Protocol of the Session on March 15, 2017

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Es ist doch eigentlich ganz einfach: Wenn ich zum Bahnhof gehe, will ich in den Zug einsteigen und wegfahren, sonst nichts. Deswegen macht es mir auch nichts aus, wenn ich dabei gefilmt werde, im Gegenteil, ich bin froh, dass man, falls etwas passieren sollte, aufgrund der Aufnahmen schneller ermitteln kann und unter Umständen dadurch weitere Straftaten verhindern kann.

(Beifall von der CDU.)

Diesen ideologisch bedingten Zwiespalt, dass bei Zivilpersonen die Überwachung akzeptiert wird und bei der Überwachung durch die zuverlässige Polizei die Freiheit verloren gehen soll, konnte mir bisher noch keiner erklären, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU.)

Auch das ganze Theater um die Sicherheitspartnerschaft der Stadt Saarbrücken mit dem Land kann ich in der Sache nicht nachvollziehen. Es hat ja offensichtlich heute oder gestern Abend Gespräche gegeben und die Sache ist auf einem guten Weg. Vielleicht kann der Minister nachher Auskunft darüber geben, wie es weitergeht mit Videoüberwachung überhaupt, was das Sicherheitspaket angeht und alles Mögliche, was die Polizei betrifft. Ich hoffe nur, es kommt.

Ich möchte noch einmal klarstellen, worum es eigentlich geht.

(Abg. Waluga (SPD) : Um Observation!)

Es geht darum, einen gefährlichen Ort wie den Vorplatz der Johanneskirche oder des Bahnhofs zu überwachen und die Straftaten, die dort ständig geschehen, entweder zu verhindern oder schneller aufklären zu können. Am Bahnhof waren 260 Einsätze notwendig und an der Johanneskirche bis Septem

(Abg. Becker (CDU) )

ber 2016 125 Einsätze. Wenn das kein Grund ist zu überwachen, dann weiß ich es auch nicht mehr.

(Beifall von der CDU.)

Auch die Kritik des Datenschutzes ist zu diesem Zeitpunkt ebenfalls unbegründet - ich habe mit der Datenschützerin diese Woche noch gesprochen -, weil beim derzeitigen Verfahrensstand und der geltenden Rechtslage noch kein Einschalten des Datenschutzes erforderlich war. Ich muss doch erst wissen, welche und wie viele Geräte ich wo platziere, damit ich dem Datenschutz auch eine Beurteilungsgrundlage geben kann.

Festhalten möchte ich jedoch noch einmal ganz deutlich: Für die Sicherheit der Menschen in unserem Land ist in erster Linie die Polizei zuständig. Unsere Sicherheit sehe ich dort in guten Händen. Deshalb erhält die Polizei von uns mit dieser Gesetzesänderung einen Vertrauensvorschuss. Mit allen anderen von mir angesprochenen ungelösten Problemen sollen sich die Verantwortlichen nach der Landtagswahl beschäftigen. Wir werden das heute und vor der Wahl wohl nicht mehr regeln können.

Herr Präsident, gestatten Sie mir noch ein paar persönliche Worte. Das ist heute hier mein letzter Redebeitrag im Rahmen meiner Zugehörigkeit zum Landtag. Ich war vier Wahlperioden Mitglied dieses Landtages, bin im 18. Jahr hier Mitglied. Ich habe viel ausgeteilt, das weiß ich, habe auch viel einstecken dürfen, auch das ist bekannt. Vieles von dem, wofür ich geprügelt wurde, steht heute in Gesetzen und Verordnungen.

(Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsfraktio- nen.)

Barbara Spaniol, du lachst. Ich vergesse dir bis an mein Lebensende nicht den Satz: „Rechts von Herrn Becker steht nur eine Wand.“ Alles, wofür ich damals geprügelt wurde, ist heute Allgemeingut. Es hat allerdings der Ereignisse der Silvesternacht in Köln bedurft, dass man gewisse Dinge sagen durfte, ohne in die rechte Ecke gestellt zu werden. Ich war hier immer ein Überzeugungstäter und habe immer gesagt, Deutschland ist ein weltoffenes Land und jeder ist willkommen, der sich an unsere Rechtsordnung hält. Dazu stehe ich auch.

Ich fühle mich aber nicht nur den Zuwanderern verpflichtet, sondern vor allen Dingen den Menschen, die hier wohnen, die morgens aufstehen, arbeiten gehen und Steuern bezahlen. Und wir sind verpflichtet, diese Steuern sinnvoll anzuwenden. Denen fühle ich mich vor allen Dingen verpflichtet. Wenn das rechts ist, dann bin ich eben rechts.

Ich will Ihnen allen an dieser Stelle alles, alles Gute wünschen, über alle Parteigrenzen hinweg. Denen, die mit mir ausscheiden, wünsche ich all das, was ich mir für mich selbst wünsche. Ich sehe gerade

Günter Waluga. Wir haben im Jahr 1970 zusammen mit der Verwaltungslehre angefangen - vor 47 Jahren oder vor 35 Kilo, wenn ich uns anschaue.

(Große Heiterkeit.)

All denen, die dem Landtag nicht mehr angehören, die sich beruflich verändern, wünsche ich ebenfalls viel Erfolg in ihrer neuen Tätigkeit. Hier denke ich vor allen Dingen an Thomas Schmitt, der neuer Kulturdezernent in der Stadt Trier wird. Bring den Trierern ruhig mal Kultur bei!

(Heiterkeit.)

Oskar Lafontaine ist jetzt nicht da. Ich habe gehört, er und seine Sahra freuen sich über das Geschenk aus China, das du in Trier aufstellen darfst. Pass auf, übertreib es nicht mit der Büste!

(Heiterkeit.)

Allen anderen, die dem neuen Landtag wieder angehören, sage ich: Passt gut auf diesen wunderschönen Fleck, auf dieses wunderschöne Saarland, auf meine geliebte Heimat auf! - Ich bedanke mich. Ich habe fertig. Tschüss.

(Anhaltender Beifall bei den Regierungsfraktio- nen und von der Regierungsbank, Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Eine Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen. Das mit der Gewichtsangabe war, glaube ich, untertrieben.

(Heiterkeit.)

Ich darf jetzt Frau Abgeordneter Birgit Huonker das Wort erteilen für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Günter Becker, du bist dir natürlich auch in deiner letzten Rede treu geblieben.

(Beifall des Abgeordneten Hans (CDU).)

Natürlich kam wieder ein typischer Becker, klar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Verfassung basiert auf dem besten und gesündesten Menschenverstand, den es seit 68 Jahren in der Bundesrepublik gibt. Und ich bin stolz, in einem Land zu leben, das über solch eine Verfassung verfügt.

(Abg. Becker (CDU) : Ich auch!)

Gut. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befassen uns bei der vorliegenden Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes mit der Frage, ob eine längerfristige Observierung einer verdächtigen Person von nun drei Monaten auf sechs Monate verdoppelt werden kann. Es geht um eine Maßnahme, wenn sie zur vorbeugenden Bekämpfung eines Verbrechens

(Abg. Becker (CDU) )

erforderlich ist. Wir beschäftigen uns also mit der längerfristigen Observation von Personen, von denen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder ihres individuellen Verhaltens davon auszugehen ist, dass sie eine Straftat in einem überschaubaren Zeitraum begehen werden. Voraussetzung für diese Observation ist aber nach wie vor eine hohe Hürde, nämlich der sogenannte Richtervorbehalt. Das heißt, ein Richter muss über diesen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entscheiden.

Dieses Grundrecht bedeutet in Deutschland, dass jede einzelne Person das Recht hat, selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen. Einschränkungen dieses Grundrechts sind im überwiegenden Allgemeininteresse möglich, benötigen allerdings eine gesetzliche Grundlage, mit der wir uns gerade befassen. Eine erste richterliche Anordnung kann also dazu führen, dass eine Observation für sechs Monate gestattet werden kann, jede Folgeanordnung kann auch noch mal bis zu sechs Monaten dauern.

In der Anhörung im Ausschuss wurden verschiedene Bedenken zum vorliegenden Gesetzentwurf geäußert, das ist richtig. So verwies zum Beispiel das Datenschutzzentrum des Saarlandes darauf, dass eine bestimmte tatsachengestützte Prognose vorhanden sein müsse, um eine Überwachung zu rechtfertigen, und dass die Verlängerung der Observationszeit weder erforderlich noch geeignet sei, um das verfolgte Ziel zu erreichen. Ferner sei es der Polizei zumutbar, sich nach drei Monaten eine weitere Verlängerung vom Gericht genehmigen zu lassen.

Dem widersprechen die Stellungnahmen aus der Praxis. So stellt der Bund der Kriminalbeamten fest, dass eine Verlängerung der Befristung um drei Monate aus kriminalistischer Sicht erforderlich sei, da sich Personen aus dem extremistischen oder terroristischen Spektrum zum Teil über längere Zeit gesetzeskonform verhalten, also sogenannte Schläfer sind, um auch die Sicherheitsbehörden von sich abzulenken. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft weist darauf hin, dass die bisherige Frist von drei Monaten in der Praxis oftmals zum Problem werde, denn eine observierte Person würde sich vorübergehend unauffällig verhalten und somit den Anschein erwecken, es ginge keine Gefährdung mehr von ihr aus. Auch wies die Deutsche Polizeigewerkschaft noch darauf hin, dass eine erneute richterliche Verlängerung von Überwachungsmaßnahmen oftmals lange dauert, und dies würde die polizeiliche Arbeit behindern beziehungsweise hemmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist es wichtig, mögliche Gefährder terroristischer Vereinigungen schnell, effektiv und intensiv zu überwachen. Daher werden wir den vorliegenden Änderungen des Saarländischen Polizeigesetzes zustimmen. Ja, sicherlich ist der Gesetzentwurf verbesse

rungsfähig. Allerdings sind Änderungen in der derzeitigen Zusammensetzung dieses Parlamentes leider noch nicht durchsetzungsfähig. Aber ich denke, es ist wichtig, dass wir der Polizei die Arbeit in der derzeitigen Sicherheitslage erleichtern. Und nach unserer Auffassung ist die Sicherheit der saarländischen Bevölkerung bestmöglich zu garantieren.

Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass längerfristige Observationsmaßnahmen natürlich Personal binden, welches dann für andere Aufgaben nicht zur Verfügung steht. Wir werden daher nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass für uns ein weiterer Abbau von Stellen bei den saarländischen Polizeibeamten auch aufgrund der geänderten Sicherheitslage schlichtweg unverantwortlich ist. Was nützt ein Polizeigesetz, wenn bestimmte Aufgaben aufgrund von Personalmangel nicht mit der entsprechenden Zügigkeit erledigt werden können?

Das betrifft auch den Sachverhalt, dass meine acht Fragen an die Landesregierung vom 10.01. dieses Jahres bezüglich Überstunden und Krankenstand bei der saarländischen Polizei bis zum heutigen Tage nicht beantwortet wurden. Dann muss es erlaubt sein zu fragen: Liegt es hier schon am mangelnden Personal für die Beantwortung parlamentarischer Fragen oder sind es deutliche Ermüdungserscheinungen der Landesregierung oder ist es mittlerweile Desinteresse an der Regierungsarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren? Auf eine Antwort bin ich sehr gespannt.

Dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir aber aus den bereits erwähnten Gründen zustimmen. Danke schön.

(Beifall von der LINKEN.)

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Wie Sie wissen, mache ich Dinge gerne einmal anders, als es die meisten tun. Ich bin nämlich der Überzeugung, wenn man nur mit dem Strom schwimmt, findet man am Ende einen Haufen toter Fische. Deshalb möchte ich meine Rede mit einer etwas längeren Einleitung beginnen, anstatt sie mit einem etwas längeren Ende zu beenden. Aber keine Sorge, ich komme zum Thema.

Das ist heute meine letzte Plenarsitzung in diesem Haus. Die letzten fünf Jahre hier waren eine herausfordernde Zeit und das nicht nur für dieses Land. Wir hatten ja viel Stoff, viel Grund und viel Zeit, darüber zu diskutieren. Auch für uns PIRATEN-Fraktion sind fünf Jahre, wenn sie sich dem Ende zuneigen, doch eine verdammt kurze Zeit, trotz unseres Turbostar

(Abg. Huonker (DIE LINKE) )

tes und trotz der fantastischen Arbeit unserer Mitarbeiter, meiner Kollegin und meines Kollegen, sich so schnell wie möglich in den Betrieb einzuarbeiten. Dafür möchte ich herzlich Danke sagen sowohl in eure Richtung als auch in Richtung unserer Mitarbeiter. Danke auch an alle im Saarland, die uns geholfen haben. Ich nenne jetzt keine Namen, weil ich keinem schaden möchte. Es gab zahlreiche Menschen, die uns diesen schwierigen Weg etwas erleichtert haben. Vielen Dank an dieser Stelle!