Klaus Kessler
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in Zweiter Lesung den Gesetzentwurf zur Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes, konkret geht es darum, § 28 Abs. 3 zu ändern. Es geht darum, die Dauer der Befristung von längerfristigen Observationen potenzieller Gefährderinnen und Gefährder von derzeit drei Monaten Höchstfrist auf sechs Monate zu verlängern. - So weit der Sachverhalt. Begründet wird dies damit, dass die bisherige Befristung einer längerfristigen Observation von drei Monaten häufig nicht ausreiche, um eine belastbare Prognose hinsichtlich des Gefährdungspotenzials der beobachteten Person zu erstellen, und deshalb eine längere Frist erforderlich sei.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den ersten Blick ist das nicht unvernünftig. Wer wollte schon etwas dagegen haben, dass mögliche Gefährder beobachtet, erkannt und je nach Fall und Lage auch frühzeitig dingfest gemacht werden? Denn es geht dabei doch um unser aller Sicherheit. Insofern sagen wir GRÜNE auch, unsere Sicherheit hat Vorrang und es muss alles getan werden, um gerade auch angesichts der Bedrohung durch Terroranschläge diese Sicherheit zu gewährleisten.
Dazu gehört aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, eine deutlich verbesserte Sach- und Personalausstattung der Polizei. Da dies die letzte Sitzung dieser Legislaturperiode ist, erhärte ich an dieser Stelle noch einmal ganz klar unsere Forderung nach einer kontinuierlichen Neueinstellung von jährlich mindestens 120 Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern, nachdem in den Jahren 2014 und 2015 jeweils nur
83 beziehungsweise 91 Neueinstellungen erfolgt sind. Es muss Schluss sein mit dem Stellenabbau in der Polizei, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Über eines müssen wir uns doch im Klaren sein: Ob Videoüberwachung - der Kollege Becker hat dazu weitgehende Ausführungen gemacht - oder eine längerfristige Observation von Gefährdern, all dies ist nun einmal personalintensiv. Das heißt, ohne eine Aufstockung des Polizeipersonals werden alle diese Maßnahmen nicht erfolgreich sein können. Damit wird auch keine verbesserte Sicherheitslage in diesem Land eintreten können.
Im Gesetzentwurf der Großen Koalition wird der Eindruck erweckt, dass es dringend erforderlich sei, den Beobachtungszeitraum der Gefährder auszuweiten, konkret zu verdoppeln, da ansonsten ein hohes Gefährdungspotenzial bestehe. Um das zu bewerten, muss man sich die derzeitige Gesetzeslage anschauen, ob es überhaupt notwendig und zielführend ist, dies zu tun, ob es nicht vielleicht ausreicht, die Gesetzeslage, wie wir sie zurzeit haben, auszuschöpfen. In dem Zusammenhang müssen wir die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme beurteilen vor dem Hintergrund der jetzt gültigen allgemeinen Rechtslage und insbesondere vor dem Hintergrund der Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zum Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Da hat die Anhörung zum Gesetzentwurf tendenziell gezeigt, dass es erhebliche Bedenken gibt, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Dies hat insbesondere das Unabhängige Datenschutzzentrum dargestellt, aber auch der Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt. Wir GRÜNE teilen an dieser Stelle die Bedenken, die dazu geäußert worden sind, und werden deshalb den Gesetzentwurf in Zweiter Lesung ablehnen.
Ich möchte das noch einmal wie folgt begründen. Erstens. Auch heute schon kann die Observationsfrist von drei auf sechs Monate verlängert werden, wenn eine entsprechende richterliche Anordnung erfolgt. Selbst der Vertreter der Deutschen Polizeigewerkschaft hat bei der Anhörung eingeräumt, dass es bislang überhaupt keine Probleme bei der Erlangung dieser richterlichen Anordnung gegeben hat. Ist Gefahr im Verzug, kann auch heute schon der Behördenleiter eine entsprechende Anordnung treffen und innerhalb von drei Tagen kann diese Anordnung von einem Richter bestätigt werden. Das ist die geltende Rechtslage. Die vorgesehene Verlängerung der Observationszeit über drei Monate hinaus ohne eigenen Richterspruch lockert eigentlich nur die richterliche Kontrolldichte und schränkt den Richtervorbehalt deutlich ein. Hinzu kommt, dass bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein
muss. Das scheint mir bei dieser Änderung nicht der Fall zu sein. Eine Prognose, die sich nicht auf eine konkrete Gefahr bezieht, reicht nicht aus, um einen derartigen Grundrechtseingriff zu rechtfertigen. Aus der Sicht des Datenschutzzentrums - da sind wir mit unserer Meinung also nicht alleine - ist deshalb die beabsichtigte Regelung sowohl unverhältnismäßig als auch verfassungswidrig, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zweitens. Sie schreiben im Entwurf, dass die Observation von drei Monaten häufig nicht ausreiche. Häufig, sagen Sie. Meine Nachfrage im Innenausschuss hat ergeben, dass es im Jahr 2016 lediglich drei richterliche Verlängerungen der Observation über drei Monate hinaus gegeben hat. Von Häufigkeit kann also bei dieser Zahl überhaupt nicht die Rede sein. Insofern stellt sich wiederum die Frage nach dem parlamentarischen Handlungsbedarf für eine solche Gesetzesänderung überhaupt, zumal die derzeitige Regelung offensichtlich funktioniert, wie Vertreter der Polizeigewerkschaft bestätigt haben.
Aber vielleicht wollten Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von CDU und SPD, ja noch kurz vor der Wahl der Öffentlichkeit suggerieren, wie möglicherweise unsicher wir hier im Lande leben, gäbe es nicht die Große Koalition, gäbe es nicht auf den letzten Drücker diese Änderung im Polizeigesetz. Da kann ich nur sagen: Wenn Sie diese Sorge etwas früher gehabt hätten, im Laufe der Legislaturperiode, hätten Sie sich etwas sorgfältiger mit der Änderung des Polizeigesetzes befassen sollen und dieses zumindest dahingehend ändern sollen, dass ihm eine Verfassungsgemäßheit bescheinigt werden kann. Sie sollten aber nicht aus der Hüfte heraus ein Polizeigesetz so ändern, dass es an allen Ecken und Kanten auf rechtliche Bedenken stößt.
Ein dritter Punkt. Das Saarland geht mit diesem Gesetz einen Sonderweg. Eine so lange Frist von sechs Monaten Observation kennt sonst kein Gesetz. In der Strafprozessordnung sind drei Monate für die Abwehr der Gefahren des internationalen Terrorismus vorgesehen. Im Entwurf zum neuen BKA-Gesetz steht eine Frist für die Anordnung einer Observation von einem Monat, für einen verdeckten Ermittler von drei Monaten. Andere Polizeigesetze der Länder schreiben, wenn sie keine Höchstfrist vorsehen, ein Maximum von drei Monaten vor. Insofern ist es aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, warum wir gerade hier im Saarland einen solch unverhältnismäßig großen Grundrechtseingriff durch eine Änderung des Polizeigesetzes vornehmen sollen, zumal die derzeitige Regelung im Polizeigesetz völlig ausreichend ist, um entsprechende Observationsmaßnahmen - ich betone: auch länger andauern
de Observationsmaßnahmen - gegenüber potenziellen Gefährderinnen und Gefährdern vorzunehmen.
Also kann es nur Wahlkampf sein, was Sie hier machen. Bei tatsächlichen Anhaltspunkten kann bereits heute nach geltendem Recht eine längerfristige Observation erfolgen, verlängert um drei weitere Monate durch richterlichen Beschluss. Insofern ändert der Gesetzentwurf nichts an den Anordnungsvoraussetzungen. Er löst eigentlich nur ein Scheinproblem. Er reduziert allerdings die Dichte der verfassungsrechtlich geforderten Kontrolle durch die Richter, und das ist ein aus verfassungsrechtlicher Sicht, auch aus unserer Sicht, überaus gewagtes Unterfangen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das machen wir GRÜNE nicht mit. Die derzeitige Regelung ist völlig ausreichend. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf in Zweiter Lesung ab. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ausgestaltung der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen. Entwicklungspolitik kann einen Beitrag zu mehr globaler Gerechtigkeit leisten, wenn sie dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet ist. Dies ist umso notwendiger, als weltweit die Krisen zugenommen haben, das reicht von Wirtschafts- und Finanzkrisen, über Bürgerkriege, Stammesfehden bis zur Klimakrise mit Folgen für Hunger, Verfolgung und Armut und nicht zuletzt bis zu den Ursachen in der Flüchtlingsbewegung.
Insgesamt ist festzustellen, dass die globale Ungleichheit zugenommen hat. Daran haben die sogenannten reichen Länder im Norden einen nicht unerheblichen Anteil. Es kann nicht sein, dass weiterhin Waffenexporte in Krisenregionen jeglichen Friedensbemühungen zuwiderlaufen. Es kann auch nicht sein, dass klimaschädliche Subventionen gezahlt werden, unsere endlichen Rohstoffe dadurch vernichtet werden oder dass von uns ausgehende Exportoffensiven den Entwicklungsländern die Anstrengung nehmen, zur Armuts- und Hungerbekämpfung selbst beizutragen.
Deshalb sind wir der Meinung, dass sich die Bundesrepublik Deutschland, aber auch die Landespolitik und unsere Gesellschaft insgesamt in der Frage der Entwicklungszusammenarbeit neu ausrichten müssen. Wir brauchen ein Leitbild für eine globale, nachhaltige Entwicklung mit entsprechend abgestimmten Zielen zwischen Bund, Ländern und auch den Kommunen. In einer Welt leben heißt, Verantwortung zu übernehmen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und diese auch gemeinsam umzusetzen.
Die im September 2015 von den Vereinten Nationen beschlossene Agenda für nachhaltige Entwicklung zählt ebenso auf die Mitwirkung der Kommunen bei der Umsetzung dieser Agenda. Ziel ist es nicht mehr, Veränderungen allein im Globalen Süden herbeizuführen, auch die Länder im Globalen Norden müssen Verantwortung für ihr Handeln für eine gerechtere Welt übernehmen. Partnerschaften auf Augenhöhe sollen entstehen. Dadurch können auch Fluchtursachen erkannt, beraten und ebenso auf lokaler Ebene bekämpft werden. Entscheidend dabei ist insbesondere die Informations-, Beratungs- und Bildungsarbeit aller Organisationen, die sich für die Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Dabei ist vor allem die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen im Lande unerlässlich. Ich möchte an dieser Stelle meinen ausdrücklichen Dank für die engagierte Arbeit allen Organisationen im Saarland
ausrichten, die sich für die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen. - Vielen Dank dafür.
Ebenso danke ich den Mitgliedern des Entwicklungsbeirates, der das Bildungsministerium und unseren Bildungsminister bei der Bewilligung der saarländischen Nichtregierungsorganisationen für entwicklungspolitische Projekte und Programmaktivitäten unterstützt. Auch das muss einmal in dieser Deutlichkeit gesagt werden.
Das Ziel unserer grünen Entwicklungspolitik ist eine nachhaltige Entwicklung weltweit, die auf den Menschenrechten beruht, das Klima und unsere natürlichen Ressourcen schont und Armut und Ungleichheit reduziert. Wir sind als GRÜNE fest davon überzeugt, wir können besser wirtschaften und unser aller Lebensqualität verbessern, ohne dass unser Wohlstand auf Kosten der Umwelt, zukünftiger Generationen und ausgebeuteter Menschen geht und ohne dass wir dabei auch gleichzeitig unsere Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
Deshalb sagen wir, ein konsequenter Klimaschutz ist ein unverzichtbarer Beitrag zur globalen Gerechtigkeit. Wir GRÜNE wollen, dass Deutschland wieder an die Spitze des internationalen Klimaschutzes kommt. Wir wollen die Chancen einer klimafreundlichen Wirtschaft ergreifen, die Abhängigkeit von Energieimporten verringern und unserer globalen Verantwortung konsequent gerecht werden. Deshalb soll die Landesregierung darauf hinwirken, damit auch die Bundesregierung die Chance für mehr Klimaschutz ergreift, nichts verspielt wird und die Klimaschutzziele eingehalten werden können.
Die Leitlinien zur Entwicklungszusammenarbeit, die nun gemeinsam mit den Nichtregierungsorganisationen erarbeitet wurden und die dem Leitbild einer globalen, nachhaltigen Entwicklung folgen, sind ein richtiger und wichtiger Schritt dabei. Die konsequente Einhaltung dieser Richtlinien und die ständige Weiterentwicklung in der Zukunft sind aber mindestens genauso wichtig, um ein friedliches und humanes Zusammenleben aller Menschen erreichen zu können. In diesem Sinne begrüße ich es außerordentlich, dass es gelungen ist, trotz Wahlkampf einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen in diese Richtung zu verabschieden. Wenn es um die Entwicklungszusammenarbeit geht, sollten wir alle gemeinsam zusammenstehen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute über den Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften. Ich beziehe mich in meinem Redebeitrag ausschließlich auf den Artikel 1 des Gesetzentwurfes, in dem vorgesehen ist, die bisherigen Beiräte für Sozialhilfe bei den örtlichen Trägern und den Landesbeirat für Sozialhilfe auf der überörtlichen Ebene abzuschaffen. Außerdem soll eine Anhörung sozial erfahrener Dritter vor Erlass eines Verwaltungsaktes über einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder über Art und Höhe der Festsetzung nicht mehr wie bisher grundsätzlich erfolgen. Stattdessen können jetzt die Sozialhilfeträger entscheiden, ob sie sozial
erfahrene Dritte beratend beteiligen wollen. Begründet werden diese Änderungen damit, dass diese Sozialbeiräte in der Praxis kaum zusammengekommen sind. Der Landesbeirat sei zehn Jahre lang nicht tätig gewesen, da keine Verwaltungsvorschriften erlassen wurden. Die Beiräte der örtlichen Sozialhilfeträger, die Kreise und der Regionalverband, hätten in den vergangenen fünf Jahren jeweils nur einmal getagt.
Frau Ministerin, auch wenn es so ist, sind wir der Auffassung, dass dies kein hinreichender Grund ist, diese Sozialbeiräte abzuschaffen. Wenngleich auf Landesebene die Abschaffung des Sozialbeirates in irgendeiner Weise vielleicht nachvollziehbar wäre, da die Verwaltungsvorschriften in der Regel bundesweit vorgegeben werden, so sind die Sozialbeiräte auf der örtlichen Ebene aus GRÜNEN-Sicht dennoch notwendig, um den Einbezug und die Beratung sozial erfahrener Dritter im Widerspruchsverfahren zu gewährleisten. Immerhin hat der Sozialbeirat im Regionalverband Saarbrücken einmal jährlich getagt. In diesen Sitzungen wurden Neuerungen des Fachdienstes und die Angemessenheitsgrenzen für die Unterkunftskosten nach § 35 SGB XII vorgestellt.
Wir GRÜNE wollen, wie die LINKEN, dass die Sozialbeiräte erhalten bleiben und dass die beratende Begleitung sozial erfahrener Dritter bei Widerspruchsverfahren grundsätzlich erhalten bleibt und deren Beteiligung nicht erst durch die Sozialhilfeträger entschieden wird, wie es im Gesetzentwurf vorgesehen ist. De facto führt die Änderung dazu, dass die Beteiligung unabhängiger Dritter in sozialbehördlichen Verfahren nicht mehr stattfinden wird und auf eine zwingende Anhörung sozial erfahrener Dritter verzichtet wird. Das kann kein Weg sein, den wir mittragen können. Wir wollen das nicht, weil durch die Beteiligung von diesen sozial erfahrenen Dritten oftmals sozial gerechtere Lösungen gefunden werden können und diese ebenso zur Klärung strittiger Sachverhalte beitragen können. Außerdem kann die Beteiligung Dritter auch dem Interessenschutz der Leistungsberechtigten dienen.
Mit dieser Auffassung, Kollegin Kugler hat darauf hingewiesen, stehen wir nicht alleine da. Die anzuhörenden Verbände haben allesamt den Gesetzentwurf nicht akzeptiert und in dieser Form abgelehnt. Der Sozialverband VdK, die Diakonie, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege und der Aktionskreis Kindergeld und Sozialhilfe haben gegen diesen Gesetzentwurf argumentiert. Leider hat die Große Koalition auch nach der Anhörung den Gesetzentwurf unverändert gelassen, was für uns eigentlich unverständlich ist. Man sollte doch die Anzuhörenden an dieser Stelle in ihrer Argumentation auch ernst nehmen.
Auch die Begründung für die Abschaffung der Beiräte, wonach diese die Widerspruchsverfahren bei Ablehnung der Sozialhilfe eigentlich unnötig in die Län
ge ziehen würden, ist nicht stichhaltig. Die sozial erfahrenen Dritten werden lediglich zu den Beratungsterminen dazugeladen, besitzen keinerlei Entscheidungsrecht, sondern lediglich ein Mitspracherecht. Das Verfahren muss ohnehin durchgezogen werden und durchgeführt werden, ob mit Beteiligung sozial erfahrener Dritter oder auch ohne. Insofern ist vielleicht, wenn eine Beteiligung erfolgt, eine längere Verhandlung über den Gegenstand möglich. Aber das ist doch kein Grund, auf die Mitwirkung sozial erfahrener Dritter gänzlich zu verzichten. Das ist für uns nicht nachvollziehbar, im Gegenteil, ein solcher Verzicht ist unseres Erachtens auch ein Verzicht auf eine gewisse Fachexpertise dieser Menschen, die auch eine bestimmte Hintergrundinformation und einen zusätzlichen Sachverstand in sozialen Angelegenheiten einbringen können. Deshalb lehnen wir das ab.
Wir sträuben uns natürlich nicht gegen so etwas wie Entbürokratisierung oder Deregulierung oder eine Vereinfachung des Verwaltungsapparates. Aber das sollte doch dann zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger geschehen und in ihrem Interesse. In dieser Hinsicht wird an diesem Gesetzentwurf an der falschen Stelle gekürzt, da die Mitwirkungsrechte unabhängiger sachkundiger Akteure im behördlichen Verfahren hier ganz einfach beschnitten werden. Unter dem Strich ist dies keine echte Entbürokratisierung, sondern unter dem Strich ist es eigentlich eine weitere Entfernung der Bürgerinnen und Bürger in ihren Beteiligungsmöglichkeiten auch im Rahmen der Sozialgesetzgebung. Deshalb lehnen wir das ab. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute in Zweiter Lesung über eine Änderung des Gesetzes über den Entsorgungsverband und des Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetzes. In
der Ersten Lesung hatten wir GRÜNE uns noch enthalten mit der Begründung, dass wir das Ergebnis der Anhörung abwarten wollten, um die Auswertung für unsere Positionierung vorzunehmen.
Vom Grundsatz her stehen wir in der Abfallpolitik zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und zu einer kosteneffizienten Beseitigung von Abfällen. Klar ist dabei natürlich für uns alle - da sind wir uns wohl einig -, dass der beste Abfall selbstverständlich der ist, der gar nicht erst entsteht. Insofern ist durchaus erfreulich, dass durch die Einführung der mengenbezogenen Abfallentsorgung die Abfallmenge pro Kopf in unserem Land durchaus reduziert werden konnte. Das ist auch ein Verdienst des EVS, das erkennen wir natürlich an.
Der EVS hat den gesetzlichen Auftrag, die Entsorgungssicherheit zu gewährleisten, dazu die entsprechenden Anlagen zur Verfügung zu stellen und auf dem neuesten Stand zu halten. Dies akzeptieren wir GRÜNE natürlich, sehen allerdings eine gewisse Schwierigkeit bei der Abwägung der ökologischen Notwendigkeiten der Abfallbeseitigung einerseits und der ökonomischen Notwendigkeiten andererseits. Das ist zum Beispiel der Auslastungsgrad einer Verbrennungsanlage. Wenn jetzt den wirtschaftlichen Interessen, der Auslastung einer solchen Verbrennungsanlage der Vorrang eingeräumt wird vor dem Recycling, vor der Sortierung des Restmülls, dann - sagen wir GRÜNE - läuft in diesem Land etwas schief. Das kann so nicht sein.
Kollege Bierbaum hat schon darauf hingewiesen, dass dies nicht im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist, denn danach hat die Verwertung des Mülls Vorrang zu haben vor der bloßen Beseitigung des Mülls. Und das passiert, wenn ich hier die Verbrennungsanlage auslasten will, eigentlich nicht.
Man kann das so sehen. Wir sehen das anders, Kollege Heinrich. - Mit der geplanten Gesetzesänderung sollte nun verbindlich festgeschrieben werden, dass die saarländischen Kommunen ihren Bio- und Restmüll komplett dem EVS andienen müssen. Dabei soll für alle Städte und Gemeinden ausgeschlossen werden, dass diese ihren Restmüll vorsortieren oder auch recyceln können.
Nun gab es eine Anhörung und das Ergebnis dieser Anhörung war vom Grundsatz her eindeutig. Es gab erhebliche Bedenken gegen den Gesetzentwurf, die bis hin zur Ablehnung des Gesetzentwurfes gingen und die auch durch Ihren Abänderungsantrag nicht ausgeräumt werden können. Ich zähle sie einmal auf, Kollege Bierbaum hat ja schon einiges dazu gesagt.
Der BUND und der NABU kritisieren, dass der ökologische Gedanke durch die Verbrennung des Mülls zum Zwecke einer wirtschaftlichen Auslastung der Verbrennungsanlagen total verloren geht. BUND, NABU - klar, wo die verortet sind. Nach wie vor seien, so deren Argumentation, noch viele verwertbare Rohstoffe im Restmüll vorhanden, die bei der Verbrennung verloren gehen. In dem Zusammenhang kann man sich auf eine Studie der Gemeinde Wadgassen beziehen, in der festgestellt worden ist, dass bis zu 70 Prozent des Restmülls wiederverwertbar sein können. Wir können auch nicht allein darauf vertrauen - wir wissen doch alle, wie das manchmal zugeht -, dass Bürgerinnen und Bürger den Müll vorsortieren, wie wir das gewissenhaft tun, und zwar so vorsortieren, dass keine Wertstoffe mehr in den Tonnen vorhanden sind. Es lohnt sich also, hier noch ein zweites Mal hinzuschauen.
Aber nicht nur BUND und NABU haben sich gegen das Gesetz positioniert. Es waren auch die IHK und, Kollege Wegner, die Handwerkskammer des Saarlandes. Die stehen dem Gesetzentwurf nicht nur kritisch gegenüber, nein, sie lehnen den Gesetzentwurf ab. Ich zitiere: „Aus Sicht der IHK bedarf es keiner Anpassung der geltenden Rechtslage. Die in Rede stehenden Änderungen sind aus ökologischer und ökonomischer Sicht eher schädlich als hilfreich.“ Laut Handwerkskammer spiegelt sich der Geist des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, Herr Kollege Bierbaum hat es ja zitiert, keineswegs im Gesetzentwurf wider. In die gleiche Richtung geht natürlich auch die Kritik der sogenannten §-3-Kommunen. Was es damit auf sich hat, hat Kollege Jung ja schon gesagt.
Wir GRÜNE schließen uns der Kritik aus der Anhörung an. Für uns hat die Müllverwertung Vorrang zu haben vor der Müllverbrennung. Deshalb wollen wir, dass es den Kommunen auch weiterhin erlaubt ist, den Bio- und Restmüll vorzusortieren und zu recyceln. Das trägt in den Kommunen natürlich auch zur Gebührenstabilität bei.
Nun bewegen Sie sich ja mit Ihrem Abänderungsantrag in die richtige Richtung, indem Sie §-3-Kommunen, sofern sie die abfallbezogene Wertstoffwirtschaft selbst vornehmen, aus dem Zuständigkeitsbereich des EVS herausnehmen. Dies gilt in Ihrem Abänderungsantrag aber nur für die Gegenwart. Kommunen, die dies vielleicht in Zukunft tun möchten, sind davon ausgeschlossen. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass Kommunen, die das in Zukunft in ihrer Art machen wollen, diese Option auch haben.
Auch die zweite Änderung den Vertrauensschutz für die Gemeinde Wadgassen betreffend ist unzureichend. Er wird nur in der Begründung des Gesetzentwurfes formuliert. Da stelle ich Ihnen die Frage: Warum formulieren Sie einen solchen Vertrauensschutz nicht unmittelbar in das Gesetz hinein?
Dann hätte die Kommune die Sicherheit, das weiter machen zu können.
Meine Redezeit ist vorbei, ich komme zum Schluss. Aus den genannten Gründen lehnen wir sowohl Ihren Abänderungsantrag ab, der unzureichend ist, als auch den Gesetzentwurf insgesamt. - Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Kollege Heinrich, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine solche Verbrennungsanlage nur dann wirtschaftlich gefahren werden kann, wenn eine bestimmte Müllmenge auch angeliefert wird. Meines Wissens ist die wirtschaftliche Auslastung der Müllverbrennungsanlage Velsen dann gewährleistet, wenn 250.000 Tonnen jährlich verbrannt werden. Die werden nur dann erreicht, wenn möglichst viel Müll angeliefert wird. Zurzeit wird eine Menge von 180.000 Tonnen erreicht. Der EVS muss aber ein Interesse daran haben, diese Kapazität zu erreichen, sonst wird die Anlage nicht wirtschaftlich gefahren.
Das heißt, es ist im Grunde genommen schon ein Widerspruch zum ökologischen Prinzip, wenn hier das ökonomische Prinzip Vorrang hat. - Dies nur als Ergänzung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir haben heute einen Antrag gestellt, der zum Ziel hat, die direkte Demokratie insbesondere in den Kommunen zu stärken. Wir wollen damit unseren Bürgerinnen und Bürgern vom Grundsatz her mehr Mitspracherechte eröffnen, zu diesem Zweck auch die formellen Hürden zur Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden absenken. Insofern ist die Zielrichtung unseres heutigen Antrages exakt die gleiche wie die des LINKEN-Antrages. Um es vorweg zu sagen: Diesem LINKEN-Antrag stimmen wir deswegen auch zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in einer Zeit der zunehmenden Politikverdrossenheit, aber auch der Radikalisierung an den gesellschaftlichen Rändern, und angesichts einer Zunahme von Extremismus und Gewalt ist es uns wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern mehr direktdemokratische Möglichkeiten der politischen Einflussnahme zu geben. Unsere Demokratie lebt von Akzeptanz und Beteiligung. Wir kommen, die Entwicklung betrachtend, zur Auffassung, dass beides im Schwinden begriffen ist. Deshalb dürfen wir uns in unserer Demokratie nicht darauf reduzieren, dass die Bürgerinnen und Bürger alle paar Jahre einmal ein Kreuzchen auf einem Zettel machen.
Im Grundgesetz, in Artikel 20, heißt es: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Das umfasst nicht nur die direkte, sondern auch die indirekte Demokratie, also die Volksvertretungen, die Parlamente. Wir wollen nun die direkte Demokratie stärken. In dieser Passage des Grundgesetzartikels heißt es ja auch: Sie - die Staatsgewalt - wird vom Volke in Wahlen und in Abstimmungen ausgeübt. - Wir sind der Meinung, diesem zweiten Gedanken der Abstimmungen durch die Bürgerinnen und Bürger sollten wir auf allen staatlichen Ebenen in Zukunft stärker Rechnung tragen. Dies gilt insbesondere für die kommunale Ebene, denn gerade auf kommunaler Ebene, im unmittelbaren Umfeld der Bürgerinnen und Bürger, ist es wichtig, mehr Abstimmungsmöglichkeiten im Rahmen einer stärkeren direkten Beteiligung der Betroffenen zu schaffen.
Diese Beteiligung, auch das wollen wir mit unserem Antrag erreichen, darf nicht durch unnötige formelle Hürden erschwert werden. Schauen wir uns die derzeitige Rechtslage an. Sie ist durchaus differenziert, um es aber auf einen einfachen Nenner zu bringen: Für ein Bürgerbegehren müssen grundsätzlich 15 Prozent der Bürgerinnen und Bürger unterzeichnen, damit die Fragestellung überhaupt zugelassen wird. Hinzu kommen formelle Anforderungen an den Bürgerentscheid, mit dem über das Anliegen selbst entschieden werden kann.
In anderen Bundesländern sind die Unterschriftenquoren deutlich niedriger als im Saarland angesetzt. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel genügen die Unterschriften von 5 bis 9 Prozent der Einwohner, abhängig von der Einwohnerzahl einer Gemeinde. In Thüringen sind 6 bis 7 Prozent als Quorum ausreichend, je nachdem, ob die Unterschriften in einer freien Sammlung oder per Amtseintrag getätigt werden. Das Saarland bildet, Kollegin Huonker hat schon darauf hingewiesen, mit seinen unnötig hohen Anforderungen an Bürgerbegehren in dieser Hinsicht das traurige Schlusslicht. Das gilt sowohl für die Landesebene als auch für die kommunale Ebene, um die es uns heute in erster Linie geht.
Aktuell hat die Initiative „Mehr Demokratie“ in einer Presseinformation am 16. November anlässlich der Vorstellung einer Studie noch einmal darauf hingewiesen, dass das Saarland in dieser Hinsicht die Note „mangelhaft“ erhalte. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann doch nicht so bleiben! Dies wollen wir ändern. Und Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, haben ja selbst im Koalitionsvertrag zum Ausdruck gebracht, dass Sie diese Platzierung deutlich verbessern wollten. Es hat sich aber in dieser Hinsicht nichts getan.
Auch die Art der Unterschriftensammlung ist eine wesentliche Hürde. Es gibt nicht nur die 15 ProzentHürde, vielmehr ist im Kommunalwahlgesetz auch geregelt, dass die Unterstützung eines Vorhabens durch Unterschrift auf einem sogenannten Unterstützungsblatt zu erfolgen hat. Dieses Unterstützungsblatt muss die entscheidende Frage, eine Begründung und einen Vorschlag zur Deckung der Kosten der begehrten Maßnahme enthalten. Wir sind der Auffassung, dass das eine weitere Hürde ist, die der direktdemokratischen Beteiligung entgegensteht. Wir setzen uns dafür ein, dass es auch eine einfachere Möglichkeit der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger per Unterschrift geben muss.
Warum sollte nicht auch eine Form zugelassen werden, wie sie auch bei Wahlen üblich ist? Ich denke an die Stimmabgabe per Brief. Oder warum sollte es nicht möglich sein, die Stimmabgabe online vorzunehmen? Alle reden ja gerne vom digitalen Zeitalter. In diese Richtung geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Antrag. Wir wollen die direkte politische Meinungsbildung und Mitbestimmung nicht nur auf der Straße oder im Rathaus stattfinden lassen, sie muss vielmehr auch von zuhause aus möglich sein, sie muss auch älteren Menschen möglich sein. Diese Hürde abzuschaffen, das wäre auch ein Beitrag zu mehr Barrierefreiheit. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Zur Klarstellung. Der Kollege Augustin hat vorhin gesagt, in unserem Antrag hätten wir die 15-ProzentHürde als einzige Hürde genannt, ohne darauf einzugehen, dass es hier auch Abweichungen geben kann. Ich möchte den Kollegen Augustin darauf hinweisen, dass er seinerseits unseren Antrag genau lesen sollte, denn nach dem Satz mit den 15 Prozent steht: „Abweichende Regelungen werden von der Einwohnerzahl der Gemeinde abhängig gemacht.“ Insofern haben wir durchaus eine differenzierte Regelung in unserem Antrag in der Begrün
dung beziehungsweise im Einleitungstext verwandt. Dies zur Klarstellung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Grundsatz des strikten Konnexitätsprinzips lässt sich auf den einfachen Nenner bringen, es ist schon mehrfach vorher gesagt worden: Wer bestellt, bezahlt. Schon jetzt gilt das strikte Konnexitätsprinzip nach den Regelungen des Artikels 120 in der saarländischen Verfassung. Allerdings hinterlässt diese Regelung noch erhebliche Risiken für die Kommunen, die jetzt mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf beseitigt werden sollen. Es geht heute um die Regelung eines Kostenfolgeabschätzungs- und eines Beteiligungsverfahrens mit dem Ziel, die Kommunen finanziell zu entschädigen, wenn sie staatliche Aufgaben wahrnehmen, die ihnen vom Land übertragen worden sind. Die bisherige Regelung gilt nur, wenn per Gesetz den Kommunen eine Aufgabe übertragen worden ist. Im neuen Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass auch Kompensationsmittel an die Kommunen geleistet werden müssen, auch wenn eine Aufgabenübertragung auf dem Verordnungswege erfolgt.
Wir GRÜNE begrüßen diese Regelung, da es der Umsetzung eines strikten Konnexitätsprinzips entspricht, so wie es auch - und das ist ja die Blaupause für dieses Gesetz - der Regelung in NordrheinWestfalen entspricht. Grundsätzlich geht also dieser Gesetzentwurf mit dem Konnexitätsausführungsgesetz in die richtige Richtung, da er Regelungen zur Kostenfolgeabschätzung sowie zum Belastungsausgleich und der Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände trifft. Diese Regelungen kommen insgesamt unter dem Strich den Kommunen zugute, das begrüßen wir.
Das ist auch in den Stellungnahmen - das hat das Anhörungsverfahren gezeigt - tendenziell bei den kommunalen Spitzenverbänden, beim Landkreistag und beim Städte- und Gemeindetag, was die Richtung des Gesetzentwurfes angeht, so zum Ausdruck gekommen. Gleichwohl muss ein solcher Gesetzentwurf auch danach beurteilt werden, ob dieses Prinzip der strikten Konnexität auch wirklich strikt greift oder ob es an der einen oder anderen Stelle noch sogenannte Schutzlücken gibt, die zulasten der Kommunen gehen. Aus unserer Sicht bestehen bei diesem Gesetz noch einige Schutzlücken und deshalb haben wir einen Abänderungsantrag gestellt, der sich durchaus auch an den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände orientiert. Insofern muss ich die Aussage, dass der Geschäftsführer des saarländischen Landkreistages - wie die Kollegin Meyer gesagt hat - dieses Gesetz natürlich begrüßt, dahingehend ergänzen, dass er dies durchaus auch nicht vorbehaltlos getan hat, sondern dass die eine oder andere kritische Anmerkung aus den Stellungnahmen deutlich wird, die wir in vier Punkten auch aufgegriffen haben.
Beispielsweise wollen wir in § 2, der den Geltungsbereich des strikten Konnexitätsprinzips regelt, den Geltungsbereich auch auf europa- und bundesrechtliche Regelungen einer bereits den Gemeinden oder Gemeindeverbänden übertragenen Aufgabe ausweiten. Die im Gesetz vorgesehene Einschränkung auf einen inhaltlichen Gestaltungsraum des Landes, wonach nur dann ein Ausgleich erfolgt, wenn dieser vorliegt, ist aus unserer Sicht praxisfremd. Ein solcher Gestaltungsspielraum ist eigentlich bei europaund bundesrechtlichen Regelungen nie vorhanden. Durch unseren Abänderungsantrag haben die Kommunen Planungssicherheit und sind zudem vor unvorhergesehenen zusätzlichen finanziellen Belastungen geschützt.
Wir wollen zweitens, dass ein Belastungsausgleich erfolgt, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehrere Gesetzvorhaben zu einer wesentlichen Belastung der Kommunen führen. Laut Gesetzentwurf müssen diese Gesetzentwürfe allerdings in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen. Aus unserer Sicht kann mit dem unbestimmten
Rechtsbegriff des inhaltlichen Zusammenhangs das Konnexitätsprinzip umgangen werden und deshalb wollen wir das in unserer Änderung schlicht und einfach streichen. Das gibt es im Übrigen auch nicht in den Regelungen von Nordrhein-Westfalen.
In § 7 ist im Absatz 7 der Belastungsausgleich geregelt, der erfolgen muss, wenn nachträglich Kostenprognosen unzutreffend oder grob unangemessen sind. Dann ist eine erneute Entscheidung über den Belastungsausgleich zu treffen. Wir wollen mit unserer Änderung auch den kommunalen Spitzenverbänden ermöglichen, auf Antrag ebenso eine Kostenfolgenabschätzung schon vor Ablauf dieser Fünfjahresfrist zu ermöglichen. Außerdem ist im Gesetzentwurf der Begriff „grob unangemessen“ zu streichen, da dieser in der Gesetzesbegründung nicht näher erläutert wird und somit in verschiedener Hinsicht Auslegungsmöglichkeiten bietet und damit vom Grundsatz her dem strikten Konnexitätsprinzip widerspricht.
In unserem letzten Änderungsvorschlag geht es um die Fristen, die den kommunalen Spitzenverbänden zur Abgabe von Stellungnahmen gewährt werden. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, eine Frist von vier Wochen einzurichten. Wir sind der Auffassung, dass diese Frist zu knapp ist. Wir wollen das auf sechs Wochen ausdehnen. Im Abänderungsantrag der Koalition geht es um veränderte Anträge, die mit einer Frist von einer Woche vorgesehen waren, diese Frist soll jetzt nach Koalitionsvorschlag auf zwei Wochen verlängert werden. Dem stimmen wir zu. Es fehlt uns aber die Verlängerung bei neuen Gesetzentwürfen von vier auf sechs Wochen.
Fazit: Die Änderungen der Großen Koalition gehen alle in die richtige Richtung, das sage ich hier auch unumwunden. Den Abänderungsanträgen - Kollege Jung, Sie werden es vielleicht auch gleich begrüßen - stimmen wir zu, aber weiter gehende Änderungen von uns nehmen Sie leider nicht auf. Deshalb werden wir uns bei der Gesamtabstimmung des Gesetzes enthalten. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis heute ist es gleichgeschlechtlichen Paaren in Deutschland verwehrt, die Ehe einzugehen. Konkret bedeutet dies eine Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität und eine Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber heterosexuellen Paaren.
Dies ist im Grunde in der heutigen Zeit ein unhaltbarer Zustand angesichts des gesellschaftlichen Wandels in Richtung von mehr Pluralität, mehr Toleranz und auch Akzeptanz gerade gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaftsmodellen und jeweils individuellen Lebensentwürfen. Ein unhaltbarer Zustand!
Wir wollen mit diesem Antrag darauf hinwirken - hinwirken, mehr nicht -, dass dieser Zustand abgeschafft wird.
Rückblickend: Die Debatte über die gleichgeschlechtliche Ehe reicht zurück bis ins Jahr 1990, als die GRÜNE-Bundestagsfraktion in einem Plenarantrag zum allerersten Mal die Öffnung der Ehe
forderte. In den Siebzigerjahren bereits bestätigte das Bundesverfassungsgericht, dass sich durch den gesellschaftlichen Wandel des traditionellen Eheverständnisses einer Ehe zwischen Mann und Frau auch die verfassungsrechtliche Norm des Artikels 6 des Grundgesetzes - hier wird der Schutzbereich der Ehe geregelt - und die Auffassung zur traditionellen Ehe ändern werde. Dieser Wandel des traditionellen Eheverständnisses hat sich nach unserer Auffassung in unserer Gesellschaft eigentlich bereits komplett vollzogen. Allerdings nicht vollzogen wurde von der Politik die umfassende rechtliche Gleichstellung von Paaren für die Ehe für alle.
Dies ist umso bedauerlicher, als es auf den verschiedenen politischen Ebenen und Institutionen, aber auch in allen Parteien Initiativen und Befürworter der Ehe für alle gibt, diese Befürworter allerdings bis heute ganz offensichtlich von sehr starken konservativen Kräften blockiert werden. Auf der 86. Justizministerkonferenz im Frühjahr 2015 setzten sich auch die Justizministerinnen und Justizminister mit diesem Thema auseinander. Bereits dort setzten sie ein deutliches, rechtspolitisches Signal. In einem Beschluss heißt es, dass sie die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare für angemessen und auch geboten halten. - Justizministerkonferenz Frühjahr 2015.
Aktuell hat auch Bundesjustizminister Heiko Maas in seinem Schreiben zum fünfjährigen Bestehen der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld Ende Oktober dieses Jahres bereits formuliert, ich zitiere aus diesem Schreiben: Sie können auch in Zukunft auf meine Unterstützung zählen, zum Beispiel beim Einsatz für die Öffnung der Ehe für alle. - Da sage ich hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, in aller Deutlichkeit: Recht hat Bundesjustizminister Maas, und deshalb wollen wir auch Bundesjustizminister Maas mit unserem Antrag heute darin unterstützen, sich für die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren einzusetzen.
In einer Talkshow-Sendung im Mai 2016 sagte bereits Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, dass die vor 15 Jahren auf den Weg gebrachte eingetragene Lebenspartnerschaft auch noch nicht die Vollendung dessen sei, was in dieser Frage notwendig ist.
Auch aus dieser Äußerung wird deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Hinzu kommt und das bestätigt den gesellschaftlichen Wandel -, dass mittlerweile zwei Drittel unserer Bevölkerung in Deutschland für die vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in der Ehe sind und sich dafür aussprechen.
Richten wir aber noch einen Blick auf andere Länder in Europa. Auch hier wird der gesellschaftliche Wandel beim Institut der Ehe recht deutlich. Die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare gibt es mittlerweile in den Niederlanden, Belgien, Spanien, Portugal, Schweden, Dänemark und nicht zuletzt auch im erzkonservativen Irland. Wir in Deutschland, das wird immer deutlicher, hinken einer fortschrittlichen Gesetzgebung in dieser Hinsicht deutlich hinterher.
In der Diskussion wird natürlich auch auf das vorhandene Lebenspartnerschaftsgesetz verwiesen, das wir in Deutschland schon seit 2001 haben. Ich will es gar nicht kleinreden. Die Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Deutschland war durchaus eine erste wichtige Etappe auf dem Weg der Gleichstellung für gleichgeschlechtliche Paare. Durch die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes und auch entsprechende gesetzliche Reformen wurde die rechtliche Situation gleichgeschlechtlicher Paare deutlich verbessert. Es gab Verbesserungen im Bereich der Hinterbliebenenversorgung, es wurden Verbesserungen im Steuerrecht erreicht und ebenso wurde im Jahr 2014 die Sukzessivadoption, die ich gleich erklären werde, eingeführt.
Allerdings wurden durch dieses Lebenspartnerschaftsgesetz weitreichende bestehende Benachteiligungen nicht umfassend ausgeräumt. Ich komme nun zu einem wesentlichen Punkt, dem Adoptionsrecht. Obwohl das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2013 erklärte, dass es dem Kindeswohl nicht abträglich sei, wenn ein Kind in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung aufwachse, ist bis heute lediglich die Sukzessivadoption erlaubt. Diese ermöglicht über einen Umweg eine Adoption, bei der ein Partner oder eine Partnerin nur das adoptierte Kind des oder der anderen adoptieren kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist eigentlich kein echtes Adoptionsrecht. Im Vergleich zu den Möglichkeiten, die heterosexuelle Paare in dieser Hinsicht haben, ist es eine klare Benachteiligung, um nicht zu sagen eine echte Schikane. Dies wollen wir abschaffen.
Ganz besonders skurril, so muss man es schon sagen, wird die Rechtslage im Bereich der Pflegefamilien. Schon seit Jahren greift der Staat auf homosexuelle Paare zurück, wenn es darum geht, Pflegefamilien zu finden. Ganz offensichtlich vertrauen die Jugendämter der guten Qualität und der guten Betreuung in einer homosexuellen Familie, die sich mit großer Sensibilität und Fürsorge um das Wohl der Kinder kümmern kann. Denselben Eltern wird allerdings auf der anderen Seite die Eheschließung mit einem echten Adoptionsrecht verwehrt. Diese Rechtslage, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist einfach widersprüchlich. Das muss dringend geändert werden!
Es gibt noch weitere Benachteiligungen beispielsweise beim Ehegattensplitting, von dem nur die heterosexuellen Paare profitieren. Ich sage deutlich, unabhängig von der Kritik der GRÜNEN an diesem Ehegattensplitting kann es nicht sein, dass eine Seite davon Vorteile hat, die andere Seite aber ausgeschlossen wird. Das geht eigentlich nicht. Auch diese Benachteiligung muss im Grunde abgeschafft werden.
Wie sieht die Situation jetzt aus? - Es gibt in dieser Frage durchaus Bewegung in der Sache, auf der anderen Seite gibt es aber auch einen gewissen Stillstand. Trotz großer Zustimmung der Bevölkerung, trotz einer Gesetzesinitiative im Bundesrat, die es schon im vergangenen Jahr gab, trotz mehrerer Gesetzentwürfe im Bundestag, von uns GRÜNEN eingereicht im Juni 2015, also vor etwas mehr als einem Jahr, und trotz eines Gesetzentwurfs der Linksfraktion in dieser Frage gibt es nach wie vor noch keine Bewegung.
Auf Initiative von neun Bundesländern, RheinlandPfalz, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Thüringen, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, gab es am 25. September 2015 im Bundesrat einen Antrag zur Öffnung der Ehe. Das Saarland enthielt sich damals. Seitdem kann ich bei diesem Gesetz, bei der Frage der Ehe für alle, nur ein Taktieren erkennen.
Im Rechtsausschuss des Bundestages werden seit mehr als einem Jahr die Entwürfe des Bundesrates zur gleichgeschlechtlichen Ehe, aber auch die Entwürfe der Fraktion DIE LINKE und der GRÜNENFraktion hin- und hergeschoben. Es gab eine Anhörung von Sachverständigen in dieser Frage im September 2015. Diese ergab eine breite Mehrheit für die Abschaffung des Verbots der gleichgeschlechtlichen Ehe. Der angeblich noch bestehende Beratungs- und Klärungsbedarf im Bundestag zwischen den großen Fraktionen dauert mittlerweile mehr als ein Jahr an. Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Grunde ist das ein Skandal. Ich kann eine solche Hinhaltetaktik nur noch als Blockadehaltung gegenüber dem fortschrittlichen, zeitgemäßen Gesetz der Ehe für alle bezeichnen. Es ist eine Blockadehaltung!
Insofern wollen wir heute in diesem Parlament mit diesem Antrag nochmals einen Anlauf nehmen, aus dem Saarland ein Zeichen zu setzen, dass sich diese Landesregierung auf allen Ebenen für eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare einsetzt und dass sie in dieser Hinsicht unseren Bun
desjustizminister Heiko Maas - das erwähnen wir ausdrücklich - unterstützt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich appelliere heute an Sie: Blockieren sie nicht weiter den gesellschaftlichen Fortschritt in dieser Frage. Zeigen Sie Flagge für eine plurale und offene Gesellschaft, in der gleiches Recht für alle gilt. Deshalb stimmen Sie unserem Antrag „Ehe für alle“ zu.
Abschließend noch ein Hinweis. Meiner Meinung nach ist dies keine rechtspolitische Frage, sondern eine Gewissensfrage, da es ja um die individuelle sexuelle Identität geht. Diese wird hier sehr stark berührt. Insofern bitte ich Sie darum, verzichten Sie heute in der Abstimmung auf den Fraktionszwang, stimmen Sie Ihrem Gewissen entsprechend ab. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung. - Vielen Dank.
Herr Lafontaine hat es gerade gesagt: Wenn wir übereinstimmend der Auffassung sind, dass diese Frage eine Gewissensfrage ist, kann das niemals eine Koalitionsfrage sein. Deshalb bitte ich Sie, geben Sie die Abstimmung frei, heben Sie den Koalitionszwang auf. Die Entscheidung wird sowieso nicht im Saarland getroffen.
Aber setzen Sie hier doch mal ein Zeichen für eine plurale, gerechte Gesellschaft!
Einen Vorwurf möchte ich in aller Deutlichkeit zurückweisen. Wir - und besonders ich - machen hier keine Politshow. Der Vergleich, den Frau Berg hier gerade angestellt hat, mit dem, was in Amerika passiert, ist absolut an den Haaren herbeigezogen!
Ich weise das in aller Entschiedenheit zurück. Es geht hier nicht um eine Politshow, sondern es geht
um gleiches Recht für alle. Setzen Sie hier ein deutliches Zeichen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern, so beschlossen am 14. Oktober in Berlin, wonach der alte Länderfinanzausgleich abgeschafft und in ein neues System überführt wird, in dem - das muss man auch sehen - der Bund die Hauptlast trägt mit 9,6 Milliarden und alle Länder Profiteure sind und einen Zugewinn haben. Ich räume ein: Wohl nur unter dieser Voraussetzung war eine Einigung möglich. Dann muss man natürlich noch den Wermutstropfen se
hen, dass auch sehr wohlhabende Länder - da nenne ich Baden-Württemberg, aber auch Bayern - insgesamt an diesem Kompromiss mit 2,9 Milliarden partizipieren. So viel geht in diese Länder.
Die grundlegende Neuordnung dieser Finanzbeziehungen, die ab dem Jahr 2020 gelten soll, kann man vielleicht sogar als historisch bezeichnen, wenn man sie im Hinblick darauf bewertet, dass es nicht alle Tage eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern gibt. Mit Blick auf das Saarland warne ich allerdings davor, den erzielten Kompromiss zu überhöhen. Einige neigen ja dazu, ihn regelrecht zu glorifizieren und mit dem Attribut „historisch“ zu versehen, in der Presse ist es ja teilweise auch so geschehen. Das wird meines Erachtens der Sache nicht gerecht, da aus unserer Sicht durch dieses Ergebnis weder die Eigenständigkeit des Landes gesichert ist noch ein Beitrag zu einer nachhaltigen Lösung der Finanzprobleme dieses Landes gegeben ist. Das leistet dieses Ergebnis nicht.
Das Saarland selbst bekommt jetzt - ich möchte das Ergebnis noch einmal etwas genauer beleuchten 400 Millionen Euro Sanierungshilfen jährlich, dazu noch 100 Millionen aus einer Veränderung des Ausgleichssystems, auch durch eine andere Berechnung der Umsatzsteuerverteilung. Das macht zusammen also 500 Millionen. Vergleiche ich aber einmal die reinen Sanierungshilfen, die 400 Millionen, die wir bekommen, mit den bisherigen Konsolidierungshilfen von 260 Millionen, dann ist das nach Adam Riese eine Verbesserung im Finanzkompromiss um immerhin 140 Millionen, nicht mehr und nicht weniger.
Ich lasse mir auch nicht den Vorwurf anlasten - die Ministerpräsidentin hat das Wort erwähnt -, dass wir das Ergebnis kleinreden wollen. Das mache ich nicht.
Das Saarland bekommt mehr Geld als bisher. Das räumen wir ein. Ich sage auch: Das ist ein Fortschritt, das ist eine Verbesserung. Das möchte ich noch einmal klarstellen. Ich danke auch all denjenigen, die diesen Kompromiss erreicht haben, Frau Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, Herrn Finanzminister Stefan Toscani und ebenso den kompetenten Mitarbeitern im Finanzministerium, führend Herrn Braun und Herrn Förster. Das ist doch überhaupt keine Frage. Das heißt aber nicht, dass wir an dieser Stelle auf eine Kritik verzichten können.
Das Saarland ist nämlich weit davon entfernt, dieses Ergebnis als die Rettung der Eigenständigkeit betrachten zu können. Es ist auch ein Mythos, dass die Große Koalition hier angetreten ist und gesagt hat, nur mit uns als Großer Koalition kann ein solches Ergebnis erreicht werden.
Ich wollte jetzt die Zwischenfrage zulassen, ich wollte nur den Satz zu Ende führen, Kollege Pauluhn.
Es ist ein Mythos, dass wir das nur mithilfe einer Großen Koalition erreicht haben. Sie haben immer dargelegt, was Sie alles erreicht haben. Ich möchte einmal anführen, was Sie nicht geschafft haben. Sie haben es nicht geschafft, die Altschuldenfrage zu lösen. Das sind zurzeit rund 14 Milliarden Euro. Es kommen noch 3,8 Milliarden kommunale Schulden dazu. Das macht zusammen mehr als 17 Milliarden. Was Sie eigentlich wollten - das steht auch im Koalitionsvertrag und entsprechend sind Sie bei den Verhandlungen angetreten -, war, einen Altschuldentilgungsfonds zu erreichen, und das haben Sie nicht geschafft. Leider, sage ich dazu. Man muss aber zur Kenntnis nehmen, dass Sie zumindest in dieser Hinsicht Ihrem eigenen Anspruch gar nicht so gerecht werden konnten.
Wenn die Landesregierung jetzt noch ankündigt, dass ab 2020 155 Millionen Euro von den zu erwartenden 500 Millionen Euro jährlich in die Schuldentilgung gehen, dann müssen wir uns doch darüber im Klaren sein - ich mache einmal ein Rechenexempel auf -, dass wir damit nicht die 14 Milliarden Altschulden tilgen können. Die können nicht im Entferntesten abgetragen werden, es sei denn, Sie berechnen eine solche Tilgung auf einen Zeitraum von 80 bis 100 Jahren. Ich gehe aber nicht davon aus, dass Sie dann noch als Große Koalition in diesem Land regieren werden.
Noch einmal: Zur dauerhaften Sanierung unserer Finanzen brauchen wir einen Altschuldentilgungsfonds, daran führt kein Weg vorbei, und das haben Sie in Berlin nicht erreicht.
Ich möchte aber noch einen Aspekt in der Gesamtproblematik der Finanzen ansprechen, der heute in
diesem Hohen Hause noch gar nicht erwähnt worden ist: die Versorgungsausgaben dieses Landes. Die Versorgungsausgaben, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden exorbitant steigen; der Finanzkompromiss, der erzielt worden ist, trägt nicht zur Lösung dieses Problems bei. Der Beleg dafür ist nachzulesen im Sonderbericht des Rechnungshofs aus dem Jahre 2012. Dort steht, dass die Versorgungsausgaben - es gibt Modellberechnungen; das lässt sich gut kalkulieren, das unterliegt nicht den Konjunkturschwankungen - bis zum Jahr 2050 auf sage und schreibe 960 Millionen jährlich steigen werden. Dabei muss man wissen, dass Sie ab dem Haushaltsjahr 2017 beginnen wollen, die Versorgungsrücklage aufzubrauchen, mit 35 bis 40 Millionen jährlich. Bis zum Ende 2020 wird die Versorgungsrücklage komplett verfrühstückt sein. Wie lösen Sie das Problem der Versorgungsausgaben? Darauf gibt auch dieser Finanzkompromiss keine Antwort.
Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, das Hauptrisiko - darauf hat Oskar Lafontaine hingewiesen - ist und bleibt die Gefahr von Zinssteigerungen und Konjunkturschwankungen. Irgendwann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Niedrigzinsphase vorbei oder es kommt zu Konjunktureinbrüchen. Es gibt ja jetzt schon ein Signal aus der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes, gestern veröffentlicht, dass mit einem Konjunkturrückgang von 2,3 Punkten zu rechnen ist. Das unterliegt also alles Konjunkturschwankungen, insofern besteht ein großes Risiko.
Ich möchte noch auf ein weiteres Problem hinweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Bis 2019 - die Ministerpräsidentin hat es gesagt - bleibt im Grunde alles beim Alten. Das heißt, wir bekommen nur die 260 Millionen Euro Konsolidierungshilfe. Schaut man einmal in die mittelfristige Finanzplanung des Finanzministers, so ist dort zu lesen, dass ab dem Jahre 2019 in diesem Land immer noch 90 Millionen Euro eingespart werden müssen.
Es bleibt mir ein großes Rätsel, wie dies unter den derzeitigen Bedingungen geschehen soll. Da bin ich gespannt.
Die Frau Ministerpräsidentin hat ja angekündigt, dass in dieser Hinsicht auf dem sehr steinigen Pfad der Konsolidierung bis 2019 noch Gespräche mit dem Bundesfinanzminister und dem Stabilitätsrat geführt werden müssen. Das ist auch dringend notwendig, denn es ist mir ein Rätsel, wie andernfalls dieses Konsolidierungsziel erreicht werden soll.
Sieht man das, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Zusammenhang, so muss man zu folgendem Ergebnis kommen: Die Altschuldenproblematik bleibt ungelöst. Die Finanzierung der davongaloppierenden Versorgungskosten ist nicht gesichert. Zins- und Konjunkturschwankungen können den Wert der erreichten Beihilfen mindern. Das sklavische Festhalten an der Schuldenbremse verhindert rentierliche Investitionen in Zukunftsbereiche des Landes. Und dass wir bisher die Defizitobergrenze nicht erreicht haben, dass wir bisher die Schuldenbremse einhalten konnten, das ist meines Erachtens auch nicht das Verdienst der Großen Koalition oder der Politik der Landesregierung. Das ist im Wesentlichen der nach wie vor doch erstaunlich guten Konjunkturlage und ganz wesentlich auch dem historisch niedrigen Zinsniveau geschuldet, nicht aber Ihren politischen Leistungen, meine Damen und Herren.
Insofern sage ich noch einmal: Die Landesregierung und die Große Koalition haben das riesengroße Problem der Landesfinanzen im Grunde nicht gelöst. Sie präsentieren als Große Koalition eigentlich eine kleine Lösung, dafür wäre aber keine Große Koalition notwendig.
Ein Fortschritt ist das Ganze natürlich schon. Dass diese Neuregelung der Finanzbeziehungen, von der natürlich auch das Saarland enorm profitiert, überhaupt auf Bundesebene zustande gekommen ist, das ist eine Leistung. Das ist aber nicht das Verdienst von Großen Koalitionen, von denen es in der gesamten Republik vier Stück gibt. Nein, diese Leistung, dass die Bundesländer sich hier zusammengeschlossen haben und einem Finanzkompromiss zustimmen, der dankenswerterweise im Saarland entwickelt worden ist, ist meines Erachtens das Verdienst aller Bundesländer, unabhängig von der Ausgestaltung der Koalitionen der Regierungen, die sich hier zusammengerauft haben. Unterm Strich haben die Länderregierungen auch etwas gegen den Bund erreicht, denn der hat ja bis zum Schluss noch auf der Bremse gestanden. Und dazu stelle ich in aller Deutlichkeit fest - und bin insoweit auch beim Kollegen Hans -, dass sich an dieser Stelle das föderale System durchaus bewährt hat.
Und damit Sie nicht sagen, der Kessler kritisiert ja nur, will ich noch zwei Sachverhalte ansprechen, die aus unserer Sicht - das sehen wir etwas anders als die LINKE - durchaus positiv zu bewerten sind. Es geht dabei um die Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft beim Bund mit der Aufgabe der Planung und des Baus von Autobahnen. Das begrüßen wir. Es war schon immer unsere Forderung, den Bund hierbei stärker in die Verantwortung zu neh
men, weil wir im Saarland ja auch nicht in der Lage waren, die Bundesmittel zum Beispiel für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur in vollem Umfang abzurufen. Eine Anfrage der GRÜNEN im Bundestag hat ergeben, dass seit 2012 26 Millionen Euro nicht abgerufen worden sind. Die sind uns schlicht und ergreifend durch die Lappen gegangen.
Das ist nachzulesen in der Antwort auf die Anfrage.
Deshalb ist die Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft aus unserer Sicht zunächst einmal ein richtiger Weg. Ich möchte aber auch sagen: Eine Privatisierung wollen wir GRÜNE nicht. Wir wollen nicht, dass irgendwelche Hintergedanken von Minister Dobrindt durchgehen, in denen die Möglichkeit einer Privatisierung nach wie vor existiert. Nein, es muss bei der rechtlichen Ausgestaltung sehr genau darauf geachtet werden, dass die Bundesautobahnen und Bundesstraßen Eigentum des Bundes bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ja verständlich, dass heute in dieser Sondersitzung - das ist ja auch die Absicht dieser Sitzung - gelobhudelt wird und die Ministerpräsidentin sich über das erreichte Finanzergebnis freut. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass - und jetzt bin ich wieder bei den LINKEN - das Land nach wie vor ein riesengroßes Einnahmeproblem hat. So ist die Große Koalition im Hinblick auf Steuergerechtigkeit, hinsichtlich der Frage einer echten Reform der Erbschaftsteuer, bei der Besteuerung extrem hoher Einkommen - es geht hierbei nicht um kleine oder Fachar
beitereinkommen, wie hier polemisch gesagt worden ist - oder hinsichtlich der Einführung der Vermögensteuer offensichtlich in eine große Duldungsstarre gefallen. Zu diesen Themen gibt es keine Signale, obwohl ja im Koalitionsvertrag darüber so einiges steht.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, sage ich klipp und klar: Die Sanierung unseres Haushaltes wird ohne eine Verbesserung der Einnahmeseite durch eine andere Steuerpolitik im Bund nicht gelingen. Signale in diesem Sinne, nämlich zur Sanierung des Landeshaushaltes über eine andere Steuerpolitik, gibt es bislang aber nicht. Das bedauere ich außerordentlich und kritisiere es ausdrücklich. Daher werden wir dem Antrag der LINKEN an dieser Stelle nachher auch zustimmen.
Stattdessen sparen Sie noch, was die Einnahmeseite angeht: Sie sparen in der Finanzverwaltung, beispielsweise durch die Einsparung von Stellen in der Betriebsprüfung. Es ist dazu gesagt worden, die Kosten der Betriebsprüfer würden die Einnahmemöglichkeiten bei den Steuern deutlich übersteigen. Das bezweifele ich im Einzelfall. Und wie wollen wir zudem dem kleinen Steuerzahler, dem Bürger, der redlich seine Steuern zahlt, vermitteln, dass die Großen in diesem Land beim Steuereinzug und bei der Steuerprüfung eher großzügig behandelt werden und die Kleinen, die regelmäßig und treu ihre Steuern zahlen, regelmäßig zur Steuerpflicht herangezogen werden? Es gibt hierbei auch die moralische Verpflichtung zu zeigen, dass der Staat dafür sorgt, dass Steuern eingezogen werden. Deshalb bleiben wir dabei: Stellen Sie mehr Betriebsprüfer ein! Sie leisten dadurch einen Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit in diesem Land, aber auch zur Verbesserung der Einnahmeseite.
Es geht jetzt darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zukunft des Landes finanziell gut zu gestalten. Angesichts dessen erschreckt es mich manchmal schon, wie inkompetent, wie dilettantisch, aber auch wie verschwenderisch dieses Land zum Teil mit Geld umgeht. Ich erwähne als Beispiel das Missmanagement beim HTW-Hochhaus; hierbei hat die Landesregierung durch Umbaumaßnahmen, Kosten für Instandhaltung und auch durch die Finanzierung der Ersatzquartiere Zusatzkosten von mittlerweile insgesamt 16 Millionen Euro verursacht. Zumindest ein Teil dieser Kosten wäre durch ein professionelles Management vermeidbar gewesen. Aber auch die Kosten für den Vierten Pavillon sind durch die Decke geschossen, ohne dass dies erforderlich gewesen wäre: Bei diesem Projekt sind wir mittlerweile bei 40 Millionen Euro angelangt. Hinzu
kommt, dass bei den saarländischen Hochschulen, zukunftsträchtigen Bereichen dieses Landes, die völlig falsch angelegte Schuldenbremse greift und im Ergebnis die Hochschulen des Saarlandes schlicht und ergreifend zusammengespart werden. Das geht nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade unsere Hochschulen sind Aushängeschilder für unser Land. Sie sollen junge Leute ins Land ziehen, und diese jungen Leute sollten möglichst auch im Land bleiben, um der demografischen Entwicklung entgegenzuwirken. Die Landesregierung hat aber diesen Hochschulen, insbesondere der Universität, einen harten Sparkurs verordnet, der dazu geführt hat, dass sich die Studienbedingungen verschlechtert haben. Und was die Entwicklung der Studierendenzahlen angeht - die Zahlen gehen jetzt zurück, die Begründung ist geliefert worden -, da warten wir einmal ab, ob sich das jetzt stabilisiert oder eher nach unten verstetigt. Letzteres wäre für dieses Land katastrophal.
Es geht in unserem Land aber nicht nur ums Geld, wenn es um die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger geht. Es geht auch um Fragen der Gesundheit, der Mobilität, aber auch um die Bewältigung großer Infrastrukturprobleme. Auch hierauf hat die Landesregierung und die sie tragende Große Koalition keine Antwort. Ich nenne erneut das Beispiel Grubenwasser. Wir GRÜNE sind in großer Sorge, dass, wenn die Pumpen der RAG abgestellt werden, es zu Belastungen des Trinkwassers kommt. Ich habe aber den Eindruck, so wie die Landesregierung mit dem Thema umgeht, dass sie eher die Interessen der RAG stützen will, als die Gesundheit der Bürger zu schützen.
Wo es auch nicht ums Geld geht, das ist der ÖPNV, der im Land sehr stark vernachlässigt wird und unbedingt eine Reform braucht.
Beim ÖPNV haben Sie einen Gesetzentwurf vorgelegt, der nicht annähernd an das heranreicht, was an Verbesserungen in anderen Bundesländern bisher erreicht worden ist. Auch hier herrscht Stillstand in diesem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen, da kann ich einem Lob an anderer Stelle nicht zustimmen.
Ich fasse zusammen. Der Finanzkompromiss zwischen Bund und Land ist keine nachhaltige Lösung für die Zukunft und den Erhalt der Eigenständigkeit dieses Landes. Die Altschuldenfrage ist nicht gelöst,
und die Finanzierung der steigenden Versorgungsausgaben steht in den Sternen. Durch das Risiko der Konjunkturschwankung und eines Anstieges der Zinsen können finanzielle Beihilfen im Laufe der Jahre an Wert verlieren. Eine Verbesserung der Einnahmeseite wird durch keinerlei Aktivität der Landesregierung und der Großen Koalition angestrebt. Unter diesen Bedingungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine nachhaltige Sicherung der Zukunftsfähigkeit dieses Landes einfach nicht gesichert. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben heute als Große Koalition einen Gesetzentwurf vorgelegt, der als Artikelgesetz im Wesentlichen aus zwei Teilen besteht: einmal das Gesetz über den Entsorgungsverband Saar und zum Zweiten der Gesetzentwurf zur Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes.
Um es vorweg zu nehmen: Wir als GRÜNE werden uns heute bei diesem Gesetzentwurf enthalten. Dieser Entwurf dient zwar der rechtlichen Klarstellung Kollege Jung hat schon darauf hingewiesen - im Hinblick auf die Aufgaben des EVS, aber auch auf die Aufgaben der aus dem EVS ausgeschiedenen Kommunen. Wir denken aber, es macht Sinn, eine Anhörung durchzuführen und die jeweiligen Positionen der einzelnen Kommunen noch einmal in die abschließende Abstimmung miteinzubeziehen. Insofern enthalten wir uns, es ist nämlich noch unklar einige Kommunen wollen ja den Restmüll noch selbst sortieren, um Wertstoffe zu selektieren -, wie das gesamte Bild im Land halt so ist.
Das übergeordnete Ziel der Abfallpolitik, zu dem wir als GRÜNE auch stehen, ist die Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen sowie zur Sicherung einer umweltverträglichen und kosteneffizienten Beseitigung der Abfälle. Die Abfallmenge pro Kopf im Saarland ist in der Tat durch die Einführung einer mengenbezogenen Abfallentsorgung deutlich gesunken. Sie stellen das in Ihrem Gesetzentwurf fest, sie hat sich seit dem Jahr 2009 bis heute gleichsam halbiert. Der Kollege Heinrich hat darauf hingewiesen, der Kollege Jung ebenso.
Um die Entsorgungssicherheit zu gewährleisten, hat der EVS natürlich die entsprechenden Verwertungs
anlagen zur Verfügung zu stellen und ebenso diese auf dem neuesten Stand der Technik zu halten. Dies ist eine zentrale, das heißt auch überörtliche Aufgabe. Ein umweltgerechter und wirtschaftlicher Betrieb dieser Verwertungsanlagen ist natürlich aus unserer Sicht erforderlich. Um dies zu gewährleisten - um es einmal so zu formulieren, wie Sie es geschrieben haben -, sind natürlich auch stabile Abfallströme sehr wichtig. Um dies zu gewährleisten, sollen dann - das ist die Folge davon - alle Kommunen dem EVS den gesamten in ihrem Gebiet anfallenden Restmüll und den Bioabfall zur Entsorgung zur Verfügung stellen. Das soll jetzt durch diese Gesetzesänderung verbindlich geregelt werden und dient im Übrigen auch darauf ist hingewiesen worden - der rechtlichen Klarstellung einer bislang durchgeführten, im Grunde auch einvernehmlichen Praxis.
Der EVS ist gesetzlich gesehen verpflichtet, die Versorgungssicherheit in unserem Land zu gewährleisten. Weiterhin ist er grundsätzlich für die örtliche und die überörtliche Abfallbewirtschaftung zuständig. Aber - darauf legen wir als GRÜNE auch Wert die Gemeinden werden weiterhin die Möglichkeit haben, aus dem EVS austreten zu können und örtliche Aufgaben wie das Einsammeln, das Befördern von Bio- und Restmüll vorzunehmen. Sie können also die örtliche Abfallentsorgung als eigene öffentliche Aufgabe definieren und sind in diesem Bereich - darauf legen wir Wert - nicht mehr an den EVS gebunden.
Die Gemeinden, die aus dem EVS ausgetreten sind und die örtliche Abfallentsorgung jetzt selbst übernehmen, können neben dem Einsammeln und dem Befördern von Rest- und Bioabfällen unter anderem natürlich auch Kleinmengen gefährlicher Abfälle entsorgen, den Sperrmüll entsorgen oder Elektro- und Elektroniksammelstellen - so sie das können - selbst einrichten.
Darüber hinaus wird im Gesetz geregelt, dass die Gemeinden die Bio- und Restabfälle nach dem Einsammeln komplett an den EVS abzutreten haben. Da dies in der Vergangenheit nie anders praktiziert worden ist, ist das eine gesetzlich festgehaltene Klarstellung, um möglichen rechtlichen Unklarheiten in Zukunft entgegentreten zu können.
Im Wesentlichen geht es - auch das ist nachvollziehbar - um eine gleichmäßige Auslastung der Verwertungsanlagen des EVS, das heißt um einen wirtschaftlichen und umweltgerechten Betrieb. Es geht aber auch - darauf ist ebenfalls hingewiesen worden und darauf legen wir GRÜNE Wert - um die Erhaltung der Gebührenstabilität für die Bürgerinnen und Bürger, die durch das Solidarprinzip der Kommunen vom Grundsatz her erreicht werden soll. Ohne die Andienung des Restmülls durch die ausgetretenen Kommunen würden die Fixkosten für die Abfallentsorgung für die verbleibenden Kommunen notwendi
gerweise auch erhöht werden müssen, was sich natürlich negativ auf die Gebühren insgesamt auswirken würde.
Der Anlass für die Gesetzesänderung im Sinne einer notwendigen Klarstellung ist der OVG-Beschluss vom 27.07.2016, wonach es bislang keine gesetzliche Überlassungspflicht der Abfälle für die aus dem EVS ausgetretenen Kommunen gegeben hat. Ich sagte es bereits: Es sollte aus unserer Sicht noch geprüft werden, inwiefern eine Gemeinde oder mehrere Gemeinden den Restmüll in Hinblick auf die Sortierung von Wertstoffen auch noch selbst organisieren können und inwiefern dies Auswirkungen auf die gesamte Gebührenstruktur haben könnte. Deshalb ist aus unserer Sicht eine Anhörung in diesem Falle sinnvoll.
Wir enthalten uns heute in Erster Lesung bei diesem Gesetzentwurf und sind gespannt, was die Anhörung bringen wird. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sport hat im Saarland und in der saarländischen Gesellschaft eine herausragende Bedeutung. Das ist gut so, und das soll auch so bleiben. Allein schon im Hinblick auf die gesundheitsfördernde Wirkung des Breitensports wollen wir, dass die Sportangebote im Saarland weiter breit ausgebaut werden. Im Zentrum dieses gemeinsamen Antrags heute steht aber weniger der Breitensport, sondern mehr der Leistungssport. Es ist unbestritten, dass der Leistungssport mit seinen Spitzenleistungen, wenn sie aus dem Saarland kommen, sehr imagefördernd für unser kleines Land ist. Wir sind stolz darauf, dass bei den Olympischen Spielen in Rio allein zwölf saarländische Athleten vom Olympiastützpunkt RheinlandPfalz/Saarland dabei waren.
Weltklasseleistungen aus dem Saarland machen nicht nur unser Bundesland mit seinen hervorragenden Trainingsbedingungen bekannt, sie fördern natürlich auch das Interesse am Leistungssport als sol
chem und an bestimmten Sportarten. Bestes Beispiel - es ist schon darauf hingewiesen worden - ist unser Triathlon-Vorzeigeathlet und Olympiasieger Jan Frodeno, der am Olympiastützpunkt in Saarbrücken trainiert. Er hat deutlich festgestellt - das Zitat ist ja genannt worden -, dass es hier aus seiner Sicht ganz hervorragende Trainingsbedingungen gibt. Die Sportart Triathlon braucht sich, seit diese Spitzenleistungen erbracht worden sind, insbesondere auch im Saarland um Nachwuchs keine Sorgen zu machen.
Aktuell wird zurzeit die Neustrukturierung des Leistungssports und insbesondere die Förderung des Spitzensports auf Bundesebene im Rahmen eines Reformkonzepts diskutiert, Stefan Pauluhn hat darauf hingewiesen, Klaus Meiser ebenso. Es geht dabei auch um die Reduzierung der Zahl der Olympiastützpunkte von 19 auf 13. Ich bin froh und dankbar, dass - so steht es im Reformkonzept - der Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland von dieser Reduzierung nicht betroffen ist und im Saarland erhalten bleibt. Deshalb ist die Forderung in unserem gemeinsamen Antrag richtig, dass wir uns dafür langfristig einsetzen sollen. Der Stützpunkt soll langfristig erhalten bleiben.
Diese Reform des Spitzensports, von der ich gesprochen habe, sieht eine Vielzahl von Veränderungen vor, sie wird ja zurzeit im Bundestag diskutiert. Es geht dabei um eine neue Fördersystematik, um neue Kaderstrukturen, um Nachwuchsförderung, Trainingsgewinnung; insgesamt geht es um eine komplette Neuausrichtung der staatlichen Förderung des Spitzensports. So weit, so gut.
Das kann man aber auch ein bisschen kritisch sehen. Aus Sicht der GRÜNEN ist das Konzept in der Entwicklungsphase nicht transparent genug in die Öffentlichkeit gebracht worden, um nicht zu sagen, es ist mehr oder weniger in den Hinterzimmern des Bundesinnenministeriums und des DOSB erarbeitet worden. Hier wollen wir eine stärkere und breitere Beteiligung der Sportler selbst und insbesondere auch der Sportverbände.
Grundsätzlich sollen nach dieser Reform die Kriterien für die Förderung verändert werden, Stefan Pauluhn hat bereits darauf hingewiesen. Wird sich diese Reform durchsetzen, wie sie geplant ist, sollen die Sportlerinnen und Sportler in Zukunft „potenzialorientiert“ gefördert werden. Das heißt, die Förderung soll sich danach ausrichten, welcher Sportler die besten Chancen hat, das Medaillentreppchen zu erreichen. Die Frage, die sich aus Sicht der GRÜNEN stellt - das als kritische Anmerkung -, ist, ob man eine solche Förderung wirklich als praktikabel ansieht und ob sie auch unter dem Strich sinnvoll ist. Angesichts der Enthüllungen beim Doping im Spit
zensport - in den letzten Monaten und Jahren kam da ja einiges raus - kann man zumindest die Vermutung äußern, dass in manchen Sportarten Weltspitzenleistungen ohne Doping gar nicht möglich sind.
Außerdem - eine weitere kritische Anmerkung -: Wie viele Dinge müssen eigentlich zusammenpassen, um an der Weltspritze in einer kurzen Wettkampfsituation zu einer Medaille zu kommen? Ist es dann gerechtfertigt, auf eine Medaillenförderung abzuzielen? Mit dieser Kritik stehen wir nicht allein. Der Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes weist darauf hin, dass sich die Förderung nicht alleine nach der Menge der erreichbaren Medaillen orientieren dürfe. Bestes Beispiel: In der Leichtathletik hat es eine sehr lange Durststrecke im Dreisprung gegeben. Bei den Europameisterschaften in Amsterdam war plötzlich Max Heß da, der dort Gold gewann. Von dem war vorher aber nicht als Medaillenhoffnung die Rede gewesen.
Wir meinen, dass insbesondere beim Aspekt der Medaillenpotenziale eines Spitzensportlers und der Förderung in Abhängigkeit von den Medaillenchancen das Konzept noch einmal nachgearbeitet werden muss. Dabei sollten Vertreter und vor allen Dingen Athleten der verschiedensten Sportarten noch einmal in die Beratungen einbezogen werden. So weit die Bundesdiskussion zur Spitzensportförderung in Kürze. Mehr Zeit bleibt mir dazu nicht.
Im Land geht es uns darum, die hervorragenden Sporteinrichtungen an der Hermann-NeubergerSportschule und am Olympiastützpunkt zu stärken und auch dauerhaft finanziell abzusichern. Dafür setzen wir uns parteiübergreifend ein. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte unser gemeinsames Ziel sein.
Das Gleiche gilt für den paralympischen Schwerpunkt im Saarland, denn auch hier haben wir hervorragende Weltklasseleistungen zu bieten. Der Name Nicoleitzik ist schon genannt worden. Er ist gleichsam Programm für paralympische Spitzenleistung im Saarland geworden. Bei den Paralympischen Spielen in Rio konnten drei Athleten vom Stützpunkt Saarbrücken drei Medaillen und immerhin sieben weitere Platzierungen in den Top Ten erzielen. Ich sage ganz deutlich, es geht nicht nur um die drei Spitzenplätze, auch die Top Ten sind in den Blick zu nehmen.
Um solche Spitzenleistungen unserer Saarsportler zu erreichen, ist der Erhalt des Olympiastützpunkts Rheinland-Pfalz/Saarland als zentrale Förder-, aber auch Serviceeinrichtung für Spitzenathleten zwingend erforderlich. Allerdings darf die Diskussion
über die Spitzensportförderung nicht dazu führen, dass nur bestimmte Sportarten, die von Spitzensportlern belegt werden, gefördert werden. Auch die Förderung des Breitensports ist unerlässlich, die sportliche und die gesundheitliche Förderung unserer Gesellschaft muss uns mindestens genauso wichtig sein. Wir brauchen die Breitenförderung, denn um Spitzenleistungen zu erzielen, ist ein breites Fundament aus unserer Sicht unerlässlich.
Der Landessportverband erhält über das sogenannte Sportachtel 12,5 Prozent des Umsatzes von Saartoto, im Jahr 2015 waren es 15,5 Millionen Euro. Der größte Teil dieser Gelder geht an die Fachverbände, die ohne diese Mittel nicht überlebensfähig wären, das muss uns allen klar sein. Die Mitgliedsbeiträge müssten ansonsten drastisch steigen. Der Anteil der Sporttotogelder am Haushalt der einzelnen Sportverbände liegt zwischen 60 und 90 Prozent, deshalb ist die Erhaltung wichtig.
Ich bin dankbar, dass Stefan Pauluhn auf die Sportplanungskommission hingewiesen hat, in der jährlich über 3 Millionen Euro vom Sportachtel zur Verfügung gestellt werden. Die Mitglieder der Sportplanungskommission sind Vertreter des Landtages, des Landessportverbandes, der Ministerien sowie drei beratende Mitglieder. Und jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, setze ich meine Kritik an, wie sollte es auch anders sein, der Kollege Waluga lacht schon: Wir wollen, dass alle Fraktionen, die in diesem Landtag vertreten sind, auch in der Sportplanungskommission vertreten sind und nicht nur Kollegen aus der SPD-, der CDU- und der LINKEN-Landtagsfraktion. Wir wollen, dass GRÜNE und PIRATEN dort auch vertreten sind. Darum bitte ich, denken Sie noch einmal darüber nach, auch im Sinne unseres gemeinsamen Antrages, im Sinne unseres gemeinsamen Anliegens der Sportförderung im Saarland. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unstrittig: Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel. Die Lebens- und Arbeitswelten verändern sich, in zunehmendem Maße bestimmt auch das Alter einen längeren Lebensabschnitt. Für eine gute Versorgung kranker und pflegebedürftiger Menschen werden wir in Zukunft mehr und sehr gut qualifiziertes Pflegepersonal brauchen.
Alte Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderungen, Patientinnen und Patienten bringen den Wunsch nach einer selbstbestimmten Lebensführung und nach mehr Mitbestimmung bei ihrer Pflege und Behandlung immer selbstbewusster zum Ausdruck. Das ist aus meiner Sicht gut so, denn ein möglichst langer Verbleib in der häuslichen und vertrauten Umgebung und die Gewährleistung eines möglichst langen selbstbestimmten Lebens entsprechen dem Wunsch der meisten Menschen. Das zu gewährleisten muss auch unser Ziel und unser Anspruch in der pflegerischen Versorgung sein und bleiben. Diesbezüglich haben wir, so glaube ich, eine große Übereinstimmung.
Der Antrag der Großen Koalition greift insofern grundsätzlich richtige Fragestellungen auf, will sagen: Da steht nichts Falsches drin. Gute Pflege ist Menschenwürde, das ist richtig. Und eine menschenwürdige Pflege soll zusammen mit allen Beteiligten dauerhaft sichergestellt werden. - Deshalb werden wir GRÜNE diesen Antrag auch nicht ablehnen.
Aus unserer Sicht ist es auch sinnvoll, einen Pflegepakt Saarland zu initiieren, an dem ja, nach anfänglichen Schwierigkeiten, mittlerweile viele wichtige Partner der Pflege teilnehmen. Allerdings ist dieser Pflegepakt Saarland hinsichtlich seiner Ziele sehr allgemein gehalten, uns fehlen die konkreten Umsetzungsschritte. Gewiss, Ergebnisse jetzt schon zu erwarten, das wäre natürlich verfrüht. Entscheidend ist aber doch, was am Ende an Verbesserungen für die Betroffenen, aber auch für das Pflegepersonal herauskommt. Da erwarten wir schon konkrete Ergebnisse, Frau Ministerin.
Eigentlich hätte ein solcher Pakt viel früher gebildet werden müssen, denn die demografische Entwicklung war ja bekannt. Der Handlungsbedarf und die Probleme im Pflegebereich bestehen ja nicht erst seit gestern und heute. So gesehen, das sage ich heute mal so, ist es wohl auch nicht ganz von der Hand zu weisen, dass dieses Vorhaben „Pflegepakt Saarland“, nun zum Ende der Legislaturperiode von der Großen Koalition eingebracht, auch etwas mit dem Wahlkampf zu tun hat.
Es klingt auch gut, bleibt aber unverbindlich, wenn beispielsweise als Ziel beim Pflegepakt Saarland formuliert wird: Einsatz für mehr Personal in den Einrichtungen. - Ja, was heißt das? Was bedeutet dieses „mehr“?
Unter welchen Arbeitsbedingungen soll dieses Personal arbeiten? Frau Ministerin, ich bin auf Ihre Aussagen gespannt.
Nach wie vor fehlt uns allerdings die Festlegung eines verbindlichen Personalschlüssels in den stationären Einrichtungen.
Sie fordern des Weiteren die Möglichkeit einer akademischen Pflegeausbildung im Rahmen eines Fernstudiums als Modellprojekt. Das machen wir mit, das ist vernünftig. Wir hätten ganz gerne, dass dies fachlich begleitet und auch evaluiert wird.
Ihrer Forderung nach einer positiven Begleitung der Landesfachstelle Demenz wollen wir auch nicht widersprechen. Diese Fachstelle leistet eine hervorragende Arbeit. Und dass der Bedarf in Sachen Demenz mit Sicherheit noch steigen wird, das wissen wir alle. Das folgt allein schon aus der demografischen Entwicklung.
Kritisch sehen wir - jetzt schaue ich den Kollegen Schmidt an - den Punkt zur Reform der Ausbildung in der Pflege. Der Antrag ist zu diesem Punkt - das ist wohl der Großen Koalition und den diesbezüglich etwas unterschiedlichen Auffassungen geschuldet etwas vorsichtig formuliert. Die Bundesregierung plant ja, die Ausbildung der drei Pflegeberufe Alten
pflege, Kinderkrankenpflege und Krankenpflege zusammenzufassen zu einem einheitlichen Berufsabschluss Pflegefachfrau/Pflegefachmann. Wir GRÜNE sagen dazu: Das spezifische Fachwissen, das in den jeweiligen Bereichen erworben wird, darf nicht verlorengehen. Deshalb fordern wir, eine integrativ gestufte Ausbildung einzuführen, mit einer gemeinsamen Ausbildung am Anfang der Ausbildungsphase und einer Spezialisierung auf die verschiedenen Pflegefelder am Ende der Ausbildung. Die Auszubildenden lernen dann also zunächst einmal ein Jahr bis anderthalb Jahre - über die Dauer lässt sich sicherlich noch diskutieren - gemeinsam die gleichen Inhalte und spezialisieren sich in der zweiten Ausbildungsphase auf die jeweiligen Pflegebereiche. In diese Richtung gehend hat sich vorhin auch der Kollege Schmidt geäußert; das wäre aus unserer Sicht ein vernünftiger Schritt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Hauptproblem in der Pflege ist und bleibt, wie schon mehrfach angesprochen, der Personalnotstand. Das gilt insbesondere für die Krankenhauspflege. Durch eine zunehmende Belastung des Personals, durch pflegefremde Tätigkeiten wie die Dokumentation, aber auch durch eine Zunahme der Erkrankungen wegen der Belastungen, also Personalausfälle, sowie durch ungünstige Arbeitszeiten kommt es zunehmend zu Engpässen bei der Personalversorgung.
Darauf wurde kürzlich auch in einer Sitzung des Gesundheitsausschusses eingegangen: Die Leitung des Universitätsklinikums hat eingeräumt, dass solche Engpässe bestehen, aber auch gesagt, mit welchen internen Maßnahmen man gegensteuern will. Diese Maßnahmen will ich gar nicht in Abrede stellen, auf eine Nachfrage hin wurde aber auch zugegeben, dass es infolge eines Gutachtens von Roland Berger seit 2014 einen Personalabbau im Umfang von etwa 50 Stellen gegeben hat. Auch das wurde eingeräumt.
Dreh- und Angelpunkt ist natürlich die Finanzierung der Krankenhäuser. Diese muss aus unserer Sicht auf neue Beine gestellt werden. Der Hilferuf der Saarländischen Krankenhausgesellschaft ist ja unüberhörbar gewesen, das ging kürzlich auch durch die Presse. Wir meinen aber auch, Frau Ministerin, dass die Landesregierung gefordert ist, sich beim Bund mit mehr Nachdruck für eine größere Finanzierungsverantwortung des Bundes einzusetzen. Darüber hinaus brauchen wir einen angemessenen, gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel. Denn sollte sich an der Überlastung des Personals nichts ändern, droht in der Pflege auf lange Sicht eine Abwärtsspirale auch bei der Qualität der Patientenversorgung.
Wir bleiben bei unserer Kritik, Kollege Schmidt: Die Kürzung des Investitionszuschusses der Landesregierung von 14,5 auf 11 Millionen Euro, den die Ko
alition seit dem Haushaltsjahr 2014 vorgenommen hat, muss zurückgenommen werden. Und, Herr Kollege Schmidt, Sie haben ja selbst gesagt, wenn Sie in der Opposition wären, würden Sie dies auch entsprechend erhärten und fordern.
Wir sind jetzt in der Opposition und erhärten unsere Forderung und sagen: Dies ist ein falscher Weg, wir dürfen an dieser Stelle nicht sparen, diese Kürzungen müssen zurückgenommen werden!
Ich komme zum Ende meines Beitrags. Um langfristig eine flächendeckende gesundheitliche und pflegerische Versorgung aller Menschen gewährleisten zu können, brauchen wir mehr gut ausgebildete Pflegekräfte. Wir brauchen Pflegekräfte, die auch den veränderten Anforderungen gerecht werden, die kranke, multimorbide, demente, aber auch sterbende Menschen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, aber auch in der ambulanten Versorgung an die Pflege stellen. Diesen Ansprüchen muss man in zunehmendem Maße gerecht werden.
In dieser Hinsicht geht der Antrag der Großen Koalition durchaus in die richtige Richtung. Er bleibt uns in manchen Punkten aber zu oberflächlich, zu wenig konkret - einige Kritikpunkte habe ich erwähnt. Deshalb werden wir uns enthalten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde ja lieber vor vollen Rängen sprechen, aber das Thema ist vielleicht für den einen oder anderen Abgeordneten nicht ganz so interessant.
Bildungspolitiker sind zuhauf vertreten. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute einen Antrag
eingebracht, der sich im weitesten Sinne mit dem Thema frühkindliche Bildung befasst und im engeren Sinne mit dem Thema Gebühren in Kindertageseinrichtungen. Anlass ist die doch insbesondere auf kommunaler Ebene zunehmende Diskussion über die Finanzierung der Kitas insgesamt durch Elternbeiträge - das ist der Teil, der uns hier interessiert und die aktuelle Diskussion um die Gebührenerhöhung in Saarbrücken. Daraus mache ich keinen Hehl.
Wir alle sind uns darüber einig, dass es für die Entwicklung unserer Kinder insbesondere im frühkindlichen Bereich darauf ankommt, ein möglichst hochwertiges Versorgungsangebot bereitzustellen. Wir sind uns wohl weiterhin darin einig, dass durch den Dreiklang - das ist in der frühkindlichen Bildung so von Erziehung, Bildung und Betreuung in den Kindertageseinrichtungen ganz wichtige Grundlagen gelegt werden für die weitere erfolgreiche Entwicklung unserer Kinder, insbesondere für die Bildungslaufbahn.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns weitgehend darin einig, dass ein gutes Kita-Platzangebot wichtig für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Ich glaube, weiterhin sagen zu können, dass wir ebenso wenig weit auseinander liegen in der Frage, dass Kita-Beiträge für die Eltern bezahlbar bleiben müssen. Sie dürfen nicht durch eine übergroße Erhöhung zu sozialen Verwerfungen führen.
Die derzeitige Rechtslage und Beitragsregelung sieht so aus, dass die Erziehungsberechtigten neben dem Land, den Kommunen und den Einrichtungsträgern an den Kosten zu beteiligen sind. Die Eltern, die ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, können mit bis zu maximal 25 Prozent der bezuschussungsfähigen Personalkosten beteiligt werden. Das ist die Rechtslage.
Weiterhin gilt im Saarland, dass wir im letzten Kindergartenjahr eine bis zu sechsstündige Betreuung an fünf Werktagen für Erziehungsberechtigte entsprechend einer sozialen Staffelung haben. Bei dieser Einkommensstaffelung fallen die Gebühren entweder ganz weg oder müssen nur hälftig bezahlt werden. Diese Regelung - die Beitragsstaffelung nach Einkommen - ist durch die Vorgängerregierung im Jahr 2011 eingeführt worden.
Davor war es kostenlos. Richtig. Das haben wir damals schweren Herzens mitgemacht; das gebe ich zu.
Unser Wunsch bleibt weiterhin, dass es im Idealfall langfristig zu einer kompletten Befreiung der Eltern von den Gebühren in den Kitas kommen sollte. Das
ist unser langfristiges Ziel. Damit stehen wir nicht alleine. Vom Grundsatz her sieht das Bildungsminister Commerçon ganz genauso. Zum Schuljahresbeginn hat er erhärtet und öffentlich verlautbart, dass er sich vom Grundsatz her für eine generelle Gebührenbefreiung einsetzt.
Doch spätestens dann, als er den Finanzbedarf nannte - es ging um eine Summe von 50 Millionen Euro jährlich -, war uns doch wohl allen klar, dass insbesondere angesichts unserer Haushaltslage so etwas zurzeit nicht realistisch finanziert werden kann, zumindest nicht vom Saarland allein, es sei denn, der Bund hilft uns an dieser Stelle. Aber das ist nicht in Sicht. Das sehe ich nicht. Insofern bleibt es zunächst einmal in der heutigen Zeit ein frommer Wunsch. Vielleicht war es auch eine Aussage des Ministers, die als platte Wahlkampfaussage zu werten ist. Das muss er selbst beurteilen.
So etwas macht er nicht. - Dieser Aussage eines SPD-Bildungsministers steht die Realität in der Landeshauptstadt Saarbrücken gegenüber. Da wird zurzeit eine drastische Beitragserhöhung für die Kitas diskutiert, die allerdings von uns GRÜNEN nicht mitgetragen wird. Das sage ich hier in aller Deutlichkeit.
Zu den Zahlen, die hier in Saarbrücken diskutiert werden. Während ein Ganztagskrippenplatz im Jahr 2012 monatlich 314 Euro kostete, soll diese Gebühr im Jahr 2016 auf 397 Euro angehoben werden. Das ist eine Steigerung von 83 Euro oder rund 20 Prozent in vier Jahren. Diesen Betrag sollen alle Eltern unabhängig vom Einkommen gleichmäßig bezahlen, natürlich mit Ausnahme der Sozialleistungsempfänger.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind der Meinung, dass dies nicht mehr akzeptabel ist. Eine solch drastische Erhöhung, bei der alle Eltern ohne Einkommensunterscheidung gleichmäßig bezahlen müssen, ist weder sozial ausgewogen noch verantwortungsvoll noch bildungspolitisch sinnvoll. Das tragen wir nicht mit.
Ich komme zur Rechtslage zurück. Es steht natürlich jeder Kommune frei, nach dem Kinderbetreuungsund -bildungsgesetz die maximal mögliche Quote von 25 Prozent der Personalkosten entweder voll auszuschöpfen oder auch nicht. Das muss sie nicht.
Aber natürlich ist das eine eher theoretische Größe so der Zwischenruf der Kollegin Kolb -, da wir doch
wissen, dass die Kommunen hoch verschuldet sind und unter finanziellem Druck stehen. Dazu kommt noch, dass sie die kommunale Schuldenbremse einhalten müssen. Wir können aber dennoch nicht akzeptieren, dass durch unverhältnismäßig hohe Gebühren Geringverdienende an der frühkindlichen Bildung nicht mehr teilnehmen können, weil sie einfach zu teuer geworden ist. Schauen wir einmal, wer das ist. Das sind in erster Linie Alleinerziehende und sozial schwächer gestellte Familien. Es kann nicht sein, dass Alleinerziehende nur noch für die KitaGebühren arbeiten müssen und am Ende ihr Kind schlichtweg aus Kostengründen zuhause lassen, anstatt es beispielsweise in den Kindergarten zu schicken, obwohl sie diese Betreuung doch eigentlich wollen und favorisieren.
Für diese Entscheidung sind nur noch finanzielle Gründe ausschlaggebend. Das wäre eine fatale Entwicklung. Wir GRÜNE wollen, dass Bildung - insbesondere die frühkindliche Bildung und Erziehung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf. Wir wollen außerdem, dass insbesondere der Aufstieg durch Bildung, auch durch frühkindliche Bildung, weiter möglich ist. Das ist nämlich eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein späteres Armutsrisiko vermieden wird. Also Aufstieg durch Bildung.
Ein Armutszeugnis ist es allerdings für die Landesregierung, wenn laut aktueller Bertelsmann-Studie die Kinderarmutsquote im Saarland überdurchschnittlich angestiegen ist und mittlerweile bei 17,6 Prozent unserer Kinder liegt, die im Saarland armutsgefährdet sind. Dieser Anstieg ist der zweithöchste nach Bremen. Das ist ein deutliches Armutszeugnis für unser Land.
Solange keine komplette Gebührenbefreiung erreicht werden kann - wie ich sagte, aus finanziellen Gründen -, wollen wir GRÜNE mehr Gerechtigkeit in das System bringen. Das heißt für uns, dass wir ganz einfach dem Grundsatz folgen, schwache Schultern sollen weniger belastet werden als starke. Der Grundsatz dürfte bekannt sein. Wir wollen deshalb, dass die Landesregierung ein gerechteres, sozial verträglicheres Gebührensystem landesweit für alle Kitas entwickelt. Als Vorbild, das brauchen wir ja nicht neu zu erfinden, kann dann die Gebührenstaffelung der Elternbeiträge für das dritte Kindergartenjahr aus dem Jahr 2011 herangezogen werden. Das muss man nicht identisch machen, aber wir haben eine Regelung, die zumindest als Beispiel gelten kann.
Nach dieser Regelung ist es vom monatlichen Nettoeinkommen der Erziehungsberechtigten abhängig, ob überhaupt ein Beitrag zu zahlen ist, wenn ja, entweder hälftig oder ganz. Es gibt also entweder eine vollständige Befreiung für die Eltern, eine halbe Befreiung oder sie müssen den vollen Beitragssatz zahlen. So liegt beispielsweise für einen Zweipersonenhaushalt die Einkommensgrenze für eine hälftige Beitragsstellung bei etwa 2.500 Euro monatlichem Nettoeinkommen. Diese Regelung folgt dem Prinzip: Starke Schultern können mehr tragen als schwache Schultern.
Diese Regelung ist zwar immer noch schlechter als beispielsweise die Regelung in Rheinland-Pfalz, wo der Kindergartenbesuch für alle zwei- bis sechsjährigen Kinder komplett beitragsfrei ist, aber wir würden uns immerhin auf den Weg machen. Es ist aus unserer Sicht allerhöchste Zeit, dass das Saarland beginnt, den Rückstand in dieser Frage gegenüber unserem Nachbarland endlich aufzuholen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen Koalition, wir sind ja gar nicht so weit voneinander entfernt. Sie haben ja selbst im Jahr 2012 im Koalitionsvertrag die einkommensabhängige Gebührenstaffel über das dritte Kindergartenjahr hinaus als ihr Koalitionsziel hineingeschrieben. Allerdings muss ich feststellen, getan hat sich in dieser Hinsicht bis heute schlichtweg nichts.
Deshalb fordern wir Sie mit unserem Antrag auf: Setzen Sie dieses Vorhaben endlich um. Es ist auch in dieser Landesregierung noch nicht zu spät, die Weichen für ein landesweit gerechteres Gebührensystem im Kitabereich zu stellen. Außerdem wollen wir - auch das ist Teil unseres Antrags - zur Entlastung der Kommunen, dass die Ausgaben für die frühkindliche Bildung aus der kommunalen Schuldenbremse herausgerechnet werden. Dies würde es auch den Kommunen erleichtern, sozialere Kitabeiträge festzulegen.
Ich komme zum Ende. In der frühkindlichen Bildung werden die entscheidenden Weichen für die Entwicklung und Zukunftschancen unserer Kinder gestellt. Hiervon darf kein Kind aus finanziellen Gründen ausgeschlossen bleiben. Ein gutes Kitaangebot zu sozialverträglichen Preisen ist notwendig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und außerdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein wichtiger Standortfaktor, wenn es darum geht, junge Familien in unser Land zu ziehen. Das Saarland darf im Wettbewerb der Länder in dieser Hinsicht nicht weiter abgehängt werden und deshalb muss sich auch ein Haushaltsnotlageland mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung leisten können.
Unserer Meinung nach sind das Investitionen - der Satz ist zwar schon abgegriffen, aber er ist nach wie vor richtig - in die Zukunft unseres Landes.