Immerhin hat der massive öffentliche Druck auf diesen ersten Entwurf etwas bewirkt. Wenn dieser erste Entwurf, diese Zumutung, den Weg ins Parlament gefunden hätte, dann wäre das ein verheerendes Signal gewesen. Immerhin hat die Staatskanzlei in einigen Punkten einen Salto rückwärts gemacht. Das Eingeständnis, dass sie einen von vorne bis hinten unbrauchbaren Entwurf in die Diskussion gebracht hat, war kein Ruhmesblatt für die Staatskanzlei. Frau Ministerpräsidentin, das war kein Ruhmesblatt für Ihre Arbeit.
Aber trotzdem ist auch dieser jetzt vorliegende Entwurf, der das Parlament erreicht hat, immer noch geprägt vom Zugriff der roten Tentakel.
Sie sagen, es ist der kleinste Rundfunkrat in ganz Deutschland. Aber wie passt das zusammen? Es soll der kleinste Rundfunkrat sein, aber Sie behaupten, dass mehr gesellschaftliche Gruppen darin vertreten sein sollen? Das ist ein Widerspruch in sich.
Es ist unstreitig - das sagen alle und auch wir stimmen zu -, dass nach den Vorkommnissen beim rbb mehr Kontrolle notwendig ist. Wenn Sie aber den Rundfunkrat verkleinern, wie soll dann rein zahlenmäßig, von den Köpfen her, von der Kompetenz, die dort insgesamt versammelt ist, mehr Kontrolle stattfinden? Auch das ist ein Widerspruch in sich.
Wir sind alle miteinander stolz darauf, dass der Saarländische Rundfunk so tief in der Gesellschaft des Landes verwurzelt ist, dass die Saarländerinnen und Saarländer im wahrsten
Sinne des Wortes hinter ihrer Landesrundfunkanstalt stehen. Weniger gesellschaftliche Gruppen im Rundfunkrat und den Rundfunkrat zu verkleinern, das schwächt tendenziell den Saarländischen Rundfunk. Das halten wir für keine gute Idee. Aber jetzt kommen Sie und sagen: „Mit diesem Gesetzentwurf legen wir ein Landesrundfunkgesetz mit der größten Politikferne vor, die dieses Land je gesehen hat.“
Dabei verschweigen Sie aber, dass im Rundfunkrat eine deutlich größere Nähe zum linken Lager Einzug halten soll - mehr Arbeitnehmervertreter, weniger Wirtschaftsvertreter.
Im Klartext: mehr Rundfunkratsmitglieder, die der SPD gewogen sind. Ich wiederhole das Zitat aus der Wirtschaft. Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis erneut: „Es ist zu vermuten, dass hier frühzeitig Mehrheiten organisiert werden sollen.“
Im Rundfunkrat wollen Sie jetzt auch die Rolle des Parlaments schwächen. Das ist ein Vorschlag, das Parlament, den Landtag, uns insgesamt zu schwächen, weil die Landtagsfraktionen nur noch eine beratende Stimme haben sollen und kein Abstimmungsrecht mehr. Das ist unzweifelhaft eine Schwächung des Parlaments, es ist insbesondere auch eine Schwächung der Opposition. Jetzt könnte man sagen: Wenn das durchgehalten wird, dann ist es ein durchgängiges Prinzip. Aber schauen wir uns doch mal den Verwaltungsrat an. Wie ist es denn da? - Die SPD-Landesregierung soll im Verwaltungsrat weiterhin Sitz und Stimme haben. Was bedeutet das, wenn man das zusammenlegt? - Es bedeutet, dass die Dominanz der SPD in den SR-Gremien noch größer wird als vorher schon.
Ich komme zu einem weiteren Thema, das Sie hier als Neuerung verkauft haben, Frau Ministerpräsidentin. Es ist die Einführung eines Direktoriums. Wer heute die Saarbrücker Zeitung gelesen hat, der sieht, was ein renommierter Medienrechtler davon hält. Er sagt, das ist unüblich und untauglich. Diese Konstruktion, dieses Direktorium wird den Intendanten in einer für den SR sehr schwierigen kommenden Phase im Konzert der Intendanten der anderen Landesrundfunkanstalten schwächen. Wenn der Intendant des Saarländischen Rundfunks in einer schwierigen Zeit in der Runde der ARD geschwächt wird, dann ist das insgesamt eine Schwächung und keine Stärkung des Saarländischen Rundfunks.
das sei alles nicht so wild. Sie selbst als Ministerpräsidentin stünden ja auch einem Kollektivorgan vor. Sie haben nur einen kleinen, aber extrem wichtigen Unterschied verschwiegen: Sie haben am Ende die Richtlinienkompetenz in dieser Regierung. Das ist der entscheidende Unterschied zum Direktorium, das jetzt eingeführt werden soll.
Es stellt sich die Frage nach dem Warum. Warum in Gottes Namen soll jetzt ein solches Direktorium eingeführt werden? Mehr als 30 Jahre gab es beim Saarländischen Rundfunk sozialdemokratische Intendanten. Mehr als 30 Jahre haben Sozialdemokraten die Funktion des Intendanten ausgeübt. In all diesen 30 Jahren wollte die SPD kein Direktorium.
Jetzt gibt es einen parteiunabhängigen Intendanten und auf einmal will die SPD ein Direktorium neben dem Intendanten.
Es geht darum, den Intendanten, der kein SPDMann ist, zu schwächen. Mit Ihren Plänen, Frau Ministerpräsidentin, schwächen Sie damit leider den Saarländischen Rundfunk insgesamt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ministerpräsidentin hat in ihrer Regierungserklärung zum Amtsantritt gesagt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -: Die Landesregierung wird auch zuhören, wenn innerhalb oder außerhalb des Parlaments bessere Argumente vorgetragen werden. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese besseren Argumente gibt es zuhauf. Zur politischen Kultur in einer Demokratie gehört es, Machtpositionen nicht bis zum Äußersten auszureizen. Zur politischen Kultur in einer Demokratie gehört es auch, sich ein Gefühl dafür zu bewahren, nicht immer das zu tun, was man rein von den Mehrheitsverhältnissen her tun könnte. Deshalb appelliere ich heute an Sie: Nutzen Sie die vorhandene Mehrheit nicht bis zum Äußersten in rein parteipolitischem Interesse. Frau Ministerpräsidentin, hier haben Sie die Gelegenheit: Sagen Sie nicht nur, sondern zeigen Sie auch, dass Sie für bessere Argumente empfänglich sind. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Herr Fraktionsvorsitzender. Es ist eine weitere Wortmeldung eingegangen. - Ich erteile nun für die SPD-Landtagsfraktion das
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da der Kollege Toscani sich mehr mit einem vorher im Land kursierenden Text befasst hat als mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf, will ich noch mal auf ein paar wesentliche Dinge hinweisen, die die heutige Vorlage betreffen.
Wir nehmen heute die umfassendste Novellierung des Saarländischen Mediengesetzes seit 20 Jahren in Angriff. Das ist längst überfällig. Es ist sogar an vielen Stellen sehr zukunftsweisend. Ich komme darauf noch zurück. Es hat vor allem drei Gründe, warum wir das tun. Wir wollen und werden damit den Medienstandort Saarland stärken. Wir werden die Medienvielfalt in unserem Land sichern und wir schaffen den ordnungspolitischen Rahmen dafür, dass die Agenda der Digitalisierung und die Reformen beim Saarländischen Rundfunk vorangehen können.
Wenden wir uns einmal vom Schaum ab, den manche hier vor dem Mund haben, und schauen wir uns die nationale Fachöffentlichkeit an und das, was sie dazu sagt. Es ist die Rede davon, dass damit das modernste Mediengesetz in Deutschland auf den Weg gebracht wird. Das Saarland ist bundesweit Vorreiter. Es wird zu Recht davon gesprochen, dass wir eine historisch einmalige Staatsferne der Gremien auf den Weg bringen. Gleichzeitig ist es - und das ist ein ganz wesentlicher Aspekt - ein SR-Sicherungspaket, in dem die besondere Bedeutung des Saarländischen Rundfunks für Land und Leute zum Ausdruck kommt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das der große, weite Blick darauf ist, dann können wir mit der Ersten Lesung heute schon mal sehr zufrieden sein.
Wir setzen damit nicht nur die Vorgaben des vor Kurzem hier im Hause in Zweiter Lesung verabschiedeten Zustimmungsgesetz zum Dritten Medienänderungsstaatsvertrag in Landesrecht um, sondern wir gehen sogar darüber hinaus und schicken bereits das auf den Weg, was im Vierten Medienänderungsstaatsvertrag geregelt werden soll. Wir beziehen die aktuellen öffentlichen Reformdebatten um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit ein.
Ich will es noch einmal sehr deutlich machen: Das kommt ja nicht von irgendwo her, sondern das ist das Ergebnis umfassender Debatten, die stattgefunden haben. Anfang des Jahres, ich glaube, es war im Februar, hat die Rundfunkkommission der Länder Zielvereinbarungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk getroffen.
Es geht dabei - ich will wiederholen, was die Ministerpräsidentin gesagt hat - um drei Zielvereinbarungen, die vollends umgesetzt werden: Verschlankung der Organisations- und der Aufsichtsstrukturen, Überprüfung der Leitungsstrukturen und angemessene Gehaltsstrukturen im außer- und übertariflichen Bereich. Diese drei Ziele der Rundfunkkommission werden in diesem Gesetz vorbildlich umgesetzt. Dafür schon mal ein herzliches Dankeschön für den Entwurf der saarländischen Landesregierung.
Das eine Ziel hat damit zu tun, dass wir Doppelstrukturen abbauen wollen, dass wir mehr Effizienz haben und dafür sorgen wollen, dass der Rundfunkrat stärker ein Arbeitsgremium ist. Ich beobachte die Arbeit des Rundfunkrates schon seit vielen Jahren und habe festgestellt, dass das Gremium immer größer geworden ist. Ich muss leider auch feststellen, dass dieses Gremium und die Mitglieder dieses Gremiums sich zwar redlich bemühen, aber in dieser Größe mit viermal im Jahr zwei bis drei Stunden Tagung eigentlich nicht zukunftsfähig aufgestellt sind. Ich bin sehr sicher, es wird entscheidend darauf ankommen, wie künftig die Auswahl der Vertreterinnen und Vertreter im Rundfunkrat stattfinden wird. Dafür gibt dieses Gesetz eben gerade dadurch, dass Gruppen gebildet werden, eine große Gewähr, weil es in Zukunft eben nicht mehr so sein darf, dass gedacht wird - was in der öffentlichen Debatte manchmal vorkommt und was die Ministerpräsidentin eben aufgegriffen hat -, dass irgendwelche Verbände ihre Vertreter entsenden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das ist eben nicht verfassungskonform, wenn irgendwelche Verbände ihre Vertreter dorthin entsenden. Nein, es werden Vertreter ausgewählt, von denen die Verbände der Überzeugung sind, dass sie die Interessen der Allgemeinheit vertreten. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Deswegen ist es richtig, dass wir an dieser Stelle dafür sorgen, dass wir zukunftsorientiert sind. Im Übrigen ist das nichts ganz Neues. Das ZDF macht das schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich, wie ich finde.
Ich frage mich auch, was Sie glauben, wer die sozialdemokratisch Willfährigen in diesem Land sein sollen. Meinen Sie damit die digitale Gesellschaft? Es mag sein, dass wir ein bisschen digitaler aufgestellt sind als Sie. Das kann sein, wir sind vielleicht ein bisschen zukunftsorientierter, aber die digitale Gesellschaft, die erst mal eine Entsendungsberechtigung hat, ist ja nicht per se unbedingt nur mit der Sozialdemokratie verbunden. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass das für die Musliminnen und Muslime gilt, um welche herauszugreifen, die neu die Möglichkeit bekommen, Vertreterinnen und Vertreter zu entsenden. Genauso wie ich sehr überzeugt davon
bin, um ein drittes Beispiel zu nennen, dass es richtig ist, dass, wenn die Hochschullandschaft abgebildet wird, damit eben nicht die RektorInnen und PräsidentInnen der Hochschulen quasi alleine das Sagen haben, sondern eben auch die Studierendenschaft.
Außerdem gehören zur Schule in diesem Land nicht nur die Lehrerverbände - die auch, aber nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer -, sondern auch die Eltern und, man höre und staune, sogar die Schülerinnen und Schüler. Das ist doch auf der Höhe der Zeit. Das sind alles keine sozialdemokratischen Vorfeldorganisationen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sie gehören aber in die Entsendungsberechtigung mit rein, und das ist ein richtiger, wichtiger Schritt.
Ich will auch einen anderen Punkt aufgreifen, Herr Kollege Toscani, und zwar den Ausdruck von der ausgepressten Zitrone. Ich weiß nicht, wie viel Kontakt Sie mit den normalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Saarländischen Rundfunks haben, nicht nur mit der Leitungsebene. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich ausgepresst durch die Reformen der letzten Jahre. Das ist das Bild, das die Ministerpräsidentin hier zu Recht beschrieben hat. Es muss darum gehen, dass die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten beim Saarländischen Rundfunk gut sind. Da geht es nicht nur um die Spitzenverdiener, sondern ganz ausdrücklich gerade um diejenigen, die unter der Personalverdünnung in den letzten Jahren massiv gelitten haben. Insofern ist das ein völlig zutreffendes Bild. Ich bin sehr sicher, das wissen sie auch zu schätzen.
Dann komme ich zu dem, Herr Kollege Toscani, was Sie auch heute wieder an manchen Stellen kritisiert haben. Heute haben Sie gesagt, ich habe es notiert, wir wollten das Land sozialdemokratisch ausgestalten. - Wenn dazugehört, dass wir das Land modern machen, wenn dazugehört, dass wir das Land nach vorne bringen, wenn dazugehört, dass wir auf Zukunft setzen, dann sind wir gerne bereit, das Land sozialdemokratisch auszugestalten. Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir dazu einen Wählerinnen- und Wählerauftrag. Wir sollen dieses Land insgesamt sozialdemokratisch ausgestalten. Das ist, was die Wählerinnen und Wähler uns im letzten Jahr aufgegeben haben.