Gleichzeitig bliebe dies aber eben nur eine kleine Stellschraubenkorrektur. Eine steuerliche Entlastung ist unbestritten richtig, reicht aber nicht aus, um die vielfältigen Herausforderungen, denen Alleinerziehende gegenüberstehen, umfassend zu adressieren.
Wir müssen das Thema Alleinerziehende wesentlich umfänglicher denken – ich merke, mit der SPD sind wir da nicht weit auseinander – und mit weiteren Ansätzen arbeiten.
Seitens des SSW möchte ich hier und heute gerne drei wesentliche Stichpunkte nennen: eine Reform des Ehegattensplittings,
eine vernünftige Kitalandschaft beziehungsweise Kinderbetreuung und eine wirksame Anti-ArmutsPolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Denn wenn wir an Alleinerziehende und eben insgesamt an verschiedene Familienmodelle denken, haben diese im Alltag mit vielerlei Belastung zu kämpfen – ja, steuerlich, aber beispielsweise auch zeitlich, gesundheitlich, finanziell und durchaus gesamtgesellschaftlich.
In meiner Kleinen Anfrage Drucksache 20/2213 aus dem Juni 2024 habe ich die Landesregierung gefragt, wie viele alleinerziehende Personen sowie Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein in Armut leben oder armutsgefährdet sind. Die Auskunft: Im Jahr 2023 lebten in Schleswig-Holstein insgesamt rund 99.000 Personen in Haushalten von Alleinerziehenden, davon wurden 39,2 Prozent als armutsgefährdet eingestuft. – Das sind keine kleinen Zahlen, liebe Kollegen. Diese Zahlen machen betroffen und müssen unbedingt durch politische Maßnahmen angegangen werden.
Das Statistische Landesamt und der Zensus können noch weitere Zahlen nennen. Demnach sind von den Haushalten mit Kindern in Schleswig-Holstein gut ein Viertel – 27 Prozent – alleinerziehend. Mehr
als 81 Prozent der Alleinerziehenden sind – wenig überraschend – Frauen, wobei mehr als 43 Prozent dieser alleinerziehenden Mütter ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 1.500 Euro haben. Hintergrund ist, ebenso wenig überraschend – das haben wir heute schon gehört –, dass wiederum mehr als 40 Prozent der alleinerziehenden Mütter im Land nur in Teilzeit arbeiten beziehungsweise nur in Teilzeit arbeiten können – Stichwort Betreuungszeiten. Auch hier müssen wir endlich vorankommen.
Als SSW legen wir besonderen Wert auf eine ganzheitliche Sozial- und Familienpolitik. So hat sich das gängige Familienbild seit der Einführung des Ehegattensplittings vor inzwischen fast 70 Jahren doch recht stark verändert. Der Mann als versorgender Alleinverdiener und die Frau, die sich um Haushalt und Kinder kümmert: Das entspricht schon ganz lange nicht mehr der Norm. Es gibt inzwischen verschiedene Familienmodelle, die steuerlich jedoch immer noch nicht gleichgestellt sind. Diese gesellschaftliche Entwicklung gilt es endlich anzuerkennen und das Steuerrecht in Gänze entsprechend anzupassen.
Zudem müssen wir als Dauerbrenneraufgabe den Ausbau von Betreuungsangeboten weiter und noch viel stärker vorantreiben. Eine verlässliche Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeitmodelle sind essenziell, damit auch und insbesondere Alleinerziehende nicht nur finanziell, sondern strukturell entlastet werden.
Ein weiterer Knackpunkt ist übrigens das Thema Kindesunterhalt. Wenn der Expartner nicht oder zu wenig Unterhalt für das Kind zahlt, dann springt der Staat in Form eines Unterhaltsvorschusses ein. Bundesweit ist dies für fast jedes dritte Kind der Fall. Dies kostet nicht nur Milliarden, sondern entlastet erst einmal diejenigen Elternteile, die – aus welchen Gründen auch immer – keinen Unterhalt zahlen. Doch anders als im privatrechtlichen Unterhaltsrecht wird das Kindergeld voll auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet, was das Armutsrisiko nochmals erhöht. Hier braucht es endlich eine gerechtere Handhabung.
Während die vorgeschlagene steuerliche Entlastung ein Schritt in die richtige Richtung ist, so braucht es insgesamt noch umfassender gedachte Unterstützungsstrukturen für Alleinerziehende und die verschiedenen Familienmodelle. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Erst einmal freue ich mich, dass ich hier anscheinend wirklich in ein Wespennest gestochen habe und es hier ganz viele Blickrichtungen auf das Problem gibt. Aber mein Petitum war eigentlich unsere letzte Plenardebatte, als wir gesagt haben: Wir wollen, dass sich Arbeit lohnt. Wir wollen gerade für die Menschen extreme Anreize schaffen, die für uns alle noch mehr Wert schaffen, als sie schon zu Hause in ihrer CareTätigkeit leisten, die zu unserem Wirtschaftswachstum beitragen, die sagen: Ich gebe alles, mein Menschenmögliches, um keine Sozialleistungen oder möglichst wenig Sozialleistungen zu beziehen.
Es geht jetzt wieder ein Stück weit in die andere Richtung – auch wenn der Kollege Plambeck gesagt hat, es gehe ihm nicht um eine negative Einkommensteuer. Denn das wäre dann nichts anderes als ein erweitertes Kindergeld. Das war gerade nicht mein Petitum. Der Kollege Brandt hat eigentlich gesagt, dass er es sich sehr gut vorstellen könne, wenn das durch die höchste Steuerprogression an der bisherigen höchsten Ersparnis orientiert sei. Das ist genau das, wo ich eigentlich nicht hinmöchte.
Mir ging es wirklich darum, dass wir jetzt einfach einmal sagen: Wenn jemand versucht, außerhalb der Familie zusätzliche Leistungen für die Gesellschaft zu erbringen – sprich: noch zusätzlich im Arbeitsleben –, muss sich das lohnen. Da muss ein größerer Abstand zu denen sein, die das vielleicht nicht machen. Wir sollten nicht einfach sagen: Ich finanziere das auch. – Kollegin Raudies sagte ja, wir hätten zu viele Frauen in Teilzeitarbeit.
Mein Petitum ist es ja gerade, die Menschen zu ermutigen, dem Arbeitsmarkt mehr Stunden zur Verfügung zu stellen. Dann steigt die Steuerprogression, und dann wird die Ersparnis höher. Das sind genau die Anreize, die wir schaffen wollten.
Deshalb ist unser Antrag zielführend. Er bringt die Wertschätzung für jede zusätzliche Kraft am Arbeitsmarkt.
Wie finanziere ich das? – Ich brauche keine Vermögensteuer, um das zu finanzieren. Ich finanziere das ganz einfach erst einmal dadurch, dass wir es Menschen ermöglichen, mehr zu arbeiten.
Ich möchte auch bessere Kinderbetreuung. Aber wir können nicht alle heute, an diesem Antrag fordern: eierlegende Wollmilchsau! – Wir müssen doch kleine Schritte gehen.
Menschen sollen einen Anreiz haben, vielleicht noch eine Stunde mehr im Erwerbsleben tätig zu sein, weil sie sagen: „Wenn ich ein bisschen mehr Geld in der Tasche habe, kann ich vielleicht auch mal die Nachbarstochter fragen, ob sie eine Stunde einspringt“, oder sonstiges, denn die staatlichen Rahmenbedingungen der Betreuung sind vielleicht noch nicht so, wie wir sie uns wünschen.
Gerade da sparen wir. Jede zusätzliche Stunde Arbeitskraft hilft uns doch dabei, Wirtschaftswachstum anzukurbeln, und nimmt mehr Menschen aus dem Bürgergeld raus. Das sind zwei Finanzierungsformen. Ich sage Ihnen eines – die paar Euro Steuerersparnis! –: Die Wertschätzung, die wir den Menschen, den Alleinerziehenden, dadurch entgegenbringen, wird mehrfach kompensiert.
Das sparen wir dreimal an staatlichen Transferleistungen, und wir generieren dadurch zusätzliches Wirtschaftswachstum.
Ich freue mich sehr über die Ausschussberatung, und ich hoffe, dass ich auch die letzten überzeugen kann, dass unser Antrag der zielführendere ist. – Vielen Dank.
Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat nun Beate Raudies von der SPD-Fraktion. – Bitte schön.
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Krämer! Die meisten Alleinerziehenden, die ich kenne, wollen sehr gerne arbeiten, und sie wollen auch sehr gerne mehr arbeiten, als sie es jetzt tun. Aber sie schaffen es oft nicht, weil es keinen Kindergartenplatz gibt, weil sie – –
Ja, ich möchte nur einmal gegen diesen Eindruck angehen, sie wollten alle nicht arbeiten und sie bräuchten noch einen steuerlichen Anreiz, um arbeiten zu gehen.
Es ist praktisch oft ein Problem, überhaupt einen Arbeitsplatz zu finden. Was nützt mir ein Kindergartenplatz in Quickborn mit fünf Betreuungsstunden, wenn im Moment kein Zug nach Hamburg reinfährt, ich aber hin und zurück eine Stunde Arbeitsweg habe? Dann kann ich drei Stunden arbeiten, wenn ich mich auf diesen Kinderbetreuungsplatz verlasse.
Damit fängt es praktisch an, und ich habe gesagt, dass das zu dieser Debatte dazugehört. Jetzt könnte ich die Kollegin richtig ärgern, indem ich sage: Das, was sie vorschlägt, ist genau ein Beispiel, warum wir Gender Budgeting brauchen.
Wenn die Zahlen so hoch sind – das hat mir gerade die Kollegin Täck gezeigt –, dass viele Männer, alleinerziehende Männer, im Vergleich zu Frauen in Vollzeit arbeiten, dann profitieren von so einer Steuererleichterung deutlich mehr Männer als Frauen.
Das Ergebnis oder das Ziel von Gender Budgeting ist, genau das zu verhindern und zu gucken: Ist das ein geeignetes Instrument, um das richtige Ziel zu erreichen, das wir alle wollen?
Ich weiß, dass wir dazu grundsätzlich andere Auffassungen haben, aber das will ich an dieser Stelle noch mal sagen: Ich gönne jedem die Steuererleichterung, die er haben soll, und wir können uns das gerne gemeinsam angucken. Ich freue mich auf den Ausschuss, in dem wir immer spannende steuerpolitische Debatten führen, aber ich kenne viel mehr Alleinerziehende, die mehr arbeiten wollen, aber es nicht können, weil sie keine Kinderbetreuung oder keine Unterstützung in anderer Hinsicht finden. – Vielen Dank.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat sich Oliver Brandt von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeldet. – Bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Dreiminutenbeitrag von der Kollegin Krämer hat mich motiviert, nach vorne zu gehen.