Protokoll der Sitzung vom 07.12.2022

Wunderbar. - Die CDU-Fraktion wollte eine Anhörung.

(Abg. Commerçon (SPD) : Wir auch; von Anfang an.)

Die CDU-Fraktion wollte auch neue Gutachter. Wir haben an der Stelle massiv darauf gedrängt, dass wir die Anhörung gekriegt haben. Wir haben sie und ‑ ‑

(Abg. Commerçon (SPD) : Das ist doch jetzt echt ein Witz. Wir wollten die Anhörung von (Minister von Weizsäcker)

Anfang an. Hören Sie doch jetzt auf, so einen Quatsch zu erzählen.)

Das ist äußerst unparlamentarisch, unser Tun als Witz zu bezeichnen. Deshalb will ich gerne in meiner Rede fortfahren und mit einer weiteren Unklarheit aufräumen. Es geht nicht um 1 Milli arde Euro, die unser Vorschlag vorsieht, sondern um 2,8 Milliarden. Die Finanzierung der Anträge der CDU-Landtagsfraktion sollen aus den sprudelnden Steuermehreinnahmen erfolgen. Dafür ist Geld da. Unsere Anträge sind sinnvoll und nachvollziehbar. Deshalb ist es ein guter Grund, dass wir sie hier erneut vortragen.

(Beifall von der CDU.)

Die CDU-geführten Landesregierungen haben immer eng an den Seiten unserer Städte und Gemeinden gestanden. Wir haben gemeinsam mit den Städten und Gemeinden in der Vergangenheit immer gute Lösungen gefunden, und zwar auf Augenhöhe. Ich nenne sehr gerne den Saarlandpakt, die hälftige Übernahme der kommunalen Altschulden. Der Saarlandpakt wurde von unserer ehemaligen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer Ende 2018 auf den Weg gebracht und hier im Parlament im Herbst 2019 unter Ministerpräsident Tobias Hans beschlossen mit dem Ziel, die Kommunen nachhaltig aus der Schuldenspirale herauszubringen.

Mit dem Saarlandpakt haben wir den Kommunen die Hälfte ihrer Kassenkredite abgenommen und uns selbst mit 1 Milliarde Euro verschul det. Ich möchte gerne den kommunalen Schutzschirm während der Corona-Pandemie erwähnen. Damit haben wir den saarländischen Kommunen unter die Arme gegriffen, wir haben sie handlungsfähig erhalten, wir haben einen umfassenden Schutzschirm für die Jahre 2020 bis 2022 auf den Weg gebracht. Die Hilfen für die Kommunen haben auch den Saarlandpakt abgesichert, dessen Bedingungen die Kommunen sonst nicht hätten einhalten können.

Das Saarland erstattet im Rahmen dieses Schutzschirms den Kommunen Einnahmeausfälle bei der Gewerbesteuer und beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sowie Leistungen zum Ausgleich der Kosten für die Unterkunft. Das ist uns als Saarland nicht einfach gefallen und wir haben da viel mehr getan, als andere Bundesländer getan haben. Das sollte an dieser Stelle in dieser Diskussion auch noch einmal gewürdigt werden.

Wie ist die Situation der Kommunen im Saarland heute? Viele der Probleme waren auch in den letzten Jahren schon da, aber vieles hat sich in den letzten Wochen und Monaten potenziert. Die Kommunen stehen, das wurde heute Morgen mehrfach von Kolleginnen und Kollegen gesagt, mit dem Rücken ganz klar an der Wand. Die Investitionsausgaben der Kommunen sind mit 290 Euro pro Einwohner und Einwohnerin gerin

ger als in der Hälfte des Bundesschnitts. Im Vergleich dazu hat Bayern 914 Euro zur Verfügung. Mehr als 1.100 Euro kommunale Schulden drücken jede Einwohnerin und jeden Einwohner trotz des Saarlandpaktes.

Zudem haben die Kommunen schwerwiegende strukturelle Finanzprobleme durch die Einnahme- und Steuerschwächen. Der Investitionsstau unserer Kommunen liegt bei 3,5 Milliarden Euro. Ein besorgter Blick geht auch zu den Kreisfinanzen, das haben wir auch in der Anhörung gehört. Der Landkreistag hat uns die Zahlen mahnend mit auf den Weg gegeben: Die Kreisumlage steigt 2023 landesweit über 120 Millionen Euro, die Schlüsselzuweisungen steigen aber lediglich um 18 Millionen Euro. Problematisch sind hier die Jugendhilfekosten und die Hilfe zur Pflege.

Die Ukraine-Krise mit den steigenden Energiepreisen, die Inflation, die steigenden Zinsen, der Fachkräftemangel, all das verschärft die Lage in unseren Kommunen. Die Kommunen steuern, das wurde heute Morgen auch schon gesagt, in eine systematische Krise. Was ist zu tun beziehungsweise was muss getan werden? Die Kommunen brauchen eine auskömmliche Finanzausstattung und - wie im Wahlprogramm der SPD und der Regierungserklärung von Anke Rehlinger am 26.04. auch versprochen - eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs.

Die Kommunen brauchen eindeutig keine Gudzjer, sie brauchen keinen Griff aus der Gudzjesdose, wie es Reinhold Jost nannte. Ich zitiere mit Zustimmung der Präsidentin den Vorsitzenden des Landkreistages, Landrat Udo Recktenwald: „Es geht nicht um Gudzjer und Wohltaten, es geht um die Finanzierung von gesetzlich vorgegebenen und wichtigen Aufgaben, von denen alle Menschen im Saarland profitieren.“ Und ich zitiere auch gerne Landrat Patrick Lauer: „Wir sind keine Bittsteller. Es geht nicht um Schirmherrschaften oder Eröffnungsfeiern, zu denen man kleine Aufmerksamkeiten mitbringt. Uns geht es um die Sicherung von Lebensgrundlagen (…) für die Menschen in unserem Land, aber auch im Vergleich zu anderen Bundesländern.“ Gerne zitiere ich auch aus der Einbringungsrede von Herrn Minister von Weizsäcker. Im Oktober 2022 hat er Folgendes zum KFA gesagt: „Die Hoffnung, dass das Land diese ungelösten Konflikte im horizontalen Ausgleich - also zwischen den Kommunen - durch mehr Mittel im vertikalen Ausgleich, das heißt, zwischen Land und Kommunen, einfach wird übertünchen können, wird angesichts der Finanzlage des Landes nicht in Erfüllung gehen können.“

Also, nach langem Hin und Her scheint nun klar, dass eine Neubegutachtung des KFA kommen wird. Gestern fand - zwar bereits schon nach der Sommerpause angekündigt und von den Kommunen ernsthaft und vehement eingefor

(Abg. Wagner-Scheid (CDU) )

dert - nun ein Tag vor der Haushaltsverabschiedung ein eiligst einberufener, sogenannter ‑ ‑

(Ministerpräsidentin Rehlinger: Eiligst einbe- rufen?)

Ja, es gab noch nicht einmal eine Tagesordnung. Es fand ein sogenannter Kommunalgipfel statt.

(Sprechen. - Abg. Commerçon (SPD) : Es gab einen Austausch.)

Die Ergebnisse sind nach dem, was wir den Medien entnehmen, sehr dürftig. Es wird von einer guten Atmosphäre gesprochen, von einem Kuscheln vor dem Weihnachtsbaum in der Staatskanzlei. Ich würde sagen, das war eher ein Gipfelchen als ein Gipfel,

(Abg. Commerçon (SPD) : Das war gar kein Gipfel)

aber immerhin, es soll nun miteinander gesprochen werden. Warme Worte reichen aber nicht, die strukturellen Probleme der Kommunen müssen gelöst werden.

(Beifall von der CDU.)

Der Gutachter wird gemeinsam ausgesucht, das ist schon mal gut. Das Gutachten soll den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich betrachten. Es braucht klar mehr Geld im System und die Landesregierung muss hier Vorschläge machen. Wir brauchen weiterhin Hilfen vom Bund in Form einer Altschuldenlösung.

(Sprechen.)

Mit dem Saarlandpakt haben wir vorgelegt. Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es: Im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen wollen wir den Kommunen bei der Lösung der Altschuldenproblematik ‑ ‑

Dürfte ich Sie bitten, liebe Kollegen, das Gespräch im Plenarsaal selbst herunterzufahren, das Wort hat die Abgeordnete Anja WagnerScheid.

Das ist sehr nett, weil es mir wirklich schwerfällt zu sprechen, weil meine Stimme so ist, wie sie ist. Ich zitiere erneut: „Im Rahmen der BundLänder-Finanzbeziehungen wollen wir den Kommunen bei der Lösung der Altschuldenproblematik helfen.“ Wir fordern deshalb Anke Rehlinger herzlich, aber mit Nachdruck auf, sich mit voller Kraft dafür einzusetzen, dass der Bund hier auch liefert.

Durch den Transformationsfonds haben viele Kommunen neue Hoffnungen gehegt und sich einen spürbaren Anteil für die Kommunen erhofft. Von den 700 Millionen Euro für die en

ergetische Sanierung öffentlicher Gebäude sollen aber pro Jahr lediglich 10 Millionen Euro an die 52 Kommunen gehen. Wir als CDU-Landtagsfraktion haben auf die hohen Bedarfe insbesondere bei den kommunalen Schulen reagiert, wir haben in unseren Alternativvorschlag 300 Millionen Euro für ein Grundschulbauprogramm aufgenommen und eine Investitionsoffensive Grundschulen vorgeschlagen. Wir wollen nicht nur eine energetische Sanierung, sondern eine grundlegende Sanierung ermöglichen.

Die SPD hat im Wahlprogramm auch ein Schulbauprogramm mit dem Ziel angekündigt, dass das Saarland die modernsten und besten Schulen in Deutschland bekommen soll. Ich frage deshalb die Landesregierung und die SPDLandtagsfraktion: Wo ist dieses Programm? Es ist nicht da! Der Rechtsanspruch auf die Betreuung am Nachmittag kommt bereits 2026. Damit dürfen wir die Kommunen nicht alleine lassen. Im Haushalt finden sich die gleichen Ansätze wie 2021/2022, lediglich zweieinhalb Millionen Euro und Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von lediglich 9 Millionen Euro für das Jahr 2024. Das sind wirklich homöopathische Dosen, um diese Mega-Aufgabe anzugehen.

Ich möchte noch kurz die ELER-Mittel ansprechen, ich möchte die Vorwegentnahme aus der Feuerschutzsteuer nennen, ich erwähne gerne die Unterbringung der Flüchtlinge und auch die Kostenerstattung, wir werden im Einzelplan 03 noch darauf eingehen, und will abschließend mit einem Zitat enden. Die Oberbürgermeister und Bürgermeister im Saarland haben parteiübergreifend einen eindringlichen Hilferuf an die Bundes- und Landesregierung gerichtet. In einer Resolution des Saarländischen Städte- und Gemeindetages, die ich gerne zitieren will, heißt es: „Mit der derzeitigen Energie- und Inflationskrise, der zur prognostizierenden Zinsentwicklung und aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation gelangen die saarländischen Städte- und Gemeinden (…) nun an die Grenze ihrer Handlungsfähigkeit.“ Wenn die Zahl der Flüchtlinge nicht nur aus der Ukraine wie erwartet weiterwachse, werde dies zu einer Überforderung der Kommunen auch finanzieller Art führen. Jörg Aumann sagt: „Wir erwarten, dass die Landesregierung in den nächsten Wochen zeigt, dass sie um ihre Verantwortung für die Kommunen weiß.“

Mit diesem Zitat von Ende November will ich schließen und vonseiten der CDU-Landtagsfraktion die Forderung an die Landesregierung erneuern: Unsere Kommunen brauchen Hilfe von Land und Bund, um ihre Aufgaben ausführen zu können. Dieser Haushalt erfüllt die Bedarfe eindeutig nicht. Es ist fünf vor zwölf, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der CDU.)

(Abg. Wagner-Scheid (CDU) )

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat nun die Kollegin Frau Abgeordnete Kira Braun von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Morgen bringen wir den Haushalt 2023 und den Transformationsfonds auf den Weg. Nie hat eine so junge Fraktion so weitreichende Entscheidungen getroffen, und das hat auch einen guten Grund: Es ist meine Generation, die auch in 20 oder 30 Jahren hier an der Saar gut arbeiten und gut leben möchte. Es ist meine Generation, die sich wünscht, dass wir auch unseren Kindern saubere Flüsse, gesunde Wälder, eine intakte Umwelt hinterlassen. Es ist meine Generation, die für die Transformation zugleich die größten Risiken, aber auch die größten Chancen trägt.

(Beifall von der SPD.)

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir heute stellvertretend für viele junge Menschen in diesem Land dem Transformationsfonds zustimmen. Es wurde viel über Generationengerechtigkeit gesprochen, heute Morgen auch noch einmal von Ihnen, Herr Theis. Ja, ich werde einen Großteil meines Berufslebens mit meinen Steuergeldern zur Tilgung dieses Fonds beitragen müssen. Aber was wäre die Alternative? - Die Alternative wäre Folgendes: Abwanderung von Unternehmen, weniger Arbeitsplätze, mehr Sozialausgaben, weniger Steuereinnahmen sowie weniger Investitionen in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur. Das klingt nicht nach einer guten Alternative, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Es bringt auch nichts, immer nur nach anderen zu rufen, solange man nicht selbst auch einmal ins eigene Hausaufgabenbuch geschaut hat. Deshalb senden wir heute mit den Beschlüssen ein klares Signal nach Berlin und Brüssel: Wir sind bereit.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Wir leisten unseren Beitrag. Jetzt braucht es zeitnah auch Klarheit von anderen. Ich bin mir sicher, dort wird sich niemand wegducken.

(Beifall von der SPD.)

Ja, lieber Herr Toscani, es gibt eine Alternative zu neuen Schulden. Die Alternative lautet höhere Steuern für die Superreichen, aber diese Alternative scheitert an politischen Mehrheiten. Sie scheitert auch an der CDU. Frau Wagner-Scheid, ich greife noch etwas auf. Wir sprechen von Kommunen und darüber, wie wichtig die Kommunen sind, die ihren Beitrag für den

sozialen Frieden in diesem Land leisten. Das will niemand infrage stellen. Sie nehmen es allerdings ernsthaft in Kauf beziehungsweise sprechen davon, dass wir die Kommunen nicht auskömmlich unterstützen, gleichzeitig verhindern Sie im Bund, dass der Bund die Altschulden übernimmt. Das wäre das richtige Signal, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD. - Zuruf des Abgeordne- ten Toscani (CDU). - Weitere Zurufe von der CDU.)

Dann machen Sie es bitte auch. Niemand aus unserer Fraktion - wahrscheinlich auch niemand von Ihnen - hat es sich in den letzten Wochen leichtgemacht, ganz im Gegenteil. Auch hier galt die Strucksche Regel: „Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.“ Das gilt ganz besonders für den Transformationsfonds.

(Sprechen auf der Regierungsbank.)