Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen, so wahr mir Gott helfe!
Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen, so wahr mir Gott helfe!
Erste Lesung des von der SPD-Landtagsfraktion und der CDU-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Bestellung einer oder eines Beauftragten des Saarlandes gegen Rassismus (Drucksache 17/903 - neu)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! „Du bist schwarz, du sollst sterben!“ Mit diesen Worten versuchte ein Mann im Sommer 2020 auf einen jungen Studenten aus Gabun mit dem Messer einzustechen, mitten in Burbach. Nur eine vorbeifahrende Polizeistreife konnte mutmaßlich das Leben von Daniel Mintsa retten. Seine Geschichte hat er nur einen Tag später auf eine Black-Lives-Matter-Demo in Saarbrücken öffentlich gemacht. Wie es ihm nach dem Angriff erging, das hat ihn die Saarbrücker Zeitung nur wenige Tage später gefragt. Seine Antwort war so kurz wie schmerzhaft: schlecht. Es schlafe nicht, er esse nicht. Egal ob zu Hause oder auf der Straße, er habe die ganze Zeit Angst und fühle sich unsicher, und zwar überall. Der Wunsch, den er äußert: Das so etwas nie wieder vorkommt, egal ob das Opfer schwarz oder weiß
ist, dass endlich entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Eine wichtige Maßnahme, liebe Kolleginnen und Kollegen, bringen wir heute gemeinsam auf den Weg!
Mit dem Gesetz schaffen wir als erstes Bundesland eine zentrale, unabhängige und beratende Stelle, um rassistische Haltungen und Äußerungen jeglicher Form zu bekämpfen und rassistische Vorfälle und Straftaten einzudämmen. Es geht aber auch um Sichtbarkeit, das Ernstnehmen und Anerkennen. Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass die CDU-Landtagsfraktion diesem Gesetzentwurf beigetreten ist. Ich will ganz ausdrücklich begrüßen, dass Sie diese Initiative unterstützen, herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Natürlich gibt es immer kritische Stimmen, die sich ganz grundsätzlich gegen das Modell der Landesbeauftragten wenden. In Teilen kann ich manche Argumente auch nachvollziehen. Natürlich kann nicht eine Person ein gesamtgesellschaftliches Problem lösen. Ich bin aber fest überzeugt: Wer so eine Position voll ausfüllt, der oder die kann einen echten Unterschied in der politischen Debatte, aber auch im Umgang mit Regierung und Verwaltung machen. Es kommt ganz entscheidend auf die Person an, die diese Position ausübt. Prof. Dr. Roland Rixecker ist so ein Beispiel, weil er für viele von uns ein starker Ansprechpartner ist, wenn es um den Schutz jüdischen Lebens, aber auch jüdischer Kultur in diesem Land geht. Lieber Professor Roland Rixecker, vielen Dank für Ihre engagierte und - ich möchte es deutlich betonen - ehrenamtliche Arbeit!
Wir haben uns bei der Ausgestaltung der Funktion des Antirassismusbeauftragten an der Position des Antisemitismusbeauftragten orientiert. Mit der Wahl der oder des Antirassismusbeauftragten durch das Parlament gewährleisten wir auch ein Höchstmaß an Legitimität. Erlauben Sie mir auch zu sagen, als Parlamentarierin freut es mich besonders, dass er oder sie als Beauftragter/Beauftragte hier in der Herzkammer der Demokratie im saarländischen Landtag angesiedelt sein wird. Das garantiert auch ein Höchstmaß an Unabhängigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rassismus ist keine Meinung! Rassismus ist ein Gift, das unsere Gesellschaft zersetzt, ein Gift, das Menschen wegen ihrer Herkunft, ihres Aussehens, ihrer Hautfarbe, ihres Namens diskriminiert, ausgrenzt, abwertet, gar tötet. Aber zur Wahrheit gehört auch: Niemand wird als Rassist oder als Rassistin geboren. Niemand wird als böser Mensch geboren.
Viele von Ihnen kennen vielleicht das Video, in dem jeweils zwei Kinder zusammen gefragt werden, was sie von ihrer Freundin, ihrem Freund unterscheidet. Die Kinder antworten, dass nur eines von beiden Salat mag, dass sie in unterschiedlichen Straßen wohnen, dass nur eines zu Hause Eichhörnchen im Baum beobachten kann. Was sie nicht antworten: dass sie unterschiedliche Hautfarben haben, dass sie aus unterschiedlichen Ländern kommen, dass das Sitzen im Rollstuhl sie voneinander unterscheidet. Wenn es um Unterschiede geht, sehen Kinder die Welt anders. Ich möchte sogar lieber sagen, dann sehen Kinder die Welt richtig. Sie sehen die Welt so, wie jeder und jede von uns in diese Welt hineingeboren wurde. Ich sage noch einmal: Niemand wird als Rassist oder Rassistin geboren. Rassismus wird von der Gesellschaft reproduziert. Er ist eine angelernte Verhaltensweise. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir gemeinsam ein starkes Bewusstsein für rassistische Diskriminierungen schaffen und als Gesellschaft sensibler werden und uns selbst hinterfragen. Dazu gehört auch, dass wir anerkennen, dass im Grunde jede und jeder von uns rassistische Denkweisen haben kann, die in uns selbst schlummern. Die Frage nach der Herkunft und die freundliche Bemerkung, dass man aber gut Deutsch spreche, können verletzen.
Was ich damit sagen will: Niemand ist davor gefeit, rassistische Andeutungen und Fehler zu machen. Viele reproduzieren rassistische Denkmuster auch nur - ohne Absicht. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es spielt keine Rolle, ob man rassistisch handeln möchte oder nicht. Man muss sich nicht als Rassist verstehen, um verletzen zu können. Es zeigt aber, wir alle müssen und können noch viel dazulernen. Dafür wünsche ich mir eine Debattenkultur, in der man dazulernen darf, in der diejenigen, die dazulernen müssen, nicht hinter jeder sensibleren Sprache gleich einen Eingriff in ihre Freiheit vermuten. Lassen Sie uns mit der Einführung des oder der Antirassismusbeauftragten den Grundstein dafür legen, dass wir als Gesellschaft gemeinsam dazulernen können.
Dazulernen heißt aber auch, dass wir nicht die Augen vor denjenigen verschließen, die durch und durch rassistisch sind, die den Hass in Wort und Tat auf andere umsetzen. Das zeigt auch die steigende Fallzahl politisch motivierter Gewalttaten im Saarland. Laut jüngst vorgestellter Polizeilicher Kriminalstatistik sind 71 mehr rechte Straftaten und 47 mehr antisemitische Straftaten im Jahr 2023 angezeigt worden. Zum Vergleich: Es wurden auch mehr linke Gewalttaten angezeigt. An der Zahl neun Delikte mehr. Meine Damen und Herren, diese Zahlen zeigen uns schwarz auf weiß, die Gefahr in diesem Land geht von Rechtsextremen aus. Das ist das Gift, das unsere freiheitliche Demokratie bedroht.
Wir feiern in diesem Jahr 75 Jahre Grundgesetz. Nie war dieses Grundgesetz so bedroht, wie es heute ist. Ich denke an Remigrationspläne und geheime Russlandkontakte der AfD. Ich will es ganz deutlich sagen, es ist kein Zufall, dass Rechtsextreme aktiv Kontakte zu Autokraten und Despoten in dieser Welt pflegen. Es ist kein Zufall, dass diese Menschen der Reihe nach unser Land verraten. Das hat einen einfachen Grund. Diese Leute wollen ein anderes Land beziehungsweise ein unfreies Land haben. Deshalb bedrohen sie die Freiheit von innen und machen sich zum Handlanger derer, die unsere Freiheit von außen bedrohen. Daher ist es Zeit, dass dieses Land sich zur Wehr setzt und diese Demokratie zeigt, dass sie wehrhaft ist und sich nicht von innen heraus zerstören lässt. Nicht jeder und jede, der oder die bei demokratischen Wahlen gewählt werden kann, ist auch ein Demokrat oder eine Demokratin. Na ja, in Saarbrücken wird es jetzt schon so sein. Aber ich möchte ganz deutlich sagen, wir werden uns in den kommenden Wochen alle Mühe geben, dass im ganzen Saarland Demokratinnen und Demokraten in die Räte gewählt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Wir haben in dieser Legislaturperiode schon vieles gemeinsam auf den Weg bringen können. Ich denke unter anderem an die Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu der rassistischen Anschlagsserie in den Neunzigerjahren. Ich denke an die Einrichtung des Opferentschädigungsfonds. Ich denke daran, dass wir gerade den Rassebegriff aus der Verfassung gestrichen haben. Wir haben die Haushaltsmittel um 200.000 Euro für den Kampf gegen Extre mismus erhöht. Jüngst hat Anke Rehlinger, unsere Ministerpräsidentin, die Absichtserklärung „Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft“ unterschrieben. Es freut mich, dass wir heute mit der Schaffung eines oder einer Beauftragten gegen Rassismus einen weiteren wichtigen Schritt gehen werden. Diese Beauftragung wird auch bei der Erarbeitung, Umsetzung und Evaluation des Landesaktionsplans gegen Rassismus und Antisemitismus eine wahnsinnig wichtige Stütze sein. Deswegen bitte ich um Zustimmung zum Gesetzentwurf.
Ich danke Ihnen, Frau Kollegin Braun. Ich eröffne die Aussprache. Es liegen Wortmeldungen vor. - Ich erteile für die AfD-Landtagsfraktion das Wort Herrn Abgeordneten Christoph Schaufert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegen Abgeordnete! Oha, da haben wir es wieder, das Thema Rassismus. Es wird erneut ein Butzemann unterm Bett gesucht. Nur Sie - wie der eine oder andere Insasse einer Klinik - schaffen es, in einer Welt zu leben, in der es Frauenquoten und Frauenfeindlichkeit gibt, obwohl man gleichzeitig die Existenz von Geschlechtern negiert und als Konstrukt bezeichnet - Geschlechter, die man sogar aus einer Sektlaune heraus öfters wechseln kann. Es ist eine Welt, in der es Volksverhetzung gibt, aber natürlich kein Volk, eine Welt voll Rassenunruhen, Rassendiskriminierung und Rassismus, aber ohne Rassen. Journalismus bedarf Journalisten. Individualismus bedarf Individuen. Alkoholismus bedarf Alkohol et cetera. Einzig Rassismus bedarf bei Ihnen nur dem politisch nicht Linken.
In Ihrer linken, woken, ausgedachten Welt mit vielen imaginären Butzemännern unterm Bett haben Sie dafür gesorgt, dass das berechtigte Anliegen, Menschen davor zu bewahren, dass sie aufgrund ihres Aussehens, ihrer Sprache und Herkunft Nachteile erfahren, sowie sie zu schützen, mittlerweile verkommen ist zu einem billigen Kampfbegriff gegen alles, was Ihnen nicht in den Kram passt. Stellt man nüchtern und faktenbasiert fest, dass Nichtdeutsche überdurchschnittlich häufig in der Kriminalstatistik auftauchen, ist es Rassismus. Stellt man statistisch fest, dass überdurchschnittlich viele Ausländer Bürgergeld und andere Sozialleistungen beziehen, ist es Rassismus. Besagen die Zahlen, dass in Schulen und Klassen mit überdurchschnittlichem Anteil von Migranten die Leistungen eher schlecht sind, ist es Rassismus. Weist man darauf hin, dass für Silvesterkrawalle hauptsächlich junge Männer mit Migrationshintergrund verantwortlich sind, ist es Rassismus. Stellt man die unschuldige Frage nach der Herkunft beispielweise eines Familiennamens, ist es Rassismus. Bei der Frage: „Woher kommen Sie ursprünglich?“ hat man gar die Hölle aufgerissen. Hitler mit allen Unholden der Weltgeschichte wird sofort heraufbeschworen ob dieses Rassismus.
Wir wissen alle, was gemeint ist. Bei Ihrer Deutung von Antirassismus wird nicht im Geringsten versucht, sich vor jemanden zu stellen. Es wird nicht versucht, Zuschreibungen, die über eine vollkommen natürliche - ich wiederhole: vollkommen natürliche -, meist am Phänotyp eines Menschen festzumachende Distanz hinausgehen, entgegenzutreten. Nein, es wird nur noch versucht, mit der Rassismuskeule auf alles einzuprügeln, was einem nicht passt. Dies ist auch der eigentliche Sinn des von Ihnen vorgeschlagenen Beauftragten gegen Rassismus für
das Saarland. Es geht darum, eine Institution zu schaffen, welche mit offizieller Ämterschwere und Mahnern alles und jeden an den Pranger stellen kann, das und der nicht ordentlich linksrot ist.
Wir sind zumindest froh, dass Sie sich für die ehrenamtliche Variante entschieden haben und nicht bereits beim Beauftragten an die A16- oder gar B‑Besoldungsgruppe rangehen, um einen Parteigänger zu versorgen. Wie erwähnt, Sie konnten sich dem erwehren, wieder einen gut dotierten Posten in Vollzeit zu schaffen.
Dabei sollten Sie dem Bürger und Steuerzahler gegenüber aber ehrlich sein und sagen, dass der ehrenamtliche Beauftragte gegen Rassismus natürlich eine Amtsausstattung und ein Büro brauchen wird. Dies wird nicht auf einen PC, ein wenig Papier und eine Räumlichkeit zu beschränken sein. Nein, da werden auch wieder en masse Stellen geschaffen werden und es wird eine Spielwiese für woke, linke Rassismuskeulenschwinger geschaffen werden. Einziges Ziel wird sein, alles zu diffamieren, was einem nicht in den Kram passt. Wir lehnen dies natürlich ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von der AfD. - Abg. Braun (SPD) : Schämen Sie sich. - Abg. Meiser (SPD): Widerlich am frühen Morgen. - Abg. Haas (SPD): Das war das beste Bei spiel, warum wir einen Rassismusbeauftragten brauchen.)
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schaufert. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile nun für die CDU-Landtagsfraktion das Wort Herrn Abgeordneten Roland Theis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger! Als CDU-Fraktion unterstützen wir heute - Frau Kollegin Braun hat es angedeutet - diesen Gesetzentwurf, weil er einem gemeinsamen Anliegen dient, das wir in diesem Haus in den vergangenen Monaten bereits an vielen Stellen bearbeitet haben, nämlich dem parlamentarischen Eintreten für eine friedliche, tolerante und weltoffene Gesellschaft.
Wir sind davon überzeugt, dass die Bestellung eines Beauftragten dafür ein richtiger Schritt ist, weil er die Bedeutung dieses gemeinsamen Anliegens und der Arbeit gegen Rassismus unterstreicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist
eine traurige Feststellung, dass Rassismus eine Realität in unserem Land ist, eine Realität in der Geschichte unseres Landes - der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Anschlagserie in den Neunzigerjahren beschäftigt sich zu Recht damit -, traurigerweise aber auch eine Realität in der Gegenwart unseres Landes, im Alltag, in Institutionen, an Schulen. Jeder von uns nimmt das wahr.
Es ist eine Realität, bei der man den Eindruck hat - ich fürchte, er trifft zu ‑, dass die Problematik an Quantität und Qualität zunimmt. Dabei richten sich menschengruppenbezogene Gewalt und Hass gegen Menschen jeglicher Herkunft. Kollegin Braun hat das vorhin zu Recht dargestellt: Niemand ist davor sicher, rassistische Gedanken zu haben. Niemand ist aber auch davor sicher, Opfer von Rassismus zu werden. Es ist nicht das Thema der anderen, sondern eines für jeden einzelnen von uns.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Strafverfolgung, aber auch in der Opferschutzarbeit werden wir häufig mit Menschen und Taten konfrontiert, die Gewalt aus menschengruppenbezogener und rassistischer Motivation darstellen. Das ist leider keine Seltenheit. Das nehmen wir an unseren Schulen, im öffentlichen Raum und im Alltag wahr und stellen uns dagegen. Es ist deshalb notwendig, dass man das ohne Tabus ansprechen darf, egal wer Täter oder Opfer ist. Ich sage das auch vor dem Hintergrund einiger Fälle, die mir in der Arbeit des Opferschutzes untergekommen sind und mich schockiert zurückgelassen haben.
Ich habe vor Kurzem einen Fall erleben müssen, bei dem ein Kind albanischer Herkunft Opfer rassistischer Gewalt einer Mitschülerin geworden ist, also an einer saarländischen Schule wegen seiner Herkunft Gewalt erfahren hat. Weil sich die Institutionen offensichtlich schwergetan haben, richtig damit umzugehen, wurde am Ende nicht die Täterin bestraft, sondern die Eltern des Kindes wussten sich nicht anders zu helfen, als das Kind von der Schule zu nehmen. In einer solchen Konstellation wäre ein Beauftragter als Ansprechpartner für die Schule, die Eltern und all diejenigen, die das mitbekommen haben, eine wichtige Institution gewesen, weil wir damit dem Grundsatz, der gerade in dieser Frage gesellschaftspolitisch wichtig ist, dass das Recht dem Unrecht nicht weichen darf, hätten Ausdruck verleihen können. Für einen solchen Fall ist die Bestellung eine richtige Entscheidung. Deswegen unterstützen wir diese, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Im Kampf für eine tolerante Gesellschaft gibt es viel zu tun: Ansprechpartner sein, sichtbar machen, Themen auf die Agenda setzen. Mit der Bestellung dieses Beauftragten - das vermuten
wir nicht, wollen es aber auch gemeinsam nicht - wollen wir diese Aufgabe nicht outsourcen, im Gegenteil, wir wollen die eigene Verantwortung unterstreichen und dieser besser gerecht werden. Uns ist dabei wichtig, und zwar gerade, weil wir im Grunde genommen eine gesellschaftspolitische Debatte gegen diese Ideen gewinnen müssen, wenn wir uns gegen Rassismus einsetzen, dass wir Rassismus überall entgegentreten, wo er auftritt, ihn aber nicht überall vermuten, wo es ihn nicht gibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir lehnen deshalb Vorstellungen sogenannter Identitätspolitik ab - ich will das sagen, weil es wichtig ist, dass wir gegen das Richtige kämpfen -, die hinter jedem mitteleuropäischen Musiker, der sich für Reggae interessiert, jemanden vermuten, der sich kulturell etwas aneignet und der rassistisches Gedankengut hat. Wir lehnen Vorstellungen ab, die hinter jedem Kostüm aus Tausendundeiner Nacht und dem Wilden Westen Rassismus sehen. Wir lehnen auch Vorstellungen ab, die hinter jeder aus kriminalistischer Erfahrung stattfindenden Polizeikontrolle Rassismus vermuten. Es gibt Kleinkriminalität in Deutschland. Sie ist kein rassistischer Mythos und keine Erfindung aus rassistischem Gedankengut.
Ich will damit nichts schönreden. Wer aber den Vorwurf des Rassismus inflationär verwendet, der verharmlost echten Rassismus und verliert die Menschen, die das Anliegen nicht mehr ernstnehmen, wenn es sich tatsächlich um Rassismus handelt. Das ist eine gefährliche Entwicklung in unserer Gesellschaft. Wer unter dem Deckmantel des Antirassismus die Augen vor Realitäten verschließt, der befördert die Spaltung unserer Gesellschaft, verhindert Lösungen und erreicht damit das Gegenteil dessen, was richtige Antirassismusarbeit zum Ziel hat, nämlich ihn zurückzudrängen. Wir bezwecken den Kampf gegen echten Rassismus, gegen Ideen, die eine Gesellschaft spalten. Wir treten für ein friedliches, tolerantes, weltoffenes Saarland ein. Dafür reichen wir die Hand und dem stimmen wir heute zu. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.