Protokoll der Sitzung vom 04.12.2024

(Beifall von der SPD.)

Es geht hier nicht um Symbolpolitik, sondern um eine konkrete Maßnahme, die allen Familien zugutekommt. Wer jetzt behauptet, dass 120 Euro im Jahr bei einer Familie mit zwei Kin dern keinen Unterschied machen, der hat wohl noch keine neue Wintergarnitur mit Winterschuhen kaufen müssen. Für viele Familien sind genau diese 120 Euro ein echter Unterschied. Des halb appelliere ich heute ausdrücklich an die CDU-Bundestagsfraktion: Setzen Sie sich dafür ein, dass die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag noch in diesem Jahr beschlossen wird. Verzögern Sie diese Entscheidung nicht. Es

(Präsidentin Winzent)

geht nicht nur um die Entlastung der Schwächsten, sondern um die Entlastung aller Familien. Familien tragen unsere Gesellschaft. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Gesellschaft und insbesondere die Politik die Familien tragen.

(Beifall von der SPD.)

Der Sozialstaat ist nur dann stabil, wenn er von Solidarität getragen wird. Solidarität bedeutet, dass wir füreinander einstehen, unabhängig von Herkunft, Einkommen und Lebenssituation. Es darf nicht sein, dass neoliberale und populistische Stimmen diese Solidarität aushöhlen. Das ist mein eindringlicher Appell. Jeder Mensch in unserem Land profitiert vom Sozialstaat, sei es durch Bildungsangebote, Gesundheitsversorgung, Renten oder Pflegeleistungen. Ein starker Sozialstaat sichert nicht nur die Schwächsten ab, sondern stärkt die gesamte Gesellschaft.

Sehr verehrte Kolleg*innen, Familien brauchen Verlässlichkeit und Unterstützung. Mit diesem Antrag setzen wir ein klares Zeichen. Wir sehen die Bedürfnisse der Familien, wir hören Sorgen, wir handeln entschlossen. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Kindergeld und Kinderfreibetrag steigen. Lassen Sie uns langfristig die Kindergrundsicherung umsetzen und lassen Sie uns Solidarität und sozialen Zusammenhalt in den Mittelpunkt unserer Politik hier im saarländischen Landtag stellen. Denn die Stärke unseres Landes zeigt sich daran, wie wir für die Schwächsten einstehen, wie wir uns der Zukunft zuwenden - für unsere Kinder, für unsere Familien.

(Beifall von der SPD.)

Danke, Frau Klein, für die Begründung Ihres Antrages. - Zur Begründung des Antrages der CDU-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Hermann-Josef Scharf das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte beginnen mit einem Zitat aus der Rundfunkansprache des leider am 28. Ok tober verstorbenen ehemaligen Bischofs Franz Kamphaus. Er ist mein Lieblingsbischof gewesen, weil er jemand war, der den Menschen und die Familie immer im Mittelpunkt gesehen hat. Deswegen hören Sie sich einmal diese Sätze an: Das Thema Familie hat Konjunktur. Fast alle Parteien stellen fest, dass es in Deutschland zu wenig Kinder, zu wenig erziehungsbereite Eltern, zu wenig kindgerechte Rahmenbedingungen gibt. Unserer Gesellschaft ist die Produktion toter Güter wichtiger als die Reproduktion des Lebens. Viele Städte sind autofreundlich, kaum genügend kinderfreundlich. Man müsste heute

das Glück haben, als Auto zur Welt zu kommen. Dann wäre man gut dran. Eine Option für die Familie ist eine Option für Lebendigkeit und Zukunft. In kaum einen Lebensbereich erfahren wir die Höhen und Tiefen unseres menschlichen Daseins so intensiv und so hautnah wie in der Familie. Geborgenheit und Fremdheit, Gesundheit und Krankheit, Vertrauen und Angst, Liebe und Hass, Streit und Versöhnung werden in den Beziehungen zu Eltern, Kindern, Geschwistern und überhaupt zu den Angehörigen besonders stark erlebt. Die Familie ist der Lernort des Lebens.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich brauche dem, was der Bischof vor 40 Jahren in dieser Ansprache kundgetan hat, nichts mehr hinzuzufügen. Sie ist aktueller denn je, und genau das ist unser Menschenbild, das Menschenbild der Christlich Demokratischen Union. Deswegen haben wir in diesen Dingen keinen Nachholbedarf. Unsere Bundestagsfraktion der CDU/CSU hat am 04.06. einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht: „Familien steuerlich stärken - von der Kinderbetreuung bis zur Seniorenpflege“. In diesem Antrag ist alles, was von der Kollegin Klein angesprochen wurde, dezidiert drin. Aber was ist geschehen? - Die Ampel hat diesen Antrag abgelehnt.

Ich sage es mal so: Abends wird der Faule fleißig.

(Lachen und Sprechen bei der CDU.)

Man hat es in drei Jahren nicht hinbekommen, es tut mir weh, aber wir können es jetzt nicht im Hauruckverfahren in den paar Wochen, in denen der Deutsche Bundestag noch zusammenkommt, behandeln. Ich habe es heute beim Blindengeld schon angesprochen: Es ist auch der Respekt vor den Finanzen. Eine Erhöhung des Kindergeldes von 5 Euro wird veranschlagt mit 1,425 Milliarden Euro und die zwingend einhergehende Erhöhung des Kinderfreibetrages sind weitere 410 Millionen. Es gibt keinen Haus halt auf der Bundesebene. Wie will man diese Dinge regeln und machen?

Ich kann uns nur klar und deutlich empfehlen: Seien wir redlich und ehrlich! Wir als CDU sagen klar und deutlich, wir wollen eine Erhöhung des Kindergeldes, vielleicht sogar noch mehr als 5 Euro, aber dann muss man das solide diskutieren. Im Bundestag gibt es drei Lesungen, man muss weitere Anhörungen durchführen. Das ist einfach nicht mehr möglich. Deswegen sollte man im Wahlkampfgetöse bitte den Leuten nicht die Augen zuschmieren. Ich glaube, sachliche, redliche Politik ist gefragt, denn die Menschen haben die Schnauze voll. Ich sage das jetzt ganz bewusst. Die Leute wollen jetzt, dass sich noch mal an den Problemen orientiert wird. Die sind hier groß genug.

(Abg. Klein (SPD) )

Ich will betonen, 47 Prozent der Menschen im Arbeitsmarkt sind Frauen. Viele Frauen haben eine Teilzeitbeschäftigung und deswegen sind sie - besonders als Alleinerziehende - wirklich auf jeden Cent angewiesen. Deswegen müssen wir hier ein Zeichen setzen, aber nicht in diesem Verfahren. Ich kann nur sagen: Lasst uns im Wahlkampf diese Dinge diskutieren. Ich bin da ganz offen. Dann können wir die Modelle nämlich gegeneinander stellen. Aber dann wünsche ich mir, dass der neue Bundestag klare Zeichen für Familien setzt und rückwirkend zum 01.01.2025 das Kindergeld und die Freibeträge erhöht, sodass wir hier einfach deutlich machen: Familie steht im Mittelpunkt. Das ist redliche und ordentliche Politik. Dafür stehen wir als CDU, aber nicht für Dinge, die nicht umsetzbar sind. - Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU.)

Danke, Herr Scharf, für die Begründung Ihres Antrages. Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen sind eingegangen. - Es hat nun der Fraktionsvorsitzende der AfD‑Fraktion, Herr Josef Dörr, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Das hier ist Wahlkampfgetöse in Reinkultur. Zuerst einmal ist das nicht unsere Sache. Dieses Parlament kann kein Kindergeld erhöhen und es kann auch nichts anderes machen, weil es eine Bundesgeschichte ist. Das können also nur die Bundestagsfraktionen machen. Die Bundestagsfraktion der CDU hat einen Antrag eingebracht, wie der Kollege Scharf eben dargestellt hat. Der Antrag ist von der Ampel abgelehnt worden. Ich sage Ihnen mal was: Wahrscheinlich hat die CDU den Antrag nur gestellt, weil sie gewusst hat, dass er abgelehnt wird.

Ich sage Ihnen auch etwas voraus: Bei der nächsten Bundestagswahl, in der beide Parteien arg gerupft werden - Gott sei Dank, weil es den Leuten wirklich langsam zum Hals heraushängt -, werden sie sich zu einer Regierung zusammenfinden. Aber diese Regierung wird auch nicht machen, was Frau Klein hier vorgeschlagen hat. Das werden wir alles erleben, es dauert ja nicht mehr lange. In drei Monaten ist das vorbei und dann werden Sie sehen, dass diese Vorschläge nicht mehr aus der Schublade herauskommen, sie werden verschwunden sein. Das heißt also, es ist Wahlkampfgetöse. Wir beteiligen uns nicht daran. Wir enthalten uns der Stimme. - Danke.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Dörr, für Ihren Redebeitrag. - Als nächster Redner hat nun das Wort von der SPDLandtagsfraktion Herr Frank Schmidt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! „Wer in die Zukunft investieren will, der muss in unsere Kinder investieren.“ Mit dieser Aussage von Hubertus Heil möchte ich meine Rede zu unserem heutigen Antrag beginnen, und zwar aus einem bestimmten Grund: Es ist nämlich bewiesen, dass Kinder, die in Armut aufwachsen, in unserer heutigen Gesellschaft oftmals benachteiligt sind - sei es bei dem Thema Bildung, bei der Suche nach einer Ausbildung oder bei der gesellschaftlichen Teilhabe, und zwar nicht selten ihr Leben lang.

Bundesweit sind in Deutschland aktuell über 2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jah ren armutsgefährdet. Jedes fünfte Kind lebt sogar unterhalb der Armutsgrenze. Hier im Saarland liegt die Quote bei über 20 Prozent. Beson ders betroffen sind Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern, da mit jedem zusätzlichen Kind das Armutsrisiko steigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was diesen Umstand betrifft, habe ich eine klare Meinung: Das muss sich ändern. Hier müssen wir die erforderlichen Hebel ansetzen. Unser Ziel muss sein, dass soziale Herkunft kein dauerhaftes Schicksal für Kinder ist. Wir dürfen Kinder, deren Eltern Geringverdiener sind oder Bürgergeld empfangen, nicht abstempeln als kleine Langzeitarbeitslose. Wir müssen ihnen Alternativen aufzeigen. Wir müssen ihnen eine Zukunft bieten.

(Beifall von der SPD.)

Damit dies auch gelingt, muss der Alltag unserer Kinder grundsätzlich frei sein von den finanziellen Sorgen der Eltern. Das beste Mittel gegen Kinderarmut ist in erster Linie der Kampf gegen niedrige Löhne der Eltern. Hier denke ich selbstverständlich an die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns vor einigen Jahren durch uns, die SPD, oder an unseren Kampf für die Kindergrundsicherung, die Kinder dauerhaft aus der Armut reißt. Über diese beiden Themen, das weiß ich, herrscht unter uns hier im Haus, aber auch im Bundestag nicht gerade Konsens. Wo aber Konsens bestehen sollte, und das hat Kollege Hermann Scharf ja auch angesprochen, ist die inflationsbedingte Erhöhung des Kindergeldes und die Erhöhung des Kinderfreibetrages bis zum 1. Januar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, würden diese beiden Verbesserungen nicht kommen, wäre dies für viele Familien eine echte Enttäuschung, denn sie haben mit den Erhöhungen geplant und

(Abg. Scharf (CDU) )

sich auf die Politik, auf uns, verlassen. Hier gilt der Respekt vor den Finanzen der Familien.

(Beifall von der SPD.)

Wie ich dem Antrag der CDU-Fraktion entnehme, sind Sie auch dafür. Es gibt also eine Mehrheit hier im Hause und es sollte deswegen auch im Deutschen Bundestag eine Mehrheit für die Erhöhungen geben. Warum also warten? 5 Euro, liebe Kolleginnen und Kollegen, das klingt für viele Menschen, vor allen Dingen für uns im Landtag, die wir viel mehr verdienen, ziemlich wenig. Aber erst einmal muss man klar sagen, den betroffenen Familien hilft es. Für jedes Kind sind es 5 Euro und das Monat für Monat, ganz konkret für Menschen, die es eben nicht so gut haben wie wir. Wer Kinder hat, ich habe welche, der weiß, was es bedeutet. Gerade im Winter, wenn das eine Kind einen seiner Handschuhe verliert und das andere Kind aus den Winterschuhen rausgewachsen ist.

Ich weiß auch, wovon ich rede, denn mir, meiner Mutter und meiner Schwester ging es früher genauso. Als mein Vater meine Mutter verlassen hat, war ich drei und meine ältere Schwester 13. Meine Mutter musste Teilzeit arbeiten gehen, um die Fixkosten bezahlen zu können. Sie hat für mich und meine Schwester damals 50 DM Kindergeld bekommen - jeweils. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Sie hätte sich auf jeden Fall über eine Erhöhung von 10 DM gefreut, um uns wichtige Sachen kaufen zu können oder auch mal eine kleine Freude zu machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jedes Jahr am 20. November ist der jährliche Feiertag für star ke Kinderrechte. Wir als SPD-Fraktion wollen, dass diese Rechte von Kindern nicht nur an diesem Tag, sondern auch an allen anderen Tagen im Jahr sichtbar sind.

(Beifall von der SPD.)

Denn jeder Tag sollte Kindertag sein. Kinder und Jugendliche sind ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und ihre Rechte müssen deshalb stärker berücksichtigt werden. Ihre Belange und Interessen müssen in Zukunft auf allen Ebenen mehr Berücksichtigung finden. Mit einer Kindergrundsicherung würden wir sie in Zukunft besser vor Armut schützen. Meine Kollegin Réka Klein hat diesbezüglich schon Ausführungen gemacht.

Bevor ich nun zum Ende komme, möchte ich noch kurz auf den Antrag der CDU-Fraktion zu sprechen kommen. Ein Beschluss des Bundes heute unterscheidet sich im parlamentarischen Verfahren in keiner Weise von einem Beschluss im Januar, Juli oder August. Was sich aber unterscheidet, ist, ob das Geld im Januar, Juli oder August bei den Familien auf dem Konto ist. Hier

geht es um Klarheit und Planungssicherheit, nicht um Parlamentsspielchen.

(Beifall von der SPD.)

Jetzt muss ich leider ein bisschen schneller reden, weil meine Redezeit abläuft. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammenfassend kann ich also sagen, die Erhöhung des Kindergeldes ist keine Ausgabe, sie ist eine Investition in Familien und unsere Kinder. Sie zeigt, dass wir als Gesellschaft bereit sind, Verantwortung für andere zu übernehmen. Wenn wir nicht bereit sind, auch kleine Entlastungen zu ermöglichen, wie wollen wir dann die großen Herausforderungen für Familien angehen?

Herr Kollege Schmidt, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ja. - Lassen Sie uns also gemeinsam ein Signal der Solidarität aus dem Saarland nach Berlin senden. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Glück auf!

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Herr Schmidt, für Ihren Redebeitrag. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der SPD-Landtagsfraktion, Drucksache 17/1279. Wer für die Annahme der Drucksache 17/1279 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/1279 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt hat die SPD-Landtagsfraktion, enthalten haben sich die CDU- und die AfD-Fraktion.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der CDU-Landtagsfraktion, Drucksache 17/1291. Wer für die Annahme der Drucksache 17/1291 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/1291 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die CDU-Landtagsfraktion, dagegen gestimmt hat die SPD-Landtagsfraktion, enthalten hat sich die AfD-Landtagsfraktion.

Wir kommen nun zu Punkt 14 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Digitale Bildung sichern und stärken: Fortführung des DigitalPakts Schule 2.0 (Drucksache 17/1280)

(Abg. Schmidt (SPD) )