Protokoll der Sitzung vom 24.04.2024

Ein weiterer Punkt betrifft die Berücksichtigung der Vielfalt der Wohnbedürfnisse im Saarland. Jeder Mensch hat unterschiedliche Anforderungen an seinen Wohnraum, sei es hinsichtlich der Größe, der Lage oder der Ausstattung. Es ist entscheidend, dass das Gesetz flexibel genug ist, um auf diese Vielfalt einzugehen und sicherzustellen, dass niemand aufgrund seiner individuellen Lebensumstände benachteiligt wird. Dazu reicht es aber nicht, dass durch das vorliegende Gesetz künftig die Schaffung von Wohnraum gefördert oder zumindest besser gefördert werden soll, als es aktuell der Fall ist. Die Landesregierung ist aufgefordert, auch an anderer Stelle Hürden abzubauen, statt neue bürokratische Hemmnisse und Mauern aufzubauen oder kommunale Planungshoheiten und -freiheiten einzuschränken. Es braucht eine Entfesselung von der Bürokratie und es braucht ein Bewusstsein dafür, dass für den Anstieg der Baukosten auch immer höhere Auflagen mitverantwortlich sind. Es braucht deshalb längst nicht mehr nur einen Bürokratieabbau, es braucht, ich habe es bereits gesagt, eine Entfesselung, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Abschließend möchte ich die Regierung dazu aufrufen, unsere Bedenken ernst zu nehmen und konstruktiv mit uns im weiteren Verfahren zusammenzuarbeiten. Nur so kann das Wohnraumförderungsgesetz zu einem Instrument werden, das den Bedürfnissen aller Bürgerinnen und Bürger im Saarland gerecht wird. Wir sind bereit, unseren Beitrag dazu zu leisten, um sicherzustellen, dass dieses Gesetz ein Erfolg wird und dazu beiträgt, die Wohnsituation im Saarland nachhaltig zu verbessern. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall von der CDU.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Ich erteile nunmehr das Wort Herrn Abgeordneten Sascha Haas für die SPD-Landtagsfraktion.

(Minister Jost)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Wir sprechen heute hier im saarländischen Landtag über ein Thema, das mich zutiefst bewegt: das Fehlen von sozialem und bezahlbaren Wohnraum. Es macht mich immer wieder betroffen, in den vielen Gesprächen zu hören, wie viele Menschen jeden Tag unter den Auswirkungen dieser Wohnraumkrise leiden. Der Mangel an sozialem und bezahlbaren Wohnraum ist mehr als nur ein Problem. Er ist sozialer Sprengstoff, der den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft bedroht. Im Saarland wie auch in anderen Regionen in Deutschland ist dieser Mangel zu einer der drängendsten Krisen geworden, die das Leben unzähliger Menschen bestimmt und ihre Zukunftsaussichten infrage stellt.

Schauen wir uns die Fakten an. In den letzten zehn Jahren wurde im Saarland alarmierend wenig sozialer Wohnraum geschaffen. Es wundert mich schon, wenn Herr Theobald hier von ganz vielen Bedenken spricht. Da stellt sich die Frage, wo die Bedenken der CDU in den letzten 21 Jahren waren.

(Beifall von der SPD.)

Laut der Studie des Pestel Instituts fehlen bundesweit mehr als 910.000 Sozialwohnungen. Bei uns im Saarland ist es ein Defizit von 13.000 Sozialwohnungen. Die Zahl der Sozialwohnungen hat sich in Deutschland zwischen den Jahren 2017 und 2022 nahezu halbiert. Da zitiere ich mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, den Studienleiter Matthias Günther aus einem Bericht der Saarbrücker Zeitung: „Im Saarland sind praktisch keine Sozialwohnungen mehr existent.“ Insgesamt gab es 2022 im Saarland laut Studie 759 Sozialwohnungen. Der Soll-Wert lag jedoch bei 13.800. Demnach kamen auf je 1.000 Mieter im Saarland nur vier Sozialwohnungen. Damit ist das Saarland bundesweit Schlusslicht.

Wir haben gestern in der Veröffentlichung des DGB-Mietreports gesehen, dass die Saarländerinnen und Saarländer sehr belastet sind, wenn es um das Haushaltsnettoeinkommen geht. 30,1 Prozent geben die Menschen hier für die Miete aus. Das ist Platz 3 oder der drittletzte Platz, je nachdem, wie man es sehen will. Eines muss ich an dieser Stelle ehrlich und schonungslos sagen: Die Politik hat beim Bauen von Sozialwohnungen in den vergangenen Jahrzehnten versagt. Das, was man lange Zeit aus entsprechenden Ressorts gehört hat, war Schönrederei. Um ein sehr prominentes Beispiel zu nennen: 2013 erklärte das Finanzministerium unter Finanzminister Stephan Toscani: „Im Saarland gibt es keine grundsätzliche Unterversorgung mit Wohnraum.“ 2015 hieß es: „Ein Fehlbestand

an Sozialwohnungen lässt sich nicht konkretisieren.“ Auch 2016 folgten vom Minister noch solche Äußerungen, genauso wie vom Bauminister. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war eine fatale Fehleinschätzung, unter der die Menschen bis heute leiden müssen!

(Beifall von der SPD.)

Alle Zahlen zeigen, dass die Anzahl der neu gebauten Sozialwohnungen im Vergleich zu den steigenden Bedarfen minimal ist. Während die Mietpreise kontinuierlich steigen und die Einkommensschere sich immer weiter öffnet, bleibt das Angebot an bezahlbarem und sozialem Wohnraum weit hinter den Bedürfnissen zurück. Das ist nicht nur eine Statistik, das sind Tausende von Menschen, die unter untragbaren Wohnverhältnissen leiden.

Hinter den kalten Zahlen verbergen sich Lebensgeschichten echter Menschen, die täglich mit den Folgen dieses Mangels konfrontiert sind, und wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen diesen Menschen ein Gesicht geben. Denken wir an Andrea, eine alleinerziehende Mutter aus Neunkirchen, die jeden Tag versucht, für ihre Kinder das Beste zu geben. Doch trotz ihrer harten Arbeit kann sie sich keine angemessene Wohnung leisten. Sie schlafen auf engstem Raum in einer überfüllten Wohnung mit wenig Privatsphäre.

Nehmen wir das Beispiel von David, einem Studenten. Er findet keinen bezahlbaren Wohnraum in Campusnähe. Die einzige Möglichkeit, die ihm daher bleibt, ist, in der Nachbargemeinde von Homburg eine Wohnung zu suchen. Doch der Wohnort ist schlecht an den ÖPNV angebunden. Ein Auto kann er sich nicht leisten. Seine Wohnsituation belastet ihn sehr.

Dann gibt es noch die Geschichte von Johanna, einer älteren Dame, die ihr ganzes Leben auf dem Saarbrücker Eschberg gelebt hat. Doch die geringe Rente und die Beschwerlichkeiten ihres Alters haben sie dazu gezwungen, ihre Wohnung zu verlassen. Jetzt, im fortgeschrittenen Alter, findet sie sich in einem Seniorenwohnheim wieder. Sie ist nicht mehr in ihrem vertrauten Umfeld. Die Nachbarin, mit der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat, ist nicht mehr in ihrer Nähe. Die Einsamkeit und die Angst vor der Unsicherheit ihrer Zukunft belasten auch sie schwer.

Diese Geschichten sind keine Fiktion. Sie stehen stellvertretend für Tausende von Menschen im Saarland, die täglich um ein sicheres, bezahlbares und seniorengerechtes Zuhause kämpfen.

(Beifall von der SPD.)

Wir leben leider in einer Welt, in der Wohnungen als Spekulationsobjekte angesehen werden statt als Grundbedürfnis jedes Einzelnen. Damit muss endlich Schluss sein. Für viele ist der Traum von einem sicheren und bezahlbaren Zu

hause in weite Ferne gerückt. Familien jonglieren mit den steigenden Mietkosten, der Inflation und dem Alltag, während Seniorinnen und Senioren mit den Herausforderungen des Älterwerdens in unzureichenden Wohnungen konfrontiert sind. Junge Menschen, die auf der Suche nach Bildung und Arbeit sind, finden sich in einem Labyrinth aus unerschwinglichen Mieten wieder. Die Auswirkungen dieser Krise sind verheerend. Der Mangel an sozialem Wohnraum verstärkt die soziale Ungleichheit und führt zu einer Spaltung unserer Gesellschaft, denn heute entscheidet der Geldbeutel immer mehr darüber, wohin man ziehen oder wo man wohnen bleiben kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den vergangenen Jahren sind Parallelgesellschaften entstanden. Im Stadtkern leben zunehmend gut situierte Menschen, und zwar abgekoppelt von denjenigen, die sich Wohnen nicht mehr leisten können. Es ist an der Zeit, dass wir diese Krise als das erkennen, was sie ist, nämlich eine existenzielle Bedrohung für den Zusammenhalt in unseren Städten. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Traum von einem Zuhause ein Luxusgut wird und nur wenigen vorbehalten ist. Es ist an der Zeit, dass wir handeln und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den sozialen Wohnungsbau zu fördern und sicherzustellen, dass jeder Mensch ein Recht auf ein würdevolles Zuhause hat, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Genau das macht die Landesregierung. Innenminister Reinhold Jost hat bereits zu Beginn seiner Amtszeit klargemacht, dass der Bau von sozialem und bezahlbarem Wohnraum für diese SPD-Landesregierung oberste Priorität hat. Bereits im letzten Jahr hat die Landesregierung in einem ersten Schritt die bestehenden Förderprogramme im Bereich der sozialen Wohnraumförderung optimiert und die Förderkonditionen deutlich verbessert. Heute gehen wir noch einen Schritt weiter. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bringen wir das erste Saarländische Landeswohnraumfördergesetz auf den Weg. Damit gehen wir in der Wohnraumpolitik dieses Landes einen Riesenschritt nach vorne. Dafür, lieber Reinhold Jost, möchte ich mich ganz herzlich bei dir und deinem Team im Ministerium bedanken.

(Beifall von der SPD.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der künftigen Wohnraumförderung wird den Anforderungen im Saarland Rechnung getragen. Wir werden künftig im Mietwohnungsbereich auch Wohngemeinschaften, besondere Wohnraumformen sowie Einzelpersonenhaushalte fördern. Wir werden Zielgruppen - ausdrücklich vor allem Studierende, aber auch Menschen mit Pflegegrad - in diese Förderung mit einbeziehen. Das ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft in diesem Land, liebe Kolleginnen und Kolle

gen. Wir werden die Regelungsdichte im Vergleich zum bisherigen Bundesrecht deutlich reduzieren, um den Verwaltungsvollzug zu vereinfachen. Wir werden auch die Einkommensermittlungsvorschriften vereinfachen. Da sehe ich einen Bürokratieabbau, nicht so, wie es der Kollege Theobald gerade gesagt hat.

Die neuen Bestimmungen erweitern Handlungsspielräume bei Belegungs- und Mietbindungen. Außerdem schaffen wir mit Überleitungsvorschriften für geförderte Altbestände einheitliche Bedingungen für die Ausübung von Belegungsrechten. Das alles sind Regelungen, die dafür sorgen werden, dass es sich endlich wieder lohnt, zu bauen, und zwar für private, aber vor allem auch für unsere kommunalen Wohnungsbaugesellschaften. Nur so gelingt es uns, dem steigenden Bedarf an Wohnraum endlich gerecht zu werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst uns die Augen vor dieser drängenden Krise nicht verschließen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass jede und jeder in diesem Land ein sicheres und bezahlbares Dach über dem Kopf hat, denn das Recht auf Wohnen ist ein grundlegendes Menschenrecht, das niemandem verwehrt sein sollte. Ich bitte Sie in diesem Sinne um die Zustimmung zum Gesetzentwurf in Erster Lesung und bedanke mich bei Ihnen. - Glück auf.

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Christoph Schaufert für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegen Abgeordnete! Es ist durchaus zu begrüßen, dass ein saarländisches Wohnraumfördergesetz eingeführt werden soll, um es allen Saarländern zu ermöglichen, entweder Wohnraum im Eigentum zu erwerben oder zu mieten sowie geeigneten, möglichst sanierten, modernisierten und zweckmäßigen Wohnraum im weitesten Sinne zu nutzen. Wir lehnen den vorliegenden Gesetzentwurf in Erster Lesung nicht ab, sondern werden uns wohlwollend enthalten und den weiteren Gesetzgebungsverlauf abwarten.

Allerdings muss hier auch erwähnt werden, dass viele Probleme beim Wohnungsbau wie auch speziell bei der Nachfrage, sprich dem Fehlen von Wohnraum, eigenverschuldet sind, und zwar durch Ihre Parteien, werte Kollegen der CDU und SPD. Die Eurorettung, die Negativzinspoli

(Abg. Haas (SPD) )

tik der Europäischen Zentralbank, die sogenannte Klimarettungspolitik der letzten Dekade und natürlich allem voran die desaströse unkontrollierte Zuwanderungspolitik haben dazu beigetragen, dass sich Deutschland im Ergebnis dieser Politik 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg einer neuen Wohnungsnot gegenübersieht. Diese spiegelt sich unter anderem in einem Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Es gibt einen Fehlbestand von Millionen Wohnungen bundesweit. Allein 13.000 Sozialwohnungen fehlen aktuell bei uns im Saarland, wie hier schon gesagt wurde. Die Tendenz ist steigend.

Apropos steigend: Ins Horrende steigende Kosten, ein zunehmender Regulierungs- und Verordnungsdruck, ein Mangel an Bauland und dessen weitere Verknappung schlagen sich in dem Problem weiter nieder. Marktbelastende und Neubauten geradezu abwürgende Preistreiber sind die von der Bundesregierung wegen des sogenannten Klimaschutzes ergriffenen absolut überzogenen Maßnahmen wie Energiewende, Baustoffwende, Überregulierung, Lärmschutz sowie CO₂- und weitere Klimaabgaben für den Klingelbeutel des Klimagottes.

Zahlreiche in diesem Zusammenhang verabschiedete Gesetze und Verordnungen wie das Bundes-Klimaschutzgesetz - KSG -, das Gebäudeenergiegesetz - GEG - und das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz - GEIG - belasten die Bau- und Wohnungswirtschaft und die möglichen Investoren über Gebühr. Die von der Regulierungswut und teuren Energiepolitik sowie von der eigenschädlichen Sanktionspolitik sozusagen aus dem Land getriebene Energie und der damit verbundene Wegfall von gut bezahlten Arbeitsplätzen tun ihr Übriges, um Investitionskapital aus dem Wohnungsbausektor zu ziehen. Es ist daher fraglich, ob ein saarländisches Wohnraumfördergesetz diesen negativen Weichenstellungen auf Bundesebene effektiv etwas entgegenstellen kann. Wir enthalten uns in Erster Lesung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres Bauen und Sport zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/865. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 17/865 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Bauen und Sport ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Vielen Dank. Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Druck

sache 17/865 in Erster Lesung einstimmig angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Bauen und Sport überwiesen ist. Zugestimmt haben die SPD-Landtagsfraktion und die CDU-Landtagsfraktion. Enthalten hat sich die AfD-Landtagsfraktion.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 7:

Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Einführung einer Wählbarkeit am Zweitwohnsitz bei Kommunalwahlen (Druck- sache 17/900)

Zur Begründung erteile ich Herrn Abgeordneten Jonas Reiter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute legt die CDU-Fraktion einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Wählbarkeit am Zweitwohnsitz bei Kommunalwahlen vor, und das im vollen Bewusstsein, dass er für die Kommunalwahl am 9. Juni erst einmal keine direkten Auswirkungen hat, denn die Listen sind natürlich alle aufgestellt und die Wahlausschüsse haben getagt. Ich werde allerdings gleich erläutern, warum heute trotzdem ein guter Tag ist, um darüber zu diskutieren und eine entsprechende Initiative zu starten.

Ich will aber vorab kurz darauf eingehen, um was es uns bei diesem Vorschlag eigentlich geht. Mit einer Wählbarkeit am Zweitwohnsitz können neue Personengruppen für ein kommunales Mandat angesprochen werden. Aktuell - das ist hier bekannt - kann man nur am Erstwohnsitz in der jeweiligen Kommune für ein kommunales Mandat kandidieren. Wenn ich mir meine Generation im Nordsaarland anschaue, erkenne ich, dass es einige junge Menschen gibt, die ihre Heimatkommunen nach Abschluss der Schule verlassen und in Städte ziehen, in denen sie beispielsweise eine Ausbildung machen oder studieren.

Diese jungen Menschen sind für die Kommunen - obwohl sie oft noch mehrere Tage in der Woche am Heimatort sind - meistens verloren, da sie entweder ihr kommunales Mandat abgeben müssten oder erst gar nicht antreten dürften. Ich hatte in einer Plenarsitzung im vergangenen Jahr von Manuel erzählt. Manuel stammt aus der Gemeinde Marpingen, studiert Psychologie an der Universität des Saarlandes und wohnt in einer WG in Saarbrücken. Da er nur von Montag bis Donnerstag Vorlesungen hat, ist er in der Zeit in der WG und über das verlängerte Wochenende oft zu Hause in Urexweiler in der Gemeinde Marpingen. Dort ist er aufgewachsen, spielt Fußball und seine ganzen Kumpels leben dort. Genau so jemanden bräuchte man auch

(Abg. Schaufert (AfD) )

in der Kommunalpolitik. Er würde sich gerne im Ortsrat von Urexweiler engagieren. Dann hätte er aber um die 300 Euro Zweitwohnsitzsteuer im Jahr zu zahlen. Das macht er natürlich nicht.

Wir haben im vergangenen Jahr im Innenausschuss schon darüber geredet. Ich kann berichten: Meine Liste mit Leuten, die davon profitieren würden, hat sich in der Zwischenzeit deutlich erweitert, und zwar parteiübergreifend. Wobei das eigentlich die falsche Formulierung ist, denn nicht die Leute, sondern ihr Ort und die Dorfgemeinschaft würden davon profitieren, wenn sie sich im Ortsrat engagieren könnten.

Ich will heute beispielhaft Matthias aus der Gemeinde Oberthal, Lars aus Bierfeld und Paco aus Schwalbach nennen, der heute sogar hier ist. Wenn ich als Student über das Wochenende und in den Semesterferien überwiegend in meinem Heimatort bin und dort weiterhin enge soziale Beziehungen habe, warum sollte ich dann nicht im Ortsrat mitarbeiten dürfen? Parteien und Wählergruppen hätten nach unserem Vorschlag künftig die Verantwortung, im Vorfeld individuell zu bewerten, ob die Identifikation des möglichen Wahlbewerbers mit der Kommune des Wahlgebietes ausreichend gegeben ist. Es würde Transparenz gegenüber dem Wähler herrschen. Hier gibt es aus unserer Sicht also deutlich mehr Vorteile als Risiken.