Protokoll der Sitzung vom 22.09.2023

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 20/1366

Unsere Wirtschaft unterstützen – Bürokratie abbauen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 20/1416

b) Bericht zur Verbesserung der wirtschaftli

chen Rahmenbedingungen

Bericht der Landesregierung Drucksache 20/1138

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Zu b) erteile ich nun das Wort dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Claus Ruhe Madsen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wirtschaftspolitik ist Strukturpolitik, und genau das machen wir in Schleswig-Holstein. Um ein paar Beispiele zu nennen: Im Landesprogramm Arbeit werden bis Ende 2028 Projekte mit insgesamt 88 Millionen

(Ministerin Karin Prien)

Euro Landesmitteln gefördert, weitere 88 Millionen kommen von der EU.

Wir entwickeln die Fachkräfteinitiative weiter. Wir investieren bis 2028 fast 13 Millionen Euro in das Welcome Center. Über eine neue Förderrichtlinie stehen jetzt jedes Jahr 2 Millionen Euro für Projek te zur Fachkräftesicherung zur Verfügung.

Wir stocken die Förderung der WTSH auf, um das Thema Ansiedlungen zu stärken.

Im Landesprogramm Wirtschaft stehen 272 Millio nen Euro EFRE-Mittel zur Verfügung. Damit generieren wir ein Investitionsvolumen von 745 Millio nen Euro. Dazu kommen 50 Millionen GRW-Mittel im Jahr 2023. Das ist ein wahnsinnig effektiver Hebel. Ein Euro Mitteleinsatz führt zu acht Euro Investitionen.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Aber keiner klatscht! – Vereinzelte Heiterkeit – Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke dafür! – Wir helfen den Unternehmen finanziell in diesen schwierigen Zeiten. 2022 hat die IB.SH 250 Unternehmen mit 230 Millionen Euro Darlehen unterstützt. Das hat 1,1 Milliarden Euro an Investitionen hervorgerufen und 10.000 Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen. Hinzu kommen Bürgschaften und Beteiligungen in Höhe von insgesamt 182 Millionen Euro im Jahr 2022.

Weil Wirtschaft Infrastruktur braucht, verbaut der LBV allein in diesem Jahr mehr als 200 Millionen Euro in Landes-, Bundes- und Kreisstraßen.

Auch die Rahmenbedingungen fassen wir an. Wir werden noch in diesem Jahr einen ersten Bericht zum Normenscreening vorlegen, in dem wir darlegen, was wir im Bereich Planungsbeschleunigung machen können.

Wir sind alles andere als untätig, aber die Konjunktur ist eben, wie sie ist. Für den Bund musste die Wachstumsprognose für 2023 wieder nach unten korrigiert werden. Das BIP soll im Jahre 2023 um 0,3 Prozent zurückgehen, bevor es im kommenden Jahr hoffentlich wieder steigt.

In Schleswig-Holstein ist das Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 nominal um 5,7 Prozent gestiegen. Unter Berücksichtigung der Preisveränderung zeigt sich jedoch eine Stagnation der Wirtschaftsleistung. Das preisbereinigte Ergebnis Schleswig-Holsteins liegt leicht über der Entwicklung der Bundesebene; im Ländervergleich liegen wir damit auf Platz sieben.

Auch die aktuelle IHK‑Standortumfrage zeichnet ein positives Bild von uns. Der Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein wurde von 1.681 Unternehmen mit der Note 2,26 benotet.

Das deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen aus Betriebsbesuchen. Ich dachte ursprünglich, wenn ich unterwegs bin, müsste ich mit den Unternehmen über gestiegene Energiepreise diskutieren. Aber faktisch ist es so, dass mir viele Unternehmerinnen und Unternehmer von gefüllten Auftragsbüchern berichten. Sie berichten mir, dass sie gar Aufträge ablehnen müssen, weil sie keine Fachkräfte mehr finden. Zudem berichten sie mir natürlich über die überbordende Bürokratie.

Wir merken also, wir haben Herausforderungen.

Es ist gut, dass der Bund jetzt endlich handelt; ich beginne erst einmal mit einem Lob.

(Beifall Oliver Kumbartzky [FDP] und An- nabell Krämer [FDP] – Beate Raudies [SPD]: Das könnte das Land vielleicht auch ma- chen!)

Ich habe eben einiges aufgelistet, was das Land macht, aber ich würde es jetzt nicht wiederholen wollen.

(Zuruf: Das kommt noch!)

Ich beginne erst einmal mit einem Lob. Das Wachstumschancengesetz geht in die richtige Richtung.

(Beifall FDP und vereinzelt SPD)

Es werden wichtige Themen aufgerufen, bei denen es dringenden Handlungsbedarf gibt. Aber allein die Maßnahmen im Wachstumschancengesetz kosten die Länder 7 Milliarden Euro jährlich.

(Lukas Kilian [CDU]: Hoppla!)

Für Schleswig-Holstein müssen wir mit Einnahmeverlusten in Höhe von über einer halben Milliarde Euro rechnen, von 2024 bis 2027.

(Beate Raudies [SPD]: Ja, so ist das bei Steu- erschätzungen!)

Das ist für uns nur leistbar, wenn wir vom Bund dafür kompensiert werden. Man könnte natürlich sagen: Bund, Länder und Kommunen müssen gemeinsam in den sauren Apfel beißen,

(Beifall FDP – Dr. Bernd Buchholz [FDP]: Allerdings!)

weil sie in guten Zeiten auch gemeinsam profitieren. Das mag ja sein; aber es darf nicht sein, dass sich der Bund irgendwelche Entlastungsprogramme ausdenkt und die Länder dafür zur Kasse bittet.

(Minister Claus Ruhe Madsen)

(Beifall CDU – Lukas Kilian [CDU]: So ist es!)

Deswegen ist es aus meiner Sicht logisch, dass die Länder das nicht einfach absegnen, sondern darüber verhandeln wollen.

(Beate Raudies [SPD]: Das ist ja auch zu- stimmungspflichtig! Mann!)

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – wir wollen Entlastungen für die Wirtschaft, sie sind dringend notwendig; aber das ginge auch anders.

Die Bürokratie kostet Unternehmen bundesweit 50 Milliarden Euro im Jahr – das allein aus Be richts- und Informationspflichten. Rein rechnerisch sind das 2 Milliarden Euro für schleswig-holsteini sche Unternehmen. Zehn Prozent weniger Bürokratie führen also zu Kosteneinsparungen von 200 Mil lionen Euro. Hier können wir richtig etwas bewegen.

Die Ampel betont zwar gerne und häufig, dass sie Bürokratie abbauen wolle. Fakt ist aber: Seit Start der Ampelregierung ist der Bürokratiekostenindex erheblich gestiegen.

(Zuruf CDU: Ja!)

Wir entwickeln uns bislang in die falsche Richtung. Deswegen begrüße ich es umso mehr, dass die Ampel erste Eckpunkte für Bürokratieentlastung vorgelegt hat.

(Beifall FDP und Lasse Petersdotter [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist der richtige Weg. Deutschland ist nämlich immer noch Meister im GoldPlating. Alles wird bis ins kleinste Detail geregelt, und europäische Regelungen werden noch weiter verschärft. Dabei gäbe es so viele Möglichkeiten, Bürokratie abzubauen. Man könnten Daten jährlich statt monatlich abfragen. Man könnte einige Erhebungen sogar vielleicht einmal für zwei Jahre aussetzen und schauen, ob Deutschland noch da wäre. Wir werden hierzu konkrete Vorschläge erarbeiten und im Bund adressieren.

(Beifall CDU)

Denn wenn wir Schleswig-Holstein und auch Deutschland als starken Wirtschaftsstandort erhalten wollen, hat Bürokratie einen erheblichen Einfluss. Wir stehen im internationalen Wettbewerb. Für Unternehmen sind die bürokratischen Verpflichtungen ein wichtiger Faktor bei der Standortentscheidung.

Ich betone am Ende noch einmal: Auch wenn wir vor großen Herausforderungen stehen und es auch in Schleswig-Holstein definitiv Verbesserungsbedarfe gibt, sind wir in keiner schlechten Ausgangsposition. Wir tendieren häufig dazu, vieles negativ sehen zu wollen Es bringt aber niemanden weiter, den Teufel an die Wand zu malen und den Wirtschaftsstandort schlechtzureden.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Dr. Bernd Buchholz [FDP] – Dr. Bernd Buchholz [FDP]: Immer weiter was tun!)