Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache 15/1856 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Danke schön. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1856 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die Fraktion DIE LINKE, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen sowie die Fraktion der PIRATEN und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion Drucksache 15/1863. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Danke schön. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die PIRATENFraktion. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen sowie die Fraktion DIE LINKE.
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Härtefallkommissionsverordnung humanitärer gestalten - Arbeit der Härtefallkommission anerkennen und stärken (Drucksache 15/1852)
Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Handlungsspielräume für eine humane Vorgehensweise bei Abschiebungen ausschöpfen (Drucksache 15/1860)
Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Bessere Vernetzung von Innenministerium und Härtefallkommission - Kommunikation auf Augenhöhe herstellen (Drucksa- che 15/1861)
Zur Begründung des Antrags der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus Kessler das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute einen Antrag eingebracht, der sich mit der Arbeit der Härtefallkommission befasst. Anlass ist die
Tatsache, dass es in letzter Zeit verstärkt vorgekommen ist, dass Ausländer abgeschoben worden sind, die sich an die Härtefallkommission gewandt haben. Diese Abschiebungen erfolgten bereits, bevor die Härtefallkommission abschließend die Eingabe bearbeitet hatte. Aufgrund dieser Tatsache, aber auch aus Protest gegen diese Praxis hat auch der Saarländische Integrationsrat seine Arbeit als Mitglied in der Härtefallkommission für zwei Monate - seit dem 15. März - ausgesetzt.
Die Arbeit der Härtefallkommission, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist geregelt in der Härtefallkommissionsverordnung des Saarlandes. Diese Verordnung ist in der geänderten Fassung seit dem 01. Januar 2015 in Kraft. Durch ein sogenanntes Härtefallersuchen der Härtefallkommission kann die oberste Landesbehörde - ich zitiere - „anordnen, dass einem Ausländer, der nachvollziehbar ausreisepflichtig ist (…) , eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird (…)“. Anträge können ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer aus dem Saarland stellen, die dringend humanitäre oder auch persönliche Gründe geltend machen, die einer bevorstehenden Ausreise entgegenstehen.
Die Härtefallkommission selbst besteht aus acht Mitgliedern. Sie setzt sich aus verschiedenen Persönlichkeiten zusammen. Vertreten sind auch kommunale Vertreter. Diese Kommission ist für viele Betroffene - so sehen die es auch - eine letzte Möglichkeit, eine Abschiebung abzuwenden und damit ein Aufenthaltsrecht zu erwirken. Wird ein Fall in der Härtefallkommission angenommen und ist diese der Auffassung, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit einer Ausländerin oder eines Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen, stellt sie ein entsprechendes Ersuchen an das Ministerium für Inneres und Sport, das diesem Ersuchen dann zustimmen kann oder es ablehnen kann und somit entweder eine Aufenthaltserlaubnis erteilen kann oder auch nicht. Im Unterausschuss für Flüchtlingsfragen wurde das Verfahren noch einmal dargestellt. Diese Entscheidungsbefugnis, die Kompetenz des zuständigen Ministers, wurde dort gleichsam als Gnadenakt bezeichnet. So weit, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Verfahren.
Laut Bericht der Landesregierung in dem von mir genannten Unterausschuss für Flüchtlingsfragen am 01. Juni gab es im Jahr 2015 insgesamt 19 Ersuchen an die Härtefallkommission. Das ist - so sage ich einmal hier deutlich - ja jetzt keine so große Zahl, dass man davon reden könnte, dass es gleichsam einen Run von Ausländern auf die Härtefallkommission gibt. Diese Zahl ist meines Erachtens überschaubar. Von diesen 19 Ersuchen wurden acht Fälle durch die Härtefallkommission als positive Empfehlung an das Innenministerium weitergegeben. Wiederum von diesen acht Fällen wurden drei Fälle
Meine sehr geehrten Damen und Herren, allein an diesem Zahlenverhältnis kann man doch schon sehen, mit welcher Tendenz die Härtefallkommissionsempfehlungen jetzt behandelt werden. Drei von acht - diese Tendenz bezeichne ich eindeutig als Negativtendenz in Richtung der Abschiebungen, die trotz der Empfehlung der Härtefallkommission in diesem Land neuerdings zunehmend vorgenommen werden. Das kritisieren wir.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Besonders kritikwürdig, um nicht zu sagen, äußerst problematisch ist die Tatsache, dass Abschiebungen auch dann vorgenommen werden, während sich die Härtefallkommission noch mit einem Fall befasst und ohne diesen Fall abschließend beschieden zu haben. In dieser Hinsicht - das erfinde ich ja nicht - gab es ganz klare Aussagen von den Mitgliedern der Härtefallkommission selbst in der von mir genannten Ausschusssitzung am 01. Juni. Sie haben dort - vorsichtig formuliert - von einem Kurswechsel der Landesregierung in der Behandlung von Eingaben bei der Härtefallkommission gesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Verfahren ist aus unserer Sicht nicht nur inhuman auf die Einzelschicksale der betroffenen Menschen bezogen, nein, dies ist auch eine Missachtung der wertvollen Arbeit der Mitglieder in der Härtefallkommission, denen ich an dieser Stelle einmal öffentlich meinen ganzen Dank aussprechen möchte!
Sie werden das nachher vermutlich abstreiten oder mit irgendwelchen Zuständigkeitsregelungen erklären. Ich nenne Ihnen trotzdem zwei Fälle, in denen es in den letzten Wochen Abschiebungen gegeben hat, die durchgeführt wurden beziehungsweise versucht wurden, obwohl eine Eingabe der Härtefallkommission vorlag und diese noch keine Empfehlung ausgesprochen hatte.
Das erste Beispiel ist ein indischer Staatsangehöriger namens Rahul Sharma, dessen eheliche Lebensgemeinschaft mit einer Deutschen nicht lange genug gedauert hatte, um eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis erlangt zu haben. Er war in seiner Wohnsitzgemeinde bestens integriert, war im Saarland selbstständig und hatte sich sogar mit einem Gaststättenbetrieb eine eigene Existenz aufgebaut. Sein Fall wurde im Februar 2016 bei der Härtefallkommission eingegeben. Diese war am 11. Mai noch in der Bearbeitung. Dennoch wurde Herr Sharma an diesem Tag im Mai gleichsam in einer Nachtund-Nebel-Aktion nach Indien abgeschoben. Die Abschiebung erfolgte also, ohne das Ergebnis der Be
Ein zweites Beispiel ist die Familie Grabovici aus dem Kosovo mit einem Kind. Der Ehemann arbeitet. Sein Arbeitgeber ist auf seine Arbeitskraft angewiesen und möchte ihn unbedingt im Land behalten. Die Ehefrau ist psychisch erkrankt. Die Eingabe an die Härtefallkommission erfolgte bereits im Juli 2015. Am 23.03.2016 wurde versucht, diese Familie abzuschieben. Das hat allerdings nicht geklappt, denn während des Abschiebeversuchs brach die Frau psychisch zusammen; sie befindet sich zurzeit noch in einer Krankenhausbehandlung. Menschliche Schicksale und humanitäre Katastrophen finden statt, wenn abgeschoben wird.
Wer so mit der Arbeit der Härtefallkommission umgeht, zeigt vielleicht an einer gewissen Stelle eine große Härte in der Abschiebepraxis des Landes, aber er hat überhaupt keinen Respekt vor der ehrenamtlichen Arbeit der Kommission und noch weniger Respekt gegenüber den betroffenen Menschen, die sich in letzter Verzweiflung an die Härtefallkommission gewandt haben.
Es zeugt auch von einem äußerst geringen Respekt, wenn bei einer ablehnenden Entscheidung eines Härtefallersuchens durch den zuständigen Minister noch nicht einmal eine Begründung für die Ablehnung gegeben wird. Wir sind der Meinung, dass es nicht mehr als anständig und fair wäre, sowohl gegenüber den Betroffenen als auch gegenüber der Härtefallkommission die Gründe für die Ablehnung eines solchen Antrages mitzuteilen. Genau dies fordern wir in unserem Antrag, der Ihnen heute vorliegt.
Diese nicht erfolgte Ablehnung einer Begründung hat am eigenen Leib auch die syrische Familie Alsharif aus Wadern-Wadrill erfahren, die ich an dieser Stelle ganz herzlich als Zuhörer im Plenum begrüßen möchte. Herzlich willkommen!
Diese Familie - hier zu sehen mit zwei kleinen Kindern - hat eine positive Empfehlung der Härtefallkommission. Dieser ist der Minister nicht gefolgt. Sie soll nach Rumänien abgeschoben werden. Schauen wir uns die Situation dieser Familie an. Diese Familie ist in ihrem Ort Wadern-Wadrill bestens integriert. Der Mann ist aktiv im Technischen Hilfswerk. Er könnte sofort einen Arbeitsplatz in einer Kfz-Werkstatt bekommen. Er und seine Frau leisten in der Gemeinde wertvolle Dolmetscherdienste, die der Staat normalerweise teuer bezahlen müsste. Das heißt, der Staat spart sogar durch diese Tätigkeiten der Familie Geld.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, trotzdem zeigt Minister Bouillon an dieser Stelle keine Gnade und folgt nicht der positiven Empfehlung der Härtefallkommission. Ich fordere den Minister und stellvertretend die Ministerpräsidentin auf: Kümmern Sie sich um diesen Fall! Fordern Sie die Familie zu einem Gespräch auf, um sich ein Bild über deren Situation zu machen. Werden Sie dem C in Ihrem Parteinamen gerecht, damit Sie in einem Akt dieser Familie Barmherzigkeit und Menschlichkeit zukommen lassen. Handeln Sie christlich!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Folgendes klarstellen. Wir wollen mit unserem Antrag nicht erreichen, dass es keine Abschiebungen mehr gibt. Das können wir gar nicht. Es gibt auch Situationen, in denen Abschiebungen nicht zu verhindern sind; das räume ich ein. Das sieht man an der Zahl der positiven Ergebnisse der Arbeit der Härtefallkommission. Von 19 Fällen sind insgesamt nur acht positiv beschieden worden.
Wir wollen aber, dass die Arbeit der Härtefallkommission ernst genommen wird. Die Härtefallkommission darf einfach nicht zu einem humanitären Feigenblatt dieser Landesregierung verkommen. Sie muss in ihrer Funktion und Rolle gleichsam als letzte Instanz für Hilfesuchende, die durch eine Abschiebung eine besondere humanitäre und persönliche Härte erfahren würden, gestärkt werden. In dieser Rolle wollen wir die Härtefallkommission gestärkt sehen. Deshalb darf nicht abgeschoben werden, solange noch ein Fall bearbeitet wird. Genau das wollen wir durch unseren Antrag in der Verordnung festschreiben. Genau das ist die Forderung der Härtefallkommission. Die stellvertretende Vorsitzende Ikbal Berber war am Montag im Aktuellen Bericht und hat die gleiche Forderung erhoben. Auch in anderen Ländern - Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen und Brandenburg - gibt es eine solche Regelung, dass nicht abgeschoben werden darf, solange sich die Härtefallkommission mit einem Fall befasst.
Deshalb bitte ich Sie ganz inständig um Zustimmung zu unserem Antrag. Da ich weiß, dass das zum Teil Gewissensentscheide berührt, möchte ich diesen Antrag zur namentlichen Abstimmung bringen. Ich beantrage hiermit namentliche Abstimmung über unseren Antrag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Abgeordneter Kessler. - Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Heike Kugler das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit unserem vorliegenden Antrag fordern wir die Landesregierung auf, ihre Handlungsspielräume für eine humanere Vorgehensweise bei Abschiebungen auszuschöpfen. Seit dem 14. September 2004 gibt es im Saarland eine sogenannte Härtefallkommission. Wikipedia erläutert dazu: „Ihre Errichtung beruhte auf der Erkenntnis, dass es unmöglich ist, ausländerrechtlich relevante Sachverhalte abstrakt-generell so perfekt zu regeln, dass die in Anwendung dieser Regeln eintretenden Rechtsfolgen auch in jedem Einzelfall befriedigen. Das praktische Bedürfnis, einen Modus zur Einzelfallkorrektur zu finden, um unerträgliche Härten abzumildern, hat zur Schaffung der Härtefallkommission beigetragen. Sie ist auch als Reaktion auf das früher häufig gewährte Kirchenasyl zu sehen.“
Wir, die Fraktion DIE LINKE, wollen mit dem vorliegenden Antrag zwei wichtige Änderungen erreichen. Zum Ersten wollen wir eine Änderung der Härtefallkommissionsverordnung erreichen, damit im Zeitraum während der Bearbeitung eines Falles bei der Härtefallkommission keine Abschiebungen vorgenommen werden. Zum Zweiten wollen wir ganz allgemein, dass die Landesregierung eine humanere Vorgehensweise bei der Organisation und Durchführung von Abschiebungen regelt.
Lassen Sie mich kurz auf die erste Forderung eingehen. Der Hintergrund ist der folgende. In der Vergangenheit war es nach Angaben der Härtefallkommission geübte Praxis, dass man seitens des Ministeriums keine Abschiebungen veranlasst hat, während die Kommission mit einem Fall befasst war. Neuerdings muss allerdings festgestellt werden, dass man von dieser in der Vergangenheit geübten Praxis abweicht. Das heißt, noch bevor die Kommission in einem Fall eine abschließende Entscheidung getroffen hat, werden Abschiebungen vorgenommen. Der Kollege Kessler hat bereits darauf verwiesen. Vor diesem Hintergrund hat sogar der Integrationsrat seine Arbeit in der Härtefallkommission vorübergehend eingestellt.
Insgesamt wird die Arbeit der Härtefallkommission aus ihrer Sicht in Frage gestellt, wenn Abschiebungen vorgenommen werden, obwohl die Kommission noch mit dem Fall beschäftigt ist. Ich muss Ihnen sagen, ich finde diese Kritik sehr einleuchtend. Fakt ist, dass die Härtefallkommission erst angerufen werden darf, wenn alle anderen rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind. Wenn jetzt während eines laufenden Verfahrens abgeschoben wird, dann wird damit die gesetzlich vorgesehene letzte Möglichkeit zur Geltendmachung besonderer Härten ausgehebelt, und das empfinde ich als eine Katastrophe.
Grundsätzlich geht es aber auch um eine Frage des wertschätzenden Umgangs mit der Härtefallkommission. Diese muss natürlich die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit in Frage stellen, wenn während eines laufenden Verfahrens abgeschoben wird und eine Entscheidung ihrerseits damit überflüssig gemacht wird. Das ist einerseits eine Tragödie für die Menschen, die sich an die Kommission wenden, und einfach nur respektlos gegenüber denen, die engagierte Arbeit in der Kommission leisten. Ich möchte den Mitgliedern der Härtefallkommission an dieser Stelle einmal für ihre wichtige Arbeit danken, die sie ehrenamtlich leisten, und ich hoffe, dass ihre Arbeit in Zukunft etwas stärker gewürdigt wird.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas zu der Diskussion um die Zuständigkeit der Härtefallkommission in sogenannten Dublin-Fällen sagen. Wir wissen, dass es hier bundesweit die Tendenz gibt, die Zuständigkeit der Kommission der Länder skeptisch zu sehen. Aber es gibt hier, wie so oft, unterschiedliche Rechtsauffassungen. Wir vertreten die Auffassung, dass es hier einen Ermessensspielraum gibt, der die Behandlung auch solcher Fälle zulässt. Dabei spielt eine Überlegung eine Rolle: Ausgangspunkt ist ja, wie bei den Fällen, die nicht unter Dublin fallen, dass ein Härtefall vorliegt. Dies hängt eben gerade nicht vom aufenthaltsrechtlichen Status und der Frage ab, ob einem Flüchtling vielleicht schon einmal in einem anderen EU-Staat die Fingerabdrücke abgenommen wurden. Dies hängt nämlich schlicht von der persönlichen Situation des einzelnen Betroffenen ab.
Unabhängig von dieser Frage und unabhängig davon, wie man die Differenzen zwischen der Härtefallkommission und dem Ministerium bewertet, muss aus unserer Sicht bereits aus Gründen der Rechtssicherheit eine Regelung getroffen werden, wonach klar ist, dass während des Verfahrens vor der Kommission keine Abschiebungen vorgenommen werden dürfen. Dies ist auch in anderen Bundesländern wie Brandenburg, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen oder bei unseren Nachbarn in Rheinland-Pfalz so. Dabei befürworten wir eine Regelung wie in Niedersachsen oder Sachsen, die eine aufschiebende Wirkung ohne Ausnahme vorsieht.
An dieser Stelle komme ich zum nächsten zentralen Punkt unseres Antrages. Viele Landesregierungen haben in Konkretisierung bundesrechtlicher Vorschriften für die Organisation und Durchführung von Abschiebungen Regeln geschaffen. Im Saarland gibt es nach Auskunft des Innenministeriums einen solchen Erlass oder eine vergleichbare Anordnung nicht. Hier sehen wir Handlungsbedarf. In Erlassen von beispielsweise Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Niedersachsen oder Baden-Württemberg geht es darum, Handlungsspielräume im Sinne einer möglichst humanen Vorgehensweise auszuschöpfen.
Dabei wird zum einen versucht, die Betroffenen möglichst zu einer freiwilligen Ausreise zu bewegen, und zum anderen, im Falle einer Abschiebung unnötige Belastungen und Traumatisierungen insbesondere von betroffenen Kindern zu vermeiden. Deshalb wird in den Erlassen unter anderem vorgegeben, dass Abschiebungen grundsätzlich so zu organisieren sind, dass der Abholungszeitpunkt nicht in der Nacht liegt. So heißt es in dem Erlass des thüringischen Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -: „Abschiebungen von Familien oder alleinerziehenden Elternteilen mit minderjährigen Kindern sind grundsätzlich so zu organisieren, dass der Abholungszeitpunkt nicht zwischen 21.00 Uhr und 05.30 Uhr des Folgetages liegt.“
Ähnliche Regelungen finden sich auch in den erwähnten Erlassen der anderen Landesregierungen. Daneben ist in dem Thüringer Erlass weiterhin bestimmt, dass die Durchführung der Abschiebung so zu organisieren ist, dass minderjährige Kinder grundsätzlich nicht aus Schulen oder Kindertageseinrichtungen zum Zwecke der gemeinsamen Abschiebung mit Familienangehörigen abgeholt werden. In Baden-Württemberg wird ausdrücklich klargestellt, dass bei einer Abschiebung sichergestellt sein muss, dass minderjährige Kinder in der Obhut eines Elternteils verbleiben müssen. Und in Niedersachsen gilt, dass eine eingeleitete Abschiebung aufgrund der hohen Bedeutung der Wahrung der Familieneinheit abzubrechen ist, wenn minderjährige Kinder von einem Elternteil oder den Eltern getrennt würden.
Ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass wir bei allen gesetzlichen Vorgaben nicht unsere Menschlichkeit vergessen dürfen. Versetzen Sie sich einmal in die Situation dieser oft traumatisierten Familien, die häufig Dramatisches erleben mussten, zuerst in ihrem Herkunftsland und dann auf ihrer Flucht nach Deutschland. Aufgrund der mit der Abschiebung verbundenen schweren Belastungen gerade für Kinder halten wir es für dringend geboten, humanitäre Gesichtspunkte in einem Erlass oder ähnlichen Anordnung verbindlich zu regeln, damit eine einheitliche Handhabung und Berücksichtigung durch die anwendenden Behörden sichergestellt ist. Wir haben auch die rechtliche Möglichkeit dazu, dies zeigen die gerade beispielhaft aufgezählten Regelungen in anderen Bundesländern, und dazu fordern wir die Landesregierung mit unserem vorliegenden Antrag auf. Nun ist die Politik am Zuge, wir bitten um die Zustimmung zu unserem Antrag. Den Anträgen der GRÜNEN und der PIRATEN, die gleichfalls noch vorgestellt werden, werden wir zustimmen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.