Der zweite Punkt ist die Gemeinschaftsschule. Sie ist eine benachteilige Schule und sie wird es - da helfen alle Pflästerchen nichts - auch weiterhin bleiben. Die Leute, die diese Brandbriefe geschrieben haben, schreiben sie nur deshalb nicht mehr, weil sie Nachteile befürchten, so möchte ich es einmal sagen. Sie halten sich ruhig und sagen nur hinter vorgehaltener Hand, was sie bedrückt. Das ist die zweite Sache.
Das Dritte sind die Förderschulen. Ich bin seit frühester Zeit in den Förderschulen gewesen. Sie hatten auch schon andere Namen, sie hießen Hilfsschulen oder Sonderschulen. Jetzt heißen sie Förderschulen. Sie sind von bestimmten Gruppen, von Politikern schon immer bekämpft worden. Man verlangt oder fordert schon immer, dass sie abgeschafft werden. Viele Dinge, die in einem anderen Gewande daherkommen, sind im Grunde genommen nur verkappte Abschaffungstaktiken für diese Förderschulen, die ein Segen für unsere Kinder sind, die den Nutzen davon haben. Sie können deshalb niemals abgeschafft werden, weil die Eltern das gar nicht wollen. Die Kinder wollen es auch nicht. Das zu dem, was Frau Schmitt-Lang und Frau Holzner gesagt haben. Da merkt man immer wieder, sie war in dieser Geschichte tätig und sie kennt sich da aus. Sie ist da auch voll engagiert. Das alles kann man nur unterstützen.
Aber bei einem muss man einen Schritt weitergehen. Ich habe das hier schon einmal gesagt. Ein Kind, das vier Jahre alt ist, ist kein anderes Kind als das, das acht Jahre alt ist. Das ist dasselbe Kind, nur vier Jahre jünger. Es ist überhaupt nicht einzusehen, wieso das nicht geht.
Herr Commerçon ist unerschöpflich. Er kann es nicht lassen. Es ist immer alles so lustig. Es ist aber für die Kinder gar nicht lustig, für die das nicht geschaffen wird, was ihnen zusteht. Was ich Ihnen sagen will - das habe ich schon einmal gesagt; ich tue es wieder ‑, ein Kind von vier Jahren ist nicht ein anderes Kind als eines von acht Jahren; es ist nur vier Jahre jünger. Es sollte aber dieselben Rechte haben.
Das heißt also, dass ein achtjähriges Kind das Recht hat, in die Schule zu gehen. Das war übrigens früher, bevor es die Förderschulen gab, nicht automatisch so. Es sind Kinder ausgeschult worden. Das darf man nicht vergessen. Ein achtjähriges Kind hat ein Recht, in die Schule zu gehen. Es hat auch die Pflicht, in die Schule zu gehen. Es hat aber auch ein Recht, in die Schule zu gehen. Es hat ein Recht darauf, in einem Schulsaal zu sitzen. Es hat ein Recht darauf, von einer kompetenten Lehrperson unterrichtet und erzogen zu werden.
Da ist überhaupt nicht einzusehen, wieso bei einem vierjährigen Kind dieses Recht nicht da sein sollte. Wir sind der Ansicht, dass das vierjährige Kind auch ein Recht auf Beschulung und Bildung sowie auf Raum und auf ausgebildete Lehrkräfte oder Erzieher - wie auch immer man sie nennen will; das spielt überhaupt keine Rolle - hat. Dieses Kind hat ein Recht darauf. Da gibt es kein Entweder-oder. Die Eltern bezahlen nichts, dafür haben wir aber weniger Räume und so weiter. Alles, was für das achtjährige oder neunjährige Kind richtig ist, ist auch für das vierjährige Kind richtig. Das heißt, wir müssten eigentlich sofort dieses Kind in sein Recht setzen. Ich rege an zu überlegen, ob wir nicht neben der Schulpflicht auch ein Schulrecht einführen sollten, vielleicht sogar in Gesetzesform. So, wie es ein Schulpflichtgesetz gibt, könnte es vielleicht auch ein Schulrechtgesetz geben. So viel zu meinen Vorrednerinnen.
Ich möchte das, was ich im Bereich Bildung sehe, unter zwei Schlagwörter setzen; für mehr ist hier auch keine Zeit. Das eine Schlagwort lautet Bildungsindustrie. Das habe ich hier schon öfter gesagt. Es fällt uns schwer, uns etwas darunter vorzustellen. Aber es ist die Gesamtheit der Bildung. Das sind Schulen, Lehrmittel, Lernmittel, die geschaffen werden, das sind Methoden, die erfunden werden, das sind Lehrer, die ausgebildet werden. Das sind viele Dinge. Das ist ein großer Zweig. Wir haben hier im Saarland noch Kohle, die wir aber nicht mehr fördern können. Uns fehlen die Bodenschätze und die Rohstoffe. Wir haben nur die Gehirne und die Herzen unserer Kinder. Da ist Bildung wichtig. Da können wir Bildung zum Industriezweig machen mit allem Drum und Dran, was Informatik, Nachrichtenwesen und so weiter ist.
Das Zweite ist die Schule, die Schule an sich. Da setze ich einen Oberbegriff. Der Oberbegriff stammt von mir; er heißt: die entfesselte Schule.
Er kann es nicht lassen. - Es ist eine Schule, die frei von den Fesseln ist. Das Wort entfesseln hat zwei Bedeutungen. Ich verstehe es in beiden Bedeutungen. Unsere Schule muss befreit werden. Es ist die überreglementierte Schule, die wir haben. Ich habe ein kleines Büchlein mitgebracht. Ich mache dafür keine Reklame, weil es schon vergriffen ist.
Die Auflage war 2.000. Das Buch ist allerdings schon 1985 geschrieben worden. Es hat genug Zeit gehabt, vergriffen zu werden.
Ich lese daraus vor: „Es sind schon viele dicke Bücher über Schule und Bildung geschrieben worden, auch von Leuten mit dünner Erfahrung. Oft sind diese Werke mit Fremdwörtern gespickt, manchmal vielleicht auch nach dem Motto, man muss die seichten Wasser trüben, um Tiefe vorzutäuschen. Nach 26 Jahren Leh rerfahrung, davon 19 als Schulleiter, möchte ich der interessierten Leserschaft in dieser kleinen Schrift Schulprobleme aufzeigen und Lösungen vorschlagen.“ Das ist jetzt schon eine Weile her.
Einige von Ihnen haben damals noch gar nicht gelebt, wenn ich den Herrn Reiter als Beispiel nehme, der der Jüngste im Landtag ist, aber die Probleme waren schon da. Wenn ich damals als Titel gewählt habe „Schule, ja bitte“, dann nur deshalb, weil viele Leute gedacht haben „Schule, nein danke“, weil ihnen die Schule nur Probleme geschaffen und keine Vorteile gebracht hat.
Ich habe zwei große Abschnitte drin. Die sind noch heute für mich gültig. Der erste Abschnitt lautet: Von der Auslese zur Förderschule. Das ist immer noch hochaktuell. Der zweite Abschnitt lautet: Von der (über)reglementierten zur selbstständigen Schule. Das arbeite ich in dem Büchlein ab. Es datiert 25 Jahre später, nämlich vom Jahr 2010. Das andere Buch ist auch schon vergriffen. Es ist also auch keine Propaganda.
Das Buch heißt: Die Schule als weiterverarbeitender Betrieb. - Das ist ein gewagter Titel. Das Kind kommt als Rohstoff in die Schule und dann wird es gebildet und erzogen. Es soll als erwachsener Mensch gesellschaftsfördernd fertig sein. Bei diesem Büchlein, das 25 Jahre später herauskam, habe ich vorne als erstes aufgelistet, was an mich von vielen Leuten herangetragen wurde, zum Teil auch Widersprüchliches. Manche Dinge haben sich widersprochen. Zum Beispiel haben Leute mehr Fremdsprachen verlangt; andere Leute haben keine Fremdsprachen verlangt.
Ich will Ihnen eine kleine Kostprobe davon geben, weil sich nämlich leider Gottes nicht viel geändert hat. Jetzt sind schon wieder zwölf Jahre vorbei.
Zu viele Schüler erreichen keinen Schulabschluss. Zu lange Wegstrecken sind von den Kindern bis zur Schule zurückzulegen. Es ist zeitraubend, kraftraubend, gefährlich und teuer. Die Schulanlage entspricht nicht den Erfordernissen einer erfolgreichen Arbeit - Schulgebäude mit Klassen-, Fach- und Arbeitsräumen,
Schulhof, Sportstätten, Aula, Schulgarten, Verwaltungsräume und so weiter. Weiterhin heißt es: Schuleinrichtungen sowie Lehr- und Lernmittel sind nicht auf dem neuesten Stand. Es gibt festgelegte Schulbezirke für bestimmte Schulen, zum Beispiel Grundschulen und Förderschulen, und damit verbunden der Zwang, eine bestimmte Schule besuchen zu müssen. Gefährdung in der Schule und auf dem Weg zur Schule, Gewalt, Tabak, Alkohol, Drogen, mangelnde Durchlässigkeit von Schule zu Schule, innerhalb einer Schule von Klasse zu Klasse.
Die Schule ist nicht für alle Bürgerinnen und Bürger da. - Ich habe Ihnen auch zugehört, Frau Schmitt-Lang. Sie können ja auch rausgehen, wenn Sie wollen.
Entschuldigung, Herr Dörr! Fahren Sie in Ihrer Rede fort. Es geht hier nicht um einen Dialog mit den Kolleginnen und Kollegen. Das ist auch ein Stück Erziehung, würde ich mal sagen, dass man das, selbst wenn es einem nicht gefällt, erträgt. Ich mache das ja immer vor und man kann sich auch anders profilieren als auf diese Art, würde ich mal sagen.
Also, die Schule ist nicht genügend vernetzt mit der Außenwelt, sprich Vereine, Betriebe, Verbände, Bürger und so weiter. Dann: Ein starres Schulsystem, starres Ferien- und Freizeitsystem, wenig durchdachte Schulorganisation, zu wenig Selbstständigkeit, zu viel unnötige Reglementierung, zu wenig Mitsprache der Eltern und so weiter. Es geht hier noch zwei Seiten weiter, ich belasse es mal dabei.
Ich möchte mal, was den Ausschuss, den Haushalt betrifft, noch anmerken: Es nutzt überhaupt nichts, wenn man in einen Eimer, in dem Löcher sind, Wasser hineingießt und meint, der Eimer wäre irgendwann einmal voll. Wir können hier ruhig 3 Milliarden einsetzen - wir bekommen die ja von dem Transformations-Schulden-System -, es wird nicht besser. Es wird nicht besser, es wird nur besser, wenn wir unsere Schule anders, besser organisieren. Das ist möglich, das haben
wir selbst in der Hand und dafür werbe ich. Ich werbe schon dafür, dass genügend Geld bereitgestellt wird, aber ich werbe auch dafür, dass dieses Geld sinnvoll ausgegeben wird. - Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Maximilian Raber von der SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Kultur verbindet Menschen. Sie bringt sie zusammen und schafft gemeinsame Momente. Besonders in der Hochphase der Pandemie haben wir schmerzlich erfahren müssen, was Einschränkungen in der Kultur für unser Leben bedeuten. Veranstaltungen wurden abgesagt, die Angebote verringert. In der Not wurde auf digitale Formate umgestellt, um soziale Kontakte auf ein Minimum zu begrenzen.
Dabei ist uns klargeworden, dass unsere Kultur gerade von Letzteren geprägt wird. Es sind eben nicht rein die Inhalte, sondern auch die Begegnungen mit Menschen, die unser kulturelles Leben attraktiv machen. Vermutlich kann ich für uns alle sprechen, wenn ich sage: Wir sind froh, dass unser kulturelles Leben wieder reichhaltiger ist. Wir können uns wieder an Konzerten erfreuen, ins Theater oder Kino gehen und auf Festivals gemeinsam feiern. Aber auch das Vereinsleben ist ein Stück weit zur Normalität zurückgekehrt, gemeinsame Proben, gemeinsames Musizieren oder Singen sind wieder möglich.
Als kulturpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion freut es mich besonders, dass meine Fraktion nun noch mal eine Schippe draufgelegt hat. Im Vergleich zum Entwurf des Haushaltsplans ist ein Mittelzuwachs von insgesamt 576.000 Euro zu verzeichnen. Über eine halbe Million Euro mehr für unsere Kultur.
Einen Schwerpunkt setzen wir dabei im Bereich der Breitenkulturförderung, Frau Schmitt-Lang. Durch ihre Vielfältigkeit in Karnevals-, Musik- und Tanzvereinen ist sie dabei eine wichtige Stütze in unserem kulturellen Veranstaltungskalender. Die Vereine der Breitenkultur leisten dabei auch unheimlich wichtige Arbeit. Beispielsweise sei hier auch die LAG Tanz genannt, eine Arbeitsgemeinschaft, die landesweit Tanzprojekte für Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen sozialen Milieus und Kulturen anbietet und mit lokalen und überregionalen Institutionen ko
operiert. Aber auch das Angebot anderer Vereine und Verbände steht allen Menschen offen, unabhängig von der Herkunft, dem kulturellen oder dem Bildungshintergrund. Aber mehr noch, Vereine und Verbände eröffnen dabei Räume für Begegnungen unterschiedlicher Charaktere, unterschiedlicher Menschen, die sich ohne Vereine vielleicht nie kennengelernt hätten. Diese Kontakte erweitern nicht nur unseren Horizont, sie bereichern auch unser Leben. Gerade durch und mit dieser Vielfalt sind Vereine eine Stütze unserer Gesellschaft.
Daher fördern wir im nächsten Haushaltsjahr bestimmte Projekte der Breitenkultur und legen ein besonderes Augenmerk auf die Professionalisierung der Verbände. Dabei ist klar, ehrenamtliches Engagement bleibt eine wichtige Stütze der Arbeit vor Ort. Aber wir dürfen nicht den Fehler begehen und alle Arbeit auf das Ehrenamt abstellen. Im Gegenteil, wir müssen es fördern und gleichzeitig auch entlasten. Dafür bauen wir professionelle Strukturen auf, die unterstützen, beraten und helfen, wenn sie gebraucht werden. Dadurch schaffen wir Synergien zwischen den Akteuren und stärken letztlich deren Arbeit vor Ort.