Wir wollen aber in der Debatte heute - das ist auch die Zielrichtung des Antrages der PIRATEN - ein wenig den Blick auf die qualitativen Aspekte lenken. Dabei müssen wir Themen in den Blick nehmen wie Inklusion, Sprachförderung, interkulturelle Erziehung, auch die besonderen familiären Probleme, die die Kinder mit sich bringen wie zum Beispiel soziale Vernachlässigung und Armut; ich habe schon darauf hingewiesen.
Wenn wir uns mit den qualitativen Aspekten der Kitas beschäftigen, nimmt die Personalausstattung und in dem Zusammenhang selbstverständlich auch die Qualifizierung des Personals in den Kindertageseinrichtungen eine Schlüsselrolle ein. Aus unserer Sicht muss es hier bei der Personalisierung der Kindertageseinrichtungen einen Grundsatz geben, lauten muss: Je jünger die Kinder, desto intensiver der Zuwendungs- und demzufolge auch der Betreuungsbedarf in einer Gruppe. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Schaut man sich jetzt das Positionspapier der Liga vom Januar 2015 an - darauf bezieht sich ja im Wesentlichen der PIRATEN-Antrag -, das sich mit der Qualität der Kita-Betreuung und den Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher beschäftigt, so wird die aktuelle Personalsituation in unseren Kitas von der Liga deutlich kritisiert. Dort wird gesagt, dass der quantitative Ausbau der Kindertageseinrichtungen zu Lasten der Qualität stattgefunden hat. Ich meine, das ist schon eine massive Kritik, mit der sich die Landesregierung auseinandersetzen muss.
Ich zitiere aus diesem Papier: „Jüngstes Beispiel ist die neu verabschiedete Kinderkrippen-Erzieherin
nen-Zahlenrelation, die neuerdings sechs Krippenkinder einer Bezugsperson zuordnet. Der Betreuungsauftrag mag dadurch gewährleistet sein, der Bildungs- und Erziehungsauftrag - also die beiden anderen tragenden Säulen - ist es nicht mehr.“ Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist durchaus eine massive Kritik, der man sich stellen muss. Wenn es richtig ist, was dort steht, dann muss man dies ändern. Deshalb unterstützen wir auch den Antrag der PIRATEN in Richtung einer deutlich besseren Personalausstattung der Kitas insbesondere in Abhängigkeit vom Alter der Kinder in der jeweiligen Einrichtung.
Auch die Forderung, die Berechnung der Hauswirtschaftskräfte unabhängig vom Personalschlüssel der pädagogischen Kräfte vorzunehmen, ist berechtigt. Kindertageseinrichtungen können der Aufgabe einer Ganztagseinrichtung nicht gerecht werden, wenn nicht ausreichend hauswirtschaftliches Personal außerhalb des Personalschlüssels zur Verfügung steht. Deshalb ist es richtig, bei Kindern bis zu einem Jahr einen Personalschlüssel von 1:2 zu fordern, bei Kindern bis zu drei Jahren eine Erzieherin für drei Kinder vorzusehen, und ab dem dritten Lebensjahr sollen 7,5 Kinder auf eine Erzieherin kommen.
Diesen Personalschlüssel fordert im Übrigen auch das ist mehrfach angesprochen worden - die Bertelsmann Stiftung im Ländermonitor 2015. Kollegin Döring und Kollegin Rink, Sie müssen das schon vollständig lesen und vollständig zitieren. Dort wird nämlich kritisiert, dass der Personalschlüssel in den saarländischen Kindergärten trotz leichter Verbesserung - das räume ich ein - deutlich ungünstiger ist als der Westdurchschnitt. Das ist eine Tatsache, der wir uns stellen müssen. Insofern sehen wir hier klaren Handlungsbedarf.
Auch die weiteren Forderungen der PIRATEN nach Weiterbildungsmaßnahmen und einer entsprechenden Bedarfsplanung für Erzieherinnen und Erzieher unterstützen wir. Das geht aus unserer Sicht alles in die richtige Richtung. Deshalb stimmen wir diesem Antrag zu. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Ich muss zunächst einmal unseren Antrag in die Hand nehmen, um zu schauen, was drinsteht. Ich hatte teilweise das Gefühl, dass wir über zwei verschiedene Themen sprechen, besonders beim Redebeitrag der Frau Döring. In unserem Antrag geht es nicht um die Quantität, sondern um
die Qualität. Wir sehen, dass die Versorgungsquote etwa bei 30 Prozent liegt. Wir sehen auch, dass die Angebote ausgebaut wurden. Aber in unserem Antrag ging es nicht darum! In unserem Antrag geht es rein um die Qualität der Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Deshalb ist es mir unverständlich, wie man seine Rede zu 90 Prozent auf dem aufbauen kann, was man beim Angebot gemacht hat. Sprachkitas - toll! Das finden wir PIRATEN auch toll. Das haben wir schon öfters gesagt.
Das Kooperationsjahr ist toll. Das Portfolio ist auch toll. Das haben wir gar nicht angesprochen, aber darum ging es auf einmal. Das ist irgendwie absurd. Es kommt mir vor, als hätten zwei verschiedene Anträge vorgelegen.
Frau Rink, ich bin ganz froh um Ihren Zwischenruf. Sie haben gesagt, ja, das braucht auch Qualität. Es braucht vor allen Dingen aber auch Personal.
Ich kann Ihnen gerne sagen, wie die Realität teilweise aussieht. Es ist so, dass es sehr viele offene Erzieherstellen gibt. Es gibt Stellen, für die keine Bewerbungen von Erzieherinnen und Erziehern vorliegen. Vielmehr ist es so, dass sich für diese Stellen Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger bewerben, was ja an sich nichts Schlimmes ist. Es gibt aber sehr viele Einrichtungen, die Anträge stellen, dass sie für eine Stelle, die nach dem Schlüssel für Erzieher vorgeschrieben ist, einen Kinderpfleger einsetzen dürfen, weil sie die Erzieher für diese Stellen nicht haben. So sieht die Realität aus!
Auch Folgendes entspricht der Realität. Es gibt teilweise Gruppen mit über 20 bis 25 Kindern - das ist keine Seltenheit -, bei denen nur zwei Betreuer in einer Gruppe sind. Ich kann rechnen. Das ist ein bisschen wenig. Uns wurde auch zugetragen, dass es die Realität ist, dass - wenn irgendetwas passiert - Kinder aus der Gruppe in eine andere Gruppe geschickt werden, um zu sagen, dass doch bitte noch eine Betreuerin kommen soll. Ansonsten würde eventuell eine Betreuerin mit einer 20-köpfigen Gruppe von Kindern alleine sein. Das ist die Realität!
Hier wird aber gesagt, wir haben genug Personal, es gibt kein Personalproblem. Ich weiß ja nicht, welche Einrichtungen Sie besucht haben. Aber ganz ehrlich, das war weit an der Realität vorbei, wenn Sie sagen, es gibt kein Personalproblem. - Danke sehr.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache 15/1813 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1813 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE, PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen unsere unterbrochene Sitzung fort und kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:
Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion und der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Sozial-, Umwelt-, Verbraucherschutz- und demokratische Standards bewahren - Freihandelsabkommen TTIP und CETA und Dienstleistungsabkommen TISA stoppen (Drucksache 15/1814 - neu)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion insbesondere um TTIP hat dadurch wieder an Aktualität gewonnen, dass Dokumente durch Greenpeace veröffentlicht worden sind. Diese Dokumente haben das bestätigt, was wir schon lange befürchtet hatten, was mit diesem Abkommen beabsichtigt ist.
Das Abkommen wird von den Befürwortern damit begründet, dass die wirtschaftliche Tätigkeit auch hierzulande angeregt wird, dass wir einen Aufschwung von wirtschaftlicher Tätigkeit haben, was sich auch in Arbeitsplätzen niederschlagen sollte. Nun sagen aber ernst zu nehmende Studien sehr deutlich, dass - wenn überhaupt - dieses wirtschaftliche Wachstum sich über einen sehr langen Zeitraum einstellt und sehr bescheiden ist und dass es, was die Zahl der Arbeitsplätze angeht, wirklich verschwindend gering ist.
Wenn wir uns allerdings nicht nur die Untersuchungen und Prognosen anschauen, sondern die Realität ähnlicher Abkommen wie das Abkommen NAFTA
zwischen Nordamerika und Mexiko, dann müssen wir feststellen, dass dort infolge dieses Abkommens eine Million Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Die erhofften positiven Wirkungen des Abkommens sind also keineswegs sicher. Vielmehr scheint mit Blick auf die Realität anderer Abkommen eher das Gegenteil der Fall zu sein.
Was will dieses Abkommen? Dieses Abkommen will Wirtschaft dadurch ankurbeln, dass sogenannte nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden. Es geht nicht um Zölle; die sind ohnehin relativ gering. Es geht um den Abbau von sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen. Das heißt, es geht um den Abbau von Regelungen und Standards.
Sie können sich nachher melden, wenn Sie der Auffassung sind, dass nicht abgebaut wird, sondern dass harmonisiert wird und Ähnliches. Ich bin noch nicht zu Ende, Herr Kollege Theis. - Ich beziehe mich im Wesentlichen auf drei Bereiche. Es geht um Regeln für den Verbraucherschutz, die Umwelt und die Arbeit. Im Rahmen des Verbraucherschutzes haben wir ein großes Problem. Es wird hier am nächsten Samstag in Saarbrücken eine größere Demonstration geben. Bei ihr steht die Diskussion um gentechnisch veränderte Lebensmittel im Mittelpunkt. Wenn wir wissen, dass in den USA die Mehrheit der in den Supermärkten angebotenen Lebensmittel gentechnisch manipuliert ist. Da sehen wir das Risiko, das auf uns zukommen kann.
Was den Umweltschutz angeht, müssen wir feststellen, dass auch dort bestimmte Standards, die wir in der Europäischen Union haben, Gefahr laufen, untergraben zu werden. Ich verweise auf die Praxis des Frackings in den USA, was hierzulande höchst umstritten ist und - wie ich finde - zu Recht abgelehnt wird.
Was den dritten Bereich - die Arbeit - angeht, sieht es so aus, dass wir dort erhebliche Befürchtungen im Hinblick auf Arbeitnehmerrechte und Gewerkschaftsrechte haben. Man muss sehen, dass die USA die Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO nicht vollständig anerkannt haben. Sie haben zwar die Resolution der ILO von 1998 anerkannt, aber nicht alle Kernnormen vollständig. Dies bedeutet, dass erhebliche Gefahr für die gewerkschaftliche Betätigung besteht. Wenn wir uns die Realität gerade in den USA, insbesondere in den Südstaaten, anschauen, dann haben wir es dort sehr häufig mit gewerkschaftsfreien Zonen zu tun. Wir müssen also fürchten, das es hier zu erheblichen Abstrichen kommt.
Das heißt, auf allen diesen drei Gebieten gibt es erhebliche Risiken, was durch die Veröffentlichung dieser Dokumente deutlich unterstrichen wurde.
Es gibt einen Punkt, den ich für den zentralen Punkt in diesem Abkommen halte. Das ist das sogenannte Investitionsschutzabkommen. Das bedeutet, dass Unternehmen künftig bei politischen Regelungen, die noch nicht bestanden, als sie sich zu Investitionen in bestimmten Ländern entschieden haben, gegen diese als Investitionshemmnisse klagen können. Ich mache es deutlich: Vattenfall klagt beispielsweise infolge des Beschlusses, dass aus der Atomenergie ausgestiegen wird, weil sie ihre Investitionsaussichten geschmälert sehen. Das heißt, ihre Aussichten auf Profit wären geschmälert. Das Gleiche passiert mit dem Tabakriesen Philip Morris in Australien oder mit den Ölfirmen in Ecuador und dergleichen mehr. Dies bedeutet, dass dieses Abkommen vor allen Dingen den Interessen der großen Unternehmen und insbesondere der transnationalen Konzerne dient. Hinzu kommt, dass diese Klage noch nicht einmal vor ordentlicher Gerichtsbarkeit erfolgt, sondern in Schiedsgerichten, die sozusagen eine Parallelgerichtsbarkeit darstellen. Das ist aus meiner Sicht überhaupt nicht hinnehmbar.
Nun gibt es eine öffentliche Diskussion über eine Veränderung dieses Investitionsschutzes. In Zusammenhang mit dem kanadischen Abkommen CETA ist etwas verändert worden, allerdings nur, was die Regeln angeht. Es waren sozusagen kosmetische Korrekturen. Es bleibt bei der Sondergerichtsbarkeit über private Schiedsgerichte. Das will ich hier wiederholen. Das kann überhaupt nicht gehen, weil wir uns hier vollständig den Interessen der großen Konzerne und transnationalen Unternehmen unterwerfen.
Man muss Folgendes deutlich sagen. Dieses Abkommen ist darauf gerichtet, dass in wirtschaftlichen Angelegenheiten bei den Standards im Verbraucherschutz und bei den Arbeitnehmerrechten keine politischen Regelungen mehr stattfinden sollen, sondern dass politische Regelungen hinter den Profitinteressen der großen Konzerne zurücktreten sollen. Das ist der Kern dieses Abkommens.
Das ist ja schon einmal versucht worden, gerade in Zusammenhang mit dem Investitionsschutz für Großunternehmen. Viele werden das nicht mehr wissen, aber sicherlich noch einige. In den Neunzigerjahren gab es das sogenannte MAI-Abkommen (Multilateral Agreement on Investment). Das ist damals am Widerstand Frankreichs gescheitert. Das heißt, man kann durchaus Hoffnung haben, dass auch TTIP scheitert. Immerhin sind 3,4 Millionen Unterschriften dagegen gesammelt worden. Es gibt