor allem Investitionen, die ohnehin getätigt werden. Eine solche Gießkannenförderung ist wenig zielgenau und belastet den Landeshaushalt wie den Bundeshaushalt enorm.

(Zuruf Dr. Bernd Buchholz [FDP])

Zur Erinnerung: Das Gesetz in Gänze würde zu 35 Millionen Euro Steuermindereinnahmen im Lan deshaushalt 2024 führen, in den beiden Folgejahren ist es mehr als das Doppelte davon. Gleichzeitig müssen die Kommunen fast 30 Prozent der Steuer ausfälle tragen, was dort zu einer deutlichen Einschränkung bei den notwendigen Investitionen führen kann, auf die gerade die schwächelnde Bauwirtschaft angewiesen ist. Die Gewichtung des Maßnahmenpakets sollte daher deutlich in Richtung der effektiveren Maßnahmen verschoben werden.