Fünf Jahre sind natürlich eine verdammt kurze Zeit, um alle Akteure einer Landespolitik kennenzulernen, denn es passiert ja viel in einem Bundesland. Das übersieht man manchmal, wenn man sich nur mit Bundesthemen beschäftigt und wenn man schaut, was in Europa los ist. Auch in unseren Bundesländern ist verdammt viel los. Es sind sehr viele Leute, die unglaublich engagiert daran arbeiten, unser Land für die Menschen, die hier leben, voranzubringen, egal ob sie schon immer hier leben oder irgendwann zugewandert sind.
Auch diesen Menschen möchte ich von dieser Stelle ausdrücklich Danke sagen. Gerade als Newcomer haben wir erlebt, wie engagiert die Saarländerinnen und Saarländer hinter den Themen stehen, um die sie sich streiten. Obwohl wir Abgeordnete uns in unserem etwas überschaubaren und nichtsdestotrotz großartigen Land ständig über den Weg laufen, sind fünf Jahre eine kurze Zeit, um sie mit so vortrefflichen Abgeordneten wie Ihnen und euch zu verbringen. Ich kenne weniger als die Hälfte von euch und nur halb so gut, wie sie es verdient. Ich sage nicht, ich kann die Hälfte von euch weniger leiden, als sie es verdient.
Ich glaube, wir kommen gut miteinander aus. Und auch in eure Richtung vielen Dank für die letzten fünf Jahre, die wir hier zusammen gearbeitet und gestritten haben!
Ich nehme es als besonderes Bonbon auf, dass man mir heute die Möglichkeit bietet und die Gelegenheit schafft, als Oppositionsführer der Herzen zu agieren
und heute über das Saarländische Polizeigesetz zu sprechen, ja, im besten Sinne des Wortes zu opponieren, in der Hoffnung, das Saarländische Polizeigesetz irgendwann einmal wieder auf den Boden der Verfassung zurückzuholen.
Damit sind wir schon mitten im Thema. Herr Becker hat ja gut vorgelegt. Ich kann es so subsumieren: Rechtsstaat heißt nicht „mehr Staat, weniger Recht“
und dann funktioniert es schon. Vielmehr muss sich der Rechtsstaat mit dem rechtlichen Rahmen herumschlagen. Das ist gut so. Wenn die Verfassung dann auch einmal doof erscheint, weil sie der Staatsgewalt im Wege steht, ist es nicht der Maßstab der Gesetzgebung, dies zu ändern. Vielmehr ist es die Frage, wie man die Rahmenbedingungen setzt.
Sie haben so schön gesagt, die Polizei braucht einen Vertrauensvorschuss. Nein, das braucht sie nicht. Die Polizei braucht keinen Vertrauensvorschuss. Was sie wirklich braucht und was sie uns sagt, was sie braucht und worauf man viel zu wenig hört, ist ein sicherer rechtlicher Rahmen, denn nichts ist schlimmer für die Polizei, als wenn jetzt ein Rechtsrahmen geschaffen wird, aufgrund dessen sie agiert, der dann aber von den Gerichten wieder kassiert wird. Dann kann sie sich nicht darauf verlassen. Das ist das Schlimmste, was der Polizei passieren kann.
Es ist ja eine Minimaländerung des Saarländischen Polizeigesetzes, über die wir heute sprechen, es ist gar nicht viel. Man ersetzt eine Ziffer 6 durch eine Ziffer 3. Warum müssen wir überhaupt darüber reden? Von allen Themen und Gesetzesänderungen, über die ich hier in den letzten Jahren sprechen durfte, ist es die unnötigste Gesetzesänderung ever. Es ist überhaupt keine qualitative Verbesserung mehr, was in dem Gesetz, das Sie hier eingebracht haben, drinsteht. Bereits heute ist es nämlich für die Polizei möglich, Observationen länger als drei Monate zu machen. Alles, was sie tun muss, ist, damit nach drei Monaten noch einmal zum Richter zu gehen. Der kann es dann verlängern.
Jetzt könnte man natürlich überlegen und sagen, okay, vielleicht ist es ja so, dass die Richter im Saarland regelmäßig nach drei Monaten sagen: „Nein, nein, das reicht jetzt, Sie haben uns keine Anzeichen geliefert, wir glauben der ursprünglichen Prognose nicht mehr. Entsprechend gibt es keine Verlängerung der Observation.“ Nein. Wir haben nachgefragt. Im Jahr 2016 kam es ganze drei Mal vor, dass um eine Verlängerung ersucht wurde. In allen drei Fällen hat der Richter dem auch zugestimmt. Also auch mit dem jetzigen Rechtsrahmen ist genau das gleiche Sicherheitsniveau möglich wie nach dieser Änderung, wenn Sie sie tatsächlich beschließen sollten.
Ich weiß, Sie reden gerne mit der Polizei. Wir tun das ja auch. Ich nenne jetzt auch keine Namen. Das Problem für die Polizei liegt nicht wirklich in diesen drei Monaten. Das Problem für die Polizei liegt darin, die Leute zusammenzukriegen, um drei Monate oder gar noch länger jemanden zu beobachten, und
das rund um die Uhr. Je mehr Leute man über sechs Monate hinweg beobachten will, desto mehr wird die Polizeiarbeit zum Erliegen kommen. Das ist das eigentliche Grundproblem.
Jetzt mit einer solchen Larifari-Änderung zu versuchen, Presse zu machen, finde ich ein ganz schwaches Bild. Ich glaube, darin ist der Grund für diese Gesetzesänderung zu suchen. Man braucht sich ja nur die Begründung durchzulesen, die Sie hinter das Gesetz geschrieben haben. Das hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was in der Änderung drinsteht! Es wird von Gefährdern und konspirativem Verhalten fabuliert. Das alles ist in diesem Gesetz nicht definiert. Das alles ist nicht das, worum es geht. Nein, man möchte in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden als jemand, der sich um diese Gefährder kümmert. Das ist natürlich im zeitlichen Kontext mit dem Anschlag in Berlin zu sehen. Das ist eine ganz billige Nummer. Das ist vor allen Dingen ein unverantwortlicher Missbrauch der Gesetzgebung für wahlkämpferische Zwecke. Das ist postfaktisch. Das ist schlechter Stil. Das kann man so nicht machen. Das tritt auch die Arbeit der Polizei mit Füßen, wenn sie dafür herangezogen wird.
Der Preis dieses Wahlkampfs, den Sie hier bringen, ist eine weitere verfassungswidrige Regelung im Saarländischen Polizeigesetz. Wir bekommen eine Asymmetrie zum BKA-Gesetz. Das heißt, das BKA, das eigentlich für die terroristischen Hintergründe originär zuständig sein sollte, darf nur einen Monat überwachen, die saarländische Polizei sechs Monate. Da kann man sich überlegen, wer die Überwachung in Zukunft machen muss. Das ist doch ein Fehlanreiz. Das geht in die völlig falsche Richtung. In Wirklichkeit ist das eine Gefährdung der Sicherheit und keine Verbesserung der Sicherheitslage in diesem Land. Vor diesem Hintergrund kann man dieses Gesetz auch nur ablehnen. Ich hoffe, ich habe meinen Standpunkt deutlich gemacht.
Man hat auch gesehen, dass Sie eigentlich über ganz andere Dinge sprechen wollten, über Videoüberwachungen, über Hast-du-nicht-gesehen, einfach deshalb, weil in diesem Gesetz nichts drin ist. Es ist wieder so eine Luftnummer, man kann aber sagen: „Den Gefährdern haben wir es jetzt aber gezeigt!“ - Nö, nicht mit uns.
entwurf soll die Anordnungsfrist für längerfristige Observationen von bislang drei auf künftig sechs Monate ausgeweitet werden. Das haben wir jetzt schon öfter gehört. Mit diesem Gesetzesvorhaben sollen Probleme reduziert werden, die uns in den vergangenen Monaten mehrfach von unserer Polizei geschildert worden sind.
Damit wir uns gemeinsam die Dimension der Problemlage vorstellen können, möchte ich kurz einen Sachverhalt skizzieren: Die Polizei wird von einer Justizvollzugsanstalt darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Person deutscher Staatsangehörigkeit, die vor Jahren an einer konkreten Terroranschlagsplanung beteiligt war, demnächst nach Verbüßung der Strafe auf freien Fuß gesetzt wird.
Die Experten der Polizei bewerten nach bundesweit einheitlichen Standards die Gefährdungslage und kommen zu dem Ergebnis, dass diese Person nach wie vor als islamistisch orientierter Gefährder anzusehen ist. Um vorhandene Informationen abzusichern sowie ergänzende Informationen über Kontaktpersonen und Vorhabenplanungen zu erlangen, beantragt die zuständige Staatsschutzdienststelle der Polizei beim zuständigen Richter eine längerfristige Observation. Der Richter erlässt den beantragten Observationsbeschluss, weist aber deutlich und unmissverständlich darauf hin, dass eine Verlängerung in drei Monaten nicht in Betracht kommen wird, wenn bis dorthin keine weiteren und zusätzlichen Informationen über konkretes, im terroristischen Zusammenhang stehendes Verhalten existieren.
Der nun observierte Gefährder verhält sich im Wissen um die Rechtslage zunächst äußerst gesetzeskonform. Weder sucht noch pflegt er irgendwelche kriminellen Kontakte. Da die observierende Staatsschutzdienststelle keine weiteren Verdachtsmomente belegen kann, verzichtet sie trotz eines wirklich unguten Gefühls, aber eingedenk der klaren Aussage des Richters auf die Beantragung einer Verlängerung dieser Observationsanordnung.
Der Gefährder seinerseits wähnt sich im fünften Monat nach seiner Haftentlassung in ausreichender Sicherheit und sucht die ersten Kontakte zu anderen islamistischen Aktivisten. Zwei Monate später - - Ich führe das jetzt nicht weiter aus. Es kann sich jeder selbst überlegen, was danach geschehen kann. Ich überlasse das Ihrer Fantasie. Aber je nachdem, was dann passieren kann oder passiert, können wir uns vorstellen, was berichtet wird und wie die Opposition uns und die Polizei kritisiert.
Der besondere Vorwurf könnte lauten: Warum wurde der bekannte Gefährder nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis nicht lückenlos überwacht?
Meine Damen und Herren, Sie sehen mir nach, dass ich etwas weiter ausgeholt habe, aber angesichts erlebter und noch zu erwartender Diskussionen über Interpretationen von Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes oder sonstiger juristischer Feinheiten war es mir einfach wichtig, ein für mich mögliches Beispiel zu beschreiben. Wahrscheinlich gibt es nach dem Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin keinen mehr unter uns, der den Ausgang im gewählten Beispiel als Fantasiegebilde abtut. Und glauben Sie mir, dass alle Details - ich betone dies im Hinblick auf die Abläufe bei der Polizei und den Gerichten realitätsnah sind. Wir vertrauen unserer Polizei, wir vertrauen unseren Richtern.
Terroristen gehen konspirativ vor, bereiten in aller Regel über einen langen Zeitansatz ihre Taten vor und stützen sich dabei oft auf ein umfangreiches Geflecht aus Unterstützern und Helfern. Nur wenn wir unsere Sicherheitsstrukturen befähigen, im Einzelfall auch mit verdecktem und auf langfristiges Erkunden von Strukturen angelegtem taktischem Vorgehen zu reagieren, haben wir eine ernsthafte und echte Chance, Terroranschläge zu verhindern.
Sehr geehrte Damen und Herren, angesichts der terroristischen Bedrohung, die wir in diesen Tagen, Wochen und Monaten allenthalben in Deutschland und auch im Saarland spüren, ist es in meinen Augen die Aufgabe der verantwortungsvollen Politik, die Sicherheitsbehörden zur Abwehr von Gefahren zu befähigen. Dabei im Lichte unserer Verfassung und im Lichte von Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes die Grenzen des rechtlich Zulässigen auszuloten oder gegebenenfalls auch bisher für richtig oder ausreichend gehaltene Grenzen zu verschieben, gehört zeitweise dazu. Ich respektiere kritische Worte etwa aus der Perspektive des Datenschutzes, aber ich bitte genauso um Respekt für meine Haltung und für die Haltung meiner Fraktion.
Im ständigen Kontakt mit unseren saarländischen Sicherheitsbehörden ist bei uns die Überzeugung gereift, dass wir mit einer sechsmonatigen Anordnungsdauer besser als bisher in besonderen Einzelfällen eine umfassende Informationssammlung und auswertung ermöglichen können. Es wird so eher möglich, ein umfassendes Kontakt- und Bewegungsbild zu erstellen und gegebenenfalls Netzwerkstrukturen aufzudecken. Eine aussagekräftige Prognose kann nur aufgrund fundierter Kenntnisse erfolgen. Ich weise darauf hin, dass es auch Bundesländer gibt, die keine Begrenzung der Anordnungsdauer beziehungsweise eine Obergrenze nach bereits erfolgten Verlängerungen in ihren Polizeigesetzen haben, ein Beispiel dafür ist Rheinland-Pfalz.
ma Sicherheit im Vordergrund. Wir in der SPD nehmen unsere Aufgaben und Pflichten, für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger im Saarland zu sorgen, sehr ernst. Wir haben großes Vertrauen in unsere Polizei und unsere Justiz. Wir sind überzeugt, dass die Änderungen des Gesetzes in diesem Sinne ein richtiger Schritt sind. Daher werden wir diesem Gesetzesvorhaben zustimmen.
Gestatten Sie mir ganz kurz eine Schlussbemerkung zu meiner wahrscheinlich letzten Rede. Ich war stolz, von der saarländischen Bevölkerung gewählt hier Abgeordneter zu sein. Ich hoffe, dass ich meine Arbeit zur Zufriedenheit erledigt habe. Auch ich habe fertig, Günter!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in Zweiter Lesung den Gesetzentwurf zur Änderung des Saarländischen Polizeigesetzes, konkret geht es darum, § 28 Abs. 3 zu ändern. Es geht darum, die Dauer der Befristung von längerfristigen Observationen potenzieller Gefährderinnen und Gefährder von derzeit drei Monaten Höchstfrist auf sechs Monate zu verlängern. - So weit der Sachverhalt. Begründet wird dies damit, dass die bisherige Befristung einer längerfristigen Observation von drei Monaten häufig nicht ausreiche, um eine belastbare Prognose hinsichtlich des Gefährdungspotenzials der beobachteten Person zu erstellen, und deshalb eine längere Frist erforderlich sei.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den ersten Blick ist das nicht unvernünftig. Wer wollte schon etwas dagegen haben, dass mögliche Gefährder beobachtet, erkannt und je nach Fall und Lage auch frühzeitig dingfest gemacht werden? Denn es geht dabei doch um unser aller Sicherheit. Insofern sagen wir GRÜNE auch, unsere Sicherheit hat Vorrang und es muss alles getan werden, um gerade auch angesichts der Bedrohung durch Terroranschläge diese Sicherheit zu gewährleisten.
Dazu gehört aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, eine deutlich verbesserte Sach- und Personalausstattung der Polizei. Da dies die letzte Sitzung dieser Legislaturperiode ist, erhärte ich an dieser Stelle noch einmal ganz klar unsere Forderung nach einer kontinuierlichen Neueinstellung von jährlich mindestens 120 Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern, nachdem in den Jahren 2014 und 2015 jeweils nur