Birgit Huonker

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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Günter Becker, du bist dir natürlich auch in deiner letzten Rede treu geblieben.
Natürlich kam wieder ein typischer Becker, klar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Verfassung basiert auf dem besten und gesündesten Menschenverstand, den es seit 68 Jahren in der Bundesrepublik gibt. Und ich bin stolz, in einem Land zu leben, das über solch eine Verfassung verfügt.
Gut. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befassen uns bei der vorliegenden Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes mit der Frage, ob eine längerfristige Observierung einer verdächtigen Person von nun drei Monaten auf sechs Monate verdoppelt werden kann. Es geht um eine Maßnahme, wenn sie zur vorbeugenden Bekämpfung eines Verbrechens
erforderlich ist. Wir beschäftigen uns also mit der längerfristigen Observation von Personen, von denen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder ihres individuellen Verhaltens davon auszugehen ist, dass sie eine Straftat in einem überschaubaren Zeitraum begehen werden. Voraussetzung für diese Observation ist aber nach wie vor eine hohe Hürde, nämlich der sogenannte Richtervorbehalt. Das heißt, ein Richter muss über diesen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entscheiden.
Dieses Grundrecht bedeutet in Deutschland, dass jede einzelne Person das Recht hat, selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen. Einschränkungen dieses Grundrechts sind im überwiegenden Allgemeininteresse möglich, benötigen allerdings eine gesetzliche Grundlage, mit der wir uns gerade befassen. Eine erste richterliche Anordnung kann also dazu führen, dass eine Observation für sechs Monate gestattet werden kann, jede Folgeanordnung kann auch noch mal bis zu sechs Monaten dauern.
In der Anhörung im Ausschuss wurden verschiedene Bedenken zum vorliegenden Gesetzentwurf geäußert, das ist richtig. So verwies zum Beispiel das Datenschutzzentrum des Saarlandes darauf, dass eine bestimmte tatsachengestützte Prognose vorhanden sein müsse, um eine Überwachung zu rechtfertigen, und dass die Verlängerung der Observationszeit weder erforderlich noch geeignet sei, um das verfolgte Ziel zu erreichen. Ferner sei es der Polizei zumutbar, sich nach drei Monaten eine weitere Verlängerung vom Gericht genehmigen zu lassen.
Dem widersprechen die Stellungnahmen aus der Praxis. So stellt der Bund der Kriminalbeamten fest, dass eine Verlängerung der Befristung um drei Monate aus kriminalistischer Sicht erforderlich sei, da sich Personen aus dem extremistischen oder terroristischen Spektrum zum Teil über längere Zeit gesetzeskonform verhalten, also sogenannte Schläfer sind, um auch die Sicherheitsbehörden von sich abzulenken. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft weist darauf hin, dass die bisherige Frist von drei Monaten in der Praxis oftmals zum Problem werde, denn eine observierte Person würde sich vorübergehend unauffällig verhalten und somit den Anschein erwecken, es ginge keine Gefährdung mehr von ihr aus. Auch wies die Deutsche Polizeigewerkschaft noch darauf hin, dass eine erneute richterliche Verlängerung von Überwachungsmaßnahmen oftmals lange dauert, und dies würde die polizeiliche Arbeit behindern beziehungsweise hemmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist es wichtig, mögliche Gefährder terroristischer Vereinigungen schnell, effektiv und intensiv zu überwachen. Daher werden wir den vorliegenden Änderungen des Saarländischen Polizeigesetzes zustimmen. Ja, sicherlich ist der Gesetzentwurf verbesse
rungsfähig. Allerdings sind Änderungen in der derzeitigen Zusammensetzung dieses Parlamentes leider noch nicht durchsetzungsfähig. Aber ich denke, es ist wichtig, dass wir der Polizei die Arbeit in der derzeitigen Sicherheitslage erleichtern. Und nach unserer Auffassung ist die Sicherheit der saarländischen Bevölkerung bestmöglich zu garantieren.
Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass längerfristige Observationsmaßnahmen natürlich Personal binden, welches dann für andere Aufgaben nicht zur Verfügung steht. Wir werden daher nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass für uns ein weiterer Abbau von Stellen bei den saarländischen Polizeibeamten auch aufgrund der geänderten Sicherheitslage schlichtweg unverantwortlich ist. Was nützt ein Polizeigesetz, wenn bestimmte Aufgaben aufgrund von Personalmangel nicht mit der entsprechenden Zügigkeit erledigt werden können?
Das betrifft auch den Sachverhalt, dass meine acht Fragen an die Landesregierung vom 10.01. dieses Jahres bezüglich Überstunden und Krankenstand bei der saarländischen Polizei bis zum heutigen Tage nicht beantwortet wurden. Dann muss es erlaubt sein zu fragen: Liegt es hier schon am mangelnden Personal für die Beantwortung parlamentarischer Fragen oder sind es deutliche Ermüdungserscheinungen der Landesregierung oder ist es mittlerweile Desinteresse an der Regierungsarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren? Auf eine Antwort bin ich sehr gespannt.
Dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir aber aus den bereits erwähnten Gründen zustimmen. Danke schön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt doch noch etwas richtigstellen. Kollege Theis hat hier gesagt, dass dem Untersuchungsausschuss alle Unterlagen vorgelegen hätten. Nein, das ist ursprünglich nicht so gewesen. Ich möchte das auch kurz begründen.
Ich hatte während der Beratungen des Untersuchungsausschusses mehrfach um eine Vollständigkeitserklärung über diese Akten gebeten, Sie wissen das. - Sie lachen. Sie haben damals auch gelacht und haben mir dauernd erklärt, das sei durch den Untersuchungsauftrag schon abgeschlossen. Das haben Sie mehrfach gesagt, Herr Theis. Im Laufe der Beratungen kam dann heraus, dass doch noch Akten gefehlt haben. Ja, es ist so! Sie haben sich dann an die Landesregierung gewandt und darum gebeten, dass noch mal nachgeschaut wird und dass Unterlagen nachgeliefert werden. Wir haben dann 17 Akten nachgeliefert bekommen. Da hieß es, das sei überobligatorisch, das seien freiwillige Unterlagen, die mit dem ursprünglichen Untersuchungsauftrag nichts zu tun hätten. Herr Theis, ich habe dann in den Unterlagen des Umweltministeriums Wirtschaftlichkeitsberechnungen gefunden. Da können Sie sich doch nicht hierhin stellen und sagen, die Unterlagen seien vollständig gewesen! Nein, das waren sie eben nicht!
Ich finde, das ist eine dreiste Behauptung, zumal ausgerechnet Sie auch als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses explizit die Landesregierung darum gebeten haben, die Unterlagen bitteschön vollständig abzuliefern. Ich wollte das an dieser Stelle noch mal klarstellen. - Danke schön.
Das nennt man eine lebendige Debatte - eine völlig lebendige Debatte. Herr Kollege Theis, auch hier möchte ich noch einmal widersprechen. In den nachgereichten Unterlagen des Umweltministeriums waren Sachen enthalten, die mit wirtschaftlichen Berechnungen zu tun hatten. Da können Sie nicht sagen, das wäre überobligatorisch gewesen, das wäre nicht notwendig gewesen. Doch, war es, wenn man die Unterlagen gefunden und sie gelesen hat! Fakt ist, dass uns Unterlagen, die noch notwendig gewesen wären, vorenthalten wurden, aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht hat man sie auch nicht gefunden, das weiß ich ja nicht. Man hat sie aber noch einmal gesucht und wir haben sie bekommen. Das möchte ich an dieser Stelle wirklich nochmal klarstellen. Es ist nicht alles so gelaufen, wie Sie es hier darstellen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in Erster Lesung die Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes. Im Kern geht es darum, die Observationszeit von drei auf höchstens sechs Monate zu erhöhen. Die Kollegin hat es eben ausführlich dargestellt. Deswegen kann ich mich kurz fassen. Die Hürden dafür sind hoch. Es gibt nach wie vor einen Richtervorbehalt. Wir werden diesem Gesetzentwurf insoweit zustimmen.
Nichtsdestotrotz möchten wir die Anhörung abwarten und eventuell neue Erkenntnisse gewinnen. Grundsätzlich geht dieser Gesetzentwurf aufgrund der geänderten Sicherheitslage in die richtige Richtung. Wenn man aber die Sicherheit erhöhen möchte, muss dafür das notwendige Personal vorhanden sein. Wir wissen ja nicht, wie viele Gefährder es im Saarland gibt. Sind es einer, drei, 15 oder 20? Das wissen wir nicht. Dementsprechend muss man überlegen, woher wir das notwendige Personal dafür kriegen. Wird es aus anderen Organisationseinheiten abgezogen? Das alles wissen wir nicht. Wir erhoffen uns weitere Erkenntnisse aus der Anhörung im Innenausschuss.
Vorab möchten wir sagen, dass die Linksfraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen wird. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir Ende vergangenen Jahres zum ersten Mal von der geplanten Strukturreform der ordentlichen Gerichtsbarkeit erfuhren, kündigte man eine Entlastung der Gerichte durch Änderung der Zuständigkeiten an. Notwendig wurde die Reform auch, Kollegin Berg hat es soeben gesagt, aufgrund des Rückganges der Bevölkerung im Saarland. Man wollte damit auch effizientere Personalstrukturen schaffen. In kleineren Amtsgerichten sei es für die Richter nämlich schwierig, fachspezifische Spezialkenntnisse zu erwerben. Gerade bei Urlaubs- und Krankheitsvertretungen von Richtern müssten auch von Fachfremden Entscheidungen getroffen werden. Da gab es ab und zu Probleme. Von daher sollten auch ausreichend große Fachabteilungen geschaffen werden.
Vorgetragen wurde uns auch, das Ministerium sei in ständigem Kontakt mit den Fachkräften vor Ort, das heißt mit den Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte beziehungsweise des Präsidenten des Amtsgerichts Saarbrücken, mit dem Hauptpersonalrat und dem Hauptrichterrat. Alle diese Fachkräfte wurden also auch in die Planungen mit einbezogen. Ähnlich wie in einem Krankenhaus, welches über viele Fachabteilungen verfügt, sollen Spezialzuständigkeiten von Rechtsgebieten, die ja bei kleineren Amtsgerichten nicht so oft vorkommen, aber recht
lich anspruchsvoll sind, geschaffen werden. Es wurde betont, man wolle keine Amtsgerichte schließen, da man die Bürgernähe unbedingt erhalten wollte.
Nun sind diese Vorsätze und Ziele grundsätzlich erst einmal richtig. In der Ersten Lesung hatten wir jedoch darauf hingewiesen, dass wir zunächst die Anhörung im entsprechenden Fachausschuss abwarten wollten, weil wir uns noch nicht vorher für oder gegen diese Reform entscheiden wollten. Und, meine Damen und Herren, das war auch gut so.
Die Anhörung an zwei Terminen ergab ein unterschiedliches Bild. Im ersten Anhörungstermin, unter anderem mit allen Direktoren der Amtsgerichte, mit dem Präsidenten des Amtsgerichts Saarbrücken und des Saarländischen Richterbundes und einigen anderen mehr, wurden sehr viele Bedenken geäußert. Vonseiten der Richter wurde dieser Reform überwiegend eine Ablehnung erteilt. Man kann aber der Richterschaft nicht vorwerfen, dass sie sich notwendigen Änderungen oder Reformen widersetzt. Im Gegenteil! Sie haben sich konstruktiv an diesen Reformbemühungen beteiligt, indem sie Vorschläge entwickelt haben. Sie haben nämlich eine Arbeitsgruppe gebildet, haben sich in Otzenhausen getroffen und haben sich konstruktiv in diesen Weg mit eingebracht. Die Enttäuschung darüber, was mit diesem, von Praktikern erarbeiteten Papier passiert ist, wurde in der Anhörung allerdings auch deutlich. Die erarbeiteten Vorschläge hatte ich im Ausschuss vom Ministerium übrigens erbeten. Das war vor vier Wochen. Wir haben sie bis heute noch nicht erhalten. Im zweiten, etwas kürzeren Anhörungstermin, unter anderem mit den Vertretern der Rechtsanwälte, kam Zustimmung zu der Reform. Das kann man so sagen.
Wir hatten uns in der entsprechenden Ausschusssitzung bei der Abstimmung noch enthalten, weil wir als Linksfraktion noch einmal intensiv darüber diskutieren wollten. Wir haben uns auch noch einmal ausführlich mit dieser Thematik beschäftigt.
Meine Damen und Herren, auch wir halten die Spezialisierung von einigen wenigen Rechtsgebieten, beispielsweise bei Wirtschaftsstrafsachen, bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, bei Landwirtschaftssachen oder aber auch bei Versicherungsvertragssachen für sinnvoll, weil sich dadurch auch Qualitätsverbesserungen ergeben. Allerdings sind die Argumente, die gegen die Reform der ordentlichen Gerichte sprechen, für uns in der Mehrzahl. Ich möchte Ihnen einige Beispiele geben: Der Saarpfalz-Kreis gibt die Strafsachen nach St. Ingbert ab, aber nicht alle. Die Schöffensachen aus Homburg sind künftig nämlich in Neunkirchen. Ein Teil der Strafsachen aus Homburg geht in Spezialzuständigkeiten oder Kammerzuständigkeiten beim Landgericht Saarbrücken. Ein Teil der Strafrichtersachen geht nach St. Ingbert - ich hoffe, dass ich jetzt nichts durchein
andergeworfen habe, denn es ist für mich auch nicht so ganz einfach - und die Jugendrichtersachen gehen auch nach St. Ingbert. Die Zivilsachen wandern von Ottweiler nach St. Wendel. Die Strafsachen kommen dann von St. Wendel nach Ottweiler.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist zugegebenermaßen etwas schwierig. Hinzu kam - das wurde auch im Ausschuss mehrfach erwähnt -, dass die erworbenen Fachkenntnisse bei einzelnen Richterinnen und Richtern verloren gingen, wenn sie an ihrem Gericht blieben und eine andere Rechtsmaterie übernehmen müssten. Zugegebenermaßen wird es eine gewisse Zeit dauern - das muss man auch sagen -, aber sie können sich einarbeiten. Trotzdem hat das zu Einsprüchen geführt und nicht alle waren damit glücklich, denn ein Zivilrichter hat ja mit einem Familienrichter so viel zu tun wie ein Urologe mit einem HNO-Arzt. Es kommt ja auch niemand bei einem HNO-Arzt auf die Idee zu sagen, ab sofort machst du Urologie. Das geht nicht. Arbeitszufriedenheit und Motivation schafft man dadurch ganz sicher nicht, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, auch wenn die Stoßrichtung dieser Strukturreform sicherlich gut gemeint war.
Noch ein anderes Beispiel. Wenn eine alleinerziehende Mutter aus Lebach, die bisher in Lebach gewohnt hat, künftig einen Unterhaltsanspruch bei Gericht geltend machen will, muss sie jetzt nach Saarlouis fahren. Sie kann also nicht mehr in ihrem Ort bleiben, sondern sie muss nach Saarlouis fahren, denn dort befinden sich jetzt die Familiensachen und nicht mehr wie bisher in Lebach. Der Präsident des Amtsgerichts Ottweiler sagte in der Anhörung verzweifelt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -: „Auch wenn ich mich noch so sehr loyal bemühe, ich kann den Sinn dieser Verschiebung keinem Menschen erklären.“
Meine Damen und Herren, die Richter und die betroffenen Menschen in diesem Land müssen in der Praxis ausbaden, was am Schreibtisch entworfen worden ist. Der Abänderungsantrag - die Kollegin Berg hat das gerade erwähnt, es geht um die Eilverfahren - wurde seitens der Koalitionsfraktionen hektisch hinterhergeschoben. Vergangenen Donnerstag lag der Abänderungsantrag morgens im Ausschuss auf unseren Plätzen. Wir konnten ihn gar nicht richtig lesen und sollten darüber abstimmen. Das zeigt doch, dass dieses Reformwerk mit heißer Nadel gestrickt worden ist!
Wir verkennen allerdings nicht die Bemühungen, die Amtsgerichte in der Fläche zu erhalten, damit Bürgernähe dort nicht verloren geht. Aber geht denn, wie am Beispiel der alleinerziehenden Mutter schon erklärt, nicht genau dann Bürgernähe verloren, wenn
klassische Amtsgerichtsarbeitsgebiete wie Scheidungen, Unterhaltssachen oder Strafsachen ohne Not zu anderen Gerichtsstandorten abwandern? Was bedeutet das letztendlich auch für die Erstattung von Fahrtkosten bei der Prozesskostenhilfe? Werden die nicht steigen? - Viele offene Fragen.
Bei einem Punkt waren wir ja schon von Anfang an sehr skeptisch und diese Bedenken wurden auch nicht in der Anhörung ausgeräumt. Dieser bundesweit einmalige Verschiebebahnhof macht es den Bürgern, die sich anwaltlich nicht vertreten lassen, und auch den Rechtsanwälten, die beispielsweise aus anderen Bundesländern hierherkommen, schwer zu erkennen, wer für sie zuständig ist und wo sie sich hinwenden müssen. Ganz so einfach ist das nicht. Es bleibt aber die Hoffnung, dass es sich in einigen Jahren dann herumgesprochen haben wird.
Zum Schluss der Aufzählung soll nicht unerwähnt bleiben, dass im Übrigen niemand so richtig verstanden hat, warum es noch eine Zweigstelle Wadern geben soll. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Der Hauptrichterrat, der laut Landesregierung von vornherein in die Planungen eingebunden wurde, also nicht mit einem Plan beglückt wurde, den man am grünen Tisch ausgearbeitet hat, genau dieser Hauptrichterrat sprach von Rumpfamtsgerichten. Genau dieser Hauptrichterrat sieht in den beabsichtigten Regionalisierungen keinen größeren Nutzen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, noch im Juli letzten Jahres hieß es genau an diesem Ort seitens der Koalition - ich zitiere aus dem Protokoll -: „Wir haben hier die Struktur eines modernen und effizienten Rechtsstaats. Wir haben eine funktionierende Justiz, die die Kriminalität erfolgreich bekämpft und die Bürgerrechte schützt. Wir haben eine Justiz, die das Recht in der Gesellschaft durchsetzt.“ - Meine Damen und Herren, warum diese funktionierende Justiz in großen Teilen nun so geändert werden soll, ist für uns nicht ganz nachvollziehbar.
Ich sagte es ja, im Ausschuss haben wir uns noch enthalten, jedoch nach nochmaliger Beschäftigung mit dem vorliegenden Entwurf und nach sorgfältiger Abwägung lehnen wir aus den genannten Gründen den vorgelegten Gesetzentwurf bezüglich der ordentlichen Gerichtsbarkeit ab. Dabei habe ich noch nicht einmal die Einführung der elektronischen Akte erwähnt, die ebenfalls noch zu gravierenden Änderungen führen wird. - Dem Gesetz über die Gerichte für Arbeitssachen stimmen wir allerdings zu. Es macht Sinn, die drei erstinstanzlichen kleinen Arbeitsgerichte in Saarbrücken zu bündeln aufgrund der stark unterschiedlichen Belastungen der einzelnen Richter und dadurch auch aufgrund der unterschiedlichen Verfahrensdauern.
Die Justiz in diesem Lande hat es zurzeit sehr schwer und ein Ende ist derzeit nicht abzusehen. Der geplante Personalabbau in der Justiz ist und bleibt kontraproduktiv, das möchte ich an dieser Stelle noch mal ganz deutlich sagen!
Funktionierende unabhängige Gerichte und Staatsanwaltschaften sind ein hohes Gut unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und des Rechtsstaates, in dem wir leben. Dieses hohe Gut sollte sehr sorgsam behandelt werden - mit Respekt, Achtung und Wertschätzung. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem heute vorliegenden Antrag unternehmen wir erneut einen Vorstoß, um Saarländerinnen und Saarländern die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen zu erleichtern. Wir wollen die hohen Hürden für einen Einwohnerantrag, für ein Bürgerbegehren und einen Bürgerentscheid senken. Die Zeit dafür ist überfällig, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Das Saarland muss wieder einmal die rote Laterne tragen, wir landen zum wiederholten Male auf dem letzten Platz beim kürzlich veröffentlichten Ranking des Vereins Direkte Demokratie. Wie der Verein berichtete, wurden in den letzten beiden Jahren pro Jahr 292 beziehungsweise 348 Bürgerbegehren und Ratsreferenden verzeichnet, die Gesamtzahl der Bürgerbegehren 1956 bis Ende 2015 liegt bundesweit bei 6.985 Verfahren. Während in Bayern in dieser Zeit sage und schreibe fast 2.730 Bürgerbegehren und in Rheinland-Pfalz 200 zustande kamen, waren es im Saarland gerade mal 16. Während es in Bayern in besagtem Zeitraum 1.651 Bürgerentscheide gab und bei unseren Nachbarn in RheinlandPfalz noch 89, konnte das Saarland auf eine traurige Null verweisen. Zugegebenermaßen ist Bayern größer als das Saarland, daher ist dort auch eine höhere Anzahl zu verzeichnen. Trotzdem landen wir, auch was die Hürden anbelangt, im Saarland immer wieder auf dem letzten Platz.
Meine Damen und Herren, auch nicht ein einziger Bürgerentscheid kam im Saarland zustande! Das ist bundesweit einmalig. Ich finde, es ist höchste Zeit für Veränderungen.
Die Linksfraktion hat zahlreiche Anträge im Landtag eingebracht, um die Hürden für mehr direkte Demokratie zu senken und um die Bürgerinnen und Bürger stärker an diesen Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Diese wurden aber von der jeweils herrschenden Mehrheit im Landtag abgelehnt. Meine Damen und Herren, es wird so viel von Politikverdrossenheit und von sinkender Wahlbeteiligung gesprochen - das sind doch auch Ergebnisse vollkommen ungenügender Einflussmöglichkeiten auf politischer Ebene! Wenn man die Bevölkerung von mehr Mitbestimmung durch hohe Hürden und verstaubte Quoren ausschließt, wenn man sie durch viele Themenverbote, beispielsweise bei Bauleitplänen, ausschließt, dann braucht das doch niemanden zu wundern!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist exakt zwei Monate her, da wurde im Thüringer Landtag von den Fraktionen von SPD, der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Gesetz über das Verfahren beim Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beschlossen, welches bundesweit einmalig ist. So ist es in Thüringen im Zuge von Bürgerbegehren möglich, über die Beteiligung von Gemeinden an Unternehmen zu entscheiden oder man höre und staune - auch die Abwahl eines Bürgermeisters zu beantragen. Versuchen Sie das mal im Saarland! Ich erinnere an den Fall Schiffweiler. Versuchen Sie es mal!
Auch Bürgerbegehren in einzelnen Ortsteilen oder auf Kreisebene werden durch das Gesetz in Thürin
gen ermöglicht. Mit einem Einwohnerantrag können Bürger ein Thema auf die Tagesordnung von Gemeinderat oder Kreisrat setzen. Damit der Rat sich damit befasst, muss in Thüringen mindestens 1 Prozent der Gemeinde dafür unterschreiben. Beim Thüringer Einwohnerantrag gibt es auch überhaupt keine Themenbegrenzung oder Fristen, und die Initiative kann ohne Antragstellung an die Verwaltung durch Unterschriftensammlung gleich beginnen. Auch beim Bürgerbegehren gibt es einen gravierenden Unterschied: In Thüringen sind dafür Unterschriften von 7 Prozent der Bürgerinnen und Bürger nötig, im Saarland mehr als das Doppelte, nämlich 15 Prozent, wobei es noch die abweichende Regelung gibt - das muss man fairerweise dazusagen -, dass es hier auch abhängig ist von der Größe der Kommune.
Meine Damen und Herren, die Liste der direktdemokratischen Elemente für die Thüringer Bevölkerung ist lang. In diesen Genuss sollten auch die Saarländerinnen und Saarländer endlich kommen dürfen. Für eine funktionierende Demokratie sollte die Beteiligung der saarländischen Einwohner an Angelegenheiten, die ihren unmittelbaren Alltag betreffen, doch bitteschön eine unerlässliche Voraussetzung sein. Ich habe mir noch einmal den Koalitionsvertrag angesehen und möchte daraus zitieren: „Die direktdemokratische Teilhabe an politischen Prozessen muss verbessert werden. Beim bundesweiten Ranking ist das Saarland hier eines der Schlusslichter.“ Und weiter unten heißt es: „Mehr Teilhabe wollen wir auch über e-Demokratie fördern.“ Geht doch! Genau das ist es doch, was wir alle wollen! Lassen Sie uns das gemeinsam angehen. Unterstützen Sie daher unseren Antrag!
Dem Antrag der GRÜNEN werden wir ebenfalls zustimmen, denn er ist unserem ja sehr ähnlich. Er beinhaltet zusätzlich die Möglichkeit der Briefwahl oder die Möglichkeit einer Stimmabgabe im OnlineVerfahren. Auch das sind Schritte zum Hürdenabbau. Daher bitte ich hier um Zustimmung für beide Anträge.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was hier gesagt wurde, kann nicht unwidersprochen bleiben, das geht nicht. Ich kann mich erinnern, zwischen 2009 und 2012 hat es unter der damaligen Jamaika-Koalition bereits eine Pressekonferenz ge
geben, wo die erarbeiteten Vorschläge für mehr Bürgerbeteiligung, also für mehr direkte Demokratie, vorgestellt wurden. Es war irgendwann im Sommer, das weiß ich noch. Kurze Zeit später sollte dies als Gesetz eingebracht werden. Es ist nicht eingebracht worden.
Frau Berg, Sie haben argumentiert, wir hätten im Saarland möglicherweise zu wenig Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide, weil das Interesse zu gering sei. Umgekehrt kann man sagen: Wahrscheinlich kommt das nicht zustande, weil die Hürden zu hoch sind. Das könnte doch auch der Grund sein.
Ich wollte auch noch etwas sagen zu den Ausführungen der Kollegin von der CDU. Wir haben hier zum wiederholten Male Anträge eingebracht, damit wir im Saarland mehr Demokratie und mehr Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger bekommen, vor Ort mitzuentscheiden. All diese Ausflüchte, die ich auch heute wieder höre, höre ich schon seit mehreren Jahren. Jedes Mal heißt es, man wird mal schauen. Fest steht, dass die CDU und die SPD zwar von mehr Demokratie reden, es aber letztlich nicht wollen.
Ich habe beiden Vorrednerinnen aufmerksam zugehört. Es ist nur noch heiße Luft, es ist den Leuten Sand in die Augen gestreut. Ich habe Ihnen Zitate gebracht aus Ihrem Koalitionsvertrag. Ich habe dazu nichts von Ihnen beiden gehört. Vielleicht kommt ja noch etwas, vielleicht haben Sie es noch vor in den nächsten vier Monaten. Aber ich bin mittlerweile richtig wütend.
Noch etwas. Wenn man sagt, dass man in den Gemeinderäten Fachverstand hat, kann ich Ihnen sehr viele Beispiele bringen, wo ich mir manchmal auch Fachverstand von außen wünschte, auch von den Leuten, die dann Initiativen starten. Eine Koppelung zwischen parlamentarischer Demokratie und direkter Demokratie ist doch etwas Belebendes. Da müssten doch Wege zu finden sein.
Frau Berg, wir haben diesen Antrag bewusst so allgemein gefasst, alle Fraktionen mitgehen können. Wenn wir das ganz detailliert formuliert hätten mit Angaben von Quoren und so weiter, hätten Sie sofort wieder eingewendet, die wären zu hoch oder zu niedrig oder was auch immer. Wir haben Ihnen hier einen Antrag vorgelegt, der so weit gefasst ist, dass alle hätten mitgehen können. Wir haben geschrieben „nach dem Vorbild Thüringens“ und nicht „exakt wie in Thüringen“. Sie könnten den Antrag zumindest in den Ausschuss verweisen. Wie ich jetzt Ihren
Wortbeiträgen entnommen habe, wird noch nicht einmal das zustande kommen.
Ich fasse zusammen, wie schon bei der letzten Debatte zu diesem Thema: Diese CDU/SPD-Regierung möchte das Volk nicht mitreden lassen. Sie reden nur davon, aber Sie tun es nicht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Gesetze, mit denen wir uns in diesem Jahr beschäftigt haben, waren überfällig. Zunächst wurde das strikte Konnexitätsprinzip zugunsten unserer Kommunen in der Verfassung verankert. Vorliegend befassen wir uns mit dem Konnexitätsausführungsgesetz. Das bedeutet, wenn Aufgaben durch Gesetze und Verordnungen des Landes auf die Kommunen übertragen werden, müssen die kommunalen Spitzenverbände beteiligt werden - Herr Luckas, ich grüße Sie sehr herzlich -, und wenn Kommunen durch ein neues Gesetz Kosten entstehen, ist das Land verpflichtet, diese Kosten zu schätzen und Regelungen zu treffen, wie diese zu decken sind.
Dieses Konnexitätsprinzip - wer etwas bestellt, bezahlt auch - markiert einen wichtigen Wendepunkt in den Finanzbeziehungen zwischen Land und unseren Kommunen und ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Fraktion DIE LINKE hat dieses Konne
xitätsprinzip seit Jahren gefordert. Deshalb sind wir natürlich grundsätzlich zufrieden, dass es nun endlich kommt. Das war wirklich überfällig, denn in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wurde das strikte Konnexitätsprinzip bereits vor zwölf Jahren eingeführt. Deshalb werden wir den heutigen Gesetzentwurf nicht ablehnen, sondern uns enthalten und allen Änderungsanträgen zustimmen. Wir sind nämlich auch nach der Anhörung im Ausschuss der festen Überzeugung, dass es einfach noch Ungereimtheiten gibt, die nicht gelöst wurden.
Meine Damen und Herren, nirgendwo in Deutschland haben die Kommunen pro Kopf so viele Schulden wie hier im Saarland. Hauptursachen für die Schuldenberge sind sinkende Einnahmen durch eine falsche Steuerpolitik und steigende Ausgaben durch Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene. Diese falsche Steuerpolitik hat dazu geführt, dass die saarländischen Städte und Gemeinden seit dem Jahr 2000 Jahr für Jahr 132 Millionen Euro verloren haben. Das hat die Arbeitskammer errechnet. Dazu kommt, dass Bund und Land Entscheidungen getroffen haben, die für die Kommunen mit erheblichen Kosten verbunden sind, ohne dass diese Kosten übernommen oder ausgeglichen werden würden. Deshalb war das Konnexitätsprinzip überfällig, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Städte- und Gemeindetag und der Landkreistag haben in der Anhörung einige Kritikpunkte formuliert und Verbesserungsvorschläge gemacht. Wie anerkennen ausdrücklich, dass daraufhin einige Verbesserungen in den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen vorgenommen wurden, bedauern aber, dass einige Anregungen nicht übernommen wurden. So wird zum Beispiel in § 2 Abs. 5 des Gesetzentwurfs geregelt, wann eine wesentliche Belastung der Kommunen vorliegt, die ausgeglichen werden soll. Das ist nämlich dann der Fall, wenn die geschätzte jährliche Mehrbelastung im Durchschnitt einen Betrag in Höhe von 25 Cent pro Einwohner oder landesweit 250.000 Euro überschreitet. Der Landkreistag hat deutlich gemacht, dass eine Einzelfallbetrachtung bei den Kommunen wesentlich sinnvoller wäre.
Die Beträge sollen außerdem regelmäßig angepasst werden. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war von einer jährlichen Anpassung an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes die Rede. Im nunmehr vorliegenden Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen ist eine Anpassung spätestens in drei Jahren erforderlich und dies unter Berücksichtigung der Entwicklung der saarländischen Beamtengehälter.
Meine Damen und Herren, das ändert aber doch nichts am grundsätzlichen Problem. Auch die sogenannten Bagatellgrenzen lassen Kämmerer in manchen Kommunen immer noch schwitzen. Ich möchte daran erinnern, dass im Saarland die 25 Cent pro
Einwohner gelten sollen. Im reichen Baden-Württemberg sind es 10 Cent.
Die GRÜNEN haben in ihrem Abänderungsantrag zwei wichtige Anregungen aufgegriffen, deshalb werden wir diesem Antrag zustimmen. Die entsprechende Kritik kam auch von den kommunalen Spitzenverbänden. Selbstverständlich sollte der Ausgleich auch dann gelten, wenn auf Bundes- oder auf europäischer Ebene Aufgaben neu geregelt werden und wenn mehrere verschiedene Gesetzesvorhaben zusammen zu einer wesentlichen Belastung für die Kommunen führen würden.
Liebe Kolleginnen und Kolleginnen, ich fasse zusammen. Wir begrüßen es, dass die Regelung „Wer bestellt, bezahlt“ im Grundsatz umgesetzt wird. Die saarländischen Städte und Gemeinden haben lange darauf warten müssen. Wir bedauern allerdings, dass einige Empfehlungen nicht aufgegriffen wurden. Das Konnexitätsprinzip kann die saarländischen Kommunen, die Städte und Gemeinden, aus ihrer finanziellen Not zwar nicht retten, zumindest wird aber dadurch eine Verschärfung vermieden. Daher stimmen wir allen Abänderungsanträgen zu. Bei der Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf wird sich unsere Fraktion unter Berücksichtigung der Änderungen enthalten. - Danke schön.
Meine Damen und Herren, wir wissen ja jetzt im Vorfeld, wie das Abstimmungsverhalten sein wird. Nichtsdestotrotz möchte ich einige Argumente noch einmal in sachlicher Form vorbringen - nicht dass es heißt, das habt ihr ja nie gesagt.
Zunächst noch einmal zu einer Art des Umgangs hier. Ich denke, menschliche Bedürfnisse sollten nicht als Vorwand dienen für gemeine Unterstellungen.
Ich denke, das gilt auch für parlamentarische Debatten. Wenn also meine Kollegin auf die Toilette geht, sollte ihr das nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Ich möchte gerne noch auf ein paar Sätze eingehen, die der Umweltminister gerade gesagt hat. Er hat auf den BUND hingewiesen.
Ich möchte dazu gerne noch ein anderes Bild vermitteln. Der BUND-Gründer Enoch zu Guttenberg ist aus dem BUND aus Protest ausgetreten, weil nämlich bekannt wurde, dass die Windkraftlobby finanzielle Verbindungen zum BUND hat. Ich meine, Enoch zu Guttenberg ist nicht irgendjemand. Er hat einen bekannten Namen, er ist auch Gründer des BUND. Vielleicht sollte man das zur Kenntnis nehmen.
Ich habe noch ein paar andere Stichpunkte aufgeschrieben. Der Kollege von der CDU hat vorhin auf ein Umfrageergebnis verwiesen, wonach 80 Prozent der Deutschen Windkraft unterstützen würden. Das mag richtig sein. Das habe ich auch gelesen. Man sollte aber auch sehen, wer die Umfrage in Auftrag gegeben hat. Es war der Verband Erneuerbare Energien. Das sollte man dann auch berücksichtigen.
Zum Kollegen Magnus Jung. Er hat gesagt, es würde nicht stimmen, dass Tiere dann beeinträchtigt würden -
Oder es war der Kollege von den GRÜNEN, Entschuldigung. Ich entschuldige mich. Dann sollte man aber einmal ein Gespräch mit den Jägern führen, Sie werden dann andere Töne hören. Zur Wahrheit gehören immer zwei Seiten und die sollte man sich auch beide anhören.
Ich denke auch, dass der Wald nicht mehr so sein wird, wie wir ihn kennen, wenn diese über 200 m großen Anlagen im Wald stehen. Ich selber wohne in Riegelsberg. Wir haben in der Nachbarschaft den Fröhner Wald. Davon ist die Gemeinde Heusweiler betroffen. Wir sind auch betroffen vom Pfaffenkopf. Und ich war sehr erstaunt oder auch angenehm überrascht, dass auch die CDU im Stadtrat von Saarbrücken Bedenken angemeldet hat, wie wir in der Saarbrücker Zeitung lesen konnten. Wenn man sich landesweit umsieht, stellt man fest, dass es nicht nur die Bürgerinnen und Bürger sind, die nachvollziehbare Fragen haben, die sicher begründete Zweifel haben an diesen Vorhaben. Es sind nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, es sind nicht nur Bürgerinitiativen, nein, es sind mittlerweile Gemeinderäte, Mandatsträger von allen Parteien, auch der hier im Landtag vertretenen. Auch das gehört zur gesamten Wahrheit.
Ich habe sehr wohl gehört, Herr Minister, dass Sie für den Fröhner Wald jetzt angekündigt haben, dass eine Anlage weniger gebaut wird. Das finde ich sehr gut. Ich möchte auch noch etwas zur Praxis sagen. Wir haben ja auf der einen Seite die Theorie und auf der anderen Seite die Praxis, das waren die Zwischenrufe, die ich bei Ihnen gemacht hatte, Kollege Jung. Nur ein Beispiel: Im Mai hat die Bürgerinitiative Fröhner Wald an die Landesregierung - oder an das LUA, ich weiß es nicht mehr genau - gemeldet, dass dort ein Rotmilanhorst entdeckt worden ist. Der wurde gemeldet und siehe da, es gab nicht nach einem Jahr ein Gutachten, sondern es liegt jetzt ganz plötzlich ein Gutachten vor, wie ich gehört habe. Die Inhalte kenne ich noch nicht. Aber in so schneller Zeit kann man kein seriöses Gutachten vorlegen, das den Anforderungen entspricht.
Das wollte ich auch noch einmal sagen, dass Theorie und Praxis nicht immer übereinstimmen.
Jetzt noch ein Blick, ob ich etwas vergessen habe. Ah ja, noch eines. Es ist auch der Infraschall noch einmal erwähnt worden. Da gibt es Befürworter, es gibt welche, die das in Zweifel ziehen. Die aktuelle Diskussion ist so, wie der Kollege Ulrich sie beschrieben hat. Aber da frage ich mich schon, warum die Uniklinik in Homburg eine Anlage in der Nähe abgelehnt hat. Offensichtlich hat man dort berechtigte Zweifel hinsichtlich der Auswirkungen auf die Ge
sundheit der Patienten. Auch das gehört dann zur Wahrheit dazu. Das wollte ich hier zur allgemeinen Klarstellung noch einmal sagen und Ihnen zur Kenntnis bringen.
Wenn man etwas vorbringt, muss man immer auch die andere Seite erwähnen. Das wollte ich hier zur Klarstellung noch einmal ganz deutlich sagen. Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln mit den vorliegenden Gesetzentwürfen sowie Änderungsanträgen die Änderung der Verfassung des Saarlandes und des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes mit der Einführung des Konnexitätsprinzips. Vorausgegangen waren eine ausführliche Evaluation zur Fünf-Prozent-Sperrklausel und die Anhörung zahlreicher Experten. Dies begrüßen wir an dieser Stelle ausdrücklich.
Wir sind uns sicherlich alle einig - das wurde im Ausschuss sehr deutlich -, dass wir keinerlei Probleme mit der Einführung der Fünf-Prozent-Sperrklausel haben. Allerdings lehnen wir die Zementierung dieser Fünf-Prozent-Klausel in der Verfassung des Saarlandes strikt ab. Das Landtagswahlgesetz reicht hierfür vollkommen aus.
Eine Festschreibung in der Verfassung widerspricht eklatant der Flexibilität zur Reaktion auf die Veränderung politischer Verhältnisse, die der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes eingefordert hatte. In seinem Urteil vom 29. September 2011 führt er unter anderem aus: „Der Gesetzgeber ist im Hinblick auf die beachtliche Einschränkung der Erfolgswertgleichheit (…) durch die Fünf-Prozent-Klausel verpflichtet, eine die Wahlgleichheit und Chancengleichheit berührende Norm des Wahlrechts zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern, wenn die verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieser Norm durch neue Entwicklungen infrage gestellt wird.“ Meine Damen und Herren, die Fünf-Prozent-Hürde
in der Verfassung zu verankern, widerspricht diesem Gebot!
Im gesamten Bundesgebiet gibt es diese Regelung nur in wenigen Bundesländern, unter anderem in Bayern; wir haben es gerade gehört. Besonders interessant finde ich aber, dass bei allen Verfassungsänderungen in Bayern - man höre und staune Volksentscheide Pflicht sind! Das heißt, jeder Beschluss des Bayerischen Landtags auf Verfassungsänderung muss dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden. Und im Saarland traut man dem eigenen Volk nicht. Schlimmer noch! Nicht nur, dass die Fünf-Prozent-Hürde ohne Not mit Zweidrittel-Mehrheit der Großen Koalition in die Verfassung soll, nein, die Hürden für Volksentscheide sind im Saarland im Gegensatz zu Bremen und Bayern auch noch so hoch, dass sie gar nicht zu schaffen sind. Meine Damen und Herren, das ist die bittere Realität. Das ist Arroganz der Macht und Besitzstandswahrung. Das ist ganz bestimmt nicht der Wille der saarländischen Bevölkerung.
Zum Konnexitäts-Prinzip. Wir begrüßen dies ausdrücklich, denn wir haben im Landtag immer deutlich gemacht, wer etwas bei den Kommunen bestellt, der soll auch dafür zahlen. Das heißt, wer die Kommunen mit zusätzlichen Aufgaben betraut, muss auch die dafür entstehenden Kosten tragen. Wir hatten jedoch - Kollegin Meyer hat es ausgeführt - mit der einschränkenden Formulierung „bei wesentlichen Mehrbelastungen“ große Schwierigkeiten gehabt. Was sind denn die wesentlichen Mehrbelastungen für die Kommunen, wenn erst dann die Finanzierung übernommen werden soll? Wir fordern daher in unserem Abänderungsantrag stattdessen das strikte Konnexitäts-Prinzip.
Zwar wurde durch die nun sehr kurzfristige Vorlage des Konnexitätsausführungsgesetzes der Begriff der wesentlichen Mehrbelastung konkretisiert, das heißt also nach unserem Änderungsantrag. Wenn die geschätzten Mehrbelastungen der betroffenen Kommunen im Durchschnitt 25 Cent pro Einwohner überschritten würden, wären dies bei einer 15.000-Einwohner-Kommune 3.750 Euro. Das ist eben auch nicht fair, liebe Kollegin Meyer. Es gibt viele Kommunen im Saarland, wo die Kämmerer zu schwitzen beginnen, wenn sie überlegen, wo sie dieses Geld noch streichen sollen. Daher sind wir der Meinung, dass angesichts der verheerenden finanziellen Lage der saarländischen Kommunen eine vollständige Kostenerstattung erfolgen muss!
Wir möchten jedoch noch die Stellungnahmen des Landkreistages und des Städte- und Gemeindetages im Ausschuss abwarten und sind gespannt auf die Ausführungen. Unser Fazit lautet: Wir werden
den Gesetzentwurf der Großen Koalition zur Änderung der Verfassung und des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes ablehnen. Beim Änderungsantrag der Piraten enthalten wir uns. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute in Erster Lesung mit der Gerichtsstrukturreform im Saarland, und ich muss sagen, ich war sehr überrascht, wie schnell dies jetzt passieren soll. Es sind noch nicht einmal drei Monate vergangen, seit verkündet wurde, 2017 solle die Neuordnung den Landtag passieren, um 2018 in Kraft zu treten. Jetzt kann es gar nicht schnell genug gehen.
Meine Damen und Herren, als im März seitens der Landesregierung im zuständigen Ausschuss über die geplante Strukturreform der ordentlichen Gerichtsbarkeit berichtet wurde, hieß es, dass keine endgültigen Ergebnisse präsentiert werden könnten. Einen konkreten Vorschlag der Landesregierung gebe es noch nicht. Sobald dieser vorliege, würde Herr Minister Jost oder Frau Staatssekretärin Dr. Morsch im Ausschuss natürlich gerne darüber berichten. Man bitte um Verständnis, dass man nicht weiter auf Einzelheiten eingehen könne, keine weiteren Auskünfte geben könne. Sobald ein zwischen dem Justizministerium und der Landesregierung abgestimmter Konzeptentwurf vorliege, werde dem Ausschuss gerne Bericht erstattet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist bis heute nicht passiert. Stattdessen liegen uns seit vergangener Woche die Gesetzentwürfe vor, Einzelheiten durften wir aus der Presse erfahren - im Übrigen gleich am Tag nach besagter Ausschusssitzung im März. Daher wiederhole ich meinen Vorwurf an dieser Stelle. Dies ist eine Missachtung des Parlaments und unakzeptabel.
Es stellt sich die Frage, ob der Justizminister überhaupt weiß, was seine rechte und linke Hand tun. Anders ausgedrückt: Dann würde die kürzlich ge
stellte Frage des Verwaltungsgerichts, ob der Justizminister im Amt ist, erneut an Aktualität gewinnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, landauf landab hört man von vielen Richtern: „Wir wurden zwar gefragt, aber egal, was wir sagen, sie machen ja doch, was sie wollen.“ - Ein nicht gerade schmeichelhaftes Urteil. Schaut man sich die Pläne genauer an, liest sich das so: Wer im Bußgeldverfahren Widerspruch einlegt, muss zum Amtsgericht St. Ingbert, denn hier sollen Ordnungswidrigkeiten für das gesamte Saarland bearbeitet werden, aber ebenso Strafsachen aus dem Bezirk Homburg. Dafür übernimmt das Amtsgericht Homburg die Zivil- und Familiensachen von St. Ingbert. Ich hoffe, ich habe da nichts verwechselt, aber so wie es scheint, handelt es sich vorwiegend um einen großen Verschiebebahnhof.
Herr Minister, ich widerspreche Ihnen ja sehr ungern,
aber wie Sie wissen, bin ich aus dem Köllertal, und die Gemeinde Heusweiler fällt nun nicht mehr in die Zuständigkeit des Amtsgerichtes Saarbrücken, sondern in die des Amtsgerichtes Völklingen. Ich kann Ihnen nur sagen, von Heusweiler nach Saarbrücken nimmt man einfach die Saarbahn, das ist unglaublich gut erreichbar.
Heusweiler fällt aber jetzt in die Zuständigkeit von Völklingen und da ist die Verbindung nicht so gut. Außerdem würde ich darum bitten, dass hier seitens der Landesregierung etwas Ruhe einkehrt. - Strafsachen werden von St. Wendel nach Ottweiler verschoben, währenddessen Ottweiler wiederum die Zivilsachen nach St. Wendel abgibt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, böse Zungen sprechen heute schon vom programmierten Chaos. Der Standort Wadern soll neben Merzig bestehen bleiben. Vielleicht wirft der Wahlkampf hier schon seine Schatten voraus, man weiß es nicht.
Meine Damen und Herren, die jetzt geplante Struktur gibt es bundesweit ähnlich nur in Berlin, allerdings schon seit Jahrzehnten. Gut gemeint ist also nicht immer gut gemacht und wir warten die Anhörung ab.
Ich frage mich schon, ob das Saarland nicht bundesweit Schlagzeilen macht, wenn bekannt wird, dass Anwälte etwa aus Bayern, Hessen oder RheinlandPfalz erst durch einen Blick ins Internet erfahren, welches Gericht im Saarland ab Januar 2018 für ihre Mandanten zuständig ist.
Interessant finde ich auch die durch den Bundesrat vielleicht durch das Saarland verursacht - angestrebte Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes. Demnach sollen Verfahren, die bei einem Gericht anhängig sind, nach der Strukturreform auf das neue zuständige Gericht übertragen werden können. Das soll damit klargestellt werden. Die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes muss allerdings noch den Bundestag passieren. Warten wir es also ab.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die viel gepriesene Bürgernähe nicht spätestens dann ad absurdum geführt, wenn es nur noch ein einziges saarländisches Arbeitsgericht in Saarbrücken gibt? Und muss das Gebäude des Arbeitsgerichtes in der Nähe vom Staden tatsächlich verkauft werden? Wir verschließen uns sicherlich nicht dringend erforderlichen Verbesserungen im Justizbereich, es bestehen aber für uns noch sehr viele Fragen. Daher werden wir mit Spannung die Anhörung im Ausschuss abwarten und uns heute bei der Abstimmung enthalten. Wir erwarten, dass es nach der Anhörung noch massive Änderungen geben wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hetzerische, rassistische, verleumderische, diskriminierende, menschenverachtende und hasserfüllte Beiträge im Internet haben einen wirklich unerträglichen Umfang erreicht. Es macht wenig Sinn, darauf zu bauen, dass die Betreiber von Facebook
und Co. Hasskommentare schnell wieder löschen. Durch die Antwort der Landesregierung vom April auf meine Anfrage zur Hasskriminalität im Saarland erfuhren wir, dass eine statistische Auflistung der unter Hasskriminalität begangenen Straftaten im Internet nicht existiert. Kürzlich erfuhren wir, dass es im vergangenen Jahr 266 rechtsextremistische Straftaten gegeben hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Rekordniveau!
Am Montag haben wir von dem Fall eines saarländischen Kriminalkommissars gehört, die Kollegin hat es eben schon erwähnt. Er hat Politiker, Muslime, Flüchtlinge, Sinti und Roma verunglimpft. Meine Damen und Herren, das ist nur ein Beispiel von vielen Hass-Postings, die im Netz kursieren. Ja, es sind sogar Mordaufrufe registriert worden. Hier muss etwas passieren! Das Netz darf in solchen Fällen kein rechtsfreier Raum sein und vor allen Dingen kein schutzloser Raum für Minderheiten. Allerdings stellt sich in diesem konkreten Fall schon die Frage, ob der Hasskommentar schreibende Kommissar durch Online-Streifen seiner Kollegen wirklich abgeschreckt worden wäre.
Es ist ja nicht so, als wäre das Internet für die Polizei Neuland oder als gäbe es nicht schon ausreichend Überwachung im Netz. Anfang des Jahres besuchte ich das Dezernat Cybercrime bei der Polizei und konnte mir einen Einblick in dessen Arbeit verschaffen. Angesichts der Massenüberwachung durch einige Geheimdienste kann man schon fast sagen, dass man offline nirgendwo so intensiv und flächendeckend überwacht wird wie im Internet. Schon vor 17 Jahren - Sie hatten darauf hingewiesen, Frau Kollegin - hat das Bundeskriminalamt im Auftrag der Innenministerkonferenz die Zentralstelle für anlassunabhängige Recherchen in Datennetzen installiert. Ihre Aufgabe ist „eine ständige, systematische, deliktsübergreifende, nicht extern initiierte Suche nach strafbaren Inhalten im Internet und Onlinediensten einschließlich der Weiterverfolgung von dabei festgestellten strafrechtlich relevanten Sachverhalten mit Beweissicherung“.
Die Landeskriminalämter und das BKA haben daraufhin 2005 eine Koordinierungsgruppe gebildet, und anlassbezogene Online-Streifen - also nach konkretem Verdacht - sind längst Standard. Schon jetzt muss jeder Nutzer davon ausgehen, dass seine Kommentare von der Polizei und anderen Sicherheitsbehörden gelesen werden und dass es strafrechtliche Konsequenzen geben kann.
Die Zahl der Hasskommentare - wir haben das schon öfter gehört - steigt trotzdem ständig an, obwohl die Polizei bereits jetzt viele Möglichkeiten und Rechte hat, im Internet auf Streife zu gehen. Da ist es wohl mit der abschreckenden Wirkung der Polizei im Netz nicht so weit her.
Meine Damen und Herren, was mir am Antrag der PIRATEN allerdings gefällt, ist der Ansatz, den Einsatz der Polizei in sozialen Netzen öffentlich sichtbar zu machen. Jeder soll sehen, dass hier ein Polizist anwesend ist. Manchmal nützt da ja auch ein Blick ins Ausland. In Helsinki, also in Finnland, hat die Polizei sehr gute Erfahrungen mit Online-Streifen in sozialen Netzwerken gemacht. „Fobba“ heißt das Profil der Polizei dort und es ist für jeden als Polizei erkennbar. Das wäre ein guter Ansatz. Eine sichtbare Präsenz der Polizei auf bestimmten Internetforen kann dazu führen, dass sich Nutzer sozusagen friedlicher verhalten.
In ihrem Antrag fordern die PIRATEN die Möglichkeit einer einfachen Online-Strafanzeige. Die ist aber längst möglich. Auch in der Sitzung des Innenausschusses am 24. März hat die Polizei das deutlich gemacht, denn die Erstattung einer Anzeige ist nicht an eine besondere Form gebunden und kann zum Beispiel auch mittels E-Mail erfolgen. Die entsprechenden Adressen sämtlicher Polizeiinspektionen im Saarland sind ja im Internet aufgeführt.
Was mir an diesem Antrag fehlt, ist das Grundsätzliche. Denn wenn der Abbau an Polizeistellen so weitergeht, wie CDU und SPD dies vorhaben, erledigt sich, glaube ich, die Frage nach neuen Online-Streifen von selbst. Mit diesem Personalabbau kann es kein zusätzliches Engagement geben!
Ja.
Abg. Hilberer (PIRATEN) mit einer Zwischenfrage: Frau Kollegin, Sie haben ja einen interessanten Punkt gebracht, dass nämlich die Online-Strafanzeige über E-Mail schon möglich ist. Sind Sie der Meinung, dass das ein sicherer Kommunikationskanal ist? Die Polizei hat ja im Ausschuss unter anderem Bedenken geäußert wegen der doch sehr sensiblen Daten, die übermittelt werden. Das über E-Mail zu tun, das erscheint mir als Widerspruch. Wie sehen Sie denn das?
Lieber Kollege, dann müssten wir auch mit der E-Mail-Kommunikation im saarländischen Landtag aufhören. Mir ist nichts Gegenteiliges bekannt. Ich weiß, die PIRATEN haben ein besonderes Verhältnis dazu. Aber dann dürften wir als Abgeordnete auch keinen E-Mail-Verkehr mehr haben. Ich denke, diese Frage beantwortet sich von alleine.
Ich möchte aber noch auf ein Zweites hinweisen, was wir alle gemeinsam grundsätzlich machen müssen, und ich denke, da sind wir uns in diesem Hohen Hause auch einig. Wir müssen grundsätzlich gegen den immer stärker werdenden Hass vorgehen: Hass auf Flüchtlinge, Hass auf Juden, Hass auf Muslime, Hass auf Schwule und Lesben, im Prinzip Hass auf alles, was anders ist. Dazu passt ein Zitat von George Bernard Shaw, der sagte - ich zitiere -: „Hass ist die Rache des Feiglings dafür, dass er eingeschüchtert ist.“
Die Zahl der rechtsextremen Straftaten hat inzwischen ein trauriges Rekordhoch erreicht und die rechtsextremen Täter kommen immer öfter aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft. Da muss gegengesteuert werden! Die Stoßrichtung beider uns vorliegender Anträge ist wichtig und gehen grob in die richtige Richtung. Das erkennen wir an. Wir werden uns aber bei beiden Anträgen enthalten, denn erstens: Was nützen uns die schönsten Vorhaben, wenn sie nicht mit ausreichend Personal durchgeführt werden können? Zweitens muss Hasskriminalität auch schon im Vorfeld bekämpft werden. Schließlich bestimmt nun mal das Denken das Handeln.
Ich weiß, es gibt im Saarland viele lobenswerte Aktivitäten und Initiativen, die über Rechtsextremismus aufklären. Aber: Im Jahr 2012 wurden 100.000 Euro im Haushalt zur Bekämpfung des Rechtsextremismus eingestellt, ab 2015 leider nicht mehr. Ich möchte nur noch einmal daran erinnern. Wir sind der Meinung, dass die Mittel dafür sicherlich nötig sind, um präventiv Hasskommentare und Rechtsextremismus zu bekämpfen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir in der Ersten Lesung über dieses Gesetz debattiert hatten, hat sich unsere Fraktion in der Abstimmung enthalten. Wir standen einerseits
dem Einsatz von Bodycams aufgrund der nicht mehr wegzudiskutierenden Gewalt gegenüber Polizistinnen und Polizisten positiv gegenüber, auf der anderen Seite haben wir die Einführung eines zeitlich befristeten Polizeilichen Ordnungsdienstes abgelehnt, da wir der felsenfesten Überzeugung sind, dass dieser Polizeiliche Ordnungsdienst - oder, wie es auch umgangssprachlich heißt, Hilfssheriffs - keinen einzigen voll ausgebildeten Polizisten ersetzen kann, übrigens auch keine noch so ausgeklügelte Technik.
Frau Kollegin Meyer, das macht vielleicht auch klar, warum wir nicht dem Polizeilichen Ordnungsdienst irgendwelche notwendigen Ausrüstungen vorenthalten wollen. Ich glaube, das haben Sie falsch verstanden. Es geht uns darum, dass wir die Einsetzung der Hilfssheriffs ablehnen. Das haben wir auch mehrfach gesagt. Man muss auch beachten, dass nach wie vor der Abbau der 300 Stellen bei den Polizistinnen und Polizisten im Raum steht. Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind uns klar und einig in diesem Landtag, gute Arbeit in der Polizei schafft man nur mit der notwendigen Anzahl von entsprechend qualifizierten Schutz- und Kriminalbeamten. Daran ändert eben auch die Neueinstellung von 30 Hilfspolizisten nichts.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal erwähnen, dass wir die Neueinstellung von letztendlich 100 statt der ursprünglich geplanten 80 und dann aufgestockt auf 90 - Polizeianwärtern im Jahr, die von uns jahrelang gefordert wurde, ausdrücklich begrüßen. Das muss auch einmal gesagt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aufgrund der Expertenanhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf im Ausschuss haben wir einen Änderungsantrag gestellt - der Ihnen jetzt noch verteilt worden ist, das bitte ich, entsprechend zu berücksichtigen -, in dem wir insbesondere die Anregung der Datenschutzbeauftragten des Saarlandes und eines Rechtsexperten der Universität Bremen berücksichtigt haben. Ich möchte hier an dieser Stelle nur auf die wichtigsten Punkte eingehen.
Die saarländische Regelung des Bodycam-Einsatzes geht weit über vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern hinaus. Der Einsatz dieser Kameras setzt eine qualifizierte Gefahrenlage voraus. Die Experten sagten auch, es sei für den Einsatz zum Schutz von Vollzugsbeamten oder auch Dritter eine Gefahr für Leib und Leben erforderlich. Dies fehlt im vorliegenden Gesetzentwurf. Wir haben das vorhin schon von dem Kollegen gehört. Wörtlich heißt es in einer Stellungnahme - da zitiere ich mit Ihrem Einverständnis, Herr Präsident -: „Ob ein derartig weit definierter Einsatzzweck mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot vereinbar ist, scheint fraglich.“ Weiter heißt es auszugsweise: „Ferner wäre das Aktivieren der Bodycam für eine noch so geringe Gefahr nicht nur im Sinne der Inter
essensabwägung unzulässig und verfassungsrechtlich deshalb nicht zu rechtfertigen, sondern würde ebenfalls zu einer potenziellen Dauerüberwachung führen. Dies würde mit dem Bestimmtheitsgrundsatz kollidieren.“ - Zitatende.
Auf diese Problematik wird sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Stellungnahme der Datenschutzbeauftragten des Saarlandes deutlich hingewiesen. Das Ziel der Gesetzgebung solle sein, Polizisten vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen. Natürlich, wer will das nicht? Die Datenschutzbeauftragte hält es daher auch für erforderlich, dass das im Gesetzeswortlaut bei der Eingriffsschwelle auch eindeutig hervorgeht. Daher müsste es dort nämlich heißen: Konkrete Gefahren für die Schutzgüter Leib und Leben. Stattdessen sei mit dem geplanten Gesetz eine niedrigschwellige Grenze gewollt, damit man beispielsweise auch Beleidigungen gegenüber Polizeibeamten vermeiden und dokumentieren könne. Ob diese Regelung dann überhaupt noch verfassungsgemäß sei, wenn der Einsatz von Körperkameras dabei helfen soll, Beleidigungen gegenüber Polizisten zu vermeiden beziehungsweise zu dokumentieren, sei fraglich. Daher sollten Kameraaufzeichnungen erst stattfinden, wenn eine konkrete Gefahr für Leib und Leben vorliegt, so, wie das auch in anderen Bundesländern gehandhabt wird. Sie äußerte ernstliche Zweifel hinsichtlich der Angemessenheit und auch der Verhältnismäßigkeit der geplanten Regelungen.
Zweitens. In der Anhörung wurde auch deutlich, dass Arztpraxen, Rechtsanwaltskanzleien und Beratungsbüros als öffentlich zugängliche Räume anzusehen sind. Die Kollegin Meyer hat es ja schon erläutert. Der vorliegende Gesetzentwurf erlaubt damit auch hier den Einsatz von Bodycams. Daher wurde darauf hingewiesen, dass Aufzeichnungen in Bereichen, in denen Tätigkeiten von Berufsgeheimnisträgern ausgeübt werden, unzulässig sein sollten. Ich glaube, dass die Experten unser geplantes Gesetz durchaus auch mit den anderen Polizeigesetzen der Länder verglichen haben. Es gibt Unterschiede, da stimme ich zu. Trotzdem haben die Experten das in der Anhörung deutlich gemacht und auf diese Problemfelder hingewiesen.
Drittens. Ich komme zu den Löschfristen der Aufnahmen durch die Körperkameras. Im Gesetzentwurf steht - Sie hatten es schon erwähnt - der Begriff „unverzüglich“. Es sei also unverzüglich eine Löschung von Bildaufnahmen vorzunehmen, wenn sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung erforderlich sind. Ansonsten sollte die Löschung nach zwei Wochen erfolgen.
Als positiv - das möchte ich an dieser Stelle auch einmal sagen - erachten wir die kurzen Löschfristen. In der Anhörung wurde jedoch empfohlen, den un
bestimmten Rechtsbegriff „unverzüglich“ aus Gründen der Rechtsklarheit eindeutig zu fassen. Die kurzen Fristen müssten so bemessen sein, dass auch Betroffene und Dritte zur Verfolgung von Straftaten gegebenenfalls auf die Aufnahmen zugreifen können. Denn wenn ein Betroffener der Auffassung ist, ein Polizeibeamter habe hier einen Übergriff oder irgendeine Tat begangen, die man als Straftat verfolgen könnte, dann müsste ihm auch die Gelegenheit gegeben werden, auf diese Aufnahmen zuzugreifen. Eine angemessene Frist sei vier Tage.
Meine Damen und Herren, diese und einige andere in der Anhörung vorgetragenen Argumente haben wir in unserem Abänderungsantrag berücksichtigt. Man muss sicherlich nicht alle Anregungen aus einer Anhörung in Änderungsanträge einfließen lassen. Wenn aber dieselben Problempunkte mit eindringlichen Worten von unterschiedlichen Experten angesprochen werden, dann hätte ich schon erwartet, dass die Koalitionsfraktionen hier Einsicht zeigen und eigene Abänderungsanträge stellen.
Ich hatte im Ausschuss - Sie waren dabei, Frau Meyer - vorsichthalber noch mal gefragt, ob noch ein Änderungsantrag von den Koalitionsfraktionen kommt, weil ich es gar nicht glauben konnte, dass keiner vorlag. Nicht einmal die von der erst kürzlich gewählten Datenschutzbeauftragten benannten Problempunkte wurden berücksichtigt, sie wurden von Ihnen schlicht ignoriert. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich nicht mehr nachvollziehbar! Damit stellt sich auch die Frage, warum wir überhaupt noch Anhörungen durchführen. Ähnliches ist bereits bei der Anhörung zur Landesbauordnung passiert. Das führte - wie Sie wissen, Herr Kollege Pauluhn zu Frust und Ärger bei den angehörten Experten aus Kammern, Verbänden und Universitäten.
Abschließend noch eine Anmerkung zu unserem Abänderungsantrag. § 49 des saarländischen Polizeigesetzes erlaubt es Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, den Bediensteten der Ortspolizeibehörden in den Rathäusern den Gebrauch von Diensthunden zu gestatten. Ich glaube, das ist eine bundesweit einmalige Regelung. Ich kenne auch keine Stadt oder Gemeinde im Saarland, die sich einen Diensthund leistet. Einige der Kolleginnen und Kollegen hier im Saal scheinen das genauso zu sehen und grinsen. Diese Regelung in § 49 ist im Jahr 2004 auf Wunsch eines saarländischen Bürgermeisters entstanden und dürfte inzwischen überholt sein. Man könnte auch sagen: Dieser Absatz in § 49 ist mittlerweile auf den Hund gekommen und gehört eigentlich in die Mottenkiste.
Zusammenfassend bitten wir nun, unserem Abänderungsantrag zuzustimmen. Dem vorliegenden Gesetzentwurf der CDU- und der SPD-Landtagsfraktion können wir in der uns vorliegenden nach der Anhö
rung nicht geänderten Fassung leider nicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Pauluhn! Ihre Unterstellungen und bewusste Falschdarstellungen weise ich mit aller Entschiedenheit zurück. Ich möchte das hier ganz deutlich sagen: Wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätten Sie genau verstanden, dass wir nicht per se gegen den Einsatz von Körperkameras sind. Ich habe das ausdrücklich in der Ersten Lesung gesagt und wir haben uns daher auch bei der Abstimmung enthalten. Wir wollten, dass die Erfahrungen aus der Expertenanhörung hier einfließen. Wenn ich in einer Stellungnahme lese, es sei verfassungs
rechtlich unzulässig, dann ist doch klar, dass man es auch aufnehmen sollte.
Wir wollten nichts weiter als eine juristisch saubere Formulierung. Wenn Sie sich die Sache schönschwätzen, wie toll und wunderbar das alles ist, dann hätte man auch nicht die Evaluierung der Polizeireform 2020 von der Gewerkschaft der Polizei benötigt. Ich empfehle sie Ihnen als Lektüre. Da kommt nämlich etwas ganz anderes heraus als das, was Sie uns erzählen wollen.
Noch etwas: Dass angesichts von 270.000 Überstunden und einem hohen Krankenstand bei der saarländischen Polizei reagiert werden musste, ist doch klar.
Wenn wir diese Zahlen nicht abgefragt hätten, dann wären sie wahrscheinlich bis heute nicht bekannt. Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ganz kurz auf zwei Bemerkungen des Kollegen Becker eingehen. Herr Kollege Becker, Gewalt gegen die Polizei haben auch wir stets verurteilt. Ich glaube, diesbezüglich ist man sich in diesem Saal auch einig. Das ist allerdings heute nicht das Thema. Wenn unsere Rufe nach mehr Polizei populistisch sein sollen, muss ich mich schon fragen, ob Sie auch die Rufe der Gewerkschaften der Polizei als populistisch charakterisieren.
Ich wollte Ihnen auch noch sagen, dass nicht alles, was für die Polizei technisch möglich ist, auch verfassungsrechtlich geboten ist. Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat ja gerade darauf auch abgehoben.
Herr Kollege Waluga, bei 260.000 Überstunden pro Jahr sprechen wir ganz gewiss nicht mehr von einem „Wünsch-dir-was-Paket“. Wir denken vielmehr, dass der vorgelegte Antrag die pure Notwendigkeit beschreibt.
Das waren aber nur die Vorbemerkungen. Wir werden natürlich den Antrag der GRÜNEN unterstützen und ihm zustimmen, denn dieser Antrag unterstützt auch unsere seit Jahren erhobenen Forderungen. Denn gemäß dem vorliegenden Antrag soll auf einen weiteren Stellenabbau bei der saarländischen Polizei verzichtet und die Anzahl der Kommissaranwärter soll deutlich erhöht werden auf 110 Nachwuchskräfte pro Jahr. Zu diesem Thema haben wir auch schon im vergangenen Monat hier ausführlich Stellung genommen.
Seit Jahren haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass die Absenkung der Zahl der Neueinstellungen bei den Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern von 100 auf 80 falsch ist. Die Landesregierung hat dann im vergangenen Jahr tatsächlich noch einmal nachjustiert; wir sind jetzt bei 90 Neueinstellungen jährlich. Das reicht aber weiterhin vorne und hinten nicht aus, der Berg von mehr als 262.000 Überstunden spricht diesbezüglich eine deutliche Sprache, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Auch der Krankenstand bewegt sich mit 61.383 Krankheitstagen nach wie vor auf hohem Niveau. Ich möchte diesbezüglich einmal auf Folgendes hinweisen: Unterstellt man 223 Arbeitstage pro Jahr, so könnte man sagen, dass angesichts des Krankenstandes im Jahr 2015 der saarländischen Polizei 275 Kolleginnen und Kollegen weniger zur Verfü
gung standen. Ich möchte an dieser Stelle eine Anregung geben: Angesichts des hohen Krankenstandes sollte man vielleicht einmal Ursachenforschung betreiben. Ich möchte diesbezüglich auf die Erfahrungen hinweisen, die das Justizministerium im Bereich des Justizvollzugs gemacht hat, bei den Justizvollzugsbeamten. Herr Kollege Jost, das ist jetzt ein Lob.
Denn hier wurde Ursachenforschung betrieben, auch erfolgreich betrieben. Vielleicht sollte man dieses Vorgehen auch auf die Polizei übertragen.
Die Landesregierung hat diese Zahlen, die ja aufgrund unserer Anfrage erst bekannt geworden sind, zur Kenntnis genommen - und den Polizeilichen Ordnungsdienst erfunden. Über diesen haben wir ja im vergangenen Monat hier diskutiert. Es sollen nun also 30 zeitlich befristet eingestellte Hilfspolizisten Gebäude überwachen oder auch bei Verkehrskontrollen helfen. Das konnte nur deshalb so hingetrickst werden, weil die befristeten Stellen den Stabilitätsrat nicht interessieren. Kurzfristig bringt das natürlich Entlastung, langfristig angelegte Ziele sehen aber anders aus.
Diese Vorgehensweise zeigt einmal mehr, wie verzweifelt man nach Auswegen sucht, mit denen man die Sicherheit der Saarländerinnen und Saarländer gewährleisten will. Es handelt sich dabei aber nur um Scheinlösungen und um eine Beruhigungspille für die Bevölkerung!
Meine Damen und Herren, ich sage es wieder und wieder: Gute Arbeit bei der Polizei schafft man nur mit der notwendigen Anzahl entsprechend qualifizierter Schutzpolizei- und Kriminalbeamter! Deshalb können wir den Antrag der GRÜNEN nur unterstützen.
Bei dieser Feststellung wollte ich es ursprünglich auch bewenden lassen. Als ich allerdings gestern, am späten Nachmittag, den korrespondierenden Antrag der Regierungskoalition erhalten habe, habe ich wirklich gedacht, ich sei im falschen Film. Da steht, ich traute meinen Augen kaum, doch tatsächlich drin - ich zitiere einmal, mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, drei Stellen -: „Mit dem im Jahr 2011 eingeleiteten Prozess zur Fortentwicklung der Polizeiorganisation wurde ein zielführender Weg gefunden, die Gewährleistung der inneren Sicherheit (…)“ und so weiter und so fort. Später heißt es, es werde „ein effektiver und effizienter Personaleinsatz und damit die polizeiliche Präsenz vor Ort gewährleistet“.
Und noch weiter unten heißt es: „Der Landtag des Saarlandes unterstützt darin die Landesregierung, die personellen, organisatorischen und einsatzmäßigen Voraussetzungen weiterhin zu gewährleisten
Ihr Antrag, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, kann daher nur abgelehnt werden, denn er spiegelt nicht die Realität wider. Der Widerstand gegen den Stellenabbau bei der Polizei wächst; der Kollege Kessler hat das vorhin schon erwähnt. Aktuell sammelt die Junge Gruppe der Gewerkschaft der Polizei mit der Kampagne „4 nach 5 vor 12 - Zeit für Sicherheit“ Unterschriften gegen den Polizeiabbau und vermeldet großen Zuspruch bei der Bevölkerung. Höchste Eisenbahn ist es auch aus Sicht der Jungen Polizei der Deutschen Polizeigewerkschaft im Saarland. Sie startete am Samstag eine Online-Petition, Sie hatten das auch schon erwähnt. Ich möchte auch noch den Bund Deutscher Kriminalbeamter im Saarland erwähnen, der sogar eine Neueinstellungsanzahl von 120 Beamten pro
Jahr fordert. Also alle drei großen Gewerkschaften gehen in eine Richtung.
Meine Damen und Herren, am Stellenabbau bei der saarländischen Polizei bockig festhalten zu wollen, ist falsch und wird wohl auch nicht durchzuhalten sein. Erste zarte Signale haben wir ja bereits erhalten. Zumindest soll im Herbst über die Polizeistärke wenigstens nachgedacht werden. Vielleicht kommt ja dann der Stopp des Personalabbaus als Wahlkampfgeschenk verpackt. Denn andere Haushaltsnotlageländer wie Schleswig-Holstein - das habe ich heute, glaube ich, noch gar nicht gehört - haben bereits zusätzliche Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte eingestellt. Warum sollte das nicht auch im Saarland funktionieren?
Ich fasse zusammen. Dem Antrag der GRÜNEN gegen Personalabbau und für eine Personalaufstockung bei den Kommissaranwärterinnen und -anwärtern werden wir selbstverständlich zustimmen, denn er greift unsere jahrelangen Forderungen noch einmal auf. Wir denken auch, es ist höchste Zeit, aufgrund der aktuellen und der zukünftigen Erfordernisse die Polizei wieder zu stärken, damit auch das Vertrauen der Bevölkerung in die innere Sicherheit des Saarlandes wiederhergestellt werden kann. Den Antrag der Regierungskoalition lehnen wir aus den erläuterten Gründen ab. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der uns vorliegende Gesetzentwurf wurde ja bereits für September 2015 angekündigt. Jetzt haben wir März und er liegt vor. Wir befassen uns bei diesem Entwurf zur Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes vor allen mit zwei Punkten, der Kollege Tobias Hans hat das ja gerade sehr ausführlich und umfänglich vorgestellt. Es geht zum einen um die Einführung von Bodycams, den kleinen Kameras am Körper von Polizistinnen und Polizisten, zum Zweiten geht es um die Einführung des Polizeilichen Ordnungsdienstes, umgangssprachlich auch Hilfspolizisten genannt. Da gibt es ja unterschiedliche Bezeichnungen.
Gleich vorab: Wir werden uns bei der Abstimmung in der Ersten Lesung enthalten. Das möchte ich kurz begründen. Die technischen Einzelheiten hat der Kollege Hans eben sehr ausführlich erläutert, das brauche ich nicht noch mal zu machen, das spart mir Zeit. Sie haben mir viel Arbeit abgenommen. Wir unterstützen den Einsatz von Bodycams aufgrund der nicht mehr wegzudiskutierenden Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten. Das ist ein präventiver Ansatz, den wir begrüßen. Wir wissen, dass durchschnittlich im Saarland pro Woche zwei bis drei Polizistinnen oder Polizisten verletzt werden. Meine Damen und Herren, ganz klar: Das kann nicht sein, das darf nicht sein, dem muss ein Riegel vorgeschoben werden!
Da müssten Sie von den Regierungsfraktionen eigentlich auch klatschen.
Bodycams sind sicherlich kein Allheilmittel, aber wenn sie nur bei besonderen Gefahrenlagen eingesetzt werden sollen, wenn mit ihrem Einsatz die Zahl der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten zurück
geht, sie also dem Schutz der Beamten dienen, ist dieser präventive Einsatz das richtige Mittel. Übrigens wurde das - Sie haben es gesagt - seit Langem auch von den verschiedenen Gewerkschaften und auch vom Bund der Kriminalbeamten gefordert. Ich grüße Sie, Herr Porzel und Herr Alles. Schön, dass Sie hier sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als im vergangenen Jahr die Diskussion um die Körperkameras aufkam, waren für uns noch viele Fragen offen, vor allem die Speicherdauer war ja noch nicht ganz klar. Im Gesetzentwurf ist nun klargestellt worden, dass die Bildaufzeichnungen nach zwei Wochen gelöscht werden sollen, wenn sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung erforderlich sind. Der Einführung von Bodycams können wir unter diesen Voraussetzungen zustimmen.
Nicht zustimmen können wir jedoch der geplanten Einführung eines Polizeilichen Ordnungsdienstes. Im Gesetzentwurf lesen wir, dieser solle der Unterstützung der Vollzugspolizei dienen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, richtiger wäre doch gewesen, ehrlich und klar zu sagen: Die saarländischen Polizistinnen und Polizisten kriechen angesichts eines Höchststandes an Überstunden und eines hohen Krankenstandes auf dem Zahnfleisch! Diese Hilfspolizisten sollen sie entlasten.
Meine Damen und Herren, die Zahl der nicht vergüteten Mehrarbeitsstunden im Jahr 2015 und der Krankenstand wurden in der letzten Woche aufgrund meiner Anfrage bekannt. Eine personelle Verstärkung angesichts von 276.601 Überstunden und 61.400 Krankentagen war dringend notwendig. Zwar wird dieser polizeiliche Ordnungsdienst, der nun in einem Dreimonats-Crash-Schnellkurs ausgebildet wird, die Spitze der Belastung abmildern, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Ordnungsdienst ersetzt doch keinen einzigen voll ausgebildeten Polizisten!
Gute Arbeit in der Polizei schafft man nur mit der notwendigen Anzahl von entsprechend qualifizierten und ausgebildeten Schutzpolizisten und Kriminalbeamten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, dafür bekommen wir auch Unterstützung aus den Beamtenkreisen selbst. Die Polizistinnen und Polizisten unterstützen uns bei diesem Ansinnen.
Da ändert auch die Neueinstellung von 30 Hilfspolizisten nichts. Das ist doch eine Beruhigungspille für die Bevölkerung! Ehrenwerte Arbeit, so wie Sie es eben gesagt haben, Herr Hans, muss doch auch mit vollwertigen Stellen anerkannt werden! Das Sicherheitsgefühl der Saarländerinnen und Saarländer hat
ja längst gelitten, was sich auch am Anstieg der Zahl der Anträge für den kleinen Waffenschein zeigt, auch an der Zahl von mehr oder minder aktiven sogenannten Bürgerwehren.
Es war ein großer Fehler von CDU und SPD, ausgerechnet bei der Sicherheit der Saarländerinnen und Saarländer sparen zu wollen. Nicht Schuldenbremse oder schwarze Null sollten im Mittelpunkt stehen, sondern die Interessen der saarländischen Bevölkerung. Der Stellenkahlschlag bei der Polizei war falsch, die Ergebnisse aus der Evaluierung der Gewerkschaft der Polizei sprechen auch eine deutliche Sprache.
Wir haben stets gefordert, dass an der ursprünglich geplanten jährlichen Neueinstellung von 100 Polizeianwärtern nicht gerüttelt wird. Die Zahlen wurden stattdessen auf 80 abgesenkt, um dann später wieder auf 90 erhöht zu werden. Jetzt endlich wurde der Fehler erkannt, nun soll im Herbst die Polizeistärke bei Polizei und Ordnungsdienst erhöht werden, darüber soll zumindest nachgedacht werden. Das ist ja schon mal was.
Wie wir jetzt gehört haben, gibt es auch Stimmen aus der SPD-Fraktion, die Zahl der Neueinstellungen bei der Polizei auf 100 jährlich zu erhöhen, vielleicht sogar auf über 100. Das sind Signale in die richtige Richtung, meine Damen und Herren! Das unterstützen wir. 30 Hilfskräfte des Polizeilichen Ordnungsdienstes sind dabei der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein, der die eigentlichen Probleme der Polizei ganz sicher nicht lösen kann.
Ich möchte an dieser Stelle noch einen Dank aussprechen für die Arbeit der Polizei angesichts dieses ungeheuer hohen Krankenstandes und der Überstundenzahl. Das ist unglaublich tolle Arbeit, die Sie leisten und die auch in der Bevölkerung gewürdigt wird, und natürlich auch von uns.
Wir werden in einer Anhörung zum Gesetz sicherlich noch wichtige Hinweise erhalten, auch in Bezug auf die Bodycam. Vielleicht gibt es hier und da einige Änderungen. Aus den eben von mir genannten Gründen werden wir uns heute enthalten. Wir denken, wir werden aus der Anhörung einige wichtige Erkenntnisse erhalten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE legt heute einen Gesetzentwurf vor, der sich mit dem parlamentarischen Untersuchungsrecht befasst. Wir möchten, dass der Landtag im Einvernehmen mit den Antragstellern von Untersuchungsausschüssen künftig einen Vorsitzenden oder eine Vorsitzende bestimmt, der oder die nicht dem Landtag des Saarlandes angehört und die Befähigung zum Richteramt haben muss. Der oder die Vorsitzende soll das Untersuchungsverfahren unparteiisch und gerecht leiten und kein Stimmrecht im Untersuchungsausschuss bekommen.
Meine Damen und Herren, Untersuchungsausschüsse gelten als schärfstes Schwert der Opposition, denn sie dienen der Aufklärung eines Sachverhaltes mittels besonderer Befugnisse. So darf das Gremium jederzeit Akteneinsicht verlangen und Zeugen vorladen. Es ist ihm sogar erlaubt, notfalls das Erscheinen von Zeugen zu erzwingen. Ein Parlament soll damit die Möglichkeit haben, unabhängig und selbstständig Sachverhalte zu untersuchen, die es als Volksvertretung für dringend aufklärungsbedürftig hält. Meist sind es Sachverhalte, Missstände oder Vorgänge, die in die Verantwortung der jeweiligen Regierung fallen.
Ich erinnere an dieser Stelle an verschiedene Untersuchungsausschüsse in diesem Landtag, beispielsweise zum Vierten Pavillon, aktuell zur Meeresfischzucht Völklingen oder aber an den Untersuchungsausschuss bei der Regierungsbildung 2009. Dabei kommt den Vorsitzenden die Aufgabe zu, das Untersuchungsverfahren möglichst neutral zu gestalten, zu leiten, zu koordinieren und die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten. Das ist kaum möglich, wenn die Vorsitzenden Mitglied einer Landtagsfraktion sind. Man kann auch sagen, sie sind strukturell befangen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Diskussion um Untersuchungsausschüsse ist übrigens alt. Das parlamentarische Untersuchungsrecht geht zurück bis ins Jahr 1850 und wurde erstmals in der preußischen Verfassungsurkunde erwähnt. Seitdem haben sich kontinuierlich immer wieder Staatsrechtler, Politiker oder Politikwissenschaftler darüber Gedanken gemacht, ob und, wenn ja, wie man parlamentsfremde Personen bei Untersuchungsausschüssen einbinden kann. Man war offensichtlich mit den vorherrschenden Verhältnissen unzufrieden. So wurden zum Beispiel im Jahr 1959 Überlegungen zu einer parlamentsfremden Besetzung des Ausschussvorsitzenden bekannt, wonach befürwortet wurde, dass die Besetzung des Vorsitzenden durch einen Richter allein oder zusammen mit zwei richterlichen Beisitzern, die alle nicht dem Parlament angehören durften, erfolgen solle. In der rechtspolitischen
Diskussion wurde diese Forderung damit begründet, dass ein neutraler Vorsitzender zu einer Objektivierung und Wertsteigerung parlamentarischer Untersuchungen beitragen würde.
Als im Jahr 2001 das Gesetz zu den Untersuchungsausschüssen im Bundestag in Kraft trat, waren parlamentsfremde Personen als Vorsitzende nicht vorgesehen. In der vorangegangenen Diskussion wurde jedoch immer wieder die Beteiligung parlamentsfremder Personen gefordert, beispielsweise vom SPD-Abgeordneten Prof. Dr. Friedrich Schäfer, der im Dezember 1976 als Vorsitzender der damals eingesetzten Enquetekommission „Verfassungsreform“ wollte, dass das Parlament ein mit Richtern besetztes Untersuchungsgremium einsetzt. Ich erinnere auch an den ehemaligen Staatssekretär im Bundesjustizministerium, an den CDU-Abgeordneten Prof. Dr. Klein. Er schlug 2001 vor, dass der Untersuchungsausschussvorsitz einer unabhängigen Persönlichkeit zu übertragen sei, die dem Parlament nicht angehört, aber von Mehrheit und Minderheit einvernehmlich zu bestimmen sei. Damit solle das Verfahren des Untersuchungsausschusses besonders während der öffentlichen Beweisaufnahme einen Verlauf nehmen, der dem Ernst des Auftrags entspräche.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Forderung nach einem parlamentsfremden Vorsitz wurde lange auch parteiübergreifend diskutiert, da das parlamentarische Untersuchungsrecht durch eine neutrale Leitung gestärkt werden sollte. Neutrale, parlamentsfremde Vorsitzende würden auch nichts daran ändern, dass die Untersuchung selbst in der Hand des Parlamentes verbleibt. Denn die oder der Vorsitzende hätte selbstverständlich kein Stimmrecht im Untersuchungsausschuss. Dies bedeutet auch, dass die Mehrheitsverhältnisse im Untersuchungsausschuss unverändert bleiben. Es bleibt wie bisher entsprechend der Stärke der Fraktionen besetzt. Aus diesem Grund sehen wir auch nicht die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich weiß, dass es dazu auch andere Auffassungen gibt, aber in der saarländischen Verfassung wird in Art. 77 Abs. 1 lediglich vorausgesetzt, dass die Zusammensetzung von Ausschüssen der Stärke der Fraktionen Rechnung tragen muss. Dies bleibt aber bei Einsetzung eines parlamentsfremden Vorsitzenden ohne Stimmrecht gewährleistet. Sollten Sie eine Verfassungsänderung dennoch für erforderlich halten, stehen wir dieser natürlich nicht im Wege. Wenn Sie unser Grundanliegen teilen, lassen Sie uns gemeinsam eine Verfassungsänderung auf den Weg bringen.
Meine Damen und Herren! Wir erhoffen uns, dass durch die angestrebte Änderung gravierende Mängel in der Leitung von Untersuchungsausschüssen, die in der Vergangenheit auftraten, in Zukunft ver
mieden werden können. Ich verweise zum Beispiel auf den so genannten Ostermann-Untersuchungsausschuss im Landtag. Im Abschlussbericht dieses Untersuchungsausschusses kritisierte die Opposition deutlich das Verhalten des damaligen Vorsitzenden einer Koalitionspartei. Die Opposition bestand damals übrigens aus SPD und uns, der LINKEN. In diesem Abschlussbericht steht unter anderem, dass die Voreingenommenheit des damaligen Vorsitzenden derart gravierend gewesen sei, dass noch nicht einmal mehr ein Mindestmaß an sachlicher Aufklärungsbereitschaft vorausgesetzt werden konnte. Vielleicht ist es auch so - das mag ja sein -, dass die SPD dies heute angesichts ihrer Regierungsbeteiligung etwas anders bewertet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen. Angesichts der hohen Bedeutung des parlamentarischen Untersuchungsrechts sollten wir dafür Sorge tragen, dass es effektiv gestaltet ist. Deshalb schlagen wir die Besetzung des Vorsitzes mit einer neutralen, parlamentsfremden Person vor. Diese wäre nach unserer Auffassung viel eher in der Lage, zwischen den unterschiedlichen Interessen von Koalitionsfraktionen, die die Regierung stützen, und der antragstellenden Minderheit der Oppositionsfraktionen zu vermitteln und zur vernünftigen, sachlichen Aufklärungsarbeit beizutragen. Ich bitte Sie daher, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich nach einer umfangreichen Anhörung zu diesem Gesetz die Abänderungsanträge der Koalition gelesen hatte, habe ich mich an die Stellungnahme eines Experten erinnert, den wir anhören wollten, Dr. Christoph Schallert, Fachanwalt für Strafrecht mit Schwerpunkt kriminologische Dimension des Jugendstrafrechts am Lehrstuhl für Kriminologie der Universität Mainz. Er hat allerdings die gewünschte Stellungnahme nicht abgegeben, er hat das aber auch begründet. Ich zitiere hierzu auszugsweise mit Erlaubnis des Präsidenten: „Ich war in den vergangenen Jahren mehrfach an solchen Anhörungen beteiligt in der vielleicht naiven Erwartung, aus fachlicher Sicht noch einen gewissen Einfluss nehmen zu können. In keinem Fall haben diese Veranstaltungen mit ganzen Herden von Experten irgendetwas an den vorliegenden Gesetzentwürfen geändert, insbesondere nicht an denen mit der zu erwartenden mehrheitlichen Zustimmung. Und für solche Showveranstaltungen, die gemacht werden müssen, weil es die entsprechenden Regelungen nun einmal so vorsehen, fehlen mir ganz ehrlich gesagt die Zeit und auch die Lust.“ Zitatende. Nach kurzer Durchsicht sei ihm deutlich geworden, dass der vorliegende saarländische Entwurf in vielen Teilen denen der anderen Bundesländer gleiche, zum Teil bis in die einzelnen Formulierungen und damit die Stärken, aber vor allem auch die Schwächen teile, die seit Jahren in der Fachwelt diskutiert würden. Die Argumente seien insoweit bekannt, würden aber wieder einmal ignoriert. - So weit ein Experte des Jugendstrafvollzugsrechts.
Willkommen in der Anstalt, könnte man hierzu sagen - und das meinen wir wörtlich. Die Koalition war noch nicht einmal in der Lage oder willens, wenigstens die von den Experten erbetenen minimalen terminologischen Änderungen in den Gesetzentwurf zu übernehmen. Die Kollegin Berg hat das ja mit dem Hinweis auf die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt erläutert.
Wir haben bei diesem Wort aber einen anderen Bezug. Das Wort Anstalt verweist nämlich auf finstere Zeiten von Irren- und Verwahranstalten, so heißt es in diesen Stellungnahmen. Sie haben es ja erwähnt.
Die Experten haben darauf auch Hinweise gegeben, Frau Kollegin Berg. Ich habe mir die Stellungnahmen noch einmal sehr genau durchgelesen. In der gesamten Fachwelt werde dieser Begriff schon lange nicht mehr verwendet - im Saarland schon. Teilweise wurden Verbesserungsvorschläge vonseiten der Regierungskoalition schlicht ignoriert. Stattdessen gab es minimale Änderungen. So sollte zum Beispiel gerade einmal der hervorgehobenen Bedeutung des Sports im Jugendarrest durch eine Änderung der Überschrift Rechnung getragen werden. Da fragt man sich wirklich, wozu eigentlich überhaupt noch Experten zu einer Anhörung eingeladen werden.
Meine Damen und Herren, die Wirksamkeit eines Warnschussarrestes wird von einigen pädagogischen Fachleuten so negativ eingeschätzt, dass man sich wundert, wie Professor Dr. Jung von der Universität des Saarlandes ausführte, dass Kennerinnen und Kenner der Szene überhaupt noch am Jugendarrest festhalten. Auch wenn im vorliegenden Gesetzentwurf der Erziehungsgedanke eine Rolle spielt, haben wir großen Zweifel daran, dass innerhalb von zwei Tagen bis maximal vier Wochen auf Jugendliche erzieherisch eingewirkt werden kann. Jugendkriminalität ist ein Symptom, dessen Ursache es zu bekämpfen gilt, denn es gibt viele gesellschaftliche Probleme, die beeinflussen, ob jemand schon in früher Jugend zum Kriminellen wird oder später oder eben nicht. Arbeitslosigkeit der Eltern, fehlende Hilfsangebote, Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher am Rande der Gesellschaft können in kriminellem Verhalten münden. Wir können doch nicht im Ernst daran glauben, dass in vier Wochen das nachgeholt werden kann, was vorher versäumt wurde!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Warnschussarrest, also den Schuss vor den Bug, erachten wir als kontraproduktiv. Die Vorstellung, Strafhärte könne abschrecken, ist falsch. Unter Fachleuten gilt es längst unumstritten und es ist eine Binsenweisheit, dass Prävention mehr bewirkt als Repression. Strafe ist zwar unverzichtbar, aber sie kann bereits mit jetzt geltendem Recht ausgesprochen werden. Wenn zwischen dem Zeitpunkt der Tat und der Bestrafung Monate oder gar ein Jahr ins Land geht - wegen des fehlenden Personals -, dann wird der beste Erziehungsgedanke ad absurdum geführt. Eine tatnahe Schockwirkung ist dann schon
längst verpufft. Es gibt bessere Sanktionen als den Warnschussarrest. Seien wir doch ehrlich: Arrest kann wie Haft, trotz der erhofften erzieherischen Resultate, mehr schaden. Denn genau dort treffen die Jugendlichen vielleicht auch auf kriminell Erfahrene mit all den negativen Auswirkungen. Und wenn Kollegin Berg von einem positiven Leidensdruck als einem heilsamen Schock spricht, in ihren Ausführungen aber gleichzeitig auf die hohen Rückfallquoten verweist, dann finde ich, ist es schon eine mutige Schlussfolgerung, wenn man nach einer Verbesserung des Jugendarrestes ruft. Wir brauchen keine Verbesserung des Jugendarrestes, sondern einen Ausbau der Bewährungshilfe. Wir brauchen viel mehr sozialpädagogisch und psychologisch geschultes Fachpersonal.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Änderungsanträgen der Oppositionsparteien stimmen wir zu, weil wir denken, dass hier noch einmal viele pädagogische Aspekte eingeflossen sind. Wir enthalten uns beim Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, den Gesetzentwurf in Gänze lehnen wir aber in der uns vorliegenden Fassung aus den vorgetragenen Gründen ab. - Danke.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle gerne etwas klarstellen! Nach den Ausführungen, die wir gerade gehört haben, wurde uns Klischeehaftigkeit vorgeworfen. Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich sagen, Herr Minister, ich weiß nicht, ob Sie die umfangreichen Stellungnahmen auch richtig gelesen haben, aber es sind genau die Vorschläge von den Experten aus der Anhörung, die wir hier vorgetragen haben. Die Kollegin Berg hat selber gesagt, es gibt durchaus auch Zweifel am Jugendarrest. Diese Zweifel haben wir erläutert. Ich denke, wir haben uns nicht nur mit diesen einzelnen Begriffen auseinandergesetzt, sondern wir haben uns auch fachlich damit auseinandergesetzt und das hier vorgetragen. Ich wollte einfach nochmal deutlich klarstellen, dass es sich nicht um Klischees oder andere Vorwürfe handelt. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Haushaltsdebatten in den vergangenen Jahren anschaut, kommt man zu dem Ergebnis, je stärker die Kürzungen im Haushaltsplan greifen, umso stärker wird die Schönrederei von CDU und SPD. Herr Conradt, nicht Karl der Käfer ist das Thema, sondern wir sprechen hier von des Kaisers neue Kleider.
Die heutige Haushaltsdebatte beschäftigt sich viel mit dem Thema Flüchtlinge. Sehr geehrter Herr Minister Bouillon, wie Sie wissen, hat unser Fraktionsvorsitzender Ihnen für Ihre Arbeit in diesem Bereich bereits zweimal Anerkennung ausgesprochen. Ich
möchte es an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung rufen.
Meine Damen und Herren, die Schuldenbremse zieht sich wie ein roter Faden durch diese Haushaltsdebatte. Die Politik der Bundesregierung wird von dieser Landesregierung leider verteidigt, denn die schwarze Null wird wie eine Monstranz vor sich her getragen. Dabei wird längst übersehen, dass die öffentliche Sicherheit im Land mehr und mehr zu wünschen übrig lässt. Diese Knebelbremse, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht ganz klar zulasten des Schutzes der Bevölkerung.
Wo sind wir denn gelandet, wenn in den Kommunen Bürgerwehren gegründet werden oder sogar private Sicherheitsdienste durch Einwohner bezahlt werden? Das ist doch ein klarer Beleg dafür, dass in der Bevölkerung ein mangelndes Sicherheitsgefühl vorherrscht. Das, meine sehr geehrte Damen und Herren, ist ein Beleg für die gescheiterte Polizeireform 2010, die meine Fraktion als einzige im Jahr 2011 abgelehnt hat, und das war richtig so.
Bereits am 30. November 2011 warnte unser ehemaliger Kollege Rolf Linsler - ich zitiere -: „Wir müssten eigentlich die Kriminalpolizei aufstocken, um mehr gegen Wirtschaftskriminalität, gegen Internetkriminalität, gegen Bandenkriminalität und Drogenhandel tun zu können. Da kommt eine weitere Kürzung zur Unzeit.“ Wie recht er hatte! Die damalige Begründung für die Polizeireform, nämlich die demografische Entwicklung im Saarland und ein in Verbindung damit angenommener Kriminalitätsrückgang, hat sich mittlerweile als obsolet erwiesen. Angesichts steigender Einbruchszahlen, angesichts eines steigenden Polizeibedarfs bei Großdemonstrationen oder auch bei Fußballspielen und angesichts eines wachsenden Unsicherheitsgefühls innerhalb der Bevölkerung sowie angesichts eines Rekordüberstundenberges bei den Polizisten werden im Land weiter reguläre Stellen abgebaut, andererseits soll diese Lücke mit einer Art Hilfssheriffs überbrückt werden. Wer dies zulässt, nimmt die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht ernst und auch nicht die der Polizisten. Wir sind der Meinung, dass fiskalische Überlegungen und Erwägungen nicht über die öffentliche Sicherheit gestellt werden dürfen. Dafür müsste eigentlich auch der Stabilitätsrat Verständnis haben, schließlich haben sich die Gegebenheiten geändert.
Wir sehen sehr wohl, dass die Landesregierung bei den Kommissaranwärtern nachjustiert und sich angestrengt hat - keine Frage. Statt 80 Neueinstellungen im Jahr sollen es nun 90 sein. Aber seien wir doch ehrlich: Das ist ein Pflaster auf die wunde Polizeiseele. Zusagen, die sogar im Koalitionsvertrag stehen, mussten aufgrund der Knebelbremse gebrochen werden. Die Polizei sollte verjüngt werden
Makulatur. 100 Neueinstellungen im Jahr - Makulatur. Die störrische Weigerung der Landesregierung, sich auf Bundesebene für eine gerechte Besteuerung von Millioneneinkommen und -vermögen sowie von Erbschaften einzusetzen, bedeutet einen Verzicht auf Mehreinnahmen. Eine weitere Bemerkung zu diesem Thema verkneife ich mir an dieser Stelle.