Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Klimaschutz voranbringen, Akzeptanz schaffen, Wettbewerbsfähigkeit stärken, das ist nicht nur die Überschrift unseres heute eingebrachten Antrages, sondern das ist der Dreiklang, dem sich diese Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen in der saarländischen Klimaschutzpolitik verpflichtet fühlen. Dabei steht am Beginn der Diskussion das Bekenntnis dazu, dass der durch den Menschen verursachte und durch Treibhausgase ausgelöste Klimawandel die zentrale Herausforderung unserer Zeit ist. Zumindest mal hinsichtlich dieser Feststellung sind wir in diesem Hause einer Auffassung. Das ist eine Herausforderung, der sich aber nicht nur die Politik gegenübersieht, sondern auch die Wirtschaft und selbstverständlich auch die Zivilgesellschaft im Saarland. Die Phänomene, die Frau Dr. Peter vorhin treffend beschrieben hat, sind in der Tat festzustellen und besorgniserregend, und sie beschäftigen deshalb auch die Politik in unserem Land.
Wir sind jedoch der festen Überzeugung, dass die Bekämpfung des Klimawandels als gesellschaftliches Projekt nicht einfach nur verordnet werden kann, sondern einerseits darauf angewiesen ist, von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen zu werden, andererseits aber auch nur auf der Basis effizienter marktwirtschaftlicher Mechanismen von den ökonomischen Akteuren in unserem Land und nur unter Wettbewerbsbedingungen erfolgreich betrieben werden kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Dr. Peter, sehr geehrter Herr Neyses, an dieser Stelle möchte ich ein Missverständnis aufklären, das aus einem oberflächlichen Lesen unseres Antrages herrühren könnte: Wenn wir von „marktwirtschaftlichen Mechanismen“ sprechen, so meint das nicht, „der Markt soll es besorgen“. Das wäre in der Tat eine Fehlinterpretation. Das heißt vielmehr, dass die marktwirtschaftlichen Mechanismen von Anreizen wirken sollen statt der Verordnungen. Das ist der Unterschied zwischen Ihrer Politik und unserer Politik.
Das ist keine Marktgläubigkeit, das bedeutet vielmehr ein Setzen auf die effizienten Kräfte des Marktes. Diesbezüglich gibt es in der Tat einen Unterschied in unseren Auffassungen: Wir meinen, dass die Marktwirtschaft das bessere System ist.
Zutreffend ist, dass ordnungsrechtliche Instrumente wie beispielsweise das von Ihnen heute eingebrachte Klimaschutzgesetz diese von den Märkten getrie
bene positive Entwicklung sinnvoll ergänzen können. Deshalb verschließen wir uns ordnungspolitischen Instrumenten ja gar nicht. Aber wir sind eben der Auffassung, dass eine Klimaschutzpolitik, die nur oder zumindest in erster Linie auf rechtliche Verordnungen, auf staatliche Vorschriften setzt, nicht zum Erfolg führen kann, da ein solches Vorgehen häufig schädlich für die Akzeptanz ist und somit auch kontraproduktiv bezüglich des Klimaschutzes in Gänze. Will man Klimaschutz als gesellschaftliches und wirtschaftspolitisches Projekt zum Erfolg führen, muss man zunächst für Akzeptanz sorgen und gemeinsam mit der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft die ordnungsrechtlichen Rahmen besprechen und diskutieren.
Daher werden wir heute das von Ihnen vorgeschlagene Klimaschutzgesetz ablehnen. Den partizipativen Weg, den diese Landesregierung geht, Frau Kollegin Rehlinger, Herr Kollege Maas und die gesamte Landesregierung, erachten wir für den richtigen Weg. Mit der Einrichtung des Energiebeirates ist eben dieser Dialog begonnen, dessen Ergebnisse wesentliche Grundlage für mögliche gesetzgeberische Aktivitäten sein können. Frau Kollegin Rehlinger, richten Sie es bitte auch Ihrem Kollegen Maas aus: Für diesen Weg haben Sie die volle Unterstützung beider Koalitionsfraktionen, auf diesem Weg wollen wir Sie gemeinsam begleiten.
Ich hoffe, Sie fühlen sich davon nicht bedroht. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir nach dieser Vorbemerkung nun noch einige Anmerkungen zum Gesetzentwurf der GRÜNEN. Ich will insbesondere auf die saarländische Perspektive und die ökonomischen Aspekte des Klimaschutzes eingehen, da hierbei, Frau Kollegin Dr. Peter, in der Tat auch die Gemeinsamkeiten unserer Überzeugungen enden.
Klimaschutz aus Ihrer Perspektive, Klimaschutz „à la Grün“ - und es ist wahr, dass das auch in der Koalition der zurückliegenden Legislaturperiode so war bedeutet, wie von Ihnen mit § 3 Abs. 1 nun auch noch einmal schriftlich dargelegt, nichts anderes als ein umfassendes Konzept zur Deindustrialisierung unserer Region.
Das ist ein umfassendes Konzept, um die Industrie aus diesem Land zu vertreiben. Das war in der zurückliegenden Legislaturperiode mit der CDU nicht zu haben, und das wird auch in der Zukunft mit der CDU nicht zu haben sein, meine Damen und Herren!
(Beifall von den Koalitionsfraktionen. - Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) : Kein Wunder, dass Schwarz-Grün nicht harmoniert!)
Sie haben das ja nicht nur niedergeschrieben, auch Ihre Rede vorhin war diesbezüglich verräterisch: Sie sagten, 2008, da seien Gott sei Dank die Emissionen runtergegangen, und 2009, ab dann -
(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) : So habe ich das nicht gesagt! Da gibt es doch einen feinen Unterschied!)
Na ja, „Gott sei Dank“ haben Sie nicht gesagt, aber Sie haben gesagt: Dann gingen sie leider wieder hoch. - Ja nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihnen sagen, was es bedeutet, dass sie 2009 wieder hochgingen - Gott sei Dank wieder hochgingen, so will ich das an dieser Stelle formulieren. Denn das war der wirtschaftliche Aufschwung, weil wir die Krise hinter uns hatten, das hat Arbeitsplätze in diesem Land gesichert! Dazu zu sagen, das sei „leider“ so gewesen, ist eine Unverschämtheit gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der saarländischen Industrie, deren Arbeitsplätze in Gefahr waren und durch den Aufschwung gesichert werden konnten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss an dieser Stelle festgehalten werden.
Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass ich weder „Gott sei Dank“ noch „leider“ gesagt habe, sondern lediglich, dass die Emissionen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung runtergegangen sind und dann wieder nach oben? Hätte man andere Energietechnologien, wären sie nicht mehr nach oben gegangen.
schaftsstruktur unseres Landes mitdenken. Dafür sind zwei Dinge prägend; das hat auch Kollege Neyses, wenngleich in einem anderen Zusammenhang, schon angesprochen: einerseits die hohe Abhängigkeit der Saarwirtschaft vom Export und damit insbesondere auch die hohe Abhängigkeit von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie,
andererseits der hohe Anteil der industriellen Wertschöpfung in unserem Land. Beides prägt unser Land. Ohne diese beiden Faktoren wäre Wohlstand, wären Arbeitsplätze, wäre Wirtschaftskraft, wäre Steuerkraft und wäre damit auch die Eigenständigkeit unseres Landes nicht möglich.
Der Landtag trägt für alle diese Ziele, eben nicht nur für den Klimaschutz, sondern für alle diese Ziele, die Gesamtverantwortung in diesem Land. Daher müssen wir die genannten Faktoren in diesem Land bei allen Klimaschutzzielen mitdenken. Ich will die Zahlen, über die wir dabei sprechen, nur mal für die Stahlindustrie darstellen; sie sind ja durchaus imposant: 10 Prozent des deutschen Rohstahls werden im Saarland produziert, 2010 waren das 4,5 Millionen Tonnen Stahl. Zwischen 2002 und 2011 haben die Unternehmer der Stahlindustrie im Saarland Investitionen in Höhe von 3,8 Milliarden Euro - das ist einmal der komplette Landeshaushalt - getätigt, und davon wurde übrigens vieles in den Umweltschutz in den Unternehmen investiert. Pro Jahr tätigt die saarländische Stahlindustrie Einkäufe im Wert von knapp drei Milliarden Euro, davon 700 Millionen Euro im Saarland. Ende 2011, und damit komme ich zu Ihnen, Herr Neyses, waren in der saarländischen Stahlindustrie unmittelbar 13.237 Mitarbeiter beschäftigt. Nimmt man die vor- und nachgelagerten Bereiche und deren Beschäftigte hinzu, ergibt sich eine Gesamtanzahl von 22.000 Menschen im Saarland, die und deren Familien von der saarländischen Stahlindustrie leben.
Sehr geehrter Herr Neyses, ich mache Ihnen einfach einmal einen Vorschlag: Gehen Sie doch zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Hütten in diesem Land und erklären Sie ihnen, dass wir auf sie verzichten können!
(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) : Was hat denn das mit Klimaschutz zu tun? Überhaupt nichts! Immer diese Schwarzmalerei!)
Wir können nicht auf sie verzichten und wir wollen auch nicht auf sie verzichten. Jede andere Position ist eine Unverschämtheit gegenüber der arbeitenden Bevölkerung in diesem Land!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb gibt es Leute, die sagen - ich empfehle Ihnen, jetzt gut zuzuhören -, im Saarland sei das Klima nicht zu retten. Deshalb gibt es Leute, die sagen: Wenn wir hier eine Tonne CO2 einsparen und dabei Arbeitsplätze riskieren, so ändert das nichts am Weltklima, weil die Inder und die Chinesen und alle anderen weiterhin munter emittieren. Es gibt Leute, die sagen, deshalb sei Klimaschutz im Saarland kein Thema und wir sollten uns auf andere Dinge konzentrieren. Ich gebe diesen Leuten nicht recht.
Frau Kollegin Ries, ganz kurz noch. - Ich gebe diesen Leuten nicht recht. Im Gegenteil, wir tragen im Besonderen Verantwortung für den weltweiten Klimawandel. Denn wir als Industrieland werden den Beweis erbringen müssen, dass Klimaschutz und Wohlstand miteinander vereinbar sind. China, Indien, Brasilien und viele andere wachsende Industrienationen stehen nicht nur vor langfristigen Klimaproblemen, sondern auch vor kurzfristig bedeutsamen und nachvollziehbaren Wünschen ihrer Bevölkerungen nach Wohlstand und nach sozialem Frieden. Schauen diese Nationen nach Deutschland, wollen sie insbesondere die Frage beantwortet haben, ob Klimaschutz und Wohlstand miteinander vereinbar sind. Deshalb ist dem Klimaschutz nicht gedient, wenn sich Deutschland deindustrialisiert. Wir erweisen dem Klimaschutz vielmehr einen Bärendienst, wenn wir ihn, wie von Ihnen vorgeschlagen, als postindustrielles Projekt für alternde Gesellschaften betreiben. Im Gegenteil: Global kann Klimaschutz nur erfolgreich sein, wenn wir den Beweis antreten, dass Klimaschutz einerseits sowie industrielle Produktion und wachsender Wohlstand andererseits für breite Teile der Bevölkerung miteinander vereinbar sind.
(Zurufe der Abgeordneten Dr. Peter (B 90/GRÜ- NE). - Abg. Neyses (PIRATEN) winkt ab und geht zu seinem Platz zurück.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das geht nur mit einer starken saarländischen Industrie, nicht ohne sie. So sieht unsere globale Verantwortung aus, ihr müssen wir gerecht werden. Dafür stehen diese Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen. Angesichts dessen bitte ich um Unterstützung für unseren Antrag. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich glaube, man kann es nicht so stehen lassen, wie es eben dargestellt worden ist. Es bringt uns nicht weiter, Klimaschutz und Stahlindustrie gegeneinander auszuspielen.
Ich sehe den Gesetzentwurf der GRÜNEN nicht so, wie es der Kollege Theis gewertet hat, dass er sozusagen den Beginn der Deindustrialisierung darstelle. Man kann nicht „die“ Stahlindustrie sagen, es gibt auch innerhalb der Stahlindustrie durchaus Kontroversen, wie bestimmten Klimaschutzzielen Rechnung getragen werden kann oder nicht. Ich glaube, die Politik sollte hier keinen billigen Lobbyismus betreiben. Mir liegt sehr daran - das sage ich auch als jemand, der die Stahlindustrie ziemlich gut kennt -, dass wir gerade im Saarland nach wie vor eine leistungsfähige Stahlindustrie haben. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir nur dann auf Dauer eine leistungsfähige Stahlindustrie haben werden, wenn auch den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit, der ökologischen Verträglichkeit und damit des Klimaschutzes Rechnung getragen wird.
Über die Wege können wir streiten, damit habe ich überhaupt gar kein Problem. Es gibt auch unterschiedliche Einschätzungen. Ich halte Gutachten von wem auch immer, ob von IZES oder von Boston Consulting - nicht für die ewigen Wahrheiten. Es handelt sich vielmehr um bestimmte Einschätzungen, die auf einer bestimmten Datenlage gemacht worden sind, um Prognosen für die Zukunftsentwicklung, bei denen man sich durchaus irren kann. Deswegen möchte ich dafür werben, dass wir hier keinen Gegensatz herstellen zwischen ökologischen Erfordernissen, Erfordernissen des Klimaschutzes und der industriellen Entwicklung. Ich halte die Industrie im Saarland für den Kern der Wirtschaftskraft dieses Landes und trete dafür ein, dass wir diese Industrie als Basis für die Entwicklung dieses Landes nachhaltig erhalten.