Protokoll der Sitzung vom 07.12.2022

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der CDU‑Landtagsfraktion, Herr Abgeordneter Stephan Toscani.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn eine neue Regierung ins Amt kommt,

(Abg. Thielen (CDU) )

dann tritt sie normalerweise mit einem Leitbild an. Wofür steht das Saarland? Was sind seine Stärken? Wo liegen die Schwächen? Was muss man verbessern? Wohin, in welche Richtung will die Landesregierung das Saarland führen? Normalerweise präsentiert eine neue Landesregierung eine Leitidee, wohin sie das Land führen will. Das war 1985 bei Oskar Lafontaine und der SPD der Fall. Es ging darum, die Stahlkrise zu meistern, das Land in Richtung Europa weiter zu öffnen. Die CDU Saar ist mit Peter Müller 1999 mit dem Ziel angetreten, das Saarland zum Aufsteigerland zu machen. Bei Annegret KrampKarrenbauer war es der saarländische Weg, Lösungen im Miteinander, nicht im Gegeneinander zu suchen. Der saarländische Weg, meine Damen und Herren, war ein Erfolg. Es ist uns gemeinsam gelungen, den Landeshaushalt zu sanieren, ihn zu konsolidieren und damit die Existenz unseres Landes zu sichern.

Die neue Landesregierung ist jetzt ein gutes halbes Jahr im Amt. Was ist die Idee der SPD-Alleinregierung? Ehrlich gesagt, mir fällt es schwer, eine tragende Idee, ein Leitbild zu erkennen. Die einzige Idee der SPD-Landesregierung scheint das Schuldenmachen zu sein, und zwar gigantische Schulden, Schulden, die unseren Kindern und Enkelkindern die Luft zum Atmen nehmen. Die Landesregierung treibt mit ihrem 3‑Milliarden-Euro-Schuldenfonds das Land in einen Teufelskreis der Überschuldung. So sieht es übrigens auch der Rechnungshof.

(Abg. Commerçon (SPD) : Nein! Wer sagt das?)

Die SPD ist mit dem Slogan im Landtagswahlkampf angetreten, der hieß „SaarlandLiebe“. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer das Saarland liebt, treibt es nicht in die Überschuldung. Wer das Saarland liebt, bringt es nicht in existenzbedrohende Gefahr.

(Beifall von der CDU.)

Es geht ja um eine durchaus wichtige Frage. Wie schaffen wir es, dass unsere saarländische Industrie CO2-neutral wird? Wie gelingt das, ohne dass massenhaft Arbeitsplätze verloren gehen, ohne dass es zu einer Abwanderung von Unternehmen kommt? Auf eine richtige Frage geben Sie die falsche Antwort. Schulden, Schulden und sonst gar nichts. Damit zwingt die SPD das Saarland in einen Teufelskreis der Überschuldung. Die SPD zockt mit der Zukunft unseres Landes. Wir als CDU gehen auf Nummer sicher. Die SPD vergisst zentrale, wichtige Themen, zum Beispiel Grundschulen und Start-ups. Wir als CDU packen sie an.

Dem 3-Milliarden-Euro-Schuldenfonds der SPD stellen wir als CDU einen Vorschlag entgegen, den wir für überzeugender halten. Es geht darum, die richtigen Antworten zu geben. Was, meine Damen und Herren, sind die Kernpunkte

unseres Vorschlags? Wir haben im Saarland eine ökologisch-ökonomische Notlage. Das sagen wir ganz offen und wir sagen es gradlinig. Im Ergebnis halten wir 1 Milliarde Euro an Landesschulden für vertretbar, aber nicht mehr. Das ist generationengerecht. Damit gerät unser Land gerade nicht in einen Teufelskreis der Überschuldung. Wir als CDU gehen auf Nummer sicher.

(Beifall von der CDU.)

Auch mit unserem Vorschlag stehen genügend Mittel bereit, um die Umstellung der saarländischen Stahlindustrie auf grünen Stahl zu finanzieren. Wir stehen außerdem für mehr Investitionen aus dem Kernhaushalt.

Meine Damen und Herren, in den letzten zehn Jahren haben wir die Investitionen in den Kernhaushalt von rund 380 Millionen Euro auf 480 Millionen Euro gesteigert. Wir wollen diese Investitionen im Kernhaushalt in den nächsten Jahren weiter erhöhen. Wenn wir den Weg der vergangenen zehn Jahre fortsetzen, ermöglichen wir damit zusätzliche Investitionen von einer weiteren Milliarde Euro. Das ist die zweite Milliarde Euro.

Stichwort Gründerförderung. Die Landesregierung greift bei der Gründerförderung zu kurz, weil einfach zu viele Branchen außen vor bleiben. Die SPD will Innovationsförderung ausschließlich mit öffentlichen Geldern. Wir plädieren dafür, öffentliche Mittel durch private Gelder zu verstärken. Unser Vorschlag ist ein Saarland-Innovationsfonds zur Gründerförderung, ein Saarland-Innovationsfonds für Start-ups. 100 Millionen an öffentlichen Mitteln können 400 Millionen Euro an privaten Mitteln anstoßen, also insgesamt 500 Millionen Euro an Gründungen mobilisieren.

Stichwort Grundschulen. In unseren Städten und Gemeinden besteht ein massiver Sanierungsstau bei öffentlichen Gebäuden. Wir sind der Auffassung, dass der Sanierungsstau gerade bei der öffentlichen Infrastruktur in Kommunen besonders groß ist, bei Hallen, Dorfgemeinschaftshäusern, Kitas und Grundschulen. Das blendet die Landesregierung aus. Die SPD hat in ihrem Schuldenfonds viel zu wenig für die Sanierung kommunaler Gebäude vorgesehen. Nach unserem Dafürhalten ist der Sanierungsstau gerade bei Grundschulen am größten.

Unser Vorschlag ist deshalb eine Investitionsoffensive für Grundschulen, ausgestattet mit 300 Millionen Euro. Hiervon profitieren alle saarländischen Städte und Gemeinden. Unser Vorschlag lautet in Kurzform: 2,8 Milliarden Euro plus X, 1 Milliarde Euro Notlagenfinanzierung, 1 Milliarde Euro Investitionen aus dem Kernhaushalt, 500 Millionen Euro für Start-up-Förderung, 300 Millionen Euro für die Investitionsoffensive an Grundschulen. Das macht zusammen 2,8 Milliarden Euro. Das X ist das, was die Landesregie

(Abg. Toscani (CDU) )

rung in Berlin und in Brüssel an zusätzlichen Mitteln herausholt. Das X sind die überdurchschnittlichen Mittel, die über das hinausgehen, was alle bekommen. X ist das Extrageld für das Saarland aus Berlin.

Wie sieht es damit aus? Wie sieht es mit dem Extrageld aus Berlin aus? Im September war die gesamte Landesregierung in Berlin zu einer Klausurtagung. Die komplette Ministerriege hat Gespräche mit dem Bundeskanzler und wichtigen Vertretern der Bundesregierung geführt. Um das klar zu sagen, ich kritisiere das überhaupt nicht, ganz im Gegenteil, solche Gespräche sind wichtig und notwendig im Sinne des Landes. Aber wie hat es Helmut Kohl immer so schön gesagt? Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Kein einziges Projekt, kein einziger Euro, warme Worte, aber keine konkrete Unterstützung für den grünen Stahl, keine Lösung für die Altschulden unserer Kommunen, keine Perspektive für den Verbrenner. Die Ministerpräsidentin ist mit leeren Händen aus Berlin zurückgekommen. Dass es überhaupt keine konkreten Ergebnisse gab, das hat viele Menschen im Saarland enttäuscht.

(Beifall von der CDU. - Zurufe aus der SPD.)

Die Ministerpräsidentin, die SPD, Sie sind auf vielen Festen im Saarland präsent. Sie schütteln Hände, Sie schlagen Bierfässer an, aber, meine Damen und Herren, reicht das wirklich?

(Zuruf des Abgeordneten Conigliaro (SPD). Lachen bei der SPD.)

Sind Sie in der Lage, auch die großen Herausforderungen, vor denen das Saarland steht, zu meistern? Nach einem halben Jahr Amtszeit kommen einem da Zweifel.

Ein weiteres Beispiel ist die Energiekrise. Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, SachsenAnhalt, Schleswig-Holstein, was haben die Landesregierungen dieser Bundesländer gemeinsam? Diese Landesregierungen haben sich im Sommer zu einem runden Tisch zusammengesetzt mit den Gewerkschaften, mit den Wirtschaftsverbänden, mit den Kommunen, mit den kommunalen Energieversorgern und mit den Sozialverbänden. Sie haben einen Gipfel zur Energiekrise einberufen. Sie haben gemeinsam für ihr Bundesland einen Fahrplan entwickelt, wie sie ihre Bundesländer winterfest machen. Im Saarland Fehlanzeige, nichts Vergleichbares. Die SPD-Landesregierung hat den Sommer schlicht verschlafen.

(Anhaltender Beifall von der CDU.)

Beispiel Ölheizungen. Viele Saarländerinnen und Saarländer heizen nach wie vor mit Öl. Wir als CDU fordern seit Beginn der Krise eine Entlastung für Verbraucher aller Brennstoffe, also auch der Bürgerinnen und Bürger, die mit Heiz

öl heizen. Auch beim Heizöl sind die Preissteigerungen schmerzhaft. Deshalb haben wir als CDU im September im Landtag gefordert, dass es auch beim Heizöl Entlastungen gibt. Wenn ich mich richtig erinnere, hat die SPD diesen Antrag, mit dem wir eine Entlastung auch beim Heizöl gefordert haben, abgelehnt.

Ende Oktober hat die Ministerpräsidentin eine 180-Grad-Kehrtwendung hingelegt. Im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz haben Sie, Frau Ministerpräsidentin, gefordert, dass die Bürgerinnen und Bürger auch beim Heizöl Entlastung bekommen. Damit haben Sie bei vielen Saarländerinnen und Saarländern Hoffnungen geweckt, aber einmal mehr sind Sie aus Berlin mit leeren Händen zurückgekommen. Wieder einmal nichts erreicht. Auch das hat viele Menschen im Saarland enttäuscht.

(Beifall von der CDU.)

Ist die Landesregierung der ernsthaft schwierigen industriellen Lage unseres Saarlandes gewachsen? Findet sie die angemessenen Antworten? Beispiel Ford. Am Tag nach der negativen Ford-Entscheidung hat die Ministerpräsidentin hier im Plenum des Landtages bei ihrer Regierungserklärung gesagt, dass Ford Chefinnensache ist. Frau Ministerpräsidentin, Sie haben angekündigt, dass Sie Alternativpläne A, B, C, D für das Ford-Gelände in der Schublade haben. Es wird Zeit, dass diese Pläne auf den Tisch kommen. Bislang ist wenig passiert. Frau Ministerpräsidentin, Sie haben angekündigt, die SaarGemeinschaftsinitiative einzuberufen. Bislang ist nichts passiert. Fehlanzeige. Sie haben hier im Landtag des Saarlandes angekündigt, dass Sie eine Konferenz der Zulieferer einberufen. Bislang ist nichts passiert. Fehlanzeige. Viele Ankündigungen, wenige Taten.

(Beifall von der CDU.)

Beispiel Stahl. Ist die Landesregierung in der Lage, die Transformation der Stahlindustrie erfolgreich zu gestalten? Ich habe Zweifel. Um es klar zu sagen, beim Stahl stehen wir Saarländer zusammen. Der vergangene Freitag war ein guter Tag für das Saarland. Dillinger und Saarstahl investieren in die Zukunft unserer Heimat. Die saarländische Stahlindustrie hat geliefert. Jetzt muss auch die Landesregierung liefern, denn die Stahlindustrie hat ganz konkrete Erwartungen an das Land und an den Bund. Da werden 3,5 Milliarden Euro investiert. Das ist eine große, gigantische Investition für saarländische Verhältnisse. Aber die saarländische Stahlindustrie hat auch klar gesagt, dass sie für diese großen und mächtigen Investitionen von der öffentlichen Hand Zuschüsse in einer Größenordnung von 2 Milliarden Euro erwartet. Die Umstellung auf grünen Stahl kann nur gelingen, wenn die öffentliche Hand - Bund und Land - 2 Milliarden Euro zuschießt.

(Abg. Toscani (CDU) )

Die Ministerpräsidentin konnte am Freitag keine Zusage aus Berlin präsentieren. Auch das war enttäuschend. Wenn es stimmt, dass sich die Zukunft des Industrielandes Deutschland hier an der Saar entscheidet, wenn es stimmt, dass die Umstellung auf grünen Stahl an der Saar ein Lackmustest für das Gelingen der Transformation in ganz Deutschland ist, dann braucht es überproportional viel Geld vom Bund für das Saarland, genauso, wie die Braunkohlereviere überproportionale Zuwendungen vom Bund für die Umstellung erhalten haben. Auch das ist eine Transformation gewesen.

Jedes der deutschen Braunkohlereviere hat 10 Milliarden Euro für diese Transformation be kommen. Eine solche besondere Förderung und solche Extramittel erwarten wir auch für das Saarland. Bundeskanzler Scholz hat am Wochenende gesagt, die Umstellung der saarländischen Stahlindustrie habe „europaweiten Vorbildcharakter“. Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn es richtig ist, dass es sich hier um eine Vorbildwirkung der saarländischen Stahlindustrie handelt, bedeutet das, dass wir Extragelder aus Berlin für die Umstellung der saarländischen Stahlindustrie auf grünen Stahl erwarten. Wir wollen mehr als das, was jeder bekommt.

(Anhaltender Beifall von der CDU.)

Beispiel Kommunen. Nach meinem Dafürhalten laufen unsere saarländischen Kommunen in eine systemische Krise hinein. Ist die Landesregierung in der Lage, die Dimension dieser heraufziehenden systemischen Krise unserer Städte und Gemeinden zu erkennen und daraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen? Ich habe meine Zweifel. Die saarländischen Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand.

So viele Belastungen für die Kommunen habe ich in meiner bisherigen Zeit im saarländischen Landtag noch nicht erlebt. Klar, die saarländischen Kommunen hatten und haben es immer schwer. Aber was sich da zusammenbraut, hat den Charakter einer systemischen Krise, denn es ist eine Kumulation von Problemen. Es sind nicht einzelne Probleme, die es immer einmal gab. Es handelt sich hier um eine Zusammenballung von Problemen, die wir so noch nicht gesehen haben. Es ist zum Beispiel der Rechtsanspruch auf die Nachmittagsbetreuung an Grundschulen. Dadurch entsteht zusätzlicher Investitionsbedarf. Das ist ein sinnvolles Projekt; gar keine Frage. Aber zusammen mit anderen Projekten, zum Beispiel mit der Umstellung von G8 auf G9, löst das zusätzliche Investitionsbedarfe aus.

In der Flüchtlingsfrage reichen die Hilfen vom Bund bei Weitem nicht aus. Hinzu kommt die Wohngeldreform mit vielen neuen Stellen, die die Kommunen am Ende finanzieren müssen.

Beim ÖPNV ist klar, dass namhafte Beträge an den Kommunen hängen bleiben. Um diese Zusammenballung deutlich zu machen und in Zahlen auszudrücken, braucht man sich nur eine einzige Zahl vor Augen zu führen. Wie steigt die Kreisumlage von diesem Jahr zum nächsten Jahr? Sie steigt landesweit zusammengenommen um über 120 Millionen Euro. Das ist so viel wie sonst in vier oder fünf Jahren zusammen. Das ist ein Negativrekord.

Jenseits aller politischen Farben sagen die kommunalen Vertreter, egal ob von CDU oder SPD, die finanzielle Lage unserer Städte und Gemeinden ist prekär. Wir stehen mit dem Rücken an der Wand. Für die Landespolitik bedeutet eine solche Lage, dass es sich auf Landesebene um eine Großbaustelle handelt. Die Landräte und die Bürgermeister laufen in nie gekanntem Ausmaß Sturm. Der 3-Milliarden-Euro-Schuldenfonds gibt unseren Städten und Gemeinden dabei keine Hilfestellung.

Die CDU geführte Landesregierung hat den Städten und Gemeinden in der Vergangenheit geholfen. Das Land hat mit dem Saarlandpakt 1 Milliarde Euro Altschulden unserer Städte und Gemeinden übernommen.

(Sprechen bei der SPD.)

In der Corona-Krise hat das Land einen massiven Schutzschirm über den saarländischen Städten und Gemeinden aufgespannt. Die CDUgeführte Landesregierung hat gehandelt. Auch jetzt sind wir bereit, den Kommunen mit einer Investitionsoffensive Grundschulen in einem ersten Schritt zu helfen. Wir haben gehandelt. Wir handeln. Die SPD dagegen lässt die Kommunen im Stich. Gestern gab es einen groß angekündigten Kommunalgipfel. Was ist herausgekommen? Warme Worte und Placebos. Unsere Städte und Gemeinden haben von dieser SPDLandesregierung nichts zu erwarten - leider.

(Beifall von der CDU.)

Die Umweltministerin kürzt die Mittel für den ländlichen Raum drastisch zusammen. Der Innenminister will die Kommunen billig abspeisen. Es gibt höchstens ein paar Gutzjer.

(Sprechen bei der SPD.)

Der Finanzminister erklärt hier im Landtag, dass ihm die nassen Keller in den Schulen und in den Rathäusern egal sind. Hilfe vom Land? Fehlanzeige! Kein Sinn für die Probleme unserer Kommunen. Kein Sinn und kein Herz für das Saarland. Das Land und unsere Städte und Gemeinden bilden eine Schicksalsgemeinschaft. Im Saarland lösen wir die Probleme gemeinsam, indem wir zusammenhalten. Das ist der saarländische Weg!

(Beifall von der CDU.)

(Abg. Toscani (CDU) )