Ich will heute beispielhaft Matthias aus der Gemeinde Oberthal, Lars aus Bierfeld und Paco aus Schwalbach nennen, der heute sogar hier ist. Wenn ich als Student über das Wochenende und in den Semesterferien überwiegend in meinem Heimatort bin und dort weiterhin enge soziale Beziehungen habe, warum sollte ich dann nicht im Ortsrat mitarbeiten dürfen? Parteien und Wählergruppen hätten nach unserem Vorschlag künftig die Verantwortung, im Vorfeld individuell zu bewerten, ob die Identifikation des möglichen Wahlbewerbers mit der Kommune des Wahlgebietes ausreichend gegeben ist. Es würde Transparenz gegenüber dem Wähler herrschen. Hier gibt es aus unserer Sicht also deutlich mehr Vorteile als Risiken.
Warum kommt dieser Vorschlag jetzt? Wir sollten mit einer entsprechenden Gesetzesinitiative nicht bis zur Kommunalwahl 2029 warten. Wenn wir nach dem Wahltermin im Juni dieses Jahres eine entsprechende Regelung in den Gesetzen implementieren würden, dann würden die kommunalen Mandatsträger beziehungsweise entsprechende Nachrücker, die während der Wahlperiode umziehen werden, aber weiterhin ihren Zweitwohnsitz in der Heimatkommune behalten, schon jetzt davon profitieren. Auch hier könnte ich ein konkretes Beispiel nennen. Es ist also wirklich keine theoretische Debatte.
Für uns ist dieser Vorschlag auch im Rahmen der laufenden Jugendbeteiligungsdebatte zu verstehen. Der Gesetzentwurf hierzu wird den Landtag vermutlich im Mai erreichen. Durch eine Wählbarkeit am Zweitwohnsitz könnten auch das in den kommunalen Gremien oft schon höhere Durchschnittsalter etwas verringert und der Einfluss junger Menschen in den Entscheidungsprozessen der jeweiligen Kommunen gesteigert werden. Junge Menschen sind vor Ort oft überdurchschnittlich gesellschaftlich engagiert. Diese engagierten Menschen könnten nicht nur quantitativ, sondern auch inhaltlich einen Mehrwert für die Arbeit in den kommunalen Gremien bedeuten. Als Junge Union Saar stehen wir schon länger hinter dieser Forderung, wie wir erst kürzlich auf unserem Saarlandtag der Jungen Union Mitte April bekräftigt haben.
Daher mein Appell an Sie: Sorgen Sie dafür, liebe SPD, dass dieser Gesetzentwurf heute in das weitere Verfahren gelangt. Mir ist diese Sache auch persönlich sehr wichtig. Bitte beerdigen Sie diesen Gesetzentwurf heute nicht mit einer Ablehnung, nicht nur, weil wir viel Energie darin investiert haben, sondern weil viele junge Menschen im Saarland davon profitieren würden und die kommunale Selbstverwaltung jünger und auch zukunftssicherer werden würde.
Es war mir klar, dass das Stichwort Wahlalter heute ein paarmal fällt. - Die Ausgestaltung im Detail kann man mit den Akteuren, also der kommunalen Seite, immer noch im Rahmen der folgenden Anhörung im Innenausschuss diskutieren, wenn es noch Fragen geben sollte. Ich könnte es heute nicht akzeptieren, wenn ich von Ihnen gleich keine großen Gegenargumente in der Sache, sondern nur theoretische Argumente im Klein-Klein zu hören bekäme.
Suchen Sie keine Kleinigkeiten als vermeintliche Gründe, um den Gesetzentwurf abzulehnen. Das würde nur offenbaren, dass es Ihnen hier nur um Parteipolitik und nicht um die Sache beziehungsweise um Jugendbeteiligung geht. Daher mein dringender Wunsch, insbesondere an die jungen Kollegen der SPD: Gebt euch einen Ruck! Zeigt, dass euch das moderne, das junge, das mutige, das innovative, das partizipative Gen in den letzten zwei Jahren nicht abhandengekommen ist!
Sagt nicht, das braucht man nicht und das betrifft nur wenige. Nur weil wir das noch nie so gemacht haben, ist das kein Grund, es heute nicht zu machen.
Vielen Dank für die Begründung, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat nunmehr Herr Abgeordneter Pascal Arweiler für die SPD-Landtagsfraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Das Saarland hat demnächst die Wahl: Am 9. Juni wählen wir unter anderem unsere kommunalen Parlamente. Dann entscheiden
wir und auch alle anderen Saarländerinnen und Saarländer darüber, wer in den nächsten fünf Jahren Verantwortung für das Gemeinwesen und das Gemeinwohl vor Ort übernehmen soll. Hierzu stellen sich wieder - Kollege Reiter hat es erwähnt - viele Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl, die genau diese Verantwortung übernehmen wollen, die in der Woche viele Stunden ihrer Freizeit ehrenamtlich opfern, oft nach einem langen Arbeitstag, um unseren und ihren Ort zu entwickeln. Dieses ehrenamtliche Engagement und diese Bereitschaft kann man nicht genug würdigen. Deshalb, bevor wir uns mit den Argumenten auseinandersetzen, zunächst ein großes Dankeschön an alle Saarländerinnen und Saarländer, die sich in der Vergangenheit ehrenamtlich in ihren kommunalen Parlamenten eingebracht haben, und an diejenigen, die sich auch dieses Jahr wieder zur Wahl stellen. Sie alle leisten Großartiges, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ohne dieses großartige ehrenamtliche Engagement würde vieles in unseren Städten und Gemeinden nicht funktionieren. Deshalb wollen wir unsere ehrenamtlichen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in ihrem Ehrenamt weiter stärken und unterstützen. Im Gesetzentwurf der CDU steht, dass es immer schwieriger wird, Interessierte für das kommunale Mandat zu gewinnen. Angenommen, diese Behauptung stimmt und es gibt in Teilen des Landes tatsächlich Probleme bei der Listenaufstellung, dann frage ich mich: Woran liegt das? Zwei Gründe kann ich Ihnen heute Vormittag sofort nennen. Die Kommunalpolitik muss zum Beispiel besser mit Beruf und Familie vereinbar sein. Zweiter Punkt: Wir müssen endlich dafür sorgen, dass weniger, am besten gar keine Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker bedroht oder beleidigt werden. Die Liste der Verbesserungsmöglichkeiten ist sicherlich nicht abschließend.
Lediglich die Zahl der potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten um die Bürgerinnen und Bürger mit Zweitwohnsitz in der Gemeinde zu erweitern, sodass also jeder mit Zweitwohnsitz kandidieren darf, ist aus unserer Sicht alles andere als eine Lösung. Ich will das auch begründen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen vor Ort gerne Verantwortung übernehmen. Das erreichen wir, indem wir die Menschen vor Ort in die Lage versetzen und auch quasi die Möglichkeit schaffen, dass man den Ort weiterentwickeln kann und darf. Das gelingt uns unter anderem durch gute Förderprogramme. Ich nenne zum Beispiel das Schulbauprogramm oder auch die Förderallianz zwischen Umweltministerium und Innenministerium bei der kommunalen Dorfentwicklung. Wir wollen nicht - in anderen Bundesländern gab es das im Übrigen schon -, dass Gemeinderäte geschlossen zurücktreten, weil sie das Gefühl
haben, dass sie nur noch Schulden verwalten, sondern wir wollen, dass unsere Kommunen ihre Zukunftsprojekte trotz einer bescheidenen finanziellen Ausgangslage gestalten können. Unsere Kommunen sollen sich nicht nur selbst verwalten können, sondern wir wollen, dass unsere Mandatsträgerinnen und Mandatsträger auch mit Freude gestalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Unterhalte ich mich mit den Vertreterinnen und Vertretern unserer kommunalen Familie, fällt oft ein Satz: „Bitte belastet unsere Verwaltung nicht noch mehr!“ - Würden wir nun eine Wählbarkeit am Zweitwohnsitz einführen, hätte das selbstverständlich auch einen erhöhten Prüfaufwand für unsere Kommunen zur Folge. Sie müssten sicherstellen, dass die Kandidatinnen und Kandidaten auch tatsächlich nur in einer Kommune kandidieren. Wir würden unsere kommunale Familie mit diesem Vorschlag also nicht entlasten, sondern belasten.
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen sie insbesondere in diesen Tagen gegen Rechtsextreme verteidigen, darüber haben wir heute Morgen schon gesprochen. Der Gesetzentwurf der CDU würde den Kampf gegen Rechts allerdings erschweren und gerade denjenigen weiteren Auftrieb verleihen, die unsere Demokratie von innen heraus aushöhlen wollen. Es gibt dabei einen Aspekt, den ich mir selbst gar nicht zu 100 Prozent zu eigen machen möchte, der aber im Kontext der Debatte heute Morgen durchaus angesprochen werden sollte: Es könnten beispielsweise Rechtsextremisten und Rechtspopulisten in einem Ort, in dem sie bislang nicht vertreten sind, einfach rechtzeitig einen Zweitwohnsitz anmelden und auf dieser Basis eine Liste für den Orts- oder auch den Gemeinderat aufstellen.
Aber auch abseits von Erwägungen zum Handeln von Rechtsextremisten und Rechtspopulisten wäre es demokratietheoretisch eher fragwürdig, wären im Rat mehrere Mandatsträgerinnen und Mandatsträger mit Zweitwohnsitz statt mit Hauptwohnsitz vertreten. Das würde dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und auch dem Identitätsgefühl in der Gemeinde extrem schaden. Die Bürgerinnen und Bürger könnten in diesem Fall den Eindruck gewinnen, dass Fremde über ihre Angelegenheiten im Ort entscheiden. Vor diesem Hintergrund kommt dem Hauptwohnsitz als dem Mittelpunkt des Lebens eine besondere Bedeutung zu: Dem Ort, an dem man sich überwiegend aufhält und an dem der Mittelpunkt der eigenen Lebensinteressen ist, fühlt man sich stärker verbunden, auch mit seinen Einwohnerinnen und Einwohnern. Entsprechend höher wird auch der eigene Einsatz für die kommunalen Belange dort sein. Derjenige, der sich mit einem Ort besonders verbunden
fühlt und sich vor Ort kommunalpolitisch einbringen möchte, kann das auch tun: Er sollte genau in dieser Kommune seinen Hauptwohnsitz anmelden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Wählbarkeit am Zweitwohnsitz würde also unsere Demokratie noch mehr gefährden, als sie es ohnehin schon ist. Das ist für uns so nicht hinnehmbar, liebe Kolleginnen und Kollegen. Herr Reiter, wenn es um unsere Demokratie geht, gibt es kein Klein-Klein. Man sollte daher dabei nicht nur die Jugendbeteiligung in den Vordergrund rücken, sondern sich tatsächlich das komplette Bild anschauen. Wir müssen unsere Demokratie stärken, statt sie zu schwächen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Führte man die Überlegungen im Gesetzentwurf konsequent weiter, könnte man auch über die Anpassung des aktiven Wahlrechts am Ort des Nebenwohnsitzes nachdenken. Immerhin ließen sich auch hierbei als Argumente die Identifikation mit dem Zweitwohnsitz und die individuelle Entscheidungsfreiheit ins Feld führen. Ich glaube aber ehrlich gesagt, dass das niemand von uns möchte, denn das wäre Rosinenpickerei. Ich bin der Meinung, Demokratie darf nichts mit Rosinenpickerei zu tun haben. Deshalb lehne ich auch alle Überlegungen, die in diese Richtung gehen, konsequent ab, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Neben einer möglichen Stärkung des Ehrenamts argumentiert der Gesetzentwurf der CDU auch mit einer stärkeren Beteiligung von jüngeren Generationen. Das ist so grundsätzlich auch nicht falsch gedacht, schließlich lebt unsere Demokratie von der Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen. Daher ist es wichtig, dass wir gerade die jungen Generationen bei der politischen Willensbildung beteiligen und auch bei der Entscheidungsfindung einbeziehen. Das heißt für die SPD, das heißt für uns: Wir wollen die Jugendbeteiligung im Saarland weiter stärken.
Gerade aus diesem Grund werden wir hier, Kollege Reiter hat es angesprochen, demnächst über das neue Jugendbeteiligungsgesetz diskutieren. Im heutigen Entwurf der CDU liest man, der Einfluss junger Menschen in den Entscheidungsprozessen der Kommunen solle gesteigert werden. Will man bei den jungen Menschen ernsthaft die Begeisterung für Kommunalpolitik entfachen und die jungen Menschen auch stärker beteiligen, sollte man nicht die Wählbarkeit am Zweitwohnsitz ins Feld führen. Von der profitierten nur die Wenigen, die sich ohnehin schon in jungen Jahren politisch engagieren. Wir müs
sen ganz anders an die Sache herangehen: Wir müssen die Möglichkeit schaffen, dass junge Menschen bereits mit 16 Jahren vor Ort in ihrer Kommune mitwählen dürfen. Das wäre ein ganzheitlicher Ansatz, liebe Kolleginnen und Kollegen.
In dieser Angelegenheit vermisse ich den Mut der CDU. Ich werde den Verdacht nicht los, dass man mit diesem Gesetzentwurf nur ein paar jungen Parteikolleginnen und Parteikollegen einen Vorteil verschaffen möchte, indem man dann nicht mehr die Zweitwohnsitzsteuer zahlen muss.
Sie könnten dann ja einfach hingehen und die Zweitwohnsitzsteuer vor Ort bezahlen, das wäre überhaupt kein Problem. Ihr Gesetzentwurf ist eine Mogelpackung und genau deshalb werden wir ihn ablehnen. - Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Ich erteile nunmehr Herrn Abgeordneten Christoph Schaufert von der AfD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegen Abgeordnete! Trotz der bislang erfolgten Ausführungen erschließt sich mir nicht, erschließt sich uns nicht wirklich die Problematik, die durch den vorliegenden Gesetzentwurf behoben werden soll.
Es wurde bereits inhaltlich darauf hingewiesen, dass im deutschen Wahlrecht grundsätzlich das Prinzip gilt: ein Wohnsitz, eine Stimme. Dies sollte, dies muss auf alle Fälle eingehalten werden, denn niemandes Stimme darf größeres Gewicht haben, indem mehrere Gremien aufgrund mehrerer Wohnsitze gewählt werden dürfen. Wer also dort wählen will, wo er den Schwerpunkt und den Fokus seines kommunalpolitischen Interesses sieht und sich daher gerne einbringen möchte, ob passiv oder aktiv, der soll sich eben ummelden. Ende der Geschichte. Punkt. Das ist so klar definiert und bundesweit einheitlich und ohne mögliche Unschärfe geregelt.
Der vorliegende Gesetzentwurf trägt nichts dazu bei, das Spannungsfeld aufzulösen, dass ein Wahlrecht am Zweitwohnsitz zu einer doppelten Stimmabgabe führen könnte, wenn eine Person bereits in einer anderen Gemeinde qua Erstwohnsitz wahlberechtigt ist.
Es müssten Bundes- und Ländergesetze geändert werden, um dies auszuschließen und die Wahlregister verlässlich auf kommunaler Ebene führen zu können. Allein schon, da eine derartige Regelung, wie sie Ihnen vorschwebt, die Integrität des Wahlprozesses beeinträchtigen könnte, ist sie abzulehnen.
Auch nicht akzeptabel ist die dann mögliche Rosinenpickerei; Beispiel: Wohnen in Frankreich, aber kommunal Wählen in Deutschland.
Auch ist offen, wie ein Wahlrecht am Zweitwohnsitz die lokale politische Landschaft verzerren würde, dies insbesondere in Gebieten mit vielen Zweitwohnsitzen, wie bei uns hauptsächlich im Umfeld der Universitäten der Fall. Personen, die dort nicht ständig leben, könnten die lokale Politik beeinflussen. Ohne nun etwas unterstellen zu wollen, ist doch nicht ganz von der Hand zu weisen, dass ein Wählertourismus stattfinden könnte, gegebenenfalls durch Parteien gesteuert, um in der einen oder anderen Kommunen die politischen Verhältnisse zu „optimieren“. Die Hürde insoweit ist mit Sicherheit kleiner, wenn man nur einen Zweitwohnsitz eröffnen muss statt tatsächlich alle Formalitäten und Rechtskonsequenzen eines Wohnortwechsels erfüllen zu müssen. Auch wenn dies hoffentlich nicht die im Hintergrund stehende Überlegung für die hier eingebrachte Änderung ist, ist dieses Szenario doch auf alle Fälle mitzudenken.