Protocol of the Session on September 14, 2016

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maligen Mehrheit - das betone ich, denn SPD und LINKE waren strikt gegen einen vernünftigen Nichtraucherschutz in diesem Land - ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet. Es war ein Gesetz, dass das Saarland damals zum bundesweiten Vorreiter machte, denn dieses Land war das erste, das ein solches Gesetz auch real beschlossen hat. Kurz danach - auch daran darf man erinnern folgte eine Volksabstimmung im Bundesland Bayern, bei der rund zwei Drittel der bayerischen Bevölkerung für ein solch konsequentes Gesetz votiert haben.

Das dritte Bundesland, das ein Gesetz entsprechend dem saarländischen hat, ist Nordrhein-Westfalen, wo vor vier oder fünf Jahren die rot-grüne Landesregierung ebenfalls ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz beschlossen hat. In allen anderen deutschen Bundesländern gilt leider Gottes immer noch die Wischiwaschi-Regelung mit den 75 Quadratmetern, die in der Realität dazu führt, dass überall dort geraucht wird, wo es von den zuständigen Wirten gewollt ist.

Heute diskutieren wir über einen kleinen Bereich, in dem das Rauchverbot per Gesetz aufgehoben werden soll. Aber dieser kleine Bereich, das sage ich ganz offen, hat eine hohe Symbolkraft. Denn dieser kleine Bereich dokumentiert, wie die Landesregierung mit der Gleichbehandlung in diesem Land umgeht. Es geht um die Spielbanken, einen Bereich, in dem das Land Einnahmen generiert. Wo der Staat Geld verdient, wird das Rauchverbot aufgehoben, natürlich mit dem Hintergedanken, das würde zu mehr Umsatz führen. Die Privaten in diesem Lande aber müssen sich an das Gesetz halten.

Frau Ministerpräsidentin, ich spreche nun insbesondere Sie an: Das ist ein Widerspruch, den Sie der Öffentlichkeit erst einmal erklären müssen! Auch wenn es hier nur um einen ganz kleinen Teil geht, so ist es doch ein echter Widerspruch, und den muss man hier auch so benennen. Es geht heute schlicht um eine Lex Spielbanken. Darüber müssen wir uns im Klaren sein.

2010 waren wir als GRÜNE federführend an diesem Gesetz beteiligt. In dem Jahr, das wurde eben vom zuständigen Innenminister Bouillon angesprochen, gab es eine Verordnung des damaligen FDP-Gesundheitsministeriums, die in den Räumen von Spielbanken, in denen keine Gastronomie betrieben wird und in denen nicht bedient wird, eine gewisse Ausnahme zugelassen hat. Uns wurde damals von konservativer Seite, aber auch von FDP-Seite gesagt, das könne man nicht anders machen, es wäre rechtlich nicht anders möglich und würde ansonsten zu großen Problemen führen. Wir haben damals zähneknirschend mitgemacht. Wir haben gesagt, okay, wenn es nicht anders geht, dann machen wir es so.

(Minister Bouillon)

Mittlerweile aber, darauf will ich hinweisen, sind wir sechs Jahre weiter und es gibt, das habe ich eben erwähnt, entsprechende Gesetze in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Und oh Wunder, oh Wunder, in diesen Gesetzen sind auch die Spielbanken klar geregelt. Dort ist geregelt: Auch in Spielbanken gilt das absolute Rauchverbot. Das bedeutet also, was uns damals aufgetischt wurde, ist tatsächlich ein Märchen gewesen. Es ist widerlegt, was die rechtliche Seite angeht. Ich weiß noch sehr gut, damals wurde argumentiert, bei allen Spielbanken, bei denen man das versucht hätte, sei der Umsatz massiv weggebrochen. Seltsamerweise habe ich bis heute nichts davon gehört, dass bei den Spielbanken in Bayern und Nordrhein-Westfalen die Umsätze quasi weggebrochen seien. Also auch das ist eine Unwahrheit.

Das trägt bei mir zu erneuter Verwirrung bei: Warum gehen Sie als saarländische Landesregierung diesen Weg der Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit gegenüber anderen, obwohl Sie wie alle anderen wissen müssten, dass ein bestehender konsequenter Nichtraucherschutz auch bei Spielbanken real nicht zu Umsatzeinbußen führt? Deshalb lautet meine Frage an Sie als Regierung: Was soll das? Es geht hier einfach um eine gelebte Beliebigkeit. Das sollte man an dieser Stelle erwähnen.

Die Realität in den saarländischen Spielbanken entsprach auch nicht dem, was damals in der FDP-Verordnung stand. In der Verordnung stand ganz klar, dass nur dort geraucht werden darf, wo nicht bedient wird. Zu unserer Regierungszeit ist das einigermaßen eingehalten worden - soweit ich informiert bin. Nach unserer Regierungszeit wurde das völlig aufgegeben. Dieser Staat hat einfach Gesetzesverstöße in den eigenen Reihen bewusst und sehenden Auges zugelassen. Es wurde also geraucht, obwohl das laut Verordnung nicht hätte sein dürfen. Auch das ist gelebte Realität in diesem Land, in dem die selbsterklärte Rechtsstaatspartei, die CDU, die Regierung stellt.

Was Sie jetzt tun, nämlich dieses Verhalten zu legalisieren, ist falsch, es ist unwürdig und auch unmoralisch. Aus diesem Grunde lehnen wir als GRÜNE diesen Gesetzentwurf ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat für die CDU-Landtagsfraktion Frau Abgeordnete Ruth Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der aufgeregten Opposition!

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Moment! Wir sind drei Oppositionsfraktionen!)

Formal gibt nur eine Opposition! Okay, es sind drei Fraktionen. Ich meine aber insbesondere eine, da haben Sie schon recht.

(Vereinzelt Heiterkeit.)

Der Gesetzentwurf ist, wie es der Minister dargestellt hat, aus unserer Sicht tatsächlich einigermaßen unspektakulär, weitaus unspektakulärer als mancher im Raum das hier darstellen will. Er beinhaltet nicht mehr und nicht weniger als eine Klarstellung der 2010 im Zuge des Nichtraucherschutzgesetzes getroffenen Regelungen für die Spielbanken. Ich will noch einmal kurz erläutern, warum dem so ist.

Der Nichtraucherschutz im Saarland ist durchaus schärfer als in vielen anderen Bundesländern. Wir wissen auch, auf welche Fraktion das vornehmlich zurückgeht.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Auf uns!)

Ich glaube, man darf auch sagen, dass dieser Nichtraucherschutz zwischenzeitlich als etabliert gelten kann. Da ist auch keine Belehrung durch die GRÜNEN-Fraktion mehr erforderlich. Der Schutz gilt insbesondere in Gaststätten und wurde auch für Spielhallen und Casinos kodifiziert - jetzt kommt der entscheidende Satz -, soweit in den Räumen der Spielhallen und Spielcasinos eine Gaststätte betrieben wird. In diesem „soweit“ liegt wohl der Casus knacksus.

Sie haben sehr richtig erwähnt, dass unser Gesundheitsministerium dieses „soweit“ 2010 in den erwähnten Anwendungshinweisen im Sinne eines „in dem Maße, wie“ ausgelegt hat. Das bedeutet, Räume von Spielhallen, Spielcasinos, also Spielbanken, in denen keinerlei Getränke oder Speisen angeboten oder konsumiert werden, gelten nicht als Gaststätte und sind somit vom Rauchverbot nicht umfasst. Dass genau dies auch das Verständnis und der Wille des Parlaments war, erkennt man, wenn man die Debatte vom 10. Februar 2010 zur Zweiten Lesung des Gesetzes zum Schutz vor dem Passivrauchen noch einmal nachliest. Das habe ich gestern ausführlich getan. Es war damals ja eine durchaus hitzige Debatte. Das konnte man selbst beim Lesen nachvollziehen.

Dort findet sich bereits in der parlamentarischen Beratung wortwörtlich das Verständnis, wie es das Ministerium auch umgesetzt hat. Als Ergebnis der Ausschussberatung wird Bericht erstattet und dargelegt, dass es zukünftig „innerhalb der in Spielbanken und Spielhallen betriebenen Gaststätten keine Ausnahme vom Rauchverbot mehr geben“ soll. - Also nicht in den Spielbanken und Spielhallen als Ganzes, sondern nur in den als Gaststätte konzessionierten

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

Bereichen. Das wurde hier in diesem Parlament als Ergebnis der Ausschussberatung, an denen Sie, Herr Ulrich, höchstwahrscheinlich teilgenommen haben, vorgetragen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Haben Sie eigentlich gehört, was ich gesagt habe? Es ist gut, wenn der Redner mal auf den Vorredner eingeht!)

Dem wurde von Ihnen nicht widersprochen. Sie haben mitgestimmt, Sie haben befürwortet, dass ein solcher Änderungsantrag eingebracht wurde und das ist seither auch Praxis in den Spielbanken. Dann gab es eine zweite parlamentarische Entscheidung, die Sie nicht erwähnt haben. Im Jahre 2012 haben wir in diesem Parlament im Zuge der Novelle des Glücksspielwesens Regelungen für die Spielhallen gefasst. Im Saarländischen Spielhallengesetz steht seither - ich zitiere, Herr Präsident, aus § 4 Abs. 5 -: „Es ist verboten, in Spielhallen zu rauchen, außer in untergeordneten und abgetrennten Bereichen.“ In diesen Bereichen ist dann auch die Verabreichung von Speisen und Getränken untersagt. Das heißt, damals haben wir für die Spielhallen einzelgesetzlich präzisiert, wie wir das Nichtraucherschutzgesetz verstanden haben wollen, wir haben es leider nicht für die Spielbanken getan. Aber, Herr Ulrich, auch an der Stelle darf ich Ihnen sagen, dass Sie dem nicht widersprochen haben. Wenn Sie es jetzt so darstellen, als würde hier etwas abgeschafft und gelockert für die Spielbanken, dann haben Sie damals 2012, wenn Ihr Verständnis soweit tatsächlich ein anderes war, ein Privileg für die Spielhallen geschaffen -

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wir nicht, Sie! Wir haben das Gesetz 2012 nicht eingebracht. Ich darf Sie nur daran erinnern.)

Sie haben aber mitgestimmt. Sie haben nicht dagegen gestimmt. Sie können gerne das Abstimmungsergebnis noch einmal nachlesen. Auch das habe ich getan. Also darf man festhalten: Herr Ulrich hat 2012 nach seinem Verständnis eine Ungleichbehandlung im Sinne der Privilegierung der Spielhallen mitgetragen. Wir haben jedoch nur das kodifiziert, was wir für beide Bereiche für richtig halten. Das mögliche Missverständnis wollen wir heute glattziehen und holen für den staatlichen Spielbankenbereich die gesetzliche Präzisierung nach, die wir bereits 2012 für die Spielhallen getroffen haben.

Hier wird gar nichts gelockert oder aufgehoben, Herr Ulrich, hier wird für die Praxis überhaupt nichts geändert. Hier wird lediglich klargestellt, was erst durch die in der Vorlage erwähnten Verwaltungsgerichtsbeschlüsse als rechtssystematische Unklarheit erkannt wurde und wo uns auch in diesen Beschlüssen gleichzeitig nahegelegt wurde, das zu bereinigen. Daher sollten sich mit Blick auf die inzwischen doch weitgehend akzeptierten Regelungen zum

Nichtraucherschutz im Lande all jene zurückhalten, die jetzt die Versuchung verspüren, aus rein politischem Kalkül und ohne Not die Pferde scheu zu machen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, unsere Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen: Wir kümmern uns in diesem Land verantwortungsvoll um die Eindämmung von Sucht und Suchtfolgen und wir setzen das 2010 beschlossene Nichtraucherschutzgesetz in Spielbanken wie in privaten Spielhallen konsequent um. Der Vorlage zur konsequenten Anpassung des Spielbankengesetzes können wir daher in Erster Lesung zustimmen. - Vielen Dank.

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Meyer, das ist ja großes Kino, dass Sie sich so für die Suchteindämmung einsetzen. Da hatte ich hier schon einmal ein anderes Gefühl, aber bleiben wir mal beim Thema.

(Sprechen bei den Regierungsfraktionen.)

Sie wissen, wir als PIRATEN-Fraktion fahren politisch einen strikt linksliberalen Kurs. Das heißt, für uns ist die Freiheit des Einzelnen extrem wichtig. Es ist ja oft Richtschnur unseres politischen Handelns, dass wir fragen: Ist das ein Punkt, an dem man die Freiheit des Einzelnen noch einschränken kann? Das wird auch gern beim Nichtraucherschutz ins Feld geführt, dass man die Freiheit des Rauchers, des Tabakkonsumierenden so weit einschränkt und ob das überhaupt gerecht ist.

Aber darum geht es heute nicht. Es geht nicht um Freiheit, sondern es geht um das Verteidigen einer zivilisatorischen Errungenschaft. Beim Nichtraucherschutz gilt nämlich schlicht und ergreifend: Wir vergiften nicht unseren Nächsten. Keiner spricht es einem ab, unter freiem Himmel zu rauchen, wenn es ihm denn gefällt. Aber ähnlich wie beim Schusswaffengebrauch - wir dürfen ja auch nicht jeden erschießen, nur weil wir gerne ballern - heißt es auch beim Rauchen, wir dürfen nicht jeden zuballern mit Rauch und vergiften. Entsprechend ist Nichtraucherschutz auch für uns ein ganz wichtiges Anliegen. Darum frage ich mich natürlich, warum der Innenminister ohne Not diesen Schusswaffengebrauch, Verzeihung, diesen Gebrauch von Zigaretten

(Zuruf)

in geschlossenen Räumen wieder ermöglichen möchte. Da liegt doch die Überlegung nahe, dass es vielleicht eher um die lukrativen Einnahmen geht als

(Abg. Meyer (CDU) )

um die Gesundheit der Angestellten sowie Spielerinnen und Spielern, die es mit diesem Gesetz zu schützen gilt.

(Beifall bei den PIRATEN.)

Jetzt schauen wir uns einmal an, warum wir heute darüber sprechen. Es geht um die Normenauslegung, die saarländische Gerichte getroffen haben. Saarländische Gerichte haben die bestehenden Normen nämlich so ausgelegt, dass die Spielstätten wie Gaststätten zu behandeln sind. Man findet dort ja auch eine vergleichbare Öffentlichkeit wie in Gaststätten. Das ist ein Ausdruck der geänderten gesellschaftlichen Bewertung des Rauchens und das muss man auch einmal so zur Kenntnis nehmen. Denn in der Gesellschaft - im Gegensatz zu Ihrer Fraktion tut sich beim Thema Nichtrauchen durchaus etwas.

Ich möchte nur einmal ein paar für mich sehr beeindruckende Zahlen nennen, tabakkonsumierende Jugendliche, also das Alter 12 bis 17 Jahre. 1979, das schöne Jahr meiner Geburt: 30,2 Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben geraucht. 2008, etwa die Zeit, in der das Gesetz, über das wir heute sprechen, verhandelt wurde: 15,4 Prozent der Jugendlichen, was schon ein deutlicher Schritt in die Richtung ist. Heute - ich habe jetzt nur die Zahl von 2015 - sind es noch 9,6 Prozent der Jugendlichen, die rauchen. Das zeigt doch einen klaren gesellschaftlichen Wandel, das zeigt aber auch, dass enorme gesellschaftliche Anstrengungen unternommen worden sind, um vom Rauchen wegzukommen, dass das Rauchen eingedämmt wurde, und an der Stelle dürfen wir doch jetzt nicht hinter das Erreichte zurückgehen.

An dieser Stelle zu der Nebelkerze, die Sie geworfen haben, Frau Mayer, mit der Privilegierung der Spielhallen. 2012 gab es das entsprechende Urteil eben noch nicht. Da ging es darum, die Spielhallen und Spielbanken gleichzusetzen. Im Umkehrschluss müssten wir jetzt natürlich den Raucherschutz auch dort noch einmal verbessern. Das heißt aber nicht, dass man hier das Rad der Zeit zurückdrehen muss.

Wie gesagt, wir dürfen nicht hinter die bisherigen Anstrengungen zurückfallen. Ich habe es schon gesagt: Wer rauchen will, darf das ja gerne tun - draußen vor der Tür, wo er niemanden stört, wo er nicht die Gesundheit von irgendjemandem beeinträchtigt. Dagegen spricht überhaupt nichts. Aber dieser Gesetzentwurf ist so sinnvoll wie Nikotin in der Blutbahn. Es ist wie Nervengift - man braucht immer mehr, um nicht zu bemerken, dass man sich selbst vergiftet. Was passiert denn, wenn wir diese Schritte weitergehen? Der Gesetzentwurf, wie er heute hier vorliegt, ist ein massiver Angriff auf den Nichtraucherschutz, nichts anderes. Er muss heute entsprechend gestoppt werden, sonst drohen uns die nächsten Rückschritte. Dann können wir demnächst wie

der in Ausschusssitzungen rauchen, dem einen oder anderen wird das vielleicht gefallen.

(Sprechen bei den Regierungsfraktionen.)

Wir können wieder in Büros rauchen, in Restaurants und Kantinen, auch wieder auf Schulhöfen - dann gehen die Zahlen bei den Jugendlichen auch wieder hoch. Eine schöne alte Welt, aber nicht für uns. Wir können diesen Gesetzentwurf so nur ablehnen. Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben: Wir können auch gerne noch einmal über Drogenkonsum diskutieren, das ist eine ganz andere Nummer -

(Lachen bei der CDU und Zuruf.)