Protocol of the Session on February 15, 2017

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Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Einführung einer Berichtspflicht des Ministeriums für Inneres und Sport gegenüber dem Parlament (Drucksache 15/2093)

Zur Begründung erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Michael Hilberer das Wort.

Vielen lieben Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bleiben quasi beim Thema. Es geht darum, ob das Parlament beurteilen kann, was die exekutiven Organe im Bereich Überwachung tun. Uns geht es im Speziellen darum, uns den Bereich der Funkzellenabfrage, der sogenannten Stillen SMS und des IMSI-Catchers genauer anzuschauen. Das sind Überwachungsmaßnahmen, die unsere Polizei durchführen kann, die direkte Angriffe auf die Handys darstellen, auf die - wie man inzwischen sagen muss - kleinen mobilen Su

(Abg. Pauluhn (SPD) )

percomputer, die wir fast alle fast immer bei uns tragen.

Was machen wir, wenn wir diese Geräte bei uns tragen? Wir haben damit Ortungsgerät, Abhörwanze und Peilsender freiwillig jeden Tag in unserer Tasche. Das sind die technischen Möglichkeiten, die diese Geräte bieten. Da ist es nur natürlich, dass auch die Ermittlungsbehörden einen Drang verspüren, auf diese Daten zuzugreifen, weil es ihnen die Arbeit erleichtert beziehungsweise in manchen Bereichen die Arbeit auch erst möglich macht. Trotzdem stellt dies natürlich einen massiven Eingriff in den persönlichsten Lebensbereich dar, wenn der Staat durch diese Geräte auf die Kommunikationsdaten Zugriff erlangt.

Ich führe an dieser Stelle gerne - und werde das auch heute wieder tun - das analoge Pendant auf. Was wir uns digital herausnehmen, wie nahe wir dem Bürger auf die Pelle rücken, wäre im analogen Bereich völlig undenkbar. Stellen Sie sich vor, jeder von uns müsste ein kleines Büchlein mit sich führen, wo er einträgt, um wie viel Uhr er genau wo ist, und er würde sich überall, wo er vorbeigeht, einen Stempel abholen „Ja, da war ich“. Undenkbar, dass einer von uns ein solches Buch überhaupt führen würde, undenkbar, dass sich der Staat erdreisten würde, auf dieses Buch zuzugreifen. Beim Handy sieht es ganz anders aus. Diese Daten sind nun mal da. Es gibt Begehrlichkeiten, auf sie zuzugreifen. Entsprechend wird es auch gemacht und oft zu wenig hinterfragt.

Deshalb ist es umso wichtiger, hier ein ganz wichtiges verfassungsrechtliches Prinzip zur Geltung zu bringen, nämlich die Verhältnismäßigkeit und die Zweckmäßigkeit dieser Instrumente. Ist es angemessen, dass die Ermittlungsbehörden IMSI-Catcher, Stille SMS und Funkzellenabfrage einsetzen auch in dem Umfang, in dem sie dies tun -, und führt es überhaupt zum gewünschten Erfolg? Sprich, hätte im Endeffekt die Ermittlung vielleicht auch problemlos stattfinden können, ohne dass dieses Instrument benutzt wird? Das sind die Fragen, die für uns als Gesetzgeber unglaublich wichtig sind.

Dabei geht es nicht nur darum, den Rahmen festzulegen, in dem das erfolgen darf; es ist ja im Gesetz schon so geschrieben und wir möchten das mit dieser Gesetzesänderung auch überhaupt nicht ändern. Es geht uns vielmehr um den Punkt parlamentarische Kontrolle, denn wir haben als Parlament natürlich die Aufgabe, die Exekutive zu kontrollieren, gerade auch bei solch extremen Eingriffen in den persönlichsten Lebensbereich.

Wie aber kann das Parlament die Regierung kontrollieren, wenn die statistischen Daten über den Einsatz und den Umfang des Einsatzes für genau diese Mittel fehlen? Wenn vor allem überhaupt keine Da

ten über die Wirksamkeit erhoben werden? Das heißt, ich kann anhand der Daten nicht nachvollziehen, ob die Funkzellenabfrage im weiteren Verfahren, im Gerichtsprozess tatsächlich eine Rolle gespielt hat, ob es ein wichtiger Beweis war oder nur ein Indiz, was man vielleicht gar nicht gebraucht hätte. Alle diese Daten liegen im Moment nicht vor.

Wenn das Parlament sich dann auf Aussagen einer Regierung verlassen muss, die aufgrund von Einzelfällen argumentiert, ist das unbefriedigend. Auch wenn der Innenminister eben argumentiert hat, die Polizisten, die Menschen, die das jeden Tag machen, verlangen aus ihrer Erfahrung heraus eine längere Frist, dann, finde ich, ist das ein sehr schwaches Argument. Es ist ja verständlich. Natürlich, wenn es die Arbeit erleichtert, wollen die das haben. Aber das kann für uns ja nicht das Maß aller Dinge sein, denn wir müssen die Rechte und Freiheiten aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Land beachten und nicht nur die Arbeitserleichterung für die Ermittlungsbehörden.

Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber bei uns kommt jedes Jahr der Bauernverband vorbei und der hätte es natürlich sehr gerne, dass das Saarland für jeden Hektar, der bestellt wird, über die bereits gezahlten Subventionen hinaus zusätzlich Geld bezahlt. Das sind die Praktiker, die wissen, wie das in der Landwirtschaft läuft, und die verlangen das. Trotzdem stellen wir uns nicht hierhin und sagen: Okay, das kriegen sie natürlich. Die müssen ja wissen, ob das wichtig ist oder nicht. - Ich denke, man muss das auch vor dem Hintergrund sehen, dass man vielleicht nicht immer die richtige Zielgruppe befragt, wenn es darum geht, gesamtgesellschaftliche Gleichgewichte zu beurteilen.

(Beifall bei den PIRATEN.)

Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir unsere Arbeit tun. Dafür brauchen wir als Parlamentarier aber auch die Mittel. Wir möchten deshalb eine Berichtspflicht an das Parlament im Gesetz verankern. Es ist eine Kleinigkeit, aber unserer Meinung nach eine absolute Notwendigkeit. Sie geht auch über das hinaus, was Sie als Abgeordnete im Moment beispielsweise über eine kleine Anfrage erreichen können. Ich habe es vorhin schon kurz ausgeführt. Sie können über eine Anfrage nicht herausbekommen, wie es um die Wirksamkeit dieser Mittel bestellt ist, weil diese Daten nicht erhoben werden. In Zukunft soll das passieren. Allzu schwierig ist es nicht, man muss nur einen durchgängigen Datensatz machen.

Dass bisher Überwachungsinstrumente ohne eine explizite Berichtspflicht überhaupt ins Gesetz geschrieben werden, ist ein unerhörtes Versäumnis. Darüber müsste man sich eigentlich den ganzen Tag aufregen und fragen: Warum machen die Parlamente das überhaupt, warum schreiben sie das hier

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

rein, ohne eine Berichtspflicht vorzusehen? Wie kann ich es den Bürgerinnen und Bürgern zumuten, eine solche Überwachung zu installieren, ohne dass es einen öffentlichen Bericht darüber gibt, in welchem Ausmaß dies geschieht?

Zum Glück ist dies zwar ein schlimmes, ein unerhörtes Versäumnis, aber ein Versäumnis, das wir heute hier bereinigen können, indem Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Es sind keine Gemeinheiten drin oder kleine Fallstricke dergestalt, dass wir irgendeines Ihrer geliebten Überwachungsinstrumente abschaffen wollten. Es geht tatsächlich nur darum, dass dieses Parlament in Zukunft einen ordentlichen Bericht darüber bekommt, was in diesem Land eigentlich passiert. Ich glaube, es sollte in unser aller Interesse liegen, dass es gerade in diesen sensiblen Bereichen eine sehr gute statistische Datengrundlage zur Beurteilung dieser Instrumente gibt.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb bitte ich Sie nochmals: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu. Lassen Sie uns diese Gesetzgebung noch machen. Das schaffen wir bis zur nächsten Plenarsitzung noch problemlos. Wir können uns an das Saarländische Polizeigesetz dranhängen. Ich bin da absolut optimistisch, dass diese tollen Abgeordneten in diesem Parlament das hinkriegen. Es muss uns darum gehen, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Und da geht es nicht nur darum, Leib und Leben zu schützen, wie wir das vorhin diskutiert haben. Es geht auch darum, die Freiheiten und Grundrechte zu schützen, denn ohne die ist dieser Staat leider überhaupt nichts wert. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Christian Gläser von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Drucksache 15/2093, Gesetz zur Einführung einer Berichtspflicht des Ministeriums für Inneres und Sport gegenüber dem Parlament, will die PIRATEN-Landtagsfraktion, wie sie sagt, die für die Ausübung der parlamentarischen Kontrolle notwendigen Informationen erhalten. Durch die von Ihnen vorgelegte Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes soll eine effektive Kontrolle anhand genauerer Informationen erst ermöglicht werden.

Dabei gibt es bereits eine Berichtspflicht der Landesregierung. Diese findet in den Ausschüssen statt. Im Ausschuss für Fragen des Verfassungsschutzes, im Ausschuss für Inneres und Sport werden solche Berichte in unregelmäßigen Abständen erstattet.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) : Herr Kollege, es geht hier nicht um die Berichte in den Ausschüssen!)

Zuletzt geschehen am 17. November 2017 im Innenausschuss unter TOP 5: Bericht der Landesregierung über die Durchführung von Funkzellenabfragen durch die saarländische Polizei und den Verfassungsschutz. Ein Antrag der PIRATEN-Landtagsfraktion.

(Zuruf.)

Dort wurde uns darüber berichtet, dass in 2016 insgesamt 365 richterliche Anordnungen zur Erhebung von Daten umgesetzt worden sind, davon nur eine nach dem Saarländischen Polizeigesetz, nach § 28b Saarländisches Polizeigesetz. - Das steht da übrigens falsch, auch im Protokoll, es ist nicht 28c, sondern 28b. - Davon hatten 154 die Erhebung von Funkzellendaten zum Inhalt. Der Verfassungsschutz hat überhaupt keine Funkzellenabfragen durchgeführt.

Am 18.12.2014 hatte der Abgeordnete Hilberer eine Anfrage zu Funkzellenabfragen im Saarland gestellt, Drucksache 15/1197. Auch die wurde umfangreich beantwortet. Zuvor, am 26.09.2014, hatte der Abgeordnete Ulrich in der Drucksache 15/1072 eine Anfrage zur Nutzung stiller SMS durch saarländische Behörden gestellt.

Sie sehen, es gibt also bereits eine Berichtspflicht gegenüber dem Parlament in seiner Gesamtheit und auch, wie die öffentlich einsehbaren Anfragen zeigen, der Öffentlichkeit gegenüber. Es gibt also keine geheimen, intransparenten Zahlen und Fakten. Wer anderes suggeriert, bemüht ein Stück weit neuamerikanisch gesagt „alternative Fakten“.

Vollmundig erklären Sie in Ihrer Presseerklärung, es werde höchste Zeit, die Überwachungsgesetze an Fakten auszurichten, ganz so, als gäbe es bei uns eine permanente unkontrollierte Überwachung aller überall. Meine Damen und Herren von den PIRATEN, zunächst muss man die Gesetzentwürfe, die man einbringt, an den rechtssystematischen Grundsätzen ausrichten und nicht nur an Fakten! Da haben Sie völlig versagt.

(Zuruf des Abgeordneten Hilberer (PIRATEN). Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE): Fakten werden völlig überschätzt!)

Herr Ulrich, hören Sie doch einmal zu. Sie sind gerade erst gekommen und schon plärren Sie dazwischen. Ich finde das unmöglich. - Im Saarländischen Polizeigesetz regelt der Landesgesetzgeber Gefahrenabwehrrecht. Das ist präventives polizeiliches Handeln. In der StPO hingegen regelt der Bundesgesetzgeber Strafverfolgungsrecht. Das ist repressives polizeiliches Handeln. Das Grundgesetz sieht vor, dass die Gesetzgebungskompetenz für die Strafverfolgung beim Bund liegt. Die Aufgabenwahr

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

nehmung bei der Gefahrenabwehr obliegt dem Land und wird vom Landtag im Saarländischen Polizeigesetz geregelt. Die Strafprozessordnung, also das repressive Handeln und das Saarländische Polizeigesetz, also präventives Handeln, müssen systematisch strikt auseinandergehalten werden, auch wenn die saarländische Vollzugspolizei im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung sowohl präventiv als auch repressiv tätig wird.

Und was machen Sie? Sie wollen im Saarländischen Polizeigesetz, also im Gefahrenabwehrrecht, eine Berichtspflicht sowohl für repressive strafprozessuale und gefahrenabwehrrechtliche Funkzellenabfragen, für die Einsätze von IMSI-Catchern und die Versendung sogenannter Stiller SMS verankern. Das ist - man kann es nicht anders sagen - grober Unfug. Da fehlen leider elementare Kenntnisse des polizeilichen Handelns.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Auch hat der Bundesgesetzgeber mit den in der StPO festgelegten Berichtspflichten zur Telekommunikationsüberwachung die Materie abschließend geregelt. Für eine entsprechende oder gar weiter gehende Regelung im Saarländischen Polizeigesetz ist insofern überhaupt kein Raum. Wir sind schlichtweg dafür nicht zuständig. Auch die Funkzellenabfrage ist nach dem Saarländischen Polizeigesetz rechtlich überhaupt nicht möglich. Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür. Das ist Ihnen gar nicht aufgefallen. Der Einsatz von IMSI-Catchern und die Versendung Stiller SMS finden ihren Grund hingegen in § 28b Saarländisches Polizeigesetz. Meine Damen und Herren, eine Berichtspflicht für etwas, was sich wie die Funkzellenabfrage im Saarländischen Polizeigesetz gar nicht findet und insofern gar nicht möglich ist, das ist etwas, was sich für mich und für die CDU-Landtagsfraktion, für die ich hier spreche, schlicht erübrigt.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Auf weitere inhaltliche Ausführungen zu Ihrem Gesetzentwurf möchte ich verzichten. Es gibt offensichtliche weitere handwerkliche Mängel. So soll die parlamentarische Kontrolle gleichzeitig einmal als Vierter Abschnitt und einmal als Fünfter Abschnitt eingefügt werden. Aber lassen Sie mich einige grundsätzliche Anmerkungen machen, die sind mir wichtiger.

Eines möchte ich vorwegschicken: Ich kann Ihrem Gesetzentwurf dem Grunde nach sogar etwas abgewinnen. Das mag Sie erstaunen. - Sie lachen, aber hören Sie mir bitte einmal zu. So ist die Funkzellenabfrage eine der Strafverfolgung dienende Ermittlungsmaßnahme, mit welcher verdeckt die Verkehrsdaten, also die Umstände der Telekommunikation und nicht die Inhalte - aller Mobilfunkteilnehmer erhoben werden können, die sich in einem bestimmten Zeitraum in einer näher bezeichneten Funkzelle in

einem Bereich mit einer Größe zwischen 100 Metern und einigen Kilometern innerhalb des Mobilfunknetzes aufhalten oder aufgehalten haben. Ziel ist es, hierbei zu bestimmen, welche Handynummern sich zu diesem Zeitpunkt in einem zu der Funkzelle gehörenden und nach Straßen, Plätzen oder Straßenzügen definierten Gebiet eingeloggt haben. So soll die Identität eines noch unbekannten, einer erheblichen Straftat Tatverdächtigen geklärt werden und mutmaßliche Straftaten aufgeklärt werden.

Die Gefahr beim Besuch einer Demonstration oder einer anderen öffentlichen Veranstaltung selbst zu einem Betroffenen zu werden, steigt also - Herr Neyses hat das Beispiel eben genannt. Natürlich steht die Funkzellenabfrage unter einem Richtervorbehalt, kann bei Gefahr im Verzug im Rahmen der Eilkompetenz jedoch auch durch die Staatsanwaltschaft selbst angeordnet werden. Im Gegensatz zu einer Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO richtet sich die Funkzellenabfrage nicht nur gegen einzelne bestimmte Tatverdächtige, sondern unterschiedslos gegen alle in der Funkzelle anwesenden Mobilfunkgerätebesitzer, die Telekommunikationsdienstleistungen in Anspruch nehmen. Die Funkzellenabfrage ist also nicht individualisiert, sondern es werden sämtliche Verkehrsdaten erfasst, die in bestimmten Funkzellen zu einer bestimmten Zeit angefallen sind. Dies stellt einen einschneidenden, verdeckten Eingriff in diverse Grundrechte, vor allem aber in das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 Abs. 1 GG, dar. Die Eingriffsintensität ist sehr hoch, denn es handelt sich um eine verdeckte Maßnahme, was generell schwerer wirkt als offene Maßnahmen, da sich die Betroffenen dagegen nicht unmittelbar, sondern allenfalls rückwirkend wehren können. Die Anzahl der Betroffenen ist sehr hoch und die Funkzellenabfrage betrifft zu einem überwiegenden Teil unverdächtige und unbeteiligte Mobilfunkteilnehmer. Diese haben in der Regel keinen Anlass zu einem Tatverdacht gesetzt, riskieren aber dennoch, Gegenstand weiterer Ermittlungsmaßnahmen zu werden. Demgegenüber steht das Strafverfolgungsinteresse des Staates. Dieses ist bei der Verfolgung von erheblichen Straftaten zweifelsohne sehr hoch.

Ich fasse zusammen: Die Funkzellenabfrage ist ein intensiver Eingriff in eine Vielzahl von Grundrechten, welcher nur unter besonderer Berücksichtigung des Gebots der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann. In ihrem Umfang ist die Funkzellenabfrage sehr weitreichend, weil sie fast zwangsläufig immer unbeteiligte Dritte betrifft. Die verfassungsmäßige Ordnung lebt gerade davon, dass die Bürger sich ohne Angst vor staatlicher Überwachung dazu entschließen, ihre Grundrechte auszuüben.

Das ist ein wichtiges Wesensmerkmal unserer offenen Gesellschaft. Deshalb müssen Funkzellenabfra

(Abg. Gläser (CDU) )

gen hinreichende Grenzen gesetzt werden und insbesondere muss dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zur Geltung verholfen werden. Es geht also bei der Funkzellenabfrage, aber auch bei dem Einsatz von IMSI-Catchern und auch beim Versenden von Stillen SMS wieder um zwei große Werte unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung: Es geht um Freiheit und um Sicherheit. Dort, wo es um den Wert der Freiheit geht, haben wir es mit dem Recht der Bürgerinnen und Bürger auf eine unkontrollierte freie Telekommunikation zu tun. Auf der anderen Seite, dort wo es um den Wert der Sicherheit geht, geht es um den Anspruch der Menschen auf eine effektive Strafverfolgung, um eine rasche Aufklärung und Ahndung von Verbrechen und darum, dass wir präventiv einen effizienten Beitrag dazu leisten, dass weitere Verbrechen erst gar nicht geschehen.

Das hatten wir schon einmal bei der Vorratsdatenspeicherung. In Artikel 6 der Europäischen Grundrechtscharta heißt es in einem Satz kurz und prägnant: Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. - Es geht wie bei der Videoüberwachung um die schwierige Balance zwischen Freiheit einerseits und Sicherheit andererseits, gerade in dem schwierigen Feld der modernen und digitalen Welt. Diese Balance muss bewahrt werden und dazu brauchen wir klare Regelungen. Das heißt aber nicht, dass wir von vornherein auf solche Maßnahmen verzichten müssen. Deshalb wollen wir zum Beispiel auch mehr Videoüberwachung.