Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

Zugestimmt hat die AfD-Landtagsfraktion, dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU, SPD und DIE LINKE.

Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den vom Minister für Inneres, Bauen und Sport eingebrachten Antrag betreffend: Veräußerung des landeseigenen Grundbesitzes Ensemble „Forsthaus Neuhaus“ und „Scheune Neuhaus“, Gemarkung Malstatt-Burbach (Drucksache 16/305)

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Abgeordneten Jochen Flackus das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir gehen jetzt in die letzte Runde der Debatte. Ich versuche, mich in beiden Beiträgen kurz zu fassen.

Der Minister für Inneres, Bauen und Sport hat mit Schreiben vom 07. März 2018 mitgeteilt, dass das Land beabsichtige, den für landeseigene Zwecke entbehrlichen Grundbesitz Forsthaus Neuhaus an die Naturlandstiftung Ökoflächenmanagement GmbH zu dem vom Gutachterausschuss ermittelten Verkaufswert von 714.687 Euro zu veräußern. Der Verkaufspreis setzt sich zusammen aus 695.000 Euro für das Forsthaus Neuhaus und 19.687 Euro für Zuwege und Parkflächen.

Seit dem Jahr 2002 koordinierten der SaarForst Landesbetrieb, das Umweltministerium und der NABU Saarland e.V. das Projekt „Urwald vor den Toren der Stadt“ erfolgreich und einvernehmlich. In der Weiterentwicklung hat der NABU 2017 innerhalb des Gesamtensembles der Scheune Neuhaus ein Informationszentrum zur Förderung und Werbung für den Lebensraum Wald geplant und errichtet. Zur Abrundung des Angebots der Ökopädagogik erstellt die Lebenshilfe mit weiteren Partnern derzeit ein Konzept zur Realisierung eines naturnahen Kindergartens am Standort. Ziel ist es, ein Zentrum für Wildnis und - man beachte - Waldkultur mit dem neuen Infozentrum, attraktiver Gastronomie und einem Landschaftspark zu schaffen. Als Erwerber der Liegenschaft kann daher nur ein Käufer infrage kommen, der sowohl bereit ist, die Philosophie dieser Kooperation mitzutragen und aktiv zu unterstützen, als sich auch zur Übernahme zahlreicher Bedingungen zu verpflichten.

Verschiedene Bewerbungsund Informationsgespräche hatten zu dem Ergebnis geführt, dass nur die Naturlandstiftung Ökoflächenmanagement GmbH die Kriterien erfüllen könne. Die ÖFM hat sich vertraglich verpflichtet, dem Land ein dingliches gesichertes Rückübertragungsrecht für den Zeitraum von 15 Jahren einzuräumen für den Fall, dass sie den auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen sollte. Um dem Erwerber entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, ist vorgesehen, der ÖFM ein Vorkaufsrecht für die in unmittelbare Nähe gelegenen Immobilien Wolfsgarten und Jungfleischhütte einzuräumen.

Der Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen hat sich in seiner Sitzung am 09. März mit dem Antrag des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport befasst - in einer sehr schnell einberaumten Sitzung,

(Abg. Thul (SPD) )

möchte ich an dieser Stelle sagen - und empfiehlt dem Plenum einstimmig -

(Minister Jost: Die war ursprünglich für einen an- deren Termin vorgesehen, die Landtagssitzung wurde um eine Woche verschoben.)

Ja, aber die Haushaltsausschusssitzung haben wir sehr zügig einberufen. - Der Ausschuss empfiehlt dem Plenum einstimmig die Annahme des Antrags, der Ihnen als Drucksache 16/305 vorliegt. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Jochen Flackus für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Herr Präsident! Das Forsthaus Neuhaus und seine Geschichte ist eine Art Endlosgeschichte. Seit etwa 14 Jahren diskutieren wir, was dort eigentlich passieren soll. Es hat verschiedene Varianten gegeben, es ist viel Geld investiert worden. Diese Geschichte soll jetzt mit der eben vorgestellten Lösung beendet werden. Meine Fraktion hat sich enthalten, weil wir Zweifel haben, ob das gelingen kann. Ich werde gleich etwas zu der Begründung sagen, warum wir uns enthalten haben. Es liegt sicher nicht, Herr Minister, am Ökokonzept, das finden wir absolut in Ordnung, auch was dort passiert ist. Nein, darum geht es nicht. Ich möchte zwei Punkte nennen, die Sie im Fernsehen, im Aktuellen Bericht, als „Fuppes“ bezeichnet haben. Aber immerhin darf ich sie hier noch einmal wiederholen. Erstens geht es um mangelnde Transparenz bei der Auswahl der Käufer und zweitens um das Thema Finanzierungsrahmenbedingungen.

Zu Punkt 1: Es hat keinen öffentlichen Bieterwettbewerb gegeben. Ich habe in meinem Bericht darauf hingewiesen, dass mit einigen gesprochen worden ist und dass man sich letztendlich für denjenigen entschieden hat, den man wohl auch am Anfang wollte. Das war schon 2013, ich habe ja von der Endlosgeschichte gesprochen. Es war ein Thema von öffentlicher Kritik, damals hat es eine breite öffentliche Diskussion gegeben. Es gab auch im Jahr 2016 Kritik an dem Verfahren, eben nicht öffentlich auszuschreiben, eben nicht einen öffentlichen Bieterwettbewerb zu machen. Ich stelle einfach einmal fest, als Wirtschaftspartei des Saarlandes stellt DIE LINKE fest:

(Zuruf von den Regierungsfraktionen: Hahaha)

Das ist nicht zu akzeptieren, einen Bieterwettbewerb hätte man sicherlich machen sollen.

(Zuruf von den Regierungsfraktionen. - Beifall von der LINKEN.)

Dazu können Sie ja gleich etwas sagen. Ich sehe das einfach kritisch, das ist meine Meinung, die müssen Sie schon akzeptieren.

Ausschreibung und Wettbewerb halten wir für zwingend, das ist der erste Punkt. Zu dem Punkt Finanzierung möchte ich auch etwas sagen, da gibt es auch eine Historie dazu. Seit 2013 steht das Forsthaus leer. Es gibt keine Vermietung in diesen Jahren, pro Jahr entstehen etwa 40.000 Euro Kosten für diesen Leerstand. Im Grunde genommen ist wünschenswert, dass dieser Leerstand sofort beendet wird. Wenn man das kurz hochrechnet, sind schon 200.000 Euro versenkt worden. Seit 2004 sind laut Auskunft des Umweltministeriums 2 Millionen Euro dort investiert worden. Es gibt für die Finanzierung dieses Investments Zinsaufwendungen von etwa 100.000 Euro pro Jahr. Das sind also die Kosten, die da auflaufen.

Jetzt wird für rund 770.000 Euro verkauft. Sie haben eben gesagt, da kommt jetzt mal Geld in die Kasse. Ich sage Ihnen, 2 Millionen sind investiert worden ich rede jetzt mal nicht von den Zinsen -, jetzt bekommen wir 700.000, das ist zwar erfreulich, aber es ist noch lange nicht der Ausgleich des Wertverlustes. Das muss man an dieser Stelle einfach mal sagen.

Die Finanzierung darf für das Land keine Risiken bergen. Wir haben Bedenken, denn es gibt einen Haken: Um das Ganze realisieren zu können, muss eine Bürgerschaft des Landes gegeben werden, über 80 Prozent der Gesamtsumme. Zu dem Kaufpreis kommen nämlich noch erhebliche Sanierungskosten, etwa in gleicher Größenordnung. Der Finanzbedarf liegt also bei 1,5 Mio insgesamt. Es gibt eine Bürgschaft des Landes, das heißt, dass das Land dort ein gewisses Risiko hat. Das wurde damit begründet, dass der Restkredit von der ÖFM günstiger ist. Das muss man sich einfach auf Zunge zergehen lassen.

Herr Minister, man muss einfach sehen - das ist auch schon öffentlich kritisiert worden -, Sie sind Vorsitzender der Naturlandstiftung. Eine Tochter kauft dieses Anwesen. Das hatten wir schon einmal. Das hatten wir auch bei den Niedtalhöhlen, da waren Sie dreimal vertreten, noch zusätzlich als Ortsvorsteher. Jetzt sind Sie zweimal vertreten.

(Minister Jost: Zweimal ist falsch. Einmal heißen die nicht Niedtalhöhlen, sondern Tropfsteinhöh- len in Niedaltdorf und zweitens bin ich Ortsvor- steher von Siersburg. Da müssen Sie sich kundig machen. - Sprechen.)

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

Das ändert nichts daran, dass Sie quasi als Ortsvorsteher angeregt haben, das zu machen, und den Zuwendungsbescheid überreicht haben.

(Weiterer Zuruf von Minister Jost.)

Das stimmt auch nicht?

(Minister Jost: Das ist reiner Fuppes.)

Sie können gleich etwas dazu sagen. Sie haben den Zuwendungsbescheid überreicht. Wir reden aber heute über etwas anderes. Die Naturlandstiftung hat das Ding gekauft. Es ist doch so oder nicht?

(Minister Jost: Jo.)

Jo. - Also Fuppes? Jedenfalls ist das so. - Ei gudd. Das ist damals übrigens auch so in der Presse kommentiert worden. Da wir heute ja schon mehrmals Zitate hatten, darf ich am Ende zu der ganzen Sache heute ganz frei nach Brecht zitieren: „Wir stehen (…) betroffen (…), Vorhang zu und alle Fragen offen.“ - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Als Nächster hat der Abgeordnete Dr. Magnus Jung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Flackus, ich kann Sie beruhigen. Erstens: Der Vorhang ist noch nicht geschlossen. Zweitens: Es bleiben heute keine Fragen offen, sondern sie werden in der Debatte sicherlich alle beantwortet werden.

Wenn wir uns über den Urwald vor den Toren der Stadt in Saarbrücken unterhalten, über das Forsthaus Neuhaus, dann unterhalten wir uns über eine Einrichtung, die für die Bürgerinnen und Bürger der Landeshauptstadt des Regionalverbandes in vielfacher Weise von großer Bedeutung ist, was den Freizeit- und Erholungswert betrifft. Der Urwald ist für den Naturschutz von Bedeutung. Das Forsthaus ist eine bedeutende Stätte der Umweltbildung. Deshalb ist es wichtig, dass es an diesem Ort in den nächsten Jahren wieder gut weitergeht.

Schauen wir uns die Ausgangslage an, die wir im Moment vorfinden. Seit Jahren ist die Gastronomie geschlossen, das heißt, das Thema Naherholung fällt ein Stück weit weg. Wir haben einen erheblichen Sanierungsstau im Gebäude. Dort ist zwar viel investiert worden, aber es ist offensichtlich manches schlecht und schadhaft, sodass man, Herr Kollege Flackus, nicht mehr sagen kann, da sind 2 Millionen investiert worden, also muss es 2 Millionen wert sein. Es gibt ein Gutachten, das sagt, wie viel das

Gebäude jetzt wert ist. An diesem Gutachten richtet sich ja auch -

(Abg. Flackus (DIE LINKE) : Der Wertverlust!)

Der Wertverlust entsteht nicht dadurch, dass jetzt verkauft wird. In der Vergangenheit, vor vielen Jahren, ist ein Wertverlust entstanden. Ma kann nur noch zu dem Preis verkaufen, der jetzt ermittelt wird. Das passiert auch. Deshalb sollte man hier keinen falschen Eindruck erwecken. - Ich will die Situation noch mal beschreiben: Es gibt durch den Sanierungsstau und durch die fehlende Gastronomie natürlich viele Hemmnisse, denn wie kann man dort Umweltbildung für Gruppen organisieren, wenn wichtige Komplementärangebote fehlen?

Schauen wir uns an, wie die Situation nach dieser geplanten Operation ist. Wir werden dort mit Sicherheit eine sehr gute Gastronomie haben, denn viele wissen ja, wer da hingeht. Es ist ein Gastronom aus der Saarbrücker Innenstadt, der sein Handwerk gut versteht. Wir werden den Sanierungsstau aufheben. Wir werden wieder optimale Voraussetzungen für die Umweltbildung vor Ort und einen inklusiven Waldkindergarten haben. Die Plätze brauchen wir sowieso. Es wird ein Top-Angebot aus der pädagogischen Perspektive geben; das ist eine echte Aufwertung des Standortes.

Das Schöne an allem ist: Das kostet das Land nicht nur kein Geld, sondern wir kriegen sogar noch Geld: über 700.000 Euro. Wir sparen uns die Sanierungskosten, die wir ansonsten gehabt hätten. Was man sonst als die Quadratur des Kreises beschreibt, ist hier also nahezu gelungen. Deshalb ist dem Umweltminister ein großes Lob für die Lösung dieses Problems auszusprechen.

(Beifall bei der SPD.)

Mit der ÖFM, mit der Naturlandstiftung haben wir hier nicht irgendeinen Partner, einen Privaten oder eine zweifelhafte Organisation, sondern eine Organisation, die seit vielen Jahren ein ganz enger Partner des Landes ist. Wenn es um das Thema Naturschutz geht, dann managen die im Auftrag des Landes Naturschutzflächen. Sie machen für uns den Flächenerwerb. Sie sind an vielen Stellen im Auftrag des Landes dabei, wenn es darum geht, Ausgleichsmaßnahmen zu betreiben. Sie sind schon viele Jahre tätig, zum Beispiel mit ähnlichem Engagement an der Imsbach. Dort ist die ÖFM auch in der Trägerschaft. Es ist also ein guter, vertrauter Partner des Landes, der jetzt hier in die Verantwortung geht. Er ist zwar von der Rechtsform kein öffentlicher Träger, aber im Grunde einer mit vergleichbarer Qualität. Das Ministerium hat deshalb mit diesem Partner, der den Standort weiter entwickeln soll, eine gute Auswahl getroffen.

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

Das Ganze ist sehr transparent geschehen. Es ist an vielen Stellen - nicht nur in einer Sitzung im Parlament - berichtet worden, es ist öffentlich berichtet worden. Ich finde es sinnvoll, dass hier sozusagen kein klassischer Bieterwettbewerb gemacht worden ist. Einen Bieterwettbewerb macht man in der Regel dann, wenn man eine Immobilie bestmöglich verwerten will. Aber darum geht es hier nicht, sondern hier geht es, glaube ich, um das Thema Heimat.

Es gibt Immobilien, die für die Bürgerinnen und Bürger eine besondere Bedeutung haben, weil sie schon in ihrer Kindheit da waren, weil Generationen von Familien dorthin gefahren sind, weil sie Orte sind, an denen die Menschen schon seit vielen Jahren und Generationen zusammenkommen. Der Wendalinushof in St. Wendel ist ein solcher Ort oder auch die Imsbach in der Gemeinde Tholey. Es ist gut, dass diese sich mehr oder weniger im öffentlichen Eigentum befinden oder zumindest in einem gemeinnützigen Eigentum und in enger Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand betrieben werden können. Es sind Orte, die zur Identitätsbildung für die Menschen in diesem Land beitragen. Es ist ein öffentliches Interesse da. Es ist ganz wichtig, dass diese Orte öffentlich zugänglich bleiben. Deshalb wundert es mich in besonderer Weise, dass gerade die Linksfraktion bei diesem Thema ein anderes Verfahren vorschlägt, das möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Genau das wollten wir an dieser Stelle nicht.

Deshalb sorgt Reinhold Jost als Minister dafür, dass Orte, für die die Menschen im Saarland ein besonderes Gefühl haben und die in besonderer Weise Heimat ausdrücken, weiterhin in einer öffentlichen Nutzung gehalten werden. Das halte ich exakt für den richtigen Weg. Das sollte uns als Land weiterhin nicht nur politisch, sondern - wo immer nötig - den einen oder anderen Euro wert sein. In diesem Sinne, Herr Kollege Flackus, sind hoffentlich weniger Fragen offen als vorhin. - Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)