Günter Becker
Appearances
15/4
15/5
15/6
15/7
15/9
15/10
15/11
15/14
15/18
15/22
15/25
15/28
15/30
15/31
15/35
15/36
15/37
15/47
15/49
15/58
Last Statements
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die informelle Selbstbestimmung ist ein hohes Gut und im Grundgesetz festgeschrieben. Dieses Grundrecht darf nur unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Dieses Grundrecht steht zwangsläufig auch in einem Spannungsverhältnis zu dem für mich persönlich viel wichtigeren Recht, nämlich auf ein sicheres Leben in unserem Land. Die Sicherheit der Menschen in unserem Land muss für alle verantwortlichen Organe an oberster Stelle stehen, wenn Datenschutz zu Verbrecherschutz wird, läuft das in die falsche Richtung, meine Damen und Herren.
Die heutige Änderung des § 28 Abs. 3 des Saarländischen Polizeigesetzes, wonach die Anordnung der Observationen von bisher höchstens drei Monate auf sechs Monate möglich ist, dient der Verbesserung der Sicherheit der Menschen in unserem Land. Dies alles geschieht nicht willkürlich, sondern nach richterlicher Anordnung. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es, dass durch die Verlängerung den Erfordernissen der Polizeipraxis Rechnung getragen werden soll. Dabei, meine Damen und Herren, ist es egal, ob die Notwendigkeit der Verlängerung drei, zehn oder 100 Mal im Jahr besteht, die Polizei muss handlungsfähig sein.
Zum vorliegenden Gesetzentwurf wurde eine Anhörung durchgeführt, die grundsätzlich nichts Neues gebracht hat; die Positionen eines Teils der Opposition und der Regierungsfraktionen sind auch danach gleich geblieben. Am ausführlichsten und für mich der Problematik am angemessensten ist die Stellungnahme des Landeskriminalamtes RheinlandPfalz. Diese Stellungnahme habe ich auch als wesentliche Grundlage meines Redebeitrages heute herangezogen.
Ein Satz von Osama bin Laden lautet: „Der Westen hat die Uhr erfunden, und wir haben die Zeit.“ - Dieser Satz erfasst genau die Interessen der Terroristen. Die Priorität liegt nicht in schnelllebigen Aktionen, sondern in langanhaltenden Gefahrenmomenten, die Einfluss auf unser westliches Leben nehmen. Punktuelle, kurzfristige Maßnahmen sind da
her in der Bekämpfung der terroristischen Bedrohung nicht zielführend. Im Kampf gegen den Terrorismus ist vielmehr ein langer Atem gefragt. Unsere Sicherheitsbehörden brauchen Zeit und die wollen wir ihnen mit dieser Gesetzesänderung verschaffen. Durch die sechsmonatige Anordnungsdauer ist eine umfassende Informationssammlung und Auswertung, was zu einer belastbaren Prognose zur Gefahrenlage und des Gefährdungspotenzials führt, möglich. Alle Erfahrungen zeigen doch, dass relevante Personen insbesondere im terroristischen Bereich ein unauffälliges und unscheinbares Verhalten an den Tag legen. Verbündete, Helfer und andere Kontaktpersonen werden überhaupt nur selten aufgesucht. Deshalb braucht man Zeit.
Neben dem Informationsgewinn bei der Observation von Gefährdern ist es auch wichtig, dass ein Informationsabgleich mit anderen Sicherheitsbehörden, insbesondere mit dem Bundeskriminalamt, erfolgt. Kontakt- und Begleitpersonen müssen gegebenenfalls überprüft werden beziehungsweise es ist ein internationaler Abgleich von Erkenntnissen nötig. Bei einer Dauer der Maßnahme über ein halbes Jahr kann ein umfassendes Kontakt- und Bewegungsbild erstellt werden und möglicherweise können Netzwerkstrukturen aufgedeckt werden. Wir wollen doch alle eine aussagefähige Prognose. Die kann aber nur auf der Grundlage von fundierten Kenntnissen erfolgen. Dafür, meine Damen und Herren, brauchen wir Zeit und die geben wir mit diesem Gesetz.
Kolleginnen und Kollegen, die Polizei observiert doch nicht aus Jux und Tollerei! Niemand hier im Hause hat zu befürchten, dass er von der Polizei ständig überwacht wird.
Die Polizei macht das doch nur, wenn ein begründeter Verdacht besteht. Wenn sich der Verdacht nicht bestätigt, wird die Beobachtung eingestellt, bleiben Zweifel, wird weiter beobachtet. Es muss doch im Interesse von uns allen liegen, dass die Polizei Gefahren von uns abwenden kann. Lieber schaut sie dreimal zu viel hin als einmal zu wenig und Menschen kommen zu Schaden, meine Damen und Herren.
Wenn es auch keine 100-prozentige Sicherheit gibt, so macht es trotzdem keinen Sinn, immer erst dann zu handeln, wenn etwas passiert ist. Warum treffen wir nicht schon vorher geeignete Maßnahmen? Ich vertraue der Polizei und gehe davon aus, dass sie mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln sehr sorgsam umgeht.
Natürlich - wen wundert’s? - kommen immer dann, wenn der Rechtsstaat gegenüber Gesetzesbrechern Zähne zeigen soll, die Bedenkenträger und tragen
verfassungsrechtliche Bedenken vor. Meine Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion wissen, dass ich seit geraumer Zeit eine sehr kritische Haltung gegenüber der einen oder anderen volljuristischen Einschätzung einnehme. Ich habe nämlich manchmal das Gefühl, dass der juristische Sachverstand häufig nichts mehr mit dem gesunden Menschenverstand zu tun hat.
Allzu oft habe ich den Eindruck, dass wir unsere ganze Kraft darauf verwenden, die Rechte derjenigen zu schützen, die Schaden anrichten, statt die Rechte derer zu schützen, die wir eigentlich vor Schaden bewahren wollen, meine Damen und Herren. Das ist meine feste Überzeugung.
Es reicht auch nicht aus, dass wir nach immer mehr Polizeibeamten rufen. Selbstverständlich müssen wir den Weg weitergehen, den wir eingeschlagen haben, und weiterhin Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte einstellen. Wir müssen ihnen aber auch das entsprechende Rüstzeug an die Hand geben, dass sie ihre Aufgabe, nämlich Menschen zu schützen, auch ausführen können. Ich warte manchmal nur noch darauf, dass wir vor lauter Persönlichkeitsschutz den Polizeibeamten die Augen verbinden, wenn sie einen Personalausweis kontrollieren wollen.
In Abwandlung eines berühmten Liedes rufe ich: Brüder, hört die Signale! - Wir leben in einer gefährlichen Welt und unsere Sicherheitsbehörden können einen großen Beitrag -
Ja, hört die Signale, Herr Kollege. Wir leben in einer gefährlichen Welt und unsere Sicherheitsbehörden können einen großen Beitrag zu unser aller Schutz leisten. Helfen wir ihnen dabei!
Trotz aller Kritik meinerseits am Datenschutz und unseren Rechtsgelehrten ist es dennoch so, dass wir uns an das zu halten haben, was das Bundesverfassungsgericht als Norm festgelegt hat. So ist das in einem Rechtsstaat. Den möchte ich auch nicht im Geringsten infrage stellen, Kolleginnen und Kollegen, sondern ich fordere nur hie und da mehr Bezug zur Praxis und Realität. Das ist alles.
In Bezug auf das Bundeskriminalamtgesetz hat das Bundesverfassungsgericht Regelungen beanstandet, die den Bereich längerfristiger Observationen
betreffen. Diese Beschränkungen des Verfassungsgerichts müssen auch in den Polizeigesetzen der Länder berücksichtigt werden.
Danach lässt das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil eine längerfristige Observation nur dann zu, wenn bestimmte Tatsachen vorliegen, die den Schluss auf ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen, und wenn erkennbar ist, dass bestimmte Personen beteiligt werden, über deren Identität zumindest so viel bekannt ist, dass die Überwachungsmaßnahme gezielt gegen sie eingesetzt und weitgehend auf sie beschränkt werden kann. - Wenn Sie es zweimal lesen, verstehen Sie, was damit gemeint ist.
Im terroristischen Bereich sind diese Voraussetzungen aber abgeschwächt. Das Bundesverfassungsgericht räumt der Gefahrenabwehr im terroristischen Bereich einen höheren Stellenwert ein und setzt die Eingriffsschwelle niedriger an. In Bezug auf terroristische Straftaten reicht es daher aus, wenn zwar noch nicht ein seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen erkennbar ist, jedoch das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie solche Straftaten in überschaubarer Zeit begehen kann.
Auf Deutsch heißt das, wenn zwar noch nicht ganz klar ist, wann jemand etwas anstellen will, dennoch aber ersichtlich ist, dass jemand etwas im Schilde führt, darf er beobachtet werden. Das heißt, wir dürfen also tatsächlich schon beobachten, bevor ein Dutzend Menschen in Einzelteilen durch die Luft fliegen. Das ist doch gut. Ich sage das so drastisch, weil ich häufig den Eindruck habe, dass so manchem Ideologen und Gesetzesausleger alle Rechtsgüter mehr wert sind als die Unversehrtheit des Lebens.
Ich bin aber davon überzeugt, dass unser heutiges Gesetz sehr wohl mit der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts übereinstimmt. Es stellt ja auch nur ein kleines Mosaiksteinchen in dem Gesamtbild innere Sicherheit dar. Festzuhalten bleibt, dass alle Maßnahmen einer richterlichen Kontrolle unterliegen. Es bleibt deshalb auch im Einzelfall dem Gericht überlassen, wann eine kürzere Maßnahmedauer angeordnet wird.
Wir, die CDU, werden diesem Gesetzentwurf zustimmen, auch wenn nicht alles umgesetzt wird, was wir uns im Vorfeld vorgenommen haben. Gerade eine verstärkte Videoüberwachung und die Ausweitung der Kommunikationsüberwachung hätten wir gerne noch umgesetzt. Das war in der Koalition nicht durchsetzbar.
Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, mir kann keiner erklären, warum es unerheblich ist, wenn bei McDonald‘s videoüberwacht wird, wie
viele von den schrecklichen Burgern gegessen werden, dass in Kaufhäusern auf die Sekunde genau verfolgt werden kann, wann ich hereingekommen bin und wann ich wieder herausgegangen bin, ob ich im Zug oder Bus in der Nase bohre oder nicht. All das und vieles mehr wird nicht beanstandet, obwohl diese Beobachtungen von Zivilpersonen durchgeführt werden.
Dort aber, wo die Polizei Kameras aufhängt, an Plätzen also, wo Straftaten begangen werden und vorbereitet werden, dort, wo zur Verschwiegenheit verpflichtete Personen, also die Polizei, die Überwachung vornimmt, gibt es immer ein Riesengeschrei. Da ist plötzlich die Freiheit gefährdet. Ich nehme an, dass dazu die „großen Volksparteien“, die PIRATEN und die GRÜNEN, ihre unterschiedlichen Positionen darlegen werden. Ich bin aber sicher, die Meinung der großen Mehrheit unserer Bevölkerung zu diesem Punkt werden sie nicht darlegen.
Es ist doch eigentlich ganz einfach: Wenn ich zum Bahnhof gehe, will ich in den Zug einsteigen und wegfahren, sonst nichts. Deswegen macht es mir auch nichts aus, wenn ich dabei gefilmt werde, im Gegenteil, ich bin froh, dass man, falls etwas passieren sollte, aufgrund der Aufnahmen schneller ermitteln kann und unter Umständen dadurch weitere Straftaten verhindern kann.
Diesen ideologisch bedingten Zwiespalt, dass bei Zivilpersonen die Überwachung akzeptiert wird und bei der Überwachung durch die zuverlässige Polizei die Freiheit verloren gehen soll, konnte mir bisher noch keiner erklären, meine Damen und Herren.
Auch das ganze Theater um die Sicherheitspartnerschaft der Stadt Saarbrücken mit dem Land kann ich in der Sache nicht nachvollziehen. Es hat ja offensichtlich heute oder gestern Abend Gespräche gegeben und die Sache ist auf einem guten Weg. Vielleicht kann der Minister nachher Auskunft darüber geben, wie es weitergeht mit Videoüberwachung überhaupt, was das Sicherheitspaket angeht und alles Mögliche, was die Polizei betrifft. Ich hoffe nur, es kommt.
Ich möchte noch einmal klarstellen, worum es eigentlich geht.
Es geht darum, einen gefährlichen Ort wie den Vorplatz der Johanneskirche oder des Bahnhofs zu überwachen und die Straftaten, die dort ständig geschehen, entweder zu verhindern oder schneller aufklären zu können. Am Bahnhof waren 260 Einsätze notwendig und an der Johanneskirche bis Septem
ber 2016 125 Einsätze. Wenn das kein Grund ist zu überwachen, dann weiß ich es auch nicht mehr.
Auch die Kritik des Datenschutzes ist zu diesem Zeitpunkt ebenfalls unbegründet - ich habe mit der Datenschützerin diese Woche noch gesprochen -, weil beim derzeitigen Verfahrensstand und der geltenden Rechtslage noch kein Einschalten des Datenschutzes erforderlich war. Ich muss doch erst wissen, welche und wie viele Geräte ich wo platziere, damit ich dem Datenschutz auch eine Beurteilungsgrundlage geben kann.
Festhalten möchte ich jedoch noch einmal ganz deutlich: Für die Sicherheit der Menschen in unserem Land ist in erster Linie die Polizei zuständig. Unsere Sicherheit sehe ich dort in guten Händen. Deshalb erhält die Polizei von uns mit dieser Gesetzesänderung einen Vertrauensvorschuss. Mit allen anderen von mir angesprochenen ungelösten Problemen sollen sich die Verantwortlichen nach der Landtagswahl beschäftigen. Wir werden das heute und vor der Wahl wohl nicht mehr regeln können.
Herr Präsident, gestatten Sie mir noch ein paar persönliche Worte. Das ist heute hier mein letzter Redebeitrag im Rahmen meiner Zugehörigkeit zum Landtag. Ich war vier Wahlperioden Mitglied dieses Landtages, bin im 18. Jahr hier Mitglied. Ich habe viel ausgeteilt, das weiß ich, habe auch viel einstecken dürfen, auch das ist bekannt. Vieles von dem, wofür ich geprügelt wurde, steht heute in Gesetzen und Verordnungen.
Barbara Spaniol, du lachst. Ich vergesse dir bis an mein Lebensende nicht den Satz: „Rechts von Herrn Becker steht nur eine Wand.“ Alles, wofür ich damals geprügelt wurde, ist heute Allgemeingut. Es hat allerdings der Ereignisse der Silvesternacht in Köln bedurft, dass man gewisse Dinge sagen durfte, ohne in die rechte Ecke gestellt zu werden. Ich war hier immer ein Überzeugungstäter und habe immer gesagt, Deutschland ist ein weltoffenes Land und jeder ist willkommen, der sich an unsere Rechtsordnung hält. Dazu stehe ich auch.
Ich fühle mich aber nicht nur den Zuwanderern verpflichtet, sondern vor allen Dingen den Menschen, die hier wohnen, die morgens aufstehen, arbeiten gehen und Steuern bezahlen. Und wir sind verpflichtet, diese Steuern sinnvoll anzuwenden. Denen fühle ich mich vor allen Dingen verpflichtet. Wenn das rechts ist, dann bin ich eben rechts.
Ich will Ihnen allen an dieser Stelle alles, alles Gute wünschen, über alle Parteigrenzen hinweg. Denen, die mit mir ausscheiden, wünsche ich all das, was ich mir für mich selbst wünsche. Ich sehe gerade
Günter Waluga. Wir haben im Jahr 1970 zusammen mit der Verwaltungslehre angefangen - vor 47 Jahren oder vor 35 Kilo, wenn ich uns anschaue.
All denen, die dem Landtag nicht mehr angehören, die sich beruflich verändern, wünsche ich ebenfalls viel Erfolg in ihrer neuen Tätigkeit. Hier denke ich vor allen Dingen an Thomas Schmitt, der neuer Kulturdezernent in der Stadt Trier wird. Bring den Trierern ruhig mal Kultur bei!
Oskar Lafontaine ist jetzt nicht da. Ich habe gehört, er und seine Sahra freuen sich über das Geschenk aus China, das du in Trier aufstellen darfst. Pass auf, übertreib es nicht mit der Büste!
Allen anderen, die dem neuen Landtag wieder angehören, sage ich: Passt gut auf diesen wunderschönen Fleck, auf dieses wunderschöne Saarland, auf meine geliebte Heimat auf! - Ich bedanke mich. Ich habe fertig. Tschüss.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu den Anträgen komme und zu der Thematik insgesamt Stellung beziehe, möchte ich der Härtefallkommission meinen allergrößten Respekt zollen und ein ganz großes Dankeschön sagen für die geleistete Arbeit in den Jahren seit ihrem Bestehen.
In der Härtefallkommission engagieren sich Menschen ehrenamtlich, sie befassen sich mit menschlichen Schicksalen und versuchen, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten Menschen zu helfen, bei denen die gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und denen nur noch im Wege einer Gnadenentscheidung zu helfen ist. Die Härtefallkommission tut dies seit Jahren sehr erfolgreich und vor allem der Sache angemessen geräuschlos.
Bei den Mitgliedern der Härtefallkommission dominierten bisher Herz und Verstand und nicht der Kehlkopf, wie wir das in den letzten Tagen von anderer Seite leider erleben mussten. Ich danke ausdrücklich auch dem bisherigen Vorsitzenden Günther Schwarz für seine besonnene und aufopferungsvolle Arbeit.
Ich sage aber auch, andere sollten sich an ihm ein Beispiel nehmen. Die Härtefallkommission eignet sich nicht für ideologische und parteipolitische Mätzchen. Das war bisher nicht der Fall und das darf es auch in Zukunft nicht geben.
Nun zu den Anträgen der GRÜNEN, LINKEN und PIRATEN. Der Antrag der GRÜNEN heißt: „Härtefallkommissionsverordnung humanitärer gestalten Arbeit der Härtefallkommission anerkennen und stärken“. Die anderen Anträge sind ähnlich gestaltet. Die Härtefallkommission in der heutigen Form ist durch das Aufenthaltsgesetz mit Wirkung vom 01. Januar 2005 eingeführt worden. Die Härtefallverordnung des Saarlandes wurde im Amtsblatt des Saarlandes am 23. Dezember 2004 veröffentlicht.
Zu dieser Zeit bestanden in Deutschland nur in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein bereits Härtefallkommissionen. Wir im Saarland waren also unter den ersten Ländern, die diese Kommission eingeführt haben, und zwar zu einer Zeit, als die CDU über die absolute Mehrheit in diesem Lande verfügt hat. Ich betone dies deshalb, weil manche in diesem Haus den Eindruck erwecken wollen, als wären sie die einzigen Hüter von Ausländerrechten und hätten die Menschlichkeit für sich gepachtet.
Nein, meine Damen und Herren, wir haben keine GRÜNEN, LINKEN und Sonstigen gebraucht, um eine Härtefallkommission einzuführen.
Wir, die CDU, haben damals wie heute die Koalition insgesamt die Notwendigkeit und Wichtigkeit eines solchen Gremiums gesehen. Die Arbeit der Härtefallkommission in all den Jahren hat dies auch eindrucksvoll bestätigt.
Die notwendige rechtliche Grundlage wurde durch die Einführung des § 23a des Aufenthaltsgesetzes geschaffen. Danach kann Ausländerinnen und Ausländern eine Aufenthaltsgewährung in Härtefällen ermöglicht werden. Nach dieser Vorschrift darf die oberste Landesbehörde auf Ersuchen der Härtefallkommission anordnen, dass einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von den im Aufenthaltsgesetz festgelegten Verteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Zweck dieser Vorschrift ist es, einen Einzelfall aufenthaltsrechtlich zu lösen, bei dem eigentlich nach den Regelungen des Aufenthaltsrechtes kein Aufenthalt gewährt werden kann. Gedacht ist hier in erster Linie an Personen, die trotz langjährigem Aufenthalt und erfolgreicher Integration keine Möglichkeit auf ein Bleiberecht in Deutschland haben.
Die saarländische Landesregierung hat mit der Verordnung über eine Härtefallkommission des Saarlandes von der Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Kommission eingerichtet. Die Kommission wurde als behördenunabhängiges Gremium eingerichtet. Die in der Verordnung enthaltenen Regelungen beschränken sich daher ausgehend von dem Gedanken, dieses Gremium und seine Arbeit so staatsfern wie möglich auszugestalten, auf ein Mindestmaß. Sie enthalten Regelungen zum Verfahren, zu bestimmten Ausschlussgründen und allgemein zur Möglichkeit der Lebensunterhaltssicherung des Ausländers über Verpflichtungserklärungen Dritter.
Die Härtefallkommission besteht aus acht Mitgliedern, der Kollege Augustin hat gesagt, wer das ist. Die Mitglieder kommen von den kommunalen Spitzenverbänden, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege und so weiter. Das brauche ich jetzt nicht mehr näher zu erläutern. Das Härtefallverfahren an sich hat eine zweistufige Struktur. Zunächst bewertet und entscheidet die Härtefallkommission über Einzelfälle im Wege der Selbstbefassung auf Antrag eines ihrer Mitglieder und richtet ein Härteersuchen an das Ministerium für Inneres und Sport. Das Ersuchen der Härtefallkommission stellt allerdings lediglich eine Empfehlung gegenüber dem Ministerium für Inneres und Sport dar. Anschließend entscheidet das Ministerium für Inneres und Sport in eigener Verantwortung nach § 23 Aufenthaltsgesetz über die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Bei der Entscheidung des Ministeriums handelt es sich um ein rein humanitär ausgestaltetes Verfahren, eine Art Gnadenentscheidung im Falle von unter humanitären Gesichtspunkten besonders gelagerten oder persönlichen Einzelschicksalen. Die Entscheidung ist gerichtlich nicht überprüfbar und bedarf daher auch keiner Rechtfertigung gegenüber Dritten. Aufgrund Artikel 3 Grundgesetz und dem daraus resultierenden Grundgedanken der Selbstbindung der Verwaltung wird jedoch
darauf geachtet, dass gleich gelagerte Fälle gleich entschieden werden.
Im Innenausschuss wurde seitens der Härtefallkommission moniert, dass die Kommission keinerlei Rücklauf erhält, was mit dem Härtefallersuchen passiert, also keine Nachricht erhält, warum das Ersuchen abgelehnt wurde beziehungsweise was weiter geschieht. Ich habe im Ausschuss schon gesagt, das müsste zu regeln sein. Der Innenminister hat in einem Gespräch zugesagt, dass zukünftig eine Mitteilung an die Härtefallkommission erfolgt. Ich denke, dass damit einem berechtigten Anliegen der Kommission Rechnung getragen wird.
Im Antrag der GRÜNEN ist zu lesen, dass in der letzten Zeit mehrere Abschiebungen stattgefunden haben, obwohl das Verfahren in der Härtefallkommission noch nicht abgeschlossen war. Die anderen Kolleginnen und Kollegen haben in die gleiche Richtung argumentiert. Wir hatten dieses Thema auch im Innenausschuss. Die Landesregierung hat im Ausschuss eindeutig alle Fälle nachvollziehbar darstellen können. Unter anderem wurde klargestellt, dass es im Saarland geübte Praxis ist - entgegen dem, was hier dargestellt wurde -, dass das Landesverwaltungsamt in den Fällen, mit denen sich die Härtefallkommission befasst, von einer Abschiebung bis zum Abschluss des Härtefallverfahrens grundsätzlich Abstand nimmt. Hieran soll sich auch in Zukunft nichts ändern.
Ebenfalls seit Jahren geübte Praxis ist und wurde bisher wohl auch von der Härtefallkommission akzeptiert, dass von einer Aussetzung der Abschiebung Fälle ausgenommen sind, in denen ein Betroffener sich in Abschiebehaft befindet oder eine Abschiebung des Betroffenen bereits eingeleitet worden ist. Die Härtefallkommission ist zuständig für die Überprüfung von Fällen, in denen es um die Berücksichtigung besonderer Härten bei der Gewährung beziehungsweise Versagung einer Aufenthaltserlaubnis durch das Landesverwaltungsamt als zentrale Ausländerbehörde geht. Es handelt sich somit um Fälle, in welchen dem Ministerium für Inneres und Sport auch eine Entscheidungskompetenz und damit auch ein Entscheidungsspielraum zusteht.
Dies ist jedoch nicht gegeben, wenn die Betroffenen im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens in andere EU-Staaten überstellt werden sollen, beziehungsweise in denen den Betroffenen bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist. In diesen Fällen erlässt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge regelmäßig eine Abschiebeanordnung. Die Entscheidungskompetenz liegt hier ausschließlich beim Bundesamt, welches im Rahmen seiner Entscheidung sowohl auslandsbezogene als auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse überprüft. An diese Entscheidung ist das Landesverwaltungsamt gebunden. Hier besteht weder eine Befas
sungskompetenz der Härtefallkommission noch ein ministerieller Entscheidungsspielraum für eine positive Entscheidung im Rahmen des Härtefallverfahrens.
Wenn die Härtefallkommission sich dennoch mit derartigen Fällen befasst, kann nicht erwartet werden, dass für die Dauer der Befassung der Härtefallkommission, die oftmals mehrere Monate in Anspruch nimmt, die Abschiebung der betroffenen Personen ausgesetzt wird. Eine solche Forderung würde nicht zuletzt geltende europarechtliche Regelungen konterkarieren. Im Übrigen ist es auch nicht Aufgabe der Härtefallkommission, darüber zu urteilen, ob die Verhältnisse in anderen EU-Staaten eine Rückführung zulassen. Die Härtefallkommission ist für solche Fälle nicht zuständig.
Mit Sorge ist auch zu beobachten, dass zwischenzeitlich abgelehnte Asylbewerber aus den Westbalkanstaaten sich zum Teil bereits nach kurzer Zeit des Aufenthalts im Bundesgebiet an die Härtefallkommission wenden. Hier drängt sich der Eindruck auf, dass sowohl die Härtefallkommission als auch das Ministerium für Inneres und Sport letztendlich für die Gewährung von Bleiberechten, die ansonsten aussichtslos wären, instrumentalisiert werden sollen. Die Intention der Härtefallregelung kann nicht darin gesehen werden, den Aufenthalt von Armutsflüchtlingen aus sicheren Herkunftsstaaten, deren Asylanträge als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sind, auf diesem Weg zu legalisieren oder ihnen zusätzlich zu allen gerichtlichen Instanzen noch eine weitere Möglichkeit zu eröffnen, eine Aufenthaltsbeendigung hinauszuzögern.
Insoweit werden auch in diesen Fällen, in denen die Härtefallkommission missbräuchlich in Anspruch genommen wird, Abschiebungen nicht ausgesetzt. Eine solche Verfahrensweise würde sämtliche Bemühungen auf Bundes- und Landesebene, aber auch europäischer Ebene, dem Massenzustrom der Flüchtlinge zu begegnen, zuwiderlaufen. Wenn wir dies zuließen, würde praktisch jeder versuchen, die Härtefallkommission mit seinem Fall zu betrauen. Aussichtslose Fälle würden unnötig verzögert. Bei den betroffenen Menschen würden Hoffnungen geweckt, die nicht zu erfüllen sind. Ich glaube, das ist nicht Sinn der Sache, nicht Sinn der Härtefallkommission.
Bei bereits kurzen Aufenthaltszeiten von einer erfolgten Integration zu sprechen, würde der Intention der Härtefallregelungen des § 23 Aufenthaltsgesetz absolut nicht entsprechen. Die Härtefallkommission wurde eingerichtet, um außergewöhnlichen Härten zu begegnen und Einzelschicksale einer besonderen Betrachtung zu unterziehen. Gerade der Respekt vor diesen Einzelschicksalen und vor dem Gremium Härtefallkommission gebietet es, die Kompetenzen nicht für alle Fälle zu nutzen, die nicht au
ßergewöhnlich, sondern in einer Vielzahl von Fällen ähnlich gelagert sind und wo Bundes- oder EURecht anzuwenden ist. Sollten in den genannten Fällen, denen ein erster kurzer Aufenthalt im Bundesgebiet vorausgeht, derart wichtige Gründe vorliegen, die einen weiteren Verbleib im Bundesgebiet erfordern, wäre dies im Rahmen der Überprüfung von Abschiebungshindernissen zu würdigen, also im Verfahren selbst, was auch der Praxis entspricht und geschieht.
Lassen Sie mich auf die vier Fälle, die der Saarländische Flüchtlingsrat in einer Presseerklärung angesprochen hat und die offensichtlich auch im Antrag der GRÜNEN und anderer Fraktionen gemeint sind, im Einzelnen eingehen: In diesen Fällen wird moniert, dass eine Abschiebung erfolgt sei, obwohl die Härtefallkommission sich noch mit diesem Fall befasst habe. Im ersten Fall, das ist der Fall in Riegelsberg, bei dem sich die Abgeordnete Huonker besonders hervorgetan hat, indem sie unsere Polizeibeamten mit der Gestapo verglichen hat.
Bei den Betroffenen handelt es sich um eine Frau und ihre beiden Kinder. Sie waren am 13.09.2015 ins Bundesgebiet eingereist, stellten am 26.10.2015 Asylanträge. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte mit Bescheid vom 12.01.16 die Asylanträge als unzulässig abgelehnt und im Rahmen der Dublin-Verordnung die Zuständigkeit Spaniens festgestellt. Dublin-Verordnung heißt, dass das Land zuständig ist für die Behandlung eines Asylantrages, in dem erstmals ein solcher Antrag gestellt wurde. Da die Familie in der spanischen Botschaft den Antrag gestellt hat, war und ist auch Spanien dafür zuständig. Das Bundesamt hat auch ausdrücklich festgestellt, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe nicht vorliegen, um ein Verfahren hier in Deutschland noch durchzuführen. Das saarländische Verwaltungsgericht hat diese Entscheidung mit Beschluss vom 18.02.16 auch unter Würdigung der Tatsache, dass Familienangehörige hier leben, bestätigt.
Da die Familie nicht freiwillig ausgereist ist, wurde die Abschiebung am 12.05.16 veranlasst. Der Flug ging um 07.55 Uhr ab Frankfurt, deshalb musste die Polizei die Wohnung um 03.50 Uhr betreten. Das ist nicht immer angenehm für die Betroffenen, das wird niemand bestreiten, ich mit Sicherheit auch nicht. Es ist aber auch nicht angenehm für die eingesetzten Polizeibeamten, es ist eine schlimme Sache. Ich kenne viele Polizeibeamte, die Abschiebungen durchführen mussten. Ich sage bewusst: mussten! Keiner hat sich darum gerissen. Sowohl die physische als auch die psychische Belastung der Beamten ist in diesen Fällen oft sehr, sehr hoch.
Wenn in einem solchen Fall dann von Gestapo-Methoden gesprochen wird, ist dies ein ungeheuerlicher Vorgang. Frau Huonker, ich erwarte heute an dieser Stelle eine Entschuldigung für diese Entgleisung.
Entschuldigen Sie sich öffentlich bei den Beamten. Mit einem Kaffeekränzchen beim GdP-Vorsitzenden ist eine solche Angelegenheit nicht aus der Welt geschafft. Die Politik schafft die Gesetze und Verordnungen, die von unseren Polizeibeamten nur angewendet werden. Deshalb haben die Beamtinnen und Beamten auch den Anspruch darauf, dass die Politik in diesen Fällen hinter ihnen steht und sie nicht verunglimpft.
In einem weiteren Fall handelt es sich um Personen aus den Westbalkanstaaten, ein Ehepaar mit einem Kind, die nach rechtskräftiger Ablehnung ihrer Asylanträge die Härtefallkommission anriefen. Ein Abschiebungsversuch am 23.03.16 wurde abgebrochen, weil die Frau heftigen Widerstand leistete. Sie hatte möglicherweise einen Nervenzusammenbruch. Gemeldet wurde heftiger Widerstand. Richtig ist, dass sie im Anschluss an die Abschiebungsmaßnahme zur fachärztlichen Behandlung in eine Klinik eingeliefert wurde, in der sie sich aktuell noch befindet.
Des Weiteren ist die Rede von einem jungen kosovarischen Mann. Dieser hielt sich bereits von 1993 bis 2003 im Bundesgebiet auf und wurde nach erfolgloser Durchführung seines damaligen Asylverfahrens abgeschoben. Am 24.02.2015 reiste er erneut ins Bundesgebiet ein, ein in der Folge gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.07.2015 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Diese Entscheidung wurde am 22.07.2015 vom Verwaltungsgericht des Saarlandes bestätigt. Der Betroffene hat daraufhin ein Ersuchen an die Härtefallkommission gerichtet, allerdings war seine Abschiebung bereits vorgesehen, da diese bereits vor Eingang des Härtefallersuchens eingeleitet war. Der Betroffene wurde aber nicht in seiner Wohnung angetroffen, eine Abschiebung ist auch im Anschluss nicht erfolgt. Die Härtefallkommission hat sich zwischenzeitlich sehr wohl mit dem Ersuchen befasst, dem Ersuchen wurde nicht stattgegeben. Der Betroffene wurde aber auf die für Staatsangehörige der Westbalkanstaaten geschaffene Sonderregelung für Wiedereinreisen zu Arbeitszwecken verwiesen. In diesen Fällen, in denen jemand hier einen Arbeitsplatz bekommen kann, besteht auch die Möglichkeit der legalen Einreise, dann erfolgt keine Abschiebung. Ich habe das in den letzten Monaten auch privat schon in vielen Fällen gemacht.
Im Falle eines indischen Staatsangehörigen, der vor einer Befassung durch die Härtefallkommission abgeschoben worden ist, ist darauf hinzuweisen, dass in diesem Fall vor Kenntnisnahme des Härtefallersuchens durch das Landesverwaltungsamt die Abschiebung bereits eingeleitet war, also auch hier entsprechend der Regelung der vergangenen Jahre verfahren wurde.
Schließlich gibt es noch den Fall eines türkischen Staatsangehörigen. Dieser reiste am 20.01.2014 im Rahmen des Ehegattennachzugs ein. Die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis wurde vom Landesverwaltungsamt am 20.10.2015 abgelehnt. Am 14.04.2016 erfolgte die Abschiebung. Hier ist darauf hinzuweisen, dass der Betroffene einer Aufforderung der Geschäftsstelle der Härtefallkommission, nähere Informationen vorzulegen, nicht nachgekommen ist und daher die Geschäftsstelle das Landesverwaltungsamt auch nicht über das Vorliegen eines Härtefallersuchens offiziell unterrichten konnte. Der Betroffene hat das Härtefallverfahren offensichtlich nicht weiterbetrieben. Auch sollte hier erwähnt werden, dass die getrennt lebende Ehefrau dem Landesverwaltungsamt mitgeteilt hat, dass sie sich von ihm bedroht fühle.
Somit erfolgte lediglich in drei der vorgenannten Fälle vor Abschluss des Härtefallverfahrens eine Abschiebung, wobei in einem Fall das Härtefallverfahren vom Betroffenen überhaupt nicht mehr betrieben wurde und somit eine Befassung durch die Härtefallkommission nicht in Betracht kam.
Die Gründe für die berechtigte Durchführung der Abschiebung wurden, das möchte ich hier festhalten, von mir nun deutlich dargelegt, diese Fälle sollten auch nicht länger als Negativbeispiele herangezogen werden.
Vielleicht sollte man an dieser Stelle auch noch ein paar Zahlen zur Verdeutlichung nennen: Laut Bericht der Härtefallkommission, der sich auf Zahlen bis Ende 2014 stützt, gab es von Ende 2005 bis Ende 2014 insgesamt 384 Eingaben, hiervon wurden 192 abschließend behandelt: 41 Eingaben wurden von der Kommission abgelehnt, 151 Fälle wurden als Ersuchen an das Ministerium weitergeleitet. Von diesen 151 Ersuchen hat das Ministerium 16 abgelehnt, 31 Entscheidungen standen noch aus. Im Jahr 2015 gab es insgesamt 19 Eingaben, davon wurden 13 abschließend beraten. Jeder dieser 13 Fälle wurde als Ersuchen ans Ministerium geschickt, von diesem wurden von den 13 Ersuchen sechs positiv und sechs negativ beschieden, eine Entscheidung steht noch aus. Unter den sechs abgelehnten Fällen waren allein drei Dublin-Fälle. Für diese Dublin-Fälle ist, ich betone es noch einmal, weder die Härtefallkommission zuständig noch besteht eine Entscheidungsbefugnis beim Ministerium.
Nach Auskunft des Ministeriums habe sich seine Entscheidungspraxis nicht geändert, vielmehr lege die Härtefallkommission vermehrt Fälle vor, die nicht in ihre Zuständigkeit fielen. Die Tatsache, dass der bisherige Vorsitzende Günther Schwarz aus gesundheitlichen Gründen sein Amt nicht mehr wahrnehmen kann, schlägt hier wohl auch zu Buche. Ich appelliere an die Verantwortlichen in der Kommission, die gute Arbeit der letzten Jahre und die dafür gezollte Anerkennung nicht aufs Spiel zu setzen. Zehn Jahre lang hat alles gut funktioniert
und jetzt plötzlich soll bei unveränderter Rechtslage alles schlecht sein? Da stimmt etwas nicht, meine Damen und Herren!
Wer, wie Kollege Kessler, Minister Bouillon als „Minister Gnadenlos" bezeichnet, verkennt völlig die weit über die Grenzen des Saarlandes und Deutschlands hinaus anerkannte Arbeit des Ministers zum Wohle der Flüchtlinge.
Klaus Bouillon hat sich wie kaum ein anderer bei der Flüchtlingsflut des vergangenen Jahres eingebracht, sich in besonderem Maße verdient gemacht. Ihn als „Minister Gnadenlos" zu bezeichnen, ist eine - ich sage es so klar - bodenlose Frechheit und zeugt von wenig Sachkenntnis. Das zeigt aber auch, dass es hier nicht unbedingt um die Sache der armen Menschen geht. Vielmehr soll ein außergewöhnlich erfolgreicher und in der Beliebtheitsskala sehr weit oben stehender Minister schlechtgeredet werden.
Das wird der Bedeutung dieser Angelegenheit nicht gerecht. Ich denke, dass dies der einzige Grund für dieses Vorgehen ist, bei dieser Feststellung kann man es belassen.
Abschließend möchte ich noch Folgendes sagen: Die Befassung der Härtefallkommission beziehungsweise das Vorliegen eines Härtefallersuchens stellt kein Abschiebungshindernis dar und bewirkt auch keinen Suspensiveffekt. Das Härtefallersuchen ist insoweit auch kein Grund für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Aufenthaltsgesetz, sodass eine rechtliche Verpflichtung zur Aussetzung von Abschiebungen während der Befassung der Härtefallkommission nicht besteht. - Bei mir blinkt die Redezeitanzeige.
Dennoch wird das Ministerium für Inneres und Sport an der seit Jahren geübten Praxis, in den Fällen, in denen sich die Härtefallkommission mit Anträgen befasst, keine Abschiebungen vorzunehmen, weiterhin festhalten. Diese geübte Praxis wird definitiv auch weiterhin beibehalten. Es bedarf deshalb we
der einer humaneren Härtefallverordnung noch einer größeren Anerkennung der Härtefallkommission; ich habe ihr meine Anerkennung gezollt. - Wir lehnen deshalb die Anträge ab.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen wegen dieses Antrags einen sehr verschämten Vertreter der Regierungskoalition am Mikrofon. Ich hoffe, ich kann einiges aufklären.
Die Gewerkschaften und die Landesregierung haben vereinbart, dass bis zum Jahre 2020 im Rahmen der Schuldenbremse insgesamt 10 Prozent, 2.400 Stellen im Landesdienst abgebaut werden. Von diesen 2.400 Stellen entfallen rund 300 auf den Bereich der Polizei. Die Zahl der Neueinstellungen bei der Polizei soll - orientiert am Abbau der Stellen zwischen 80 und 100 Anwärtern betragen. Damit wollen wir die schwierige Altersstruktur der Polizei viele Polizeibeamte sind über 50 Jahre alt - verändern und die Polizei insgesamt verjüngen.
Auch wenn einige es nicht mehr hören wollen: Aufgrund der verfehlten Einstellungspolitik in den Neunzigerjahren fehlt uns eine ganze Generation innerhalb der Polizei. Deshalb haben wir viele junge und ältere Polizeibeamte, die mittlere Generation aber
fehlt. Das führt auch dazu, dass in den nächsten Jahren viele Polizeibeamte in den Ruhestand gehen werden.
Durch die vereinbarten Neueinstellungen zwischen 80 und 100 Anwärterinnen und Anwärtern soll schnellstmöglich eine Verjüngung erfolgen. Die ausscheidenden Beamtinnen und Beamten werden durch jüngere und unter Umständen auch vielseitiger verwendbare Beamtinnen und Beamte ersetzt werden. Ziel war es, entsprechend der Schuldenbremse den Polizeikörper um die besagten 300 Personen zu verkleinern.
Nun ist die Welt seit Abschluss dieser Vereinbarung nicht stehen geblieben. Die Sicherheitslage hat sich extrem verändert. Terroranschläge, die Flüchtlingssituation, die immer verstärkter auftretende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte und andere Sicherheitskräfte erfordern ein ständiges Überdenken der Gesamtsituation. Über 250.000 Überstunden bei der Polizei,
auch wenn sie größtenteils vergütet wurden und erklärbar sind, und ein hoher Krankenstand zeugen davon, dass unsere Polizei an Grenzen stößt. Aus diesem Grund haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten zahlreiche Maßnahmen ergriffen beziehungsweise auf den Weg gebracht, die die Arbeit der Polizei unterstützen, erleichtern und effektiver machen sollen. Für diese Maßnahmen haben wir aber weder die LINKEN noch die GRÜNEN mit ihrem heutigen Antrag gebraucht.
Es ist schon ein Treppenwitz, wenn sich gerade GRÜNE und LINKE als Hüter der Interessen der Polizei aufspielen. Ich bin 17 Jahre im Landtag. In den vergangenen 17 Jahren, die ich dem Parlament angehöre, sind diese beiden immer damit aufgefallen, dass sie versucht haben, wann immer eine vermeintliche Verfehlung seitens der Polizei in den Medien auftauchte, diese zu skandalisieren und dem Landtag darüber berichten zu lassen. Ich habe in den gesamten 17 Jahren nicht ein einziges Mal erlebt, dass LINKE oder GRÜNE einen Bericht von der Landesregierung angefordert hätten, in dem es um Gewalt oder Angriffe gegen unsere Polizeibeamten gegangen wäre. Das habe ich niemals erlebt. Grundsätzlich war das immer die Aufgabe der CDU und in den letzten Jahren der Koalition. Ich bin mir sicher, dass sich unsere Polizeibeamtinnen und -beamten nicht blenden lassen und wissen, was sie an der Koalition von CDU und SPD in diesem Lande haben.
Was machen wir? - Innenminister Bouillon hat es als die größte Nachpersonalisierung im Bereich der saarländischen Sicherheitsbehörden seit 20 Jahren bezeichnet. Das ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen, aber immerhin: Es steckt einiges an Wahrem drin. Das Innenministerium hat in Zusammenarbeit mit der Führung der saarländischen Polizei ein Konzept erarbeitet, das insbesondere eine personelle Aufstockung im Bereich der saarländischen Polizei sowie des Landesamtes für Verfassungsschutz vorsieht.
Was ist das im Einzelnen? - Da möchte ich, Herr Kollege, die viel gescholtene Schaffung des sogenannten Polizeilichen Ordnungsdienstes mit 30 Personen erwähnen. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Sicherheitslage und der Belastung der Vollzugspolizei bedarf es einer schnellen Entlastung der Vollzugspolizei bei Aufgaben, zu deren Bewältigung nicht unbedingt eine voll ausgebildete Kommissarin oder ein voll ausgebildeter Kommissar notwendig ist. Diese Personen des Polizeilichen Ordnungsdienstes sind Hilfspolizeibeamte, sie können die Vollzugspolizei beim Objektschutz, bei Wachaufgaben, bei der Verkehrsüberwachung sowie bei der Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer unterstützen.
Mit dem Polizeilichen Ordnungsdienst soll die Vollzugspolizei für originäre polizeiliche Aufgaben freigestellt sowie die Polizeipräsenz in der Fläche gestärkt werden. Man muss dabei wissen: Bis ein Polizeikommissaranwärter ausgebildet ist und im Dienst eingesetzt werden kann, vergehen vier Jahre. Das ist richtig. Innerhalb von drei Monaten - so lange dauert diese Ausbildung - kann durch den Polizeilichen Ordnungsdienst eine spürbare Entlastung der Vollzugspolizei erfolgen, also kurzfristig.
Darüber hinaus werden wir im Bereich des Landespolizeipräsidiums insgesamt 15 Tarifbeschäftigte, darunter eine Islamwissenschaftlerin oder einen Islamwissenschaftler, befristet auf zwei Jahre neu einstellen. Dies entlastet die Vollzugspolizei ebenfalls teilweise von polizeilichen Einsatzaufgaben. Damit wird zusätzlich ein Abziehen aus der Fläche verhindert.
Wir binden weiterhin 20 pensionierte Polizeibeamte auf 450-Euro-Basis beim Objektschutz und bei Wachaufgaben mit in die Polizeiarbeit ein. Wir verlagern vier Polizeibeamtinnen oder -beamte aus dem Bereich des Landespolizeipräsidiums in das Landesamt für Verfassungsschutz. Diese werden im Bereich operative Informationsbeschaffung eingesetzt. Hinzu kommt noch ein weiterer Beschäftigter im Bereich „Grundsatz und Auswertung“. Damit wird das Landesamt für Verfassungsschutz personell aufgestockt, um weiter aktiv in der Terrorbekämpfung tätig bleiben zu können. Bei den Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern werden in den Jahren
2016/2017 jeweils zehn zusätzliche Stellen geschaffen. Demnach werden in 2016 und 2017 jeweils 90 anstatt der vorgesehenen 80 Anwärter eingestellt.
Dieses gesamte Sicherheitspaket kostet uns zusätzlich 5 Millionen Euro, ein großer Betrag für ein Haushaltsnotlageland. Jeder Euro, meine Damen und Herren, der in die Sicherheit unseres Landes gesteckt wird, ist ein gut angelegter Euro.
Ich bin sicher, dass dieses Konzept deutlich zur Stärkung der Einsatzfähigkeit und zur Entlastung unserer Beamtinnen und Beamten und zur Sicherheit unserer Bevölkerung beiträgt. Die Sicherheit der Menschen in unserem Land und die Sicherheit unserer Polizeibeamtinnen und -beamten selbst haben bei uns oberste Priorität.
Aus diesem Grund haben wir nicht zuletzt zur Eigensicherung durch die Änderung des Polizeigesetzes die Einführung von Körperkameras ermöglicht. Gemessen an den Einwohnerzahlen steht das Saarland nämlich nach den Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg mit an der traurigen Spitze, was den Widerstand gegen Polizeibeamte angeht. Im Jahr 2014 waren über 1.100 Polizistinnen und Polizisten betroffen. Wir erhoffen uns von der Einführung der Kameras eine deeskalierende und auch abschreckende Wirkung. In anderen Bundesländern, in denen die Kameras bereits eingeführt sind, haben sich Angriffe auf Polizeibeamtinnen und -beamte um 40 Prozent reduziert. Wir hoffen natürlich, dass dies im Saarland auch der Fall sein wird.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir machen sehr viel, was die Sicherheit unseres Landes stärkt. Wir stehen zu unserer Polizei. Wir geben ihr die notwendige Sicherheit, dass der Staat und die verantwortliche Politik hinter der Polizei und ihrem Handeln stehen. Auch das war nicht immer so in diesem Lande und das gilt auch nicht für alle in diesem Parlament, behaupte ich. Die Verantwortlichen in diesem Lande stehen zur Polizei, hier wiederhole ich mich gerne noch einmal.
Ich vermag heute nicht mit Sicherheit zu sagen, dass das, was bisher geschehen ist und was wir vorhaben, ausreicht, um unsere Probleme und die Probleme der Polizei zu lösen. Die Situation wird sich aber mit Sicherheit verbessern. Ich vermag auch nicht zu sagen, ob es für alle Zeiten bei der Einstellungszahl 90 bleiben wird. Niemand kann im Moment die Entwicklung abschätzen und sagen, wie in Anbetracht der Krisenherde in der Welt und der noch zu erwartenden Flüchtlingsströme die Zukunft aussieht, auch nicht, welche Probleme auf uns zukommen werden.
Wir würden doch alle sofort der Einstellung von 120 Polizeibeamtinnen und -beamten jährlich zustimmen, wenn die Haushaltslage es erlauben würde, das ist doch keine Frage! Aber wir haben eine Gesamtverantwortung für dieses Land und können es uns leider Gottes nicht so leicht machen, wie es die Opposition im Moment tut. Dennoch kann ich für meine Partei und, denke ich, für die Regierungskoalition insgesamt versprechen, dass wir hier alles genau im Auge behalten werden. Wenn es notwendig wird, werden wir auch an der einen oder anderen Stelle nachsteuern. Wir müssen und werden da flexibel bleiben.
Hör, hört! - Ich möchte zum Schluss nur alle, die zurzeit populistisch nach mehr Polizei schreien, auffordern, dann, wenn es darum geht, die Polizei auch mit dem notwendigen sachlichen und rechtlichen Rüstzeug auszustatten, ebenfalls zuzustimmen. Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung, verbesserte Eingriffsrechte der Polizei sind kein Teufelszeug, sondern sie dienen letztendlich der Polizei und den Ermittlungsbehörden und erhöhen die Sicherheit in unserem Land. Was nutzen uns 1.000 Polizeibeamte mehr, wenn wir sie nur mit Wattebäuschchen ausstatten?
Seien Sie, Kolleginnen und Kollegen der Opposition, einmal etwas zurückhaltender mit Ihren Äußerungen wie „Polizei- und Überwachungsstaat“ und „Hoch lebe der Datenschutz“, der immer mehr zum Verbrecherschutz wird.
Helfen Sie mit, dass die Polizei auch Polizei sein kann zum Schutze unseres Landes und der Menschen, die hier leben. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute das Änderungsgesetz über die Errichtung und den Betrieb der Integrierten Leitstelle des Saarlandes in Zweiter Lesung. Die Anhörung hat keine neuen Erkenntnisse erbracht, deshalb könnte ich nun meine anlässlich der Einbringung gehaltene Rede noch einmal halten. Das möchte ich aber Ihnen und mir ersparen, das Grundsätzliche ist gesagt.
Nichtsdestotrotz möchte ich noch ein paar Bemerkungen zu diesem Gesetz machen. Mit der Errichtung der Integrierten Leitstelle wollen wir die Elemente der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr so aufeinander abstimmen, dass sie als einheitliches Hilfesystem funktionieren. Die Notrufnummer 112 soll als einheitliche Notrufnummer für alle nichtpolizeilichen Notrufe gelten. Seit 2006 versuchen wir, dieses Ziel im Saarland umzusetzen, mit der jetzt anstehenden Gesetzesänderung hoffen wir, nun endlich die Realisierung zu erreichen. Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung erhält die alleinige Trägerschaft und Betreiberschaft für die Integrierte Leitstelle. Die Landkreise und die Landeshauptstadt Saarbrücken übertragen dem Zweckverband die Aufgabe der Alarmierung der Feuerwehren und der Katastrophenschutzeinheiten sowie die Aufgabe der Führungsunterstützung im Brandschutz, bei der technischen Hilfeleistung und im Katastrophenschutz. Die Notrufe laufen dann alle beim Zweckverband auf dem Winterberg auf.
Politischer Wille und Ziel ist es, dass die Berufsfeuerwehr Saarbrücken für die Alarmierung im Regionalverband zuständig sein soll. Für diese Einbindung, so sieht es das Gesetz vor, erhält Saarbrücken vom Zweckverband eine leistungsgerechte Vergütung. Der Zweckverband legt die Kosten für den Rettungsdienst und die Feuerwehralarmierung auf alle Gemeindeverbände um. Aus diesem Aufkommen wird die Dienstleistung der Stadt Saarbrücken vergütet. Zweckverband und Stadt Saarbrücken müssen das Ganze miteinander aushandeln. Für den Fall, dass es zu keiner Einigung kommt, haben wir in § 3 Abs. 3 die Regelung eingeführt, dass die grundsätzliche Entscheidung dann die Aufsichtsbehörde, das heißt das Ministerium für Inneres und Sport, trifft. Ohne diese Regelung, meine Damen und Herren, werden wir unser Ziel, eine Integrierte Leitstelle einzurichten, nicht erreichen. Das haben uns die in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen gezeigt.
Mehr möchte ich zu diesem Gesetz eigentlich gar nicht sagen. Ich war von Anfang an eingebunden, ich kenne viele Interna. Warum aber zurückschauen und Öl ins Feuer gießen? Wir schauen nach vorne. Ich möchte an alle Beteiligten appellieren: Es geht nicht um Befindlichkeiten der Feuerwehr oder des Zweckverbandes, es geht einzig und allein darum, für die Menschen in diesem Land die bestmögliche Notfallrettungsstruktur zu schaffen - um nichts anderes geht es. Das Gesetz bietet dafür die beste Grundlage, ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich bei diesem Punkt relativ kurz fassen. Heute Morgen hatten wir schon mehrere Punkte, die wir schon mehrmals behandelt haben. Es ist heute auch nicht das erste Mal, dass mit einem Antrag quasi die Auflösung des Landesamts für Verfassungsschutz gefordert wird.
Da der Antragsteller aus der Vergangenheit weiß, dass die Auflösung des Verfassungsschutzes in diesem Parlament nicht durchsetzbar ist, werden Nebelkerzen geworfen, indem man die Kontrollrechte über den Verfassungsschutz stärken möchte. Daneben will man nach dem Vorbild Thüringens alle VLeute abschaffen.
Auffällig dabei ist, dass diese Anträge immer wieder von der Partei Die LINKE gestellt werden. Wenn ich wie die LINKE beziehungsweise Teile der Partei in verschiedenen Bundesländern nach wie vor wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen und der SEDVergangenheit im Fokus des Verfassungsschutzes stehen würde, würde ich wahrscheinlich auch solche Anträge stellen, meine Damen und Herren.
Warum sich die PIRATEN jetzt nachträglich auch noch mit einem Antrag melden? - Gut, jedem das Seine.
Aber, meine Damen und Herren, weder die Tatsache, dass der Verfassungsschutz für die LINKE lästig ist, noch die Tatsache, dass sich unsere Sicherheitsbehörden im Falle des NSU nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, darf dazu führen, dass wir den Verfassungsschutz auflösen.
Ich habe es in der Debatte zum Verfassungsschutzgesetz bereits gesagt: Die Tatsache, dass Fehler gemacht werden, rechtfertigt doch nicht die Forderung nach Auflösung des Amtes. Wenn Lehrer schlecht sind, wird doch nicht die Schule abgeschafft, und wenn Ärzte Fehler machen, schaffen wir noch lange nicht die Krankenhäuser ab. Nein, der Verfassungsschutz ist für die Sicherung und den Erhalt unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sehr wichtig und einfach unverzichtbar.
Die LINKE hat zwar in der Begründung festgestellt, dass die Auflösung wünschenswert, aber nicht durchsetzbar sei. Sie fordert deshalb die Verstärkung der Kontrolle über den Verfassungsschutz. Ich weiß ja nicht, ob Ihnen das entgangen ist. Wir haben im November 2014 das Verfassungsschutzgesetz novelliert und haben in diesem Gesetz die Kontrollfunktion des Parlaments erheblich gestärkt. Wir haben darüber hinaus unabhängig von den sonst üblichen Grundregeln der Sitzverteilung in den Ausschüssen allen im Landtag vertretenen Parteien einen ordentlichen Sitz mit Stimmrecht im Kontrollausschuss für Fragen des Verfassungsschutzes zugestanden.
Wir haben damit die Kontrollfunktion des Parlaments erheblich erweitert. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass der Ausschuss darauf angewiesen sei, dass der Verfassungsschutz über Aufgaben und Vorfälle berichtet und ein für die Kontrolle notwendiger Zugang zu den Akten verwehrt würde. Diese Behauptung, meine Damen und Herren, ist kompletter Nonsens. Ich weiß ja nicht, wo Sie diesen Antrag abgeschrieben haben, vielleicht im Referenzland Thüringen. Möglicherweise haben dort auch einige ehemalige Stasimitarbeiter, die es unter den dortigen LINKE-Abgeordneten nachweislich gibt, daran mitgewirkt.
Herr Lafontaine, dort hat die Ethikkommission im Thüringer Landtag mehreren Abgeordneten der LINKEN die Parlamentsunwürdigkeit attestiert. Das ist Tatsache und darauf werde ich auch immer wieder hinweisen. Solange ich Politik hier mache, werde ich den Finger in diese Wunde legen, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht.
Egal, wo Sie es abgeschrieben haben: Es zeugt auf jeden Fall von einer großen Unkenntnis unserer Gesetzeslage im Saarland. Deshalb empfehle ich dringend, einmal in unser Verfassungsschutzgesetz zu schauen. Die parlamentarische Kontrolle des Landesamtes für Verfassungsschutz ist im fünften Abschnitt des Saarländischen Verfassungsschutzgesetzes in den §§ 22 bis 26 geregelt. Demnach ergibt sich aus § 22 Saarländisches Verfassungsschutzgesetz, dass die Kontrolle durch den Ausschuss für Fragen des Verfassungsschutzes erfolgt. Weiterhin sind in § 24 Satz 3 die Kontrollmöglichkeiten des Ausschusses aufgeführt. Darin heißt es, dass alle für die Ausübung der Kontrolle erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akten und Dateieinsichten verlangt werden können. Ihre Forderung nach der Möglichkeit der Akteneinsicht existiert bereits in unserem vorhandenen Gesetz. Die von Ihnen im Antrag aufgestellte Behauptung, dass der für die Kontrolle notwendige Zugang zu den Akten verwehrt wäre, trifft also in diesem Fall nicht zu.
Zu Ihrer Forderung nach Abschaffung aller V-Leute wie in Thüringen beschlossen - ist Folgendes zu sagen. Thüringen steht mit seiner Maßnahme alleine da. Alle anderen Bundesländer verzichten nicht auf V-Leute, und dies aus gutem Grund. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ein Frühwarnsystem in unserem demokratischen Staatswesen.
Man kann auch sagen, es ist ein Schutzschild, um verfassungsfeindliche Bestrebungen abzuwenden. Da sich vieles im konspirativen Raum abspielt, ist es
wichtig und unbedingt notwendig, dass sich der Verfassungsschutz verdeckter Methoden bedient, um an die erforderlichen Informationen zu gelangen. Eine dieser Möglichkeiten ist der Einsatz von V-Leuten, die für die Arbeit ganz einfach unverzichtbar sind. Natürlich hat es bei der Aufklärung der NSUMordserie Pannen und Fehler gegeben. Inzwischen wurden aber gerade auf diesen Erfahrungen aufbauend bundeseinheitliche Regelungen zum V-MannEinsatz vereinbart und zum Teil bereits umgesetzt. Eine entsprechende Anpassung des Bundesverfassungsschutzgesetzes steht in Kürze zur Beratung im Bundesrat an.
Der Verzicht auf V-Leute bedeutet auch Verzicht auf frühzeitige Erkenntnisse bei der Beobachtung und Bekämpfung von gewaltbereitem Extremismus. Wir haben es doch erlebt bei der Aufdeckung der Sauerland-Gruppe und in anderen Fällen. Ich will gar nicht näher darauf eingehen, das wissen Sie alles selbst. Hätten nicht V-Leute Hinweise gegeben, wären wir in eine Katastrophe geraten. Dies muss man doch endlich mal zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren, wie wichtig das war. Wollen Sie tatsächlich die Verantwortung dafür übernehmen, dass Extremisten von rechts und links, dass gewaltbereite Islamisten in diesem Lande schalten und walten können, wie sie wollen, nur weil sie sicher sein können, dass staatlicherseits keine Kontrolle mehr stattfindet? Das wäre mehr als verantwortungslos, meine Damen und Herren, denn wo wollen Sie die Grenze für den Einsatz von V-Leuten tatsächlich ziehen?
Eine Übertragung der Befugnisse auf die Polizei, die Sie groteskerweise in dem Antrag ebenfalls wieder fordern, widerspricht eindeutig dem vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz. Auch das müssen Sie endlich mal begreifen. Die Rechtsordnung in Deutschland unterscheidet zwischen einer grundsätzlich offen arbeitenden Polizei, die verpflichtet ist, bei allem, was ihr zur Kenntnis kommt, nach dem Legalitätsprinzip tätig zu werden, zu ermitteln und zu handeln. Dies unterscheidet die Polizei grundsätzlich von den verdeckt arbeitenden Nachrichtendiensten, deren Tätigkeit sich auf die Beobachtung und Aufklärung im Vorfeld zur politischen Information und Beratung beschränkt.
Gerade dieses Trennungsgebot ist eine unverzichtbare Errungenschaft unseres demokratischen Rechtsstaates. Bei der Gestapo und bei der Stasi war dieses Trennungsgebot nicht vorhanden. Dort waren Bespitzelung und Nachrichtendienst Teil der Polizeiarbeit mit all den Folgen, die wir niemals vergessen sollten.
Bitte schön.
Abg. Huonker (DIE LINKE) mit einer Zwischenfrage: Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, sehr geehrter Herr Kollege, dass ich vorhin von Vorschlägen renommierter Staats- und Verfassungsrechtler gesprochen habe, die unter Berücksichtigung des Trennungsgebotes, das vom Bundesverfassungsgericht noch mal bestätigt wurde, Vorschläge zur Reform des Verfassungsschutzes und der Polizei gemacht haben? Übrigens wurden diese Vorschläge auch noch unterstützt von einem Abteilungsleiter des Bundesverfassungsschutzes, der gesagt hat, diese Sachen gehörten in eine Hand, nämlich in die der Polizei. Ich befürchte, dass Sie sich mit diesen Vorschlägen gar nicht beschäftigt haben.
Ich nehme Ihre Zwischenfrage zur Kenntnis. Ich sage Ihnen nur, das Trennungsgebot hat für uns einen großen rechtsstaatlichen Charakter, und daran werden wir auch in Zukunft festhalten. Wir werden uns nicht darüber unterhalten müssen, ob bestimmte Dinge des Verfassungsschutzes von der Polizei übernommen werden müssen.
Was das bedeuten würde, habe ich gesagt: Bei Gestapo und Stasi war das so. Das will niemand mehr in diesem Lande haben, ich mit Sicherheit nicht. Ich glaube auch nicht, dass es viele hier gibt, die das wollen. Ich möchte an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes auch ausdrücklich für ihre Arbeit im Sinne der Sicherheit unseres Landes danken.
Ich versichere Ihnen, dass die CDU voll und ganz hinter unseren Sicherheitsorganen steht und auch in Zukunft stehen wird. Wir hatten bisher keine großen Terroranschläge im Saarland. Wir hatten sicherlich ganz viel Glück, aber auch verlässliche Sicherheitsorgane, die mitgeholfen haben, dass solche Anschläge vermieden werden können.
Wir müssen - das muss die eigentliche Quintessenz sein - nicht den Verfassungsschutz und die V-Leute abschaffen, sondern wir müssen die, die uns vor Gefahren schützen, mit allen rechtlich erlaubten Mitteln ausstatten, damit sie ihre Arbeit zum Wohle und der Sicherheit der Menschen in unserem Lande ausüben können. Alles andere wäre fahrlässig und verantwortungslos. Deswegen lehnen wir die Anträge der LINKEN und der PIRATEN ab.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Integrierte Leitstelle - eine schwierige Kiste, so könnte man die Überschrift wählen. Bereits im Jahre 2006 habe ich hier in diesem Haus ausgeführt, dass vor dem Hintergrund zahlreicher Terroranschläge auf der ganzen Welt - auch im Saarland - eine stärkere Verzahnung der zur nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr zur Verfügung stehenden Kräfte zu erfolgen habe. Wir haben die Errichtung einer Integrierten Leitstelle für das Saarland beschlossen, mit dem Ziel, die nicht polizeiliche Gefahrenabwehr so aufeinander abzustimmen, dass sie als einheitliches Hilfesystem funktioniert.
Das Ganze sollte als Zwei-Standorte-Modell funktionieren, wobei die Berufsfeuerwehr Saarbrücken für die Feuerwehralarmierung und der Rettungszweckverband, wie er damals noch hieß, für die Alarmierung der übrigen Notfälle zuständig sein sollte. Neben der landesweiten Notrufnummer 110 sollte die 112 als einheitliche Notrufnummer für alle nichtpolizeilichen Notrufe gelten.
Ich musste kopfschüttelnd schmunzeln, als ich in der Niederschrift von damals gelesen habe, dass ich den Beteiligten der Berufsfeuerwehr und dem Rettungszweckverband für den tragfähigen Kompromiss, der erarbeitet wurde, und das konstruktive Engagement gedankt habe. Das war etwas voreilig, wie sich herausgestellt hat. Das Zwei-StandorteKonzept im Sinne des damaligen Gesetzes ist nie verwirklicht worden und deshalb im Oktober 2014 für gescheitert erklärt worden. Nun möchte ich an dieser Stelle nicht noch einmal darauf eingehen, wer Schuld oder nicht Schuld hat, das bringt uns nicht weiter.
Wir haben Ende des vergangenen Jahres die Notbremse gezogen und wollen jetzt nach vorne blicken
und eine endgültige Regelung herbeiführen. Wenn auch das Zwei-Standorte-Modell gescheitert ist, heißt das nicht, dass seit dem Jahr 2006 nichts passiert ist, im Gegenteil. Auf dem Winterberg wurden durch den Zweckverband die technischen Voraussetzungen für den Betrieb einer Integrierten Leitstelle geschaffen. Die eingesetzte Technik ist die gleiche wie bei der Leitzentrale der Polizei, das ist wichtig für die Kompatibilität der Systeme.
Im Jahre 2011 wurde per Gesetz der bisherige Rettungszweckverband - Träger des Verbandes sind die Landkreise und der Regionalverband in „Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung“ umbenannt. Nach und nach haben die Landkreise die Feuerwehralarmierung auf den Zweckverband übertragen. Wer die Berichterstattung in den letzten Wochen verfolgt hat, konnte lesen, dass vonseiten der Feuerwehr die ursprüngliche Skepsis gegen ein solches Verfahren aufgegeben wurde und man mit der Arbeit des Zweckverbandes im Großen und Ganzen sehr zufrieden ist. Die einzigen Ausnahmen bezüglich der Brandalarmierung stellen der Regionalverband und die Stadt Saarbrücken dar. Im Brandfalle erfolgt zurzeit die Alarmierung für diese Bereiche durch die Berufsfeuerwehr Saarbrücken.
Das heute vorliegende Gesetz sieht vor, dass dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar die alleinige Trägerschaft und Betreiberschaft für die Integrierte Leitstelle des Saarlandes übertragen wird. Die Landkreise und die Landeshauptstadt Saarbrücken übertragen dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung die ihnen nach § 4 Abs. 3 des Gesetzes über den Brandschutz, die technische Hilfe und den Katastrophenschutz im Saarland obliegenden Aufgaben der Alarmierung der Feuerwehren und Katastrophenschutzeinheiten sowie der Führungsunterstützung im Brandschutz, in der technischen Hilfe und im Katastrophenschutz. Die Notrufe laufen alle auf dem Winterberg zusammen. In die Alarmierung der Feuerwehren und der Katastrophenschutzeinheiten in technischen Fachdiensten im Regionalverband Saarbrücken soll die Haupteinsatzzentrale der Berufsfeuerwehr Saarbrücken eingebunden werden.
Es ist erklärter Wille der Koalition, dass die Berufsfeuerwehr Saarbrücken für die Alarmierung im Regionalverband zuständig sein soll. Das heißt aber auch, dass der Zweckverband und die Berufsfeuerwehr eine Regelung finden sollen, wie die Alarmierung im Regionalverband durch die Haupteinsatzzentrale der Berufsfeuerwehr erfolgen kann. Das Gesetz sieht weiter vor, dass die Landeshauptstadt Saarbrücken bei Einbindung der Haupteinsatzzentrale der Berufsfeuerwehr in die Alarmierung der Feuerwehren und Katastrophenschutzeinheiten in technischen Fachdiensten im Regionalverband
Saarbrücken eine leistungsgerechte Vergütung für ihre Dienstleistung vom Zweckverband enthält.
Der Zweckverband legt die Kosten für den Rettungsdienst und die Feuerwehralarmierung auf alle Gemeindeverbände um. Aus diesem Aufkommen wird die Dienstleistung der Stadt Saarbrücken dann vergütet.
Zweckverband und Stadt Saarbrücken müssen den Umfang der Tätigkeit und die dazugehörende Erstattung miteinander aushandeln. Sollte es zu keiner Einigung kommen - wir haben in den letzten Jahren ja unsere Erfahrungen sammeln können -, so sieht § 3 Abs. 3 dieses Gesetzes vor, dass die grundsätzliche Entscheidung dann die Aufsichtsbehörde, in dem Fall das Ministerium für Inneres und Sport, trifft. Diese Regelung, wonach eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann, ist absolut notwendig, wenn wir eine Integrierte Leitstelle für das ganze Land installieren wollen. Eine Blockade kann dadurch verhindert werden. Die ersten E-Mails in diese Richtung sind schon wieder eingegangen. Sie sind heute Morgen auf meinem Schreibtisch gelandet. Umso wichtiger ist es, dass wir diese Regelung heute mit diesem Gesetz einführen.
Ich betone noch einmal, denn nur dieses macht Sinn: Der Rettungszweckverband ist Träger der Integrierten Leitstelle für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung. Wir wollen, das möchte ich auch noch einmal deutlich sagen, die Haupteinsatzzentrale der Berufsfeuerwehr Saarbrücken aufgrund ihrer Erfahrungen und der vorhandenen Kapazitäten mit einbinden.
Der Kollege aus der Stadt Saarbrücken klatscht. Wunderbar. - Das Gesetz lässt aber keine Blockade mehr zu. Der Zweckverband ist in der Lage, auch ohne die Feuerwehr Saarbrücken die Alarmierung im ganzen Land durchzuführen. Es liegt nun an den Beteiligten, dass die Soll-Vorschrift dieses Gesetzes mit Leben erfüllt werden kann.
Um einmal zu verdeutlichen, warum das Gesetz den Zweckverband und nicht die Berufsfeuerwehr Saarbrücken mit der Leitung der Integrierten Leitstelle betraut, möchte ich einige Zahlen nennen. Aus der Statistik des Innenministeriums für das Jahr 2013 geht hervor, dass die Berufsfeuerwehr Saarbrücken insgesamt 1.144 Brände, 2.568 technische Hilfeleistungen und 957 Fehlalarme zu bearbeiten hatte. Insgesamt waren es im Jahr 2013 also 4.709 Fälle. Darin enthalten sind die Zahlen der Landkreise Saarpfalz und Merzig-Wadern, die die Feuerwehralarmierung bis dahin noch von der Berufsfeuerwehr Saarbrücken haben machen lassen. Ohne diese
Fälle wären insgesamt 2.853 Fälle bei der Berufsfeuerwehr Saarbrücken aufgelaufen.
Der Zweckverband hatte im gleichen Zeitraum im Bereich Rettungswagen 67.000 Einsätze, 29.300 Notarztfälle, 131.000 Krankentransporte sowie 31.000 Hausnotrufe. Das sind insgesamt 258.300 Einsätze, die zu koordinieren waren. Hinzu kommen für die übrigen Landkreise 1.900 Einsätze der Feuerwehr, 6.300 kassenärztliche Notdienste und sonstige Hilfeleistungen von 7.100. Ich denke, dass diese Zahlen verdeutlichen, warum wir die Leitung der Integrierten Leitstelle auf den Winterberg an den Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung vergeben.
Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung machen. Ich begleite dieses Thema nun von Anfang an. Ich habe viel Herzblut in das Gelingen und Zustandekommen der Integrierten Leitstelle investiert. Das kommt auch daher, weil ich schon lange mit der Materie vertraut bin. Zum einen war ich lange Jahre Mitglied im Katastrophenschutz-Stab des Saarpfalz-Kreises, zum anderen bin ich seit Jahren Kreisvorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes in St. Ingbert, eine Organisation, die im Rettungsdienst sicherlich keine unwesentliche Rolle spielt. Ich habe außerdem ausgezeichnete Verbindungen sowohl zum THW wie auch zur Feuerwehr. Im Gegensatz zu anderen habe ich mich in der Vergangenheit dennoch nicht öffentlich in die eine oder andere Richtung geäußert. Es war mir immer wichtig, im Hintergrund mit den Beteiligten zu sprechen und eine Lösung zu finden. Der Zeitpunkt ist aber jetzt da. Ich habe kein Verständnis mehr dafür, dass persönliche Befindlichkeiten oder ein Gesichtsverlust beziehungsweise der Kampf um Pfründe in den Vordergrund gestellt werden. Es geht einzig und allein um die Rettung von Menschen. Es geht darum, eine Struktur zu schaffen, die es uns ermöglicht, schnellstmöglich Hilfe zu leisten in einem Bereich, in dem es häufig nicht auf Minuten, sondern auf Sekunden ankommt. Daran sollten alle Beteiligten denken. Dann können wir ohne Probleme im Interesse der Menschen jetzt zu einem schnellen und guten Ergebnis in diesem Lande kommen. Die CDU wird dem Gesetzentwurf zustimmen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Änderung des Saarländischen Verfassungsschutzgesetzes, über den wir heute in Zweiter Lesung beraten, hat folgende wesentliche Inhalte. Erstens wird die akustische Wohnraumüberwachung verfassungskonform ausgestaltet, wie es das Bundesverfassungsgericht verlangt. Zweitens wird die Telekommunikationsüberwachung an moderne technische Anforderungen angepasst. Drittens wird die parlamentarische Kontrolle den parlamentarischen Gegebenheiten mit fünf Fraktionen angepasst.
Die ersten beiden Komplexe betreffen die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. Sie soll rechtssicherer erfolgen können. Deshalb haben wir die zwingenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umgesetzt, dass die akustische Wohnraumüberwachung nun so stattfinden kann, dass einerseits die Rechte der zu Überwachenden und andererseits das Interesse der Bevölkerung an öffentlicher Sicherheit gewahrt werden können. Hinsichtlich der modernen Technik wird das Landesamt in die Lage versetzt, bei Mobilfunkgeräten die Kartennummer und die Mobilfunknummer zu ermitteln. Dies gelingt durch den Einsatz eines sogenannten IMSICatchers mittels eines komplexen technischen Prozesses. Die Regeln für diesen Einsatz und insbesondere die Verwertung der Ergebnisse werden nach rechtsstaatlichen und strengen Anforderungen festgelegt. Dem Landesamt für Verfassungsschutz sollen hinsichtlich der Bestandsdatenerhebung die gleichen Befugnisse eingeräumt werden wie dem Bundesamt und den übrigen Landesämtern.
Kernpunkt des Gesetzes ist die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle, die sich auf zwei Ebenen vollzieht - zum einen im Ausschuss für Verfassungsschutz und zum anderen in der sogenannten G10-Kommission. Künftig haben alle Fraktionen das Recht auf ein ordentliches Mitglied im Ausschuss und in der Kommission. Die Regelung ist so flexibel
gestaltet, dass wir das Gesetz nicht jeweils nach Wahlen ändern müssen, sondern dass die Zusammensetzung des Ausschusses immer der jeweiligen Besetzung im Parlament angepasst werden kann. Dabei wird der Aspekt des Geheimschutzes nicht vernachlässigt. Es wird also keine Stellvertreter mehr geben. Die Mitgliedschaft im Ausschuss und damit die Verantwortung für die Geheimhaltung sind personenbezogen. Daran lehnt sich die Zusammensetzung der G-10-Kommission an. Künftig wird jede Fraktion das recht haben, mindestens ein Mitglied zu benennen. Auch hier wird die Stellvertretung nicht möglich sein. Mitgliedschaft und Verantwortlichkeit gehören auch hier zusammen.
Die Kontrollfunktion des Parlaments wird gestärkt und dies unabhängig von den sonst üblichen Grundregeln der Sitzverteilung in den Ausschüssen. Wir wollen, dass alle im Landtag vertretenen Parteien dem Kontrollausschuss zu Fragen des Verfassungsschutzes mit ordentlicher Stimme angehören. Damit erweitert sich zwangsläufig die Kontrollfunktion dieses Parlaments. Ich glaube, das ist eine gute Sache. - Damit habe ich im Wesentlichen vorgetragen, was mit der heutigen Gesetzesänderung erreicht werden soll.
Kolleginnen und Kollegen! Die Erste Lesung des Gesetzes hier im Parlament und auch die Anhörungen haben gezeigt, dass es unterschiedliche Einstellungen zum Verfassungsschutz gibt. Die einen sind grundsätzlich gegen den Verfassungsschutz und für die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Andere wozu ich auch gehöre - halten ihn für absolut notwendig. Da ich mir sicher bin, dass auch die heutige Diskussion in diese Richtung laufen wird, möchte ich ein paar grundsätzliche Ausführungen dazu machen.
Wir müssen uns die Frage stellen, in welchem Geiste wir die Diskussion führen. Ordnet man den Verfassungsschutz wie die Polizei, wie alle Gewalten in diesem Staate, ein als Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit der Aufgabe, diese freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bewahren? Oder ordnet man den Verfassungsschutz als Spitzel ein? Das ist die grundlegende Frage.
Für uns ist die Grundausrichtung klar. Auch wenn es sicherlich in der Vergangenheit Missstände und Skandale gegeben hat, so ist dieser Dienst ein Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Der Verfassungsschutz und die Arbeit des Verfassungsschutzes dienen den Menschen in diesem Land. Sie dienen dem Erhalt unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung in unserem Staat; das ist für uns sehr wichtig und einfach unverzichtbar.
Es ist deshalb auch nicht hilfreich und gut, wenn die Arbeit des Verfassungsschutzes unter Generalverdacht gestellt wird und wenn wider besseres Wissen der Eindruck erweckt wird, als würden hier ohne jeden Schutz des Einzelnen wild Daten gesammelt.
Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall! - Es wäre schön, wenn Sie einmal einen anderen Körperteil als den Kehlkopf einsetzen. Das ist zwar das stärkste Teil bei Ihnen, aber trotzdem.
Hermann, es ist es nicht wert, dass wir uns seinetwegen aufregen. - Die Spielregeln für den Verfassungsschutz sind ganz eng gesetzt. Sie werden vom Bundesverfassungsgericht - das ist auch richtig so permanent überprüft. Bei dem Gesetz über die AntiTerror-Datei hat das Bundesverfassungsgericht wichtige Aussagen gemacht, zum Beispiel in der Frage: Was ist eigentlich die Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz? Sowohl im Bundesgesetz als auch im Landesgesetz steht, dass es bei der Arbeit darum geht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen und gegen organisierte Kriminalität vorzugehen, vor Terroranschlägen zu schützen und so weiter. Das sind die Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz.
Wenn man sich weiterhin anschaut, wie diese Aufgaben in eine Rechtsordnung eingebunden sind, die sicherstellen soll, dass die Privatsphäre des Einzelnen und die Freiheitsrechte, wie zum Beispiel die Unverletzlichkeit der Wohnung und so weiter, gewahrt werden, dann kann man mit Sicherheit nicht davon sprechen, dass massenhaft Daten gesammelt werden - ohne jede Schranke und ohne jede Einflussmöglichkeit des Betroffenen. Es hat hier und da Verfehlungen gegeben - Herr Ulrich ruft das ja immer dazwischen. Herr Klaus Meiser hat in der Ersten Lesung einmal gefragt: Wenn ein Lehrer sich schlecht benimmt, wird dann die Schule abgeschafft? Wenn ein Polizeibeamter sich einmal danebenbenimmt, schafft man dann die Polizei ab? - Das ist doch Unsinn.
Auch wenn es hier und da Verfehlungen gegeben hat, darf das nicht dazu führen, dass gefordert wird, den Verfassungsschutz abzuschaffen. Sicher werden geheime Tonaufzeichnungen gemacht, das sind nun einmal nachrichtendienstliche Tätigkeiten und Hilfsmittel. Aber dies geschieht doch nicht willkürlich, sondern es bedarf in jedem Fall einer richterlichen Genehmigung, ohne die keine Abhörmaßnahme erfolgen darf.
Vielfach basiert die Forderung zur Abschaffung des Verfassungsschutzes auch darauf, dass diese Aufgaben der Polizei übertragen werden sollen. Wir haben aber in Deutschland ein Trennungsgebot, und dieses Trennungsgebot hat nach unserer Auffassung auch seine Berechtigung. Im April 2013 hat das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Antiterrordateigesetzes unter anderem folgende Aussagen gemacht: Die Rechtsordnung in Deutschland unterscheidet zwischen einer grundsätzlich offen arbeitenden Polizei, die verpflichtet ist, bei allem, was ihr zur Kenntnis kommt, nach dem Legalitätsprinzip tätig zu werden, zu ermitteln und zu handeln. Dabei kann sich die Polizei detaillierter Rechtsgrundlagen bedienen. Dies unterscheidet sie grundsätzlich von den verdeckt arbeitenden Nachrichtendiensten, deren Tätigkeit sich auf die Beobachtung und Aufklärung im Vorfeld zur politischen Information und Beratung beschränkt. Der Verfassungsschutz kann sich dabei auf weniger ausdifferenzierte Rechtsgrundlagen stützen, als dies die Polizei kann.
Was heißt das im Klartext? Im Klartext heißt das: Wenn der Verfassungsschutz - beispielsweise wegen der Sauerland-Affäre - Erkenntnisse gewinnt, die die Menschen in unserem Land vor Terrorakten bewahren helfen, dann kann sich der Verfassungsschutz auf das Wesentliche dieser Erkenntnisse konzentrieren. Das heißt, werden in diesem Zusammenhang weitere kleine Straftaten entdeckt, spielen die bei den Ermittlungen durch den Verfassungsschutz keine Rolle. Anders sieht dies bei der Polizei aus. Abgesehen davon, dass die Polizei nicht über die entsprechenden Mittel und das entsprechend ausgebildete Personal verfügt, müsste die Polizei allen - ich betone: allen - gewonnenen Erkenntnissen nachgehen und diese auch verwerten. Sie müsste jeder kleinen Straftat nachgehen, was der Verfassungsschutz in diesem Fall eben nicht muss.
In einem Jahr, in dem viele Gedächtnistage gefeiert werden, wie der Beginn des Zweiten Weltkriegs und die Erinnerung an den Naziterror, 25 Jahre Fall der Mauer und Beendigung des Unrechtsregimes in der DDR, darf, wenn es um das Trennungsgebot geht ohne provozieren zu wollen -, der Hinweis auf Gestapo und Stasi gestattet sein, bei denen genau diese Trennung eben nicht erfolgt ist, wo Bespitzelung und Nachrichtendienst wirklich Teil der Polizeiarbeit waren. Will das irgendjemand noch in diesem Lande haben? Ich nicht, meine Damen und Herren.
Wir haben uns mit dieser Gesetzesänderung viel Mühe gegeben. Wir haben eine umfangreiche Anhörung durchgeführt. Der Vorsitzende hat bereits darüber berichtet, und wie Sie der Vorlage entnehmen können, haben wir auch aufgrund dieser Anhörung in dem ein oder anderen Fall Korrekturen an dem ursprünglichen Gesetz vorgenommen. Wir haben an
mehreren Stellen den Bedenken, die geäußert wurden, Rechnung getragen. Wir haben aber auch im Großen und Ganzen Kante gezeigt und machen das, was zum Schutze der Menschen in diesem Lande notwendig ist. Wir haben gesagt, welche Rechte und Instrumente der Verfassungsschutz haben muss, und sind zu einem großen Teil bei den Bestimmungen geblieben, wie sie im Ursprungsgesetz gestanden haben.
Die Koalition ist in Gänze der Meinung, dass der Verfassungsschutz notwendig ist. Ich glaube auch, dass die Erfolge des Verfassungsschutzes, auf die ich an dieser Stelle nicht näher eingehen möchte, in den vergangenen Jahren dazu geführt haben, dass im Saarland eben keine großen Anschläge erfolgt sind und wir hier in einem Land leben, in dem es friedlich zugehen kann. Das ist auch ein Teil der Arbeit unseres Verfassungsschutzes. Die wollen wir nicht behindern, wir wollen sie stärken, und wir berücksichtigen gleichzeitig auch die Interessen der Menschen in diesem Lande, die sicher sein können, dass die Kontrollmechanismen funktionieren und dass nur in Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird, wenn es auch notwendig ist. Darüber entscheiden dann Gerichte.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz für ihre im Interesse der Sicherheit der Menschen in unserem Lande geleistete Arbeit ausdrücklich danken.
Am Montag stand auf der Titelseite der SZ, dass nach Erkenntnissen unserer Geheimdienste ein großer IS-Anschlag droht. Wer täglich Nachrichtensendungen anschaut, kann unschwer erkennen, dass weltweit Tag für Tag Terroranschläge verübt werden. Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob und wann es uns in Deutschland oder im Saarland trifft. Wir hatten jedenfalls bisher viel, viel Glück.
In Anbetracht der gesamten Weltlage kann unsere Entscheidung nur lauten: Wir müssen die, die uns vor solchen Gefahren schützen - also auch unseren Verfassungsschutz - mit allen rechtlich erlaubten Mitteln ausstatten. Alles andere wäre fahrlässig, wäre verantwortungslos. - Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetz.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Änderungsgesetz, das wir heute hier verabschieden, liegt uns unverändert gegenüber der Ersten Lesung vor. Der Innenausschuss hat es mit Mehrheit so dem Parlament zur Verabschiedung in Zweiter Lesung wieder vorgelegt, der Ausschussvorsitzende hat es vorgetragen. Insofern hätte es einer erneuten Debatte eigentlich nicht bedurft. Ich könnte auch meine Rede von der Einbringung nochmals vortragen. Da sich seitdem nichts verändert hat, verzichte ich allerdings darauf. Ich werde trotzdem noch einmal in wenigen Sätzen auf das Wesentliche der Gesetzesänderung eingehen, auch auf den Antrag der GRÜNEN und der LINKEN, der mit diesem Tagesordnungspunkt verknüpft wurde.
Meine Damen und Herren, klar ist - und das war nicht anders zu erwarten -, GRÜNE, LINKE und PIRATEN wollen anlässlich der Änderung des Landesaufnahmegesetzes heute wieder mal eine Generaldebatte zum Asyl- und Flüchtlingsrecht vom Zaun brechen. Die Anträge, die sie heute gestellt haben sei es der Änderungsantrag der PIRATEN oder der Initiativantrag der GRÜNEN, dem die LINKE beigetreten ist -, zeigen dies ganz deutlich.
Das Gesetz, das wir heute in wenigen Passagen gegenüber dem Ursprungsgesetz ändern, eignet sich aber nicht dafür. Wir wollen mit dieser Gesetzesänderung Probleme, die sich aktuell in unserem Land stellen, lösen. Bei der Problemlösung machen wir uns das Ganze auch nicht so einfach wie die Opposition. Sie stellen wunderbare Forderungen auf, wohl wissend, dass Sie all das, was Sie fordern, nicht selbst umsetzen müssen.
Um was geht es eigentlich? Mit dem Gesetz, um das es hier geht, wollen wir die Verteilung von bestimmten Flüchtlingsgruppen erleichtern, indem wir eine Aufnahmeverpflichtung für die Kommunen schaffen. Ziel ist es, die Aufnahmekapazitäten der Landesaufnahmestelle zu verbessern. Nach dem heute geltenden Landesaufnahmegesetz kann das Land jeden Asylbewerber im noch laufenden Verfahren, anerkannte Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention auf die Kommunen verteilen.
Mit der jetzigen Änderung sollen auch Menschen mit subsidiärem Schutz nach § 4 Asylverfahrensgesetz verteilt werden können. Das sind solche Menschen, die stichhaltige Gründe vorbringen, dass ihnen im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthaf
ter Schaden droht. Des Weiteren sollen Menschen mit Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz auf die Gemeinden verteilt werden können. Das sind solche Menschen, für die im Heimatland eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben und Freiheit droht beziehungsweise besteht. Es sollen damit die rechtlichen Voraussetzungen für eine konsequente Verteilung von Asylberechtigten geschaffen werden.
Um dem immer wieder genannten Konnexitätsprinzip Rechnung zu tragen, werden den Gemeinden einmalige Aufnahmepauschalen gewährt. Diese richten sich in der Höhe nach der Art des Anspruchs auf staatliche Hilfeleistungen, das heißt, es wird unterschieden zwischen Hartz-4-Empfängern und Sozialhilfeempfängern. Dem Land entstehen dadurch mehrere Hunderttausend Euro Mehrkosten. Ich möchte dies nicht unerwähnt lassen. Für ein Haushaltsnotlageland wie das Saarland ist das ein großer Batzen. - Damit ist im Grunde genommen alles gesagt, was zur Gesetzesänderung zu sagen wäre.
Ich komme zum Antrag der GRÜNEN und LINKEN. Da wird zum x-ten Male die Umstellung von Sachauf Geldleistungen in der Landesaufnahmestelle gefordert. Diese Umstellung wird es aber nicht geben. Das haben wir eindeutig im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Ich möchte auch nochmals darauf hinweisen, dass die Umstellung auf Sachleistungen zur Regierungszeit Lafontaine erfolgt ist. Nun gehöre ich ja nicht zu denen, die Lobpreisungen über Herrn Lafontaine oder seine Regierungszeit verbreiten, aber hier hat er aus guten Gründen etwas Richtiges gemacht.
Die Geldausgabe hatte damals dazu geführt, dass Erpressung, Drogen- und Alkoholkonsum an der Tagesordnung waren. Nach Aussagen aller Fachleute, mit denen ich gesprochen habe, wäre dieses Phänomen auch heute wieder sofort vorhanden.
Wir wollen, dass insbesondere Frauen und Kinder vom ersten bis zum letzten Tag des Monats etwas zu essen haben! Das können wir nur durch Sachleistungen sicherstellen. Deshalb bleibt es auch dabei. Im Übrigen hat auch das Bundesverfassungsgericht die Rechtmäßigkeit des Sachleistungsprinzips bestätigt. Wir befinden uns damit auch auf dem Boden des Grundgesetzes.
Die GRÜNEN fordern weiterhin, die Landesaufnahmestelle nur noch als Erstaufnahme-Einrichtung zu nutzen, also den Rückbau der Einrichtung bezie
hungsweise - für die Opposition der Idealfall - die Auflösung der Landesaufnahmestelle.
Hierzu ist zu sagen: Der sogenannte Verteilstopp aus dem Jahre 1994 zielte darauf ab, die kommunale Ebene von den Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und abgelehnten Asylbewerbern zu befreien. In der Landesaufnahmestelle trägt das Land 100 Prozent der Kosten für diese Menschen. Dies war ein Solidaritätsakt gegenüber den Gemeinden. Würde die Landesaufnahmestelle geschlossen, läge die Verantwortung für die Unterbringung bei der kommunalen Ebene. Wie wollen Sie das den Gemeinden vermitteln, die heute schon nicht mehr wissen, wie sie die ihnen zugewiesenen Menschen unterbringen sollen? Wie wollen Sie das vermitteln vor dem Hintergrund, dass sich der monatliche Zuzug mit mehr als 300 Menschen gegenüber den letzten Jahren mehr als verdoppelt hat und er in der Zukunft noch steigen wird?
Dazu kommt, dass ein großer Teil derer, die in der Landesaufnahmestelle wohnen, abgelehnte Asylbewerber mit einer Duldung ohne gesicherten Aufenthaltsstatus sind. Für diesen Personenkreis würde das Land keine Kostenerstattung bei einer Unterbringung in den Gemeinden leisten. Diese Menschen sind nach wie vor ausreisepflichtig, können jedoch nicht abgeschoben werden, weil sie nicht dazu beitragen, dass ihre Identität festgestellt werden kann.
Im Rahmen der Arbeitsgruppe „Unterbringung und Integration" unter Federführung von Frau Ministerin Bachmann wird derzeit zusammen mit Vertretern der kommunalen Ebene, der beteiligten Ressorts, der Wohlfahrtsverbände und des Landesverwaltungsamtes ein Konzept für die Verteilung, Unterbringung und Integration von Asylbewerbern und Schutzberechtigten erarbeitet. Es ist davon auszugehen, dass dieses Gesamtkonzept bis Ende Oktober 2014 vorliegt. Es wird nach Möglichkeiten gesucht, auch den Wünschen der Betroffenen Rechnung zu tragen. Aus diesen Gründen macht doch Ihre Forderung nach komplett dezentraler Unterbringung von Asylbewerbern keinen Sinn! Zum jetzigen Zeitpunkt schon gar nicht, meine Damen und Herren.
Regionalverbandspräsident Gillo hat in diesem Zusammenhang einen Hilferuf losgelassen - vielen ist ja sein Brief zugegangen -, weil die Kommunen im Regionalverband die Menschen nicht mehr unterbringen können. Die Kommunen anderer Landkreise haben die gleichen Probleme. Fragen Sie doch mal Herrn Gillo, was er von Ihrem Vorschlag hält.
Dennoch sage ich - das geht auch an die Adresse von Herrn Gillo und der Landkreise - an dieser Stelle
auch: Die Landkreise können sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Sie haben sich die Sozialämter inklusive Personal einverleibt.
Jetzt haben sie auch die Pflicht und Schuldigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, und dürfen die Gemeinden, die das erforderliche Personal abgestellt haben, nicht mit den Problemen alleine lassen. Das geht auch nicht.
Wir verteilen überall, wo es möglich ist, und erweitern mit diesem Gesetz, das wir heute hier verabschieden, den Personenkreis der Betroffenen. Dies gilt ebenso für die Forderung nach Aufhebung der Wohnsitzverpflichtung für alle noch in der Landesaufnahmeunterkunft lebenden Menschen nach einem Jahr. Wer die Voraussetzungen erfüllt, kann und darf die Aufnahmestelle verlassen. Eine generelle Regelung wäre unverantwortbar. Wir arbeiten an Mindeststandards und wollen auch den Betreuungsschlüssel zur Sicherstellung einer angemessenen Betreuung verbessern. Das braucht seine Zeit.
Ein genereller Winterabschiebestopp wird von uns jedoch abgelehnt. Es wird immer eine Einzelfallprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geben. Die Entscheidung des Bundesamtes ist für alle bindend. Wenn eine konkrete Gefährdung im Herkunftsland besteht, wird auch nicht abgeschoben, aber ein genereller Abschiebestopp, nur weil bei uns Winter ist, macht sicherlich keinen Sinn. Im Übrigen hat die Erfahrung mit diesen sogenannten Winterabschiebestopps in der Vergangenheit gezeigt, dass spätestens im Spätsommer eine verstärkte Zuwanderung aus Osteuropa zu verzeichnen war. Das können wir in der momentanen Situation überhaupt nicht brauchen. - Ich könnte noch viele sachliche Gründe vorbringen, die gegen den Antrag der GRÜNEN und der LINKEN sprechen, möchte es aber bei dem jetzt Vorgetragenen belassen.
Kolleginnen und Kollegen, wir tun im Saarland und in Deutschland alles, was möglich ist, um diesen armen Menschen zu helfen, die in Not sind. Wir sind das Land, das mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufnimmt. Wir sollten dies auch in Zukunft mit Herz und Verstand so weiterführen. Wir können das Problem aber nicht alleine lösen. Die gesamte Staatengemeinschaft ist hier gefordert, alle müssen ihren Beitrag leisten. Eine vom Bundesinnenminister geforderte Kontingentierung wäre ein guter Ansatz. Nach einer solchen Kontingentierung hätte Deutschland bereits mehr als doppelt so viele Flüchtlinge aufgenommen, als es hat aufnehmen müssen.
Deshalb sollten wir uns von diesen lautstarken, sich in der Minderheit befindenden Nestbeschmutzern und Sozialromantikern auf unserem Weg nicht irritieren lassen.
Wer immer mehr Menschen nach Deutschland und ins Saarland holen will, muss auch sagen, wie er das finanzieren will.
Das hat nichts damit zu tun, dass wir eine Politik nach Kassenlage machen, meine Damen und Herren, sondern wir machen eine tatsächlich verantwortungsvolle Politik.
Bei uns stehen die hilfsbedürftigen Menschen immer vorne, ohne dabei die zu vergessen, die uns gewählt haben und von uns erwarten, dass wir verantwortungsbewusst mit dem Geld umgehen, dass sie uns in Form von Steuern und Abgaben von ihrem durch Arbeit verdienten Geld treuhänderisch zur Verfügung stellen. Auch an diese Menschen müssen wir denken. Ich vergesse sie jedenfalls bei meinem Handeln nicht.
Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz, das uns heute hier vorliegt, eignet sich nicht zur Grundsatzdebatte über