Protokoll der Sitzung vom 22.09.2023

Frage 1 hätte gelautet: Herr Kollege Knöfler, ken nen Sie Lehrkräfte in Schleswig-Holstein, die mehr als 30 Stunden in der Woche in der Schule verbrin gen?

(Christopher Vogt [FDP]: Nee, kennt er nicht!)

Frage 2 wäre eher eine Anmerkung gewesen, und die hätte gelautet: Ja, es gibt eine intrinsische Motivation in meiner Arbeit. Ich bin nämlich Parlamentarier und meine Aufgabe ist es, die Regierung zu kontrollieren.

(Malte Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das erklärst du bei jeder Rede! – Zu- rufe Martin Balasus [CDU] und Peer Knöfler [CDU])

Das scheint ja irgendwie nicht anzukommen, weil Sie immer wieder überrascht über Kleine Anfragen oder Anträge sind, die wir so stellen.

(Anhaltende Unruhe)

Wir haben hier die überaus interessante Situation vorliegen, dass die StAUK, die zuständige Behörde in Schleswig-Holstein – nicht irgendjemand, sondern die zuständige Behörde! –, eine andere Rechtsauffassung hat als das Bildungsministerium.

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: So ist es!)

Herr Balasus, das ist ein Umstand, der hier nie zur Sprache gekommen wäre, wenn wir Ihnen die Sache überlassen hätten, weil Sie sich für solche Fragen offenkundig nicht interessieren.

(Beifall SPD und SSW – Martin Balasus [CDU]: Das ist eine Unterstellung!)

Es ist mitnichten so, dass bis auf wenige Ausnahmen alle einer Meinung sind, und still ruht der See. Die Ministerin hat selbst gesagt, es liefen Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden. Wenn die Verhandlungen einvernehmlich wären, würden sie längst nicht mehr laufen. Also gibt es da offenbar einen Konflikt, der zu lösen ist.

Mein letzter Punkt, Herr Balasus, den kann ich Ihnen leider nicht ersparen: In Ihrer Rede tauchte wieder – –

(Martin Balasus [CDU]: Ich habe gar nicht gesprochen! Das war Knöfler!)

Entschuldigung, in diesem Fall meine ich Herrn Krüger. Herr Krüger, in Ihren Ausführungen tauchte wieder nebenbei die Erzählung auf, Sie würden die Schulen weiterhin von Verwaltungsaufgaben entlasten. Wahrscheinlich meinen Sie wieder ein

mal Ihr großes Modellvorhaben. Ich will hier noch einmal sagen, was Sie da Großartiges tun: Sie erproben an fünf Schulen in Schleswig-Holstein drei Jahre lang, ob es für die Schulen vielleicht hilfreich ist, wenn sie eine zusätzliche Verwaltungskraft zugeordnet bekommen.

(Martin Balasus [CDU]: Zur Sache! Das ist doch gar nicht das Thema! Allgemeinplätze! – Peer Knöfler [CDU]: Davon habe ich über- haupt nichts erzählt!)

An fünf Schulen drei Jahre lang! Das sind Ihre Maßnahmen.

(Beifall SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Einen Antrag auf Ausschussüberweisung habe ich nicht vernommen. Wir kommen dann zur Abstimmung in der Sache.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 20/1372, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen? – Das sind die Fraktionen von SPD, FDP und SSW. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 20/1424, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Gegen die Stimmen von SPD, FDP und SSW ist der Antrag angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Gebühr für die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Pflegefachfrau/Pflegefachmann abschaffen – Bürokratie abbauen

Antrag der Fraktionen von SPD und SSW Drucksache 20/1379 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Birte Pauls das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestern in unserer Mittagspause hatte ich

(Martin Habersaat)

das große Vergnügen, an der Urkundenübergabe der frisch examinierten Pflegefachpersonen in der UKSH Akademie teilzunehmen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Hochmotivierte und erleichterte junge Menschen, die in den letzten drei Jahren die Ausbildung coronabedingt unter wirklich schwierigen Bedingungen absolviert haben, nahmen ihre Urkunden entgegen. Ich gratuliere ganz herzlich und wünsche alles Gute und viel Kraft, aber auch Freude im Beruf! Mögen Sie möglichst lange in der Pflege tätig sein, wir brauchen Sie alle!

(Beifall ganzes Haus)

Laut Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage haben in diesem Jahr 1.065 Menschen die Pflegefachausbildung absolviert, vorausgesetzt, dass sie alle das Examen bestanden haben. Sie sind alle begehrt, denn fast überall gibt es freie Stellen. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen locken mit Prämien. Es geht von Einmalprämien – bis 5.000 Euro habe ich gehört – über gesundheits fördernde Angebote bis hin zum E-Auto samt Aufladekarte. Was wir aus der freien Wirtschaft schon lange kennen, ist in der Pflege angekommen. So groß ist die Not, Personal zu finden.

Tja, und wie begegnet das Land den raren und sehr begehrten frisch Examinierten? – Das SHIBB erhebt eine Gebühr von 40 Euro für die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung, also für die Berufsurkunde, die von den Schulen eingetrieben werden müssen. Das ist grotesk, das ist aus der Zeit gefallen, und das ist ein unnützer bürokratischer Aufwand, der abgeschafft gehört.

(Beifall SPD und Sybilla Nitsch [SSW])

Die deutsche Bürokratie lässt grüßen. Hintergrund ist § 2 des Verwaltungskostengesetzes des Lan des. Die Verwaltungsgebührenverordnung wurde im September 2018 erlassen und zuletzt im Juni 2023 geändert. Mit welcher Begründung, erschließt sich mir auch nach der Antwort auf die Kleine Anfrage nicht.

Ich habe mich kurz in die Abgründe dieser Verwaltungsgebührenverordnung begeben, irgendwann wurde mir schwindelig. Wenn wir noch Ideen für Bürokratieabbau suchen, dann schlage ich vor, da einmal genau hinzuschauen.

(Beifall SPD und Christian Dirschauer [SSW])

Meine Fantasie reicht nur knapp aus, um mir vorzustellen, was für ein irrer Aufwand das alles ist.

Warum das alles überhaupt noch in Papierform passieren muss, spricht auch nicht gerade für eine fortschrittliche Digitalisierung.

Es ist ja auch immer die Frage, wie man Menschen begegnet. Gebühren von frisch Examinierten in den Gesundheitsberufen einzuziehen, ist eine Möglichkeit. Motivierend ist das jedenfalls nicht. In dem Kurs, der gestern examiniert wurde, hat das nur breites Kopfschütteln ausgelöst. Diese jungen Menschen verdienen stattdessen nicht nur zu Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und Dank.

Die 42.600 Euro, die das Land bei Streichung die ser Gebühr in den Pflegeberufen in diesem Jahr weniger einnehmen würde, würden uns nicht ins Wanken bringen. Das Gleiche gilt natürlich für alle Gesundheitsberufe, denn auch bei Hebammen, Physiotherapeut_innen, Ergotherapeut_innen, Diätassistent_innen, Logopäd_innen und Podolog_innen wird eine Gebühr für die Berufsurkunde von 40 Euro erhoben.

Beim DRK-Abend musste ich lernen – das hat mich echt erstaunt –, dass die ausländische Berufs anerkennung eines Pflegeberufs in einem beschleunigten Verfahren – wir wollen ja alle, dass sie kommen, wir brauchen sie alle, das wird immer wieder erzählt und gepredigt, auch hier im Haus – 410 Euro Verwaltungsgebühr kostet. Hürden abbau en und Fachkräfte gewinnen geht anders.

Also entlasten Sie bitte Ihre eigene Verwaltung, entlasten Sie die Schulen, und belästigen Sie nicht frisch Examinierte in den Gesundheitsberufen, die wir allesamt brauchen, um eine immer älter werdende Gesellschaft gut versorgen zu können! – Vielen Dank und schönes Wochenende.

(Beifall SPD und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Andrea Tschacher das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktionen von SPD und SSW haben einen Antrag zur Abschaffung der Gebühren für die Berufsurkunden zur Führung der Berufsbezeichnung Pflegefachfrau und Pflegefachmann und in anderen Gesundheitsfachberufen eingebracht. Wir haben diesen Antrag geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir den Antrag ablehnen werden.

(Birte Pauls)

(Widerspruch SPD und SSW)

Ich möchte Ihnen erläutern, warum wir nicht zustimmen können. Erstens: Betrachten wir das Argument des bürokratischen Aufwands für das Eintreiben der Gebühr in Höhe von 40 Euro. Wir haben Recherchen durchgeführt und dabei festgestellt, dass die Prüfung die Voraussetzungen zur Erlaubniserteilung im Schleswig-Holsteinischen Institut für Berufsbildung keinen erheblichen Aufwand verursacht. Die Gebühr von 40 Euro, die von den Auszubildenden gezahlt und vom SHIBB erhoben wird, steht in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Aufwand.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Der derzeitige Weg, die Gebühren über die Pflegeschulen zu sammeln, kann bereits als bürokratiearm betrachtet werden.