Vielen Dank, Frau Abgeordnete Ensch-Engel. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Christian Gläser von der CDU-Landtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Ensch-Engel, wenn die Anzahl der Windräder auf Dächern von Abgeordneten ein Kennzeichen dafür sein sollte, wie viel Wind ein Abgeordneter macht, dann müsste auf Ihrem Dach ein großer Windpark stehen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der Landtagsfraktion der LINKEN hat zum Gegenstand, von § 249 Baugesetzbuch, den Sonderregelungen für Windkraft, Gebrauch zu machen. Demnach haben die Länder, Sie haben das dargestellt, die Möglichkeit, bis zum 31. Dezember 2015 durch Landesgesetze den Privilegierungstatbestand für Windenergie nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch von der Einhaltung höhenbezogener Abstandsregelungen abhängig zu machen. Der vorliegende Gesetzentwurf der LINKEN schreibt für Vorhaben, die der Forschung, Entwicklung und Nutzung der Windenergie dienen, zwingend einen Abstand zur Wohnbebauung vor, der das Zehnfache der Anlagenhöhe beträgt.
Meine Damen und Herren, Anlagen zur Erforschung, Entwicklung und Nutzung der Windenergie im Außenbereich sind seit 1997 nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch bundeseinheitlich uneingeschränkt privilegiert. Sie haben recht, damals waren Windräder in der Regel weit weniger als 100 Meter hoch. Heute erreichen sie Höhen von mindestens 200 Metern. Die neusten Typen sind sogar noch höher. Damit ergeben sich natürlich deutlich veränderte Wir
kungen, insbesondere für die Menschen, die in ihrer Nähe wohnen. Es kann nicht geleugnet werden, dass sich durch die neuen Windräder in ihrer näheren Umgebung viele Menschen bedrängt fühlen. Es ist richtig, dass wir, wenn wir die Energiewende zum Erfolg führen wollen, auf solche Probleme der Bürgerinnen und Bürger reagieren müssen und dass die Energiewende nicht über die Köpfe der Menschen hinweg durchgesetzt werden darf. Es ist richtig, dass die optische Wirkung der Windräder, Gesamthöhe und Entfernung der Windenergieanlagen entscheidend sind für Zustimmung und Akzeptanz. Es ist aber auch klar, dass seit Fukushima und dem Atomausstieg - diese Antwort haben Sie sicher erwartet feststeht, dass wir nicht mehr über das Ob, sondern nur noch über das Wie diskutieren.
Wenn die LINKE-Landtagsfraktion im dicht besiedelten Saarland mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf zwingend einen Mindestabstand der zehnfachen Höhe zur entsprechenden Wohnbebauung vorschreibt, dann passt das nicht zur Energiewende. Genau das ist der zentrale Unterschied zum Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung in der gleichen Angelegenheit. Dort findet sich in der Gesetzesbegründung der Hinweis darauf, dass nach wie vor ausreichende Flächen für Windkraftanlagen zur Verfügung stehen. - Hierzu von Ihnen kein Wort in der Begründung des Gesetzentwurfes. Kein Wort dazu, was eine solche Regelung im Saarland mit seinen eigenen Voraussetzungen - nicht den bayerischen - bedeuten würde.
Die Errichtung moderner Windenergieanlagen wäre im Saarland mit dieser Regelung kaum noch möglich. Bei einer Gesamthöhe moderner Windenergieanlagen, die heute üblicherweise 200 Meter hoch sind, wären das 2.000 Meter Abstand. Die Windpotenzialflächen im Saarland würden nach Schätzungen bei einem Abstand von 2.000 Metern von bisher 19,1 Prozent auf nur noch 4,4 Prozent der Windpotenzialflächen schrumpfen. Wenn das Saarland sein Ausbauziel von 20 Prozent aus erneuerbaren Energien erreichen will, dann brauchen wir bis zum Jahre 2020 bis zu 600 MW aus Windkraft. Ende 2013 waren wir bei 150 MW aus Windenergieanlagen. Würden wir Ihren Gesetzentwurf umsetzen, dann hätten wir im dicht besiedelten Saarland nur noch ein sehr geringes Ausbaupotenzial. Es wäre ein Bruchteil des bisherigen, es wäre ein Ausbaupotenzial, mit dem wir die Energiewende unter keinen Umständen erreichen können. Das ist das Prinzip „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“.
Herr Lafontaine, es ist populistisch, denn Sie wägen nicht ab. Sie zeigen damit auch, dass Sie im Energieland Saarland nicht regierungsfähig sind. Die CDU-Landtagsfraktion und die saarländische Landesregierung wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir wollen auch im geordneten Verfahren der Bauleitplanung die Beteiligung der Bevölkerung und eine ortsspezifische Abwägung. Das sind oftmals schwierige Einzelfälle, bei denen wir in den Kommunen durch umfangreiche Abwägungen zu angemessenen Ergebnissen kommen müssen.
Ich habe schon einmal in der Landtagsdebatte vom 15. Oktober 2013 zum gleichen Thema gesagt, dass wir beim Ringen um die Akzeptanz die Entscheidungen auch dadurch nachvollziehbar machen, dass wir klar und deutlich sagen: Ja, die Errichtung von Windkraftanlagen ist ein Eingriff in Natur und Landschaft. Wir können beim Thema, wie die Energiewende gelingt, auch nicht auf Basis von ästhetischen Kategorien argumentieren, Herr Lafontaine!
Wir können auch nicht auf Basis einer nicht saarländischen Sichtweise wie etwa der bayerischen argumentieren, sondern wir müssen auf der Basis tatsächlicher Kategorien argumentieren. Tatsächlich wären wir im Saarland sehr weit von den Energiezielen entfernt, würden wir diesem starren und nicht sachgerechten Gesetzentwurf zustimmen.
Herr Lafontaine, der Gesetzentwurf Ihrer Landtagsfraktion ist schließlich auch aus rechtlichen Gründen nicht zustimmungsfähig. Ich nenne nur ein einziges Beispiel: Sie haben in § 88 a Abs. 3 Satz 3 Ihres Gesetzentwurfs vorgesehen, dass für die Bebauungspläne, die eine Sondergebietsfläche für Windkraftanlagen mit einem geringeren Abstand als 10H zu Wohngebieten einer Nachbargemeinde festsetzen, zwingend die Zustimmung der Nachbargemeinde nach § 2 Abs. 2 Baugesetzbuch erforderlich ist. Dies würde im Falle der Versagung der Zustimmung bedeuten, dass eine Gemeinde aus einem wirksamen Flächennutzungsplan keinen Bebauungsplan entwickeln könnte. Eine solche Regelung ist erstens mit der kommunalen Planungshoheit unvereinbar, zweitens überschreitet dies auch die bundesgesetzliche Ermächtigung nach § 249 Abs. 3 Baugesetzbuch. Denn § 249 Baugesetzbuch, der die Länder zu Sonderregelungen in Bezug auf Windkraft befugt, erstreckt sich nicht auf Regelungen zum kommunalen Abstimmungsgebot und auch nicht auf Regelungen, die das Recht der Gemeinde, aus einem wirksamen Flächennutzungsplan einen Bebauungsplan zu entwickeln, ausschließt.
kommt zu unangemessenen, nicht abgewogenen Ergebnissen. Er ist wegen rechtlicher Fehler nicht zustimmungsfähig. Er weckt Erwartungen bei Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes, die eine Politik, die zu abgewogenen und verantwortlichen Ergebnissen kommen will, leider niemals wird erfüllen können.
Sie bleiben damit allerdings Ihrer Linie zum Thema Windkraft treu. Wir hatten denselben Themenkomplex bereits am 15. Oktober 2013 und am 19. März 2014 im Plenum, in letztgenanntem Fall eingepackt in das Thema Bürgerentscheid bei Planfeststellungsverfahren und Bauleitplänen. Auch heute schreiben Sie in Ihrem Gesetzentwurf wieder, dass Sie flankierend § 21 a Abs. 4 des KSVG ändern wollen. Auch heute gilt: Dieser benennt in einem Katalog die Angelegenheiten, die von vornherein nicht Gegenstand eines Bürgerentscheids sein können. Dazu gehören Bauplanfeststellungsverfahren und die Aufstellung und Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen.
In der Begründung zum § 24 a KSVG, der mit dem Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften Drucksache 11/675 am 03. April 1996 von der Landesregierung in den Landtag eingebracht worden ist, heißt es - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, aus dem Gesetzentwurf der Regierung Lafontaine -: „Die in Absatz 4 aufgestellten Angelegenheiten können nicht Gegenstand eines Bürgerentscheids sein, weil sie entweder aus Rechtsgründen von vornherein einer Bürgerentscheidung entzogen sind oder weil eine bürgerschaftliche Mitwirkung ihrer Natur nach oder aus ordnungspolitischen Gründen nicht zweckmäßig ist.“
Im Übrigen verweise ich auf die im März gemachten Aussagen. Meine Damen und Herren, werte Kollegen der LINKEN, ich wiederhole auch meinen Hinweis, dass wir immer noch dem Grundsatz der Energieversorgung verpflichtet sind, der sich aus § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes ergibt. Demnach hat Energieversorgung möglichst sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und umweltverträglich zu sein und muss zunehmend auf erneuerbaren Energien beruhen. Wenn wir diesem Gesetzentwurf zustimmen würden, würden wir uns von diesem Auftrag ganz weit entfernen. Wir sind den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur verpflichtet in Bezug auf die Angemessenheit beim Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern vor allem auch in Bezug auf eine leistungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität unter Einhaltung des beschlossenen Atomausstiegs. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Gesellschaft hat entschieden, die schädlichen Veränderungen in der Atmosphäre nicht weiter zu akzeptieren. Windkraft leistet da einen wichtigen Beitrag.
Es ist schade: Nur einen Tag nach dem Klimagipfel in New York stellt die LINKE einen solchen Gesetzentwurf vor. Ich hoffe, dass der zeitliche Zusammenhang nur ein unglücklicher Zufall ist und keine Absicht.
In New York haben gerade 300.000 Menschen gegen den Klimawandel demonstriert - Sie verhindern mit diesem Antrag die Erreichung der CO2-Klimaziele.
Glücklicherweise vertritt nur die LINKE im Landtag des Saarlandes diese unsinnige Position. Auf Bundesebene steht die LINKE selbst hinter dem Ausbau der Windkraft. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich aus der Begründung zu einem Antrag der Linksfraktion vom 24. Juni 2014 - das ist gerade mal drei Monate her - im Deutschen Bundestag: „Die Länderöffnungsklausel und die damit vorgesehene Änderung der Baugesetzes ist unsinnig und der Umsetzung der Klimaschutzpolitik und der Energiewende nicht förderlich.“ Unterschrieben ist der Antrag mit „Gregor Gysi und Fraktion“.
Frau Ensch-Engel, Sie haben eben von kleinen Windrädern gesprochen. In dem Zusammenhang muss ich an die Kommunalwahl in Merzig-Wadern zurückdenken. Da hat die LINKE doch tatsächlich kleine Windräder verteilt.
Ich habe mir damals eins mitgenommen. Ich habe auch gefragt, ob ich es hier verwenden kann. Ja, selbstverständlich, hieß es da. Leider ist mir das Windrad inzwischen kaputt gegangen; es war wohl nicht nachhaltig.
Ich stelle an dieser Stelle noch einmal fest: Die Linksfraktion im Bundestag findet eine Änderung der Landesbauordnung durch Einführung der 10H-Regelung unsinnig, die Linkspartei im Saarland, zumindest im Landkreis Merzig-Wadern, möchte 100 Prozent erneuerbare Energien und verteilt Windräder,
Frau Ensch-Engel, Sie haben eben gesagt, dass mit jedem Windrad mehr Kohle verfeuert wird. Das liegt doch nicht an den Windrädern, sondern an einer völlig verfehlten Politik, die schmutzige Kohlekraftwerke billiger macht als moderne Gaskraftwerke!
Die Lösung kann doch nicht darin bestehen, auf Windkraft zu verzichten, vielmehr muss der CO2Ausstoß teurer werden, damit die Kohlekraftwerke in Windeseile vom Markt verschwinden. Fakt ist doch, dass Wind und Sonne mit Abstand die wichtigsten Stromquellen der Zukunft sein werden. Sie wollen es den Befürwortern von Windkraft recht machen, indem Sie die Energiewende gutheißen. Sie möchten aber die Gegner auch mitnehmen. Sie versuchen, jedem nach dem Mund zu reden. Das funktioniert so nicht, die Bürger erkennen das.
Ich möchte noch etwas zu den Vorurteilen über Windkraft wiederholen. Ich habe das hier im Plenum vom Oktober vergangenen Jahres schon angesprochen, weil eben diese Vorurteile oft zu Bürgerinitiativen führen. Ein Vorurteil ist die Lautstärke. Die gemessenen Immissionen moderner Anlagen bewegen sich tatsächlich im Bereich um 50 Dezibel. Die akustische Planung ist auf die Einhaltung des Nachtrichtwertes von 45 Dezibel ausgelegt. Daher müssen die Anlagen eine Entfernung zu Wohngebieten einhalten, die die Einhaltung dieses Nachtrichtwertes ermöglicht. In reinen Wohngebieten sind es sogar 35 Dezibel. Zum Vergleich: Eine Bibliothek hat eine Lautstärke von 40 Dezibel.
Ein weiteres Vorurteil ist der Schattenwurf. Dabei sind zunächst einmal die Himmelsrichtung und die Richtung zur Wohngegend entscheidend. Schattenwurf tritt nur bei viel Sonne und aus östlicher und westlicher Richtung auf, auch nur zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten. Genau aus diesem Grund verfügen moderne Anlagen über sogenannte Schattenabschaltungen. Damit lässt sich das Problem nahezu vollständig eliminieren.
Ganz selbstverständlich stehen wir PIRATEN auch zum Naturschutz. Deshalb gibt es ja auch die Umweltverträglichkeitsprüfung. Allein dadurch wird der von den LINKEN befürchtete Wildwuchs schon ausgeschlossen.
Noch eine Anmerkung zum Landschaftsschutz. Sie reden gerne von der Höhe der Windräder. Wenn ich mich in Tholey auf dem Schaumberg auf den Turm stelle, sehe ich definitiv bis zum Kohlekraftwerk in Ensdorf. Sie möchten diesen Anblick wohl weiterhin haben. Offensichtlich gefällt Ihnen auch der Blick auf
(Zuruf von der LINKEN: Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun! - Beifall von B 90/ GRÜNE).)