Protocol of the Session on February 15, 2017

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(Beifall.)

Da Sie sich vor ihrer Wahl schriftlich bereit erklärt haben, sich als Mitglied beziehungsweise stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs zur Verfügung zu stellen, gehe ich davon aus, dass Sie die Wahl annehmen. Ich sehe Zustimmung. Ich darf Ihnen zu Ihrer Wahl die Glückwünsche des Hauses aussprechen.

Wir kommen damit zu Punkt 2 der Tagesordnung:

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

Vereidigung des Mitglieds und des stellvertretenden Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof leisten die Mitglieder und Stellvertreter vor Amtsantritt vor dem Landtag den Eid.

Wir kommen zur Vereidigung. Ich darf zunächst Frau Zempel bitten, zu mir heraufzukommen. Die Mitglieder des Haues und die Zuhörer bitte ich, sich von ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plät- zen.)

Ich spreche Ihnen die Eidesformel vor: „Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. So wahr mir Gott helfe.“ Es ist Ihnen freigestellt, den Eid mit oder ohne religiöse Beteuerung zu leisten. Ich bitte Sie, die rechte Hand zu erheben und die Eidesformel zu wiederholen.

Abg. Frau Zempel: Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. So wahr mir Gott helfe.“

Ich danke Ihnen.

(Beifall des Hauses.)

Ich darf dann Herrn Caspar zu mir herauf bitten. Ich darf auch Ihnen die Eidesformel kurz vorsprechen: „Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. So wahr mir Gott helfe.“ Auch Ihnen ist freigestellt, den Eid mit oder ohne religiöse Beteuerung zu leisten. Ich bitte Sie, die rechte Hand zu erheben und die Eidesformel zu wiederholen.

Abg. Herr Caspar: Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des Hauses.)

Während noch gratuliert wird, darf ich unsere Sitzung unterbrechen. Wir setzen die Sitzung um 13.15 Uhr fort.

(Die Sitzung wird von 12.17 Uhr bis 13.19 Uhr unterbrochen.)

Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich darf die anwesenden Kolleginnen und Kollegen bitten, ihre Plätze einzunehmen.

Wir kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes (Drucksache 15/2092)

Zur Begründung erteile ich Frau Abgeordneter Ruth Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe anwesenden Kolleginnen und Kollegen!

(Heiterkeit.)

Kein anderes Phänomen gefährdet die Freiheit und Sicherheit unseres Landes so sehr wie extremistische Bewegungen am rechten und linken Rand unserer Gesellschaft, aber insbesondere der islamistische Terror. Unter uns wohnen Menschen, von denen wir aus ihren Äußerungen auf offener Straße oder in den sozialen Netzwerken wissen, dass sie eine radikale Gesinnung haben. An der Veränderung ihrer Lebensgewohnheiten oder ihres Aussehens erkennen wir, dass sie eine derartige Gesinnung haben. Das kann eine Äußerlichkeit, eine vorübergehende Phase sein, das können aber auch tickende Zeitbomben sein, sogenannte Gefährder. Wir erwarten von unserer Polizei, dass sie diese Gefährder identifiziert, dass sie sie überführt und aus dem Verkehr zieht.

Der erschütternde Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat uns zuletzt brutal vor Augen geführt, dass eine freiheitliche Gesellschaft immer auch verwundbar ist, besonders wenn die Täter noch nicht einmal vor dem eigenen Tod zurückschrecken. Terror und Gewalt machen uns betroffen, aber sie dürfen unsere Gesellschaft nicht zermürben.

Jeder Demokrat muss dafür einstehen und durch sein Handeln deutlich machen, dass unsere Freiheit stärker ist als der Terror. Deshalb sind wir gerade jetzt gefordert, unsere Sicherheitsarchitektur sorgsam zu überprüfen und anzupassen und sicherzustellen, dass unser Rechtsrahmen fest genug gezurrt ist. Terror und Gewaltkriminalität fordern dabei gerade eine demokratische Gesellschaft besonders heraus, denn wir haben Freiheit und Persönlichkeitsrechte abzuwägen und bei jeder Maßnahme, die hierin eingreift, deren Verhältnismäßigkeit auszuloten. Aber zuallererst, meine Damen und Herren, lie

(Präsident Meiser)

be Kolleginnen und Kollegen, haben wir unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Die vorliegende Anpassung des saarländischen Polizeirechts ist dazu ein wichtiger Schritt im Konzert all der Maßnahmen, die zwischen Bund und Ländern derzeit in sorgsamer Abstimmung sind. Wenn wir dann Schlagzeilen wie die folgenden hören oder lesen, dann belegt das, dass unser Rechtsstaat dem Terror jedenfalls nicht machtlos gegenübersteht. Letzten Donnerstag etwa meldete SPIEGEL ONLINE: „Großrazzia in Göttingen - zwei Gefährder aus islamistischer Szene festgenommen“. Am 20. Januar war eine Schlagzeile der Berliner Morgenpost: „Polizei verhaftet mutmaßlichen Gefährder in Berliner Moschee“. Eine Woche zuvor wurde in Oberhausen ein 28-Jähriger fest- und in Abschiebehaft genommen, der als Gefährder eingestuft war und in dringendem Verdacht stand, Attentate in Deutschland zu planen. Wiederum eine Woche davor waren wir alle stolz, dass es unserer saarländischen Polizei gelungen war, einen mutmaßlichen Finanzbeschaffer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Saarbrücken-Burbach zu verhaften.

In den weiteren Nachrichtentexten dieser Schlagzeilen findet sich dann häufig ein Satz wie dieser: Der Mann stand seit Längerem im Visier der Sicherheitskräfte, er verfügt über enge Kontakte in die islamistische Szene und wurde deshalb intensiv beobachtet. - Diese Beobachtungen sind ganz entscheidend und einerseits nötig, um ausreichend Beweise zu sammeln, um Hintergründe und Mittelsleute festzustellen und mit den so gewonnenen Erkenntnissen Gewalttaten zu verhindern, aber andererseits auch, um den geeigneten Zeitpunkt eines Zugriffs abzupassen und ihn nicht zu lange zu verzögern. Dieser nachvollziehbar schwierige Balanceakt ist unserem Staatsschutz am 02. Januar dieses Jahres offensichtlich gut gelungen. Ich nutze sehr gerne die Gelegenheit, unserer Polizei für ihr umsichtiges und professionelles Agieren ausdrücklich Dank und Anerkennung auszusprechen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Solch ein Ermittlungserfolg - das wissen wir - ist immer Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener polizeilicher Maßnahmen. Aber ein Ermittlungsinstrument, das bei den genannten Razzien und Festnahmen sehr erfolgreich zum Einsatz gekommen ist, ist die Observation, offen oder verdeckt. Beobachten darf die Polizei nicht erst, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegen - dann greift die Strafprozessordnung -, sondern bereits zur Gefahrenabwehr im Vorfeld solcher Straftaten. Hier stellt unser saarländisches Polizeirecht die Rechtsgrundlage dar.

Wir bringen heute auf den Weg, dass unsere Polizei in diesen Fällen konkreter Gefahr mehr Handlungs

spielräume erhält. Wenn etwa der begründete Verdacht besteht, dass sich eine Person radikalisiert hat, wenn ein verurteilter Islamist seine Haftstrafe verbüßt hat und in Freiheit kommt oder wenn ein Tatverdächtiger, dessen staatfeindliche Gesinnung aktenkundig ist, mangels Beweisen aus der U-Haft entlassen werden muss, dann laufen auf unseren Straßen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit konkrete Gefährder herum, die wir nicht einfach so aus den Augen lassen dürfen. Dann erwartet unsere Bevölkerung völlig zu Recht von uns, dass sich der Staat, dass sich unsere Polizei ein möglichst umfassendes Bild davon verschafft, wie diese Personen mit hoch kritischer Gesinnung leben, welche Kontakte sie unterhalten, in welchem sozialen Umfeld sie sich bewegen, und sie damit Verdachtsmomente sorgfältig überprüft, um die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Da ist es gut zu wissen, dass für alle derzeit im Saarland registrierten Gefährder auch Observationsbeschlüsse vorliegen. Die Krux: Diese Maßnahme und jede Verlängerung nach § 28 Abs. 3 Saarländisches Polizeigesetz ist zurzeit auf eine Frist von drei Monaten begrenzt. Das ist die Zeit, die unserer Polizei verbleibt, um das Gefährdungspotenzial einer Person abzuschätzen und gegebenenfalls dafür Sorge zu tragen, dass sie aus dem Verkehr gezogen wird.

Dass dies außerordentlich schwierig ist und dass Zeit dabei ein ganz wesentlicher Faktor ist, hat nicht zuletzt der Fall Anis Amri gezeigt. Deshalb wollen wir die Höchstdauer einer längerfristigen Observation auf ein halbes Jahr verdoppeln. Für den Einsatz verdeckter Ermittler gilt dabei weiterhin die Zeit von maximal drei Monaten. Die gleichen Zeiten gelten übrigens dann jeweils auch für eine eventuelle Verlängerungsmaßnahme.

Meine Damen und Herren, Handlungsfähigkeit ist das Gebot der Stunde. Das heißt, wir müssen bundesweit und darüber hinaus einmütig und entschlossen agieren, mehr Erkenntnisse über Gefährder gewinnen und diese zuverlässig vernetzen, wenn wir im Kampf gegen terroristische Bedrohung langfristig erfolgreich sein wollen. Aber ich sage an dieser Stelle auch: Ich hätte mir gewünscht und es auch für erforderlich gehalten, dass wir heute mit der Anpassung unseres Polizeirechts weiter gegangen wären. Denn die Maßnahmen, die spätestens auch seit der Berliner Erklärung der CDU/CSU-Innenminister bundesweit diskutiert und erwogen werden, sind aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion genauso unverzichtbar, wenn wir unsere Freiheit angemessen schützen und Sicherheit gewährleisten wollen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Meyer (CDU) )

Wir brauchen insbesondere den Einsatz moderner Videotechnik zur Gesichts- und Kfz-Kennzeichenerkennung, etwa wenn es darum geht, an öffentlichen Orten Gefährder aufzufinden, die möglicherweise unterwegs sind, um Menschenleben auszulöschen. Ich darf aus einer der letzten Sitzungen des Innenausschusses zitieren. Da hat Harald Schnur, der Leiter des LPP 2 des Landeskriminalamtes, sinngemäß Folgendes gesagt: Das Instrument der Videoüberwachung spielt bei der Prävention und bei der Bekämpfung sowohl der Allgemeinkriminalität als auch des islamistischen Terrors eine große Rolle, die durch keine andere Maßnahme vollkommen zu kompensieren ist. - Wir brauchen also den Einsatz moderner Videotechnik, wir brauchen aber ebenso auch eine Ausweitung der Kommunikationsüberwachung. Das betrifft die Frist der Vorratsdatenspeicherung genauso wie die Ermöglichung von OnlineUntersuchungen. Und wo der Datenschutz dem Opferschutz entgegensteht, etwa bei der überfälligen Vereinheitlichung der Datenbanken unserer Sicherheitsbehörden, müssen wir ihn überprüfen und gegebenenfalls neu justieren. Wer unsere demokratische Grundordnung gefährdet, muss wissen, dass wir bereit sind, sie mit allen dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden und mit ihm zu vereinbarenden Maßnahmen zu schützen.

Das gilt natürlich auch für das Thema Personal. Ausdrücklich gehört die stete Sorge für eine gute Ausstattung der Polizei materiell wie personell dazu. Dafür haben in diesem Landtag CDU-Parlamentarier immer gestanden. In den letzten 17 Jahren wurden unter CDU-Innenministern mit 1.546 Polizeibeamten - im Schnitt 91 pro Jahr - dreimal so viele eingestellt wie in den 15 Jahren davor. Das waren 490, gerade mal 33 pro Jahr.

Sicherheitspolitik ist eben kein Saisongeschäft, bei dem man eben kurz vor Wahlen oder wenn es die aktuellen Entwicklungen erzwingen Positionen korrigiert und sich dann aber doch ziert, wenn es gilt, Fakten zu schaffen. Sicherheitspolitik braucht Kontinuität und Verlässlichkeit. Und sie muss sich an geänderte Situationen anpassen. Deshalb danke ich besonders unserem Innenminister, dass er in den letzten eineinhalb Jahren mit bislang fünf Sicherheitspaketen im Wert von insgesamt zusätzlichen 17,5 Millionen Euro Maßstäbe gesetzt und Handlungsfähigkeit bewiesen hat.

Meine Damen und Herren, der Rechtsstaat kann sich nicht sehenden Auges selbst Schutzoptionen verwehren; dann würde er grob fahrlässig handeln und eine Einladung an alle Gefährder aussprechen. Mit der Verlängerung der Observationsfristen setzen wir dagegen ein deutliches Zeichen. Durch eine systematische offene oder heimliche Beobachtung schränken wir ihre Bewegungsfreiheit ein und kön

nen Informationen über ihre Pläne und Strukturen gewinnen.

Auch wenn wir als CDU gerne entschlossener herangegangen wären, so ist diese Vorlage doch ein wichtiger Schritt. Wenn die CDU die Regierung dieses Landes weiterführt, dann werden wir weitere Schritte gehen und zum Beispiel dafür sorgen, dass Videoüberwachung dort, wo Gefährdungspotenziale analysiert wurden, vorbeugend ausgebaut und nutzbringend eingesetzt werden kann. Wir wollen hierfür eine Rechtsgrundlage in unserem Saarländischen Polizeigesetz schaffen.

Die saarländische Bevölkerung muss wissen, dass wir unsere Sicherheitsbehörden gut ausstatten: mit wirksamen Befugnissen, ausreichend Personal und verlässlichem Rückhalt. Das soll und wird mit uns so bleiben. In diesem Zusammenhang steht auch diese Gesetzesnovelle. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung in der Ersten Lesung. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich danke der Berichterstatterin und eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Birgit Huonker von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in Erster Lesung die Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes. Im Kern geht es darum, die Observationszeit von drei auf höchstens sechs Monate zu erhöhen. Die Kollegin hat es eben ausführlich dargestellt. Deswegen kann ich mich kurz fassen. Die Hürden dafür sind hoch. Es gibt nach wie vor einen Richtervorbehalt. Wir werden diesem Gesetzentwurf insoweit zustimmen.