Protokoll der Sitzung vom 07.12.2022

(Beifall von der SPD.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Heute stellen wir viel Geld bereit. Wir schaffen damit die Grundlage für ein Klimaschutzprojekt, das europaweit seinesgleichen sucht, für beste Bildung von Anfang an und die Entlastung von Familien um Tausende von Euro, für die Sicherung von Beschäftigung an der Saar und die Schaffung der Arbeitsplätze von morgen. Ich bitte um Zustimmung.

(Anhaltender Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile Herrn Abgeordneten Stefan Thielen von der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Zuruf von Minister Dr. Jung.)

Ich habe so schöne Beispiele. Ich bemühe mich, Herr Kollege Dr. Jung, dass ich das auch diesmal hinbekomme. Vielleicht gelingt es mir, wenn Sie mich etwas unterstützen.

Wir müssen noch mal einen Blick darauf werfen, was die Ursache für den Transformationsfonds ist: Krieg, Grauen, Elend in der Ukraine. Jetzt im Winter wird es immer schlimmer. Das müssen wir wahrnehmen. Wir waren und sind betroffen, auch emotional, von dem, was wir hier erleben. Ich finde es grundsätzlich gut, dass man jetzt tätig wird und auch im Frühjahr schon tätig wurde und versucht hat, gegenzusteuern. Es gibt den schönen Begriff „Nebel des Krieges“. So ähnlich gibt es vielleicht auch den Nebel der Wirtschaft, dass man also gerade in einer solchen Situation erst mal nicht weiß, wer betroffen ist und wen es erfasst. So langsam lichtet sich der Nebel. Wir sehen etwas klarer, wo es hinläuft. Wir sehen oder können zumindest die Hoffnung haben, dass es trotz des Grauens keine weltweite Krise gibt, dass sie sich also nicht hierher ausweitet. Wir sehen auch, dass Russland - zum Glück - von der Weltgemeinschaft weitgehend isoliert ist, dass sich die Energieabhängigkeit Deutschlands in Teilen reduziert und es Möglichkeiten gibt, das Ganze in irgendeiner Form einzudämmen, so schlimm es auch ist.

Je mehr es sich lichtet, desto mehr haben wir einen Blick darauf, welche Entwicklungen wir hier haben werden. Die Energiepreise - die immer noch groß in den Vordergrund gestellt werden - fallen seit Wochen und Monaten. Zumindest Heizöl und Treibstoffe, Benzin und Diesel, entwickeln sich in diesem Winter auf ein niedrigeres Niveau. Das alles ergibt das Bild, das uns auch in der Anhörung von vielen Experten beschrieben worden ist. Ich habe in der Ersten Lesung gesagt, ich sei nicht überzeugt. Jetzt bin ich es noch weniger, ganz im Gegenteil: Ich bin mittlerweile überzeugt, dass hier kein Handlungszusammenhang besteht.

Ich kann einige Beispiele bringen, es wird inzwischen immer deutlicher. Es wurde genannt, dass man in Salzgitter auch im Bereich des grünen Stahls tätig ist. Die Projekte dort sind 2019 aufgelegt worden. Hinsichtlich Saarstahl und Dillinger Hütte ist die ganze Planung schon lange auf den Weg gebracht worden. Warum sollen wir, wenn die Kosten so langsam anlaufen, wie wir es im Wirtschaftsplan sehen, jetzt wegen des Ukraine-Kriegs auf einmal alles schneller machen? Es macht keinen großen Unterschied, ob die Kosten 2027 oder 2023 anlaufen. Wir hätten da eine Lösung finden müssen. Deswegen war unser Antrag langfristig an der Gesamtsituation der Stahlindustrie orientiert und hat nicht eine künstliche Verbindung zum Ukraine-Krieg hergestellt, die aber gar nicht besteht. Das muss man so klar feststellen.

(Abg. Braun (SPD) )

(Beifall von der CDU.)

Und das wird umso deutlicher, je mehr sich der Nebel über dem Wirtschaftsplan lichtet. Das werden wir ja noch sehen. Ich war doch wirklich, so möchte ich fast sagen, entsetzt, als ich gesehen habe, dass die größten Ausgaben im kommenden Jahr für eine E-Ladesäulen-Infrastruktur eingeplant werden. Es ist hierbei ja nicht nur so, dass es keinen Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gibt, nein, wir bewältigen damit die Versäumnisse der Verkehrsministerin in den vergangenen zehn Jahren! Das ist es, was für das nächste Jahr geplant wird. Also, meine Damen und Herren, hier einen Zusammenhang zum Ukraine-Krieg herzustellen, das ist nun wirklich ein Witz!

(Beifall von der CDU.)

Was vor allem von Experten aus dem Wirtschaftsbereich deutlich kritisiert worden ist, das ist die Anmaßung, die Auffassung von Wirtschaft, die im Hintergrund steht. Man zeichnet einen klaren Plan vor, der doch bitte verfolgt werden soll, und das bitte über 40 oder 50 Jahre. Man hat genaue Vorstellungen zur Wirtschaftsstruktur, die erhalten werden soll - oder die in manchen Bereichen dann doch eher vernachlässigt werden soll. Das Ganze bietet kein fundiertes Bild. Dass das für Sie ein geschlossenes Weltbild darstellt, das sehen wir in diesem Fall deutlich. Das passt aber nicht mehr zu dem, wie unsere saarländische Wirtschaft schon aufgestellt ist.

Mir fehlt noch immer die Information, weshalb bestimmte Branchen einbezogen werden und andere nicht. Stahlindustrie, Automobilindustrie - keine Frage. Sie haben aber auch große Anteile für KMU aufgeführt, 200 Millionen Euro, ohne dass wir schon die Information hätten, wer damit über die nächsten Jahre gefördert werden soll.

(Sprechen auf der Regierungsbank.)

Ich lasse mich da gerne überraschen. Aber nicht jeder kann sich positiv überraschen lassen. Herr Ahr, Sie werden sicherlich gleich noch zu Wort kommen: Toll für die Beschäftigten von ZF und Saarstahl, das freut uns alle, ganz klar. Was aber ist mit den Mitarbeitern beispielsweise in Bäckereien oder in anderen Bereichen, die, wie wir jetzt sehen, arbeitslos werden, weil die Kosten nicht mehr gestemmt werden können? Andere Bundesländer fahren für sie Programme auf, wir machen das nicht. Ganz im Gegenteil, wir bunkern sogar noch Geld, das wir im kommenden Jahr nicht brauchen werden. Das ist mir völlig unverständlich. Wir müssten die jetzt bestehenden Krisen lösen, nicht einfach über sie hinwegsehen.

(Beifall von der CDU.)

Eben das ist auch der Hintergrund der Anträge, die wir eingebracht haben: Wir wollten die von uns gesehenen konkret bestehenden Probleme lösen. Wir haben dabei auch eine solide Gegenfinanzierung vorgestellt. Wir haben aufgezeigt, wie wir das machen wollen, wie wir das machen könnten. - Herr Kollege Commerçon, Sie können gerne mit dem Kopf schütteln. Ich weiß ja, dass Sie in die Räumlichkeiten der ehemaligen Fraktion DIE LINKE eingezogen sind. Frau Braun scheint nichts anderes einzufallen, als die alten Ordner der DIE LINKE herauszuziehen mit der Vermögenssteuer und dem Besteuern der Besserverdienenden.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Es tut mir leid, aber ich muss sagen: Da ist nun wirklich eine seriöse Gegenfinanzierung nicht vorhanden.

(Beifall von der CDU. - Zuruf des Abgeordne- ten Commerçon (SPD).)

Ja, wenigstens die Räume sind schön, das ist schon klar.

(Abg. Commerçon (SPD) : Vielleicht sind das auch gar nicht die schlechtesten Ordner der LINKEN. - Teilweise Heiterkeit.)

Ja, gut. Manchmal sind solche Debatten ja wirklich erhellend, Herr Kollege Commerçon. Da wächst zusammen, was zusammengehört.

(Heiterkeit bei der CDU.)

Ich möchte nun noch ein paar Worte verlieren zum Programm. Es ist ja schön, dass Sie ein solch tolles Programm haben. Man muss sich aber auch fragen, was davon nun schon umgesetzt wird. Das sind ja, so möchte man fast sagen, homöopathische Ansätze, mit denen sich Teile Ihres Wahlprogramms nun im Haushalt wiederfinden. Umso mehr freue ich mich, dass der Elan von Frau Braun ungebrochen war, als sie uns dargestellt hat, wie wunderbar das sei. Schaut man allerdings dahinter, so ist das alles, das muss man sagen, doch sehr dünn. Gerade im Bereich Klimaschutz: Sie verkaufen das hier, als hätten Sie die Welt neu erfunden, als würde die ganze Welt auf das Saarland schauen, wie wir hier den Klimaschutz angehen. Da fallen mir keine passenden Bilder ein, Herr Kollege, das muss ich ehrlich sagen. Das ist einfach schon ein bisschen überzogen.

(Heiterkeit bei und Beifall von der CDU.)

Ich empfehle bei solchen Fragestellungen immer auch ein wenig den Blick nach draußen: Schauen Sie sich die Blätter an den Bäumen an, die sich nicht bewegen. Schauen Sie auf die nicht vorhandene Sonne - gut, auf Ihrer Seite ist ja auch die Verdunkelung. Ich muss sagen: Wie Sie jetzt, in dieser Jahreszeit, mit saarländischen Windrädern die Stahlindustrie bei der Herstellung von grünem Stahl mit grü

(Abg. Thielen (CDU) )

nem Strom am Laufen halten wollen, das ist mir ein Rätsel. Vielleicht finden Sie das aber in den kommenden Jahren ja noch heraus, dann könnten Sie uns das noch einmal genau erklären. Ich kann das derzeit aber nicht erkennen.

Immer auf die Versäumnisse in alten Zeiten zu verweisen, das kann man natürlich gerne machen. Auch ich bin kritisch gewesen hinsichtlich der Energiepolitik der Bundesregierung in den zurückliegenden Jahren, auch wenn die Regierung CDU-geführt war. Über all das kann man gerne debattieren. Man muss aber letztlich auch Lösungen bringen und nicht einfach mit solchen Bildern arbeiten, die nicht funktionieren.

Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass Sie jetzt ein Zeitfenster gehabt hätten. Das habe ich schon in der ersten Debatte gesagt. Es gab Steuermehreinnahmen in bislang nicht dagewesener Höhe. In diesem Jahr hätten Sie daher die Gelegenheit gehabt, Dinge richtig anzupacken - und nicht einfach nur den Transformationsfonds auf den Weg zu bringen. Es ist doch auch gar kein Wunder, dass wir hier nur über den Transformationsfonds sprechen, denn bei den anderen Sachen passiert ja wirklich wenig. Die 3 oder 4 Millionen Euro an Änderungen, die Sie nun zum Haushaltsplan gebracht haben, stellen ja nicht einmal 1 Promille davon dar. Das ist noch weniger als das, was Sie den Kommunen vom Transformationsfonds zugestehen. Ich muss sagen: Das ist einfach viel zu wenig.

Es bleibt dabei: Wir hätten uns mehr erwartet, für uns ist das ein Haushalt der enttäuschten Erwartungen. Wir lehnen den Transformationsfonds aus den beschriebenen Gründen ab. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU.)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich erteile nun das Wort dem Abgeordnetenkollegen Timo Ahr von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mir geht es ähnlich wie der Kollegin eben: Die Stimme ist ein wenig angeschlagen. Deshalb: Keine Sorge, ich werde heute nicht aus der Haut fahren, wie eventuell beim letzten Mal geschehen.

(Heiterkeit.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ein Blick in die Geschichtsbücher, ein Blick in den Rückspiegel zeigt, was uns im Saarland immer stark gemacht hat: Das Saarland steht für Zusammenhalt, es steht aber auch für Europa. Denn wenn es eine Region gibt, die den europäischen Gedanken lebt und die im wahrsten Sinne des

Wortes europäisch unterwegs ist, so ist es unsere. Es waren der Bergbau und die Stahlindustrie, die über die Montanunion die Grundlage für unser heutiges Europa geschaffen haben. Das Saarland war mit Kohle und ist mit Stahl immer eine stolze Industrieregion. Wir im Saarland wollen auch in Zukunft Industrieregion bleiben. Nur mit einer starken Industrie können wir auch künftig im Saarland wirtschaftlich stabil bleiben. Und zur Betrachtung gehört, Herr Thielen, auch der Bäcker an der Ecke, der natürlich davon profitiert, wenn die große Industrie noch im Land ist.

Die Säulen Stahl, Handwerk, der starke Mittelstand - lieber Bernd Wegner -, das alles sind unsere Garanten für eine funktionierende Wirtschaft. Seit den Sechzigerjahren gehören dazu aber eben auch die Automobil- und die Zulieferindustrie, die dafür gesorgt haben, dass wir hier im Saarland ökonomische Erfolge erzielen konnten. Das Wirtschaftsministerium, damals noch unter Führung von Anke Rehlinger, hat aber übrigens, Herr Toscani, auch einiges für Start‑ups unternommen. An dieser Stelle, liebe Anke, noch einmal herzlichen Dank für das, was du für diese wichtige Start‑up‑Branche gemeinsam mit Jürgen geleistet hast!

(Beifall von der SPD.)

Die globalen Daten und Fakten hinsichtlich Umweltschutzpolitik und CO2-Ausstoß zeigen uns aber doch deutlich, dass es eines Umdenkens in unserer Industriepolitik bedarf. Wir müssen eine Wende herbeiführen. Wir brauchen schneller denn je in unserer Geschichte, der Geschichte in unserem Land, aber auch der Geschichte in Deutschland, ein Bündnis, das für diese notwendigen industriellen Veränderungen sorgt, das für sie einsteht. Will man auch weiterhin ein starkes Saarland haben, muss man auch dafür eintreten, das Saarland als Industrieregion der Zukunft zukunftssicher aufzustellen. Doch wie soll das gehen? Welche Vision vom Saarland haben die Menschen, die hier leben?

Seit 2015 sind wir auf der Straße, mit Verbündeten aller Parteien, mit Betriebsräten, mit der IG Metall, mit den Unternehmen, und streiten darüber, wie wir es schaffen können, Ökonomie und Ökologie miteinander zu verbinden, den Umweltschutz voranzutreiben, Arbeitsplätze zu sichern und am Ende auch in der Wertschöpfungskette stabil zu bleiben. Das ist es, was wir seit 2015 miteinander diskutieren - natürlich mit dem Ziel, den Lebensstandard der vielen Saarländerinnen und Saarländer zu erhalten. Gerade die Stahlindustrie bietet hier ein Beispiel, wie komplex die wirtschaftlichen Verflechtungen weit über Deutschland hinaus, bis in die ganze Welt, reichen. Das betrifft Fragen etwa des Umweltschutzes, das betrifft aber auch die Thematik der europäischen Ebene. Wir sagen, dass wir auch künftig Stahl brauchen. Wir brauchen den

(Abg. Thielen (CDU) )

Stahl im Saarland, denn das ist gut für die Menschen, die hier leben.

Entsprechende Auswirkungen sehen wir Moment auch bei der Automobil- und Zuliefererindustrie. Durch die Abkehr vom Verbrenner und der Entwicklung hin zu neuen, zu alternativen Antrieben brauchen wir neue Geschäftsmodelle, brauchen wir neue Produkte, die am Ende dazu führen, dass die Wertschöpfung auch im Saarland weiterhin gelingt. Ein Beispiel dafür konnten die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses vor einigen Wochen bei der Firma Schaeffler sehen.

Warum brauchen wir den Transformationsfonds? Vor einigen Wochen äußerte sich der größte Arbeitgeber im Saarland mit einer, so möchte ich sagen, ebenfalls historischen Botschaft: 9.000 Beschäftigte arbeiten bei ZF. Viele Auszubildende, lieber Damhat, beginnen dort mit ihrem Arbeitsalltag. Und wir haben es geschafft, mit dem Unternehmen, mit dem Druck der IG Metall und der Betriebsräte, aber auch eben über die Landesregierung dafür zu sorgen, dass genau solch ein Wandel funktioniert - hin zu neuen Antrieben, vielleicht weg von einem alten Geschäftsmodell und hin zu neuen Ufern. Das ist ein Erfolg, das geht nur, wenn wir alle zusammenarbeiten. Und das hat diese Landesregierung in den ersten Monaten prioritär getan, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall von der SPD.)

Durch die Debatte rund um Stahl und Automobil wurde uns eines doch oft klar, und Herr Thielen, da bin ich bei Ihnen: Alles hängt mit allem zusammen - die Branchen miteinander, der öffentliche Dienst, der dafür sorgt, dass wir am Ende auch all jenes, was wir hier diskutieren, ordentlich umsetzen können, aber auch die Kommunen, das Gesundheitswesen, die Bildung; alle profitieren voneinander, und wir müssen dafür sorgen, dass das Grundfundament, der Kern eben bestehen bleibt.