Protokoll der Sitzung vom 07.12.2022

(Beifall von der SPD.)

Wenn ich über gute Bildung und Ausbildung gesprochen habe, dann ist das natürlich etwas sehr Individuelles, aber es ist auch für uns als Standort wichtig. Ich will kurz auf das Thema Fachkräfte zu sprechen kommen, weil auch dieses Thema in diesem Haushalt seinen Niederschlag findet. Vor allem findet es Niederschlag in der Arbeit der Regierung für die Wirtschaft im Allgemeinen und für den Bereich der Pflege und Gesundheit im Besonderen. Gestern hat das erste große Treffen zum Bereich der Pflege stattgefunden.

Wir sind an einem Punkt, an dem man nicht mehr sagen kann, man hat es mit einem drohenden Pflegekräftemangel zu tun, sondern dieser Mangel ist bereits da. Mit Blick auf die Altersentwicklung weiß man Folgendes: Wenn bestimmte Jahrgänge aus dem aktiven Erwerbsleben ausscheiden und nicht mehr als helfende Hände zur Verfügung stehen, sondern eher selbst pflegebedürftig werden, dann wird das eine dramatische Entwicklung sein. Deshalb brauchen wir eine völlig neue Qualität in der Debatte der Fachkräftesicherung. Alle Instrumente, die uns zur Verfügung stehen, werden genutzt werden müssen, um das Potenzial unserer inländischen Kräfte besser heben zu können - in der Menge, aber auch in der Frage der Tätigkeit. Das muss man sich ganz genau anschauen, was jetzt auch getan wird. Ich sage aber deutlich - und ich bin gespannt auf die Debatten, die hierzu politisch geführt werden -, wir brauchen auch das Thema Einwanderung, denn alleine wird es nicht funktionieren. Wir sind den Menschen, die hier leben, schuldig, dass wir ein wirklich gut organisiertes System haben, bei dem die medizinische Versorgung und die Pflege von allen geleistet werden können, die dazu die Befähigung mitbringen.

(Beifall von der SPD.)

Neben den Aspekten Zukunft, Kerngeschäft und Krise will ich, was das Krisenmanagement angeht, auf drei weitere Punkte eingehen. Wir haben heute erfreulich wenig über das Thema Corona reden müssen, das erleichtert viele in diesem Land. Gleichzeitig müssen wir immer einen wachen Blick auf die Zahlen behalten. In den letzten Monaten waren wir auch einmal in der Situation, dass die Zahlen bei uns gegenüber dem Rest der Republik erschreckend hoch gewesen sind. Als Landesregierung ist es uns aber in guter Abstimmung mit den Wirtschaftsverbänden und der Arbeitnehmerseite gelungen, unaufgeregt, aber mit dem notwendigen Augenmaß und richtig abwägend die Entscheidungen in diesem Land zu treffen. Das ist die Art und Weise, wie wir uns vorgenommen haben, auch in Zukunft mit den Corona-Rahmenbedingungen umzugehen.

Ich will zum Zweiten auf das Thema Energiekrise eingehen. Der Bund hat 200 Milliarden in

(Ministerpräsidentin Rehlinger)

die Hand genommen. Er hat die Gaspreisbremse und eine Strompreisbremse auf den Weg gebracht und parallel dazu eine ganze Reihe von Härtefallregelungen, die es derzeit auszugestalten gilt. Jetzt ist gesagt worden: Wir helfen daneben nicht. - Ich kann Ihnen sagen, was ich meine: Ich glaube, dass wir immer sorgfältig mit unserem Geld umgehen müssen und dass es deshalb klug und richtig ist, erst einmal zu schauen, wie das Hauptinstrument wirkt, bevor ich anfange, an Stellen zu helfen, an denen man am Ende vielleicht gar nicht helfen müsste. Deshalb ist es richtig, dass die Steuermehreinnahmen, die Sie ja im Übrigen für strukturelle Mehrausgaben in den nächsten Jahren ausgeben wollen, von uns einmalig in die Energiekostenreserve eingestellt werden. Dann schauen wir uns im Lichte der Wirkung der Bremsen an, wem an welcher Stelle geholfen werden muss. Das ist echte Hilfe! Falsche Versprechen helfen niemandem in diesem Land!

(Beifall von der SPD.)

Praktische Hilfe gibt es auch bei der Winteraktion. Kira Braun hat es eben dankenswerterweise genannt. Ich finde das ganz großartig. Es gibt eine Vielzahl von Anträgen. Wir haben dazu nur einen Rahmen und eine Plattform geschaffen und haben zugegebenermaßen auch ein bisschen Geld organisiert, aber ausführend und handelnd sind die großen Sozialverbände, die in der LIGA organisiert sind, aber auch kleine, unterstützende Gruppen, die sich angesprochen fühlen und sagen: „Ja, es ist wichtig, dass der Staat Geld gibt, damit es in der Wohnung warm ist.“ Es ist aber auch wichtig, dass wir als Gesellschaft Herzenswärme zeigen. Ich finde es großartig, dass diese Aktion ermöglicht worden ist. Es ist noch großartiger, dass die Menschen sagen, sie wollen sich in diesem Rahmen engagieren. Ich will Danke sagen, dass so viele es schon angenommen haben. Am besten brauchen wir ja wenig davon, aber es ist gut, wenn wir vorbereitet sind. Das ist das schönste Bild, das wir von unserer saarländischen Gesellschaft zeigen können.

Dass das kein Einmal-Effekt ist, hat mir zumindest gestern eines gezeigt. Ich habe es morgens auf dem Weg hierher in den Nachrichten gesehen. Ich habe auf Twitter die Meldung des SR gelesen, dass das Saarland das Land mit der höchsten Spendenbereitschaft ist und dass sich das größte Engagement bei uns im Saarland zeigt. Das ist sicherlich nicht so, weil es hier die höchsten Gehälter gibt und deshalb die Anzahl der Mäzene so groß ist, sondern weil unser Saarland das Herz auf dem rechten Fleck hat, weil die Menschen hier immer noch auf Zusammenhalt und Solidarität setzen. Bei dem vielen Geld, über das wir heute geredet haben, ist das der wertvollste Schatz in unserem Land. Ich bin sehr dankbar, dass das so der Fall ist. Ich

bin auch stolz auf unsere Saarländerinnen und Saarländer.

(Beifall von der SPD.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich greife die Äußerungen vom Anfang auf. Wir leben in einer Zeit der Veränderungen. Wir haben uns vorgenommen, aus diesen Veränderungen Fortschritt für jeden zu machen, der die Chance ergreifen kann. Deshalb bitte ich Sie heute zweifach um Ihre Zustimmung - zum Haushaltsentwurf 2023 und zum Transformationsfonds -, denn es geht heute nicht bloß um ein Haushaltsjahr, sondern auch um ein Jahrzehnt, für das wir den Weg freimachen, damit es ein gutes Jahrzehnt für die Saarländerinnen und Saarländer wird. - Herzlichen Dank und Glückauf!

(Anhaltender Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. Es liegt mir eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile das Wort dem Fraktionsvorsitzenden der CDUFraktion, Herrn Stephan Toscani.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich in der Kürze der mir noch zur Verfügung stehenden Redezeit auf einen wesentlichen Aspekt dieser Debatte und der Rede von Frau Ministerpräsidentin Rehlinger eingehe.

Wir wollen, dass die Umstellung der saarländischen Industrie und der saarländischen Wirtschaft hin zur CO2-Neutralität gelingt. Wir wollen, dass möglichst wenige Arbeitsplätze verloren gehen. Wir wollen, dass möglichst viele Arbeitsplätze im Saarland erhalten bleiben. Wir wollen, dass wir die Klimaziele erreichen. Meine Damen und Herren, darüber gibt es überhaupt keinen Dissens. Darüber besteht in diesem Haus Einigkeit.

(Beifall von der CDU.)

In einer zentralen Frage, die man als Gretchenfrage bezeichnen kann, gibt es aber einen Unterschied, nämlich in der Frage, wer die Umstellung der saarländischen Industrie hin zur CO2Neutralität bezahlt. Wer kommt dafür auf? Auf diese Frage geben wir unterschiedliche Antworten. Das hat diese Debatte einmal mehr gezeigt. Da geben CDU und SPD, Regierung und Opposition unterschiedliche Antworten. Eben hat jemand gesagt: Heute beschließt der saarländische Landtag Ausgaben in einem Umfang, wie er sie noch nie beschlossen hat.

(Ministerpräsidentin Rehlinger)

Heute beschließt der saarländische Landtag einen Anstieg der Landesverschuldung an einem Tag, wie es ihn vorher in der Geschichte des Landes noch nie gegeben hat. Der Weg der SPD lautet: Zur Finanzierung der Transformation und der CO2-Neutralität der saarländischen Wirtschaft sind die Ministerpräsidentin und die SPD im Saarland bereit, Landesschulden in einem Ausmaß in Kauf zu nehmen, dass die Gefahr besteht, dass das Land in einen Teufelskreis der Überschuldung gerät. Sie sind bereit, Landesschulden in einem Ausmaß in Kauf zu nehmen, dass künftigen Generationen von Saarländerinnen und Saarländern die Chance genommen wird, auf künftige Krisen zu reagieren. Das ist Ihr Weg!

(Beifall von der CDU.)

Wir sagen, der Löwenanteil der Finanzierung der Mittel für die Transformation der saarländischen Industrie muss vom Bund kommen. Warum?

(Zuruf von der SPD: Von den Unternehmen!)

Der Lackmustest für das Gelingen der Transformation im Saarland ist ein Lackmustest für das Gelingen der Transformation in ganz Deutschland. Das, was hier im Saarland passiert, ist beispielhaft für das Gelingen der Transformation in Deutschland. Diese These kam am Anfang der Debatte im September von Ihnen. Diese These ist richtig! Weil diese These richtig ist, dass das Gelingen der Transformation im Saarland ein Lackmustest für das Gelingen der Transformation in ganz Deutschland ist, muss der Löwenanteil der Finanzierung vom Bund kommen!

(Beifall von der CDU.)

Weil die Bundesrepublik Deutschland unter Beweis gestellt hat, dass sie bereit ist, die Transformation und die Umstellung einer Region hin zur CO2-Neutralität massiv zu fördern, und weil die Bundesrepublik das bei den Braunkohlerevieren unter Beweis gestellt hat, haben wir doch den Beleg dafür, dass der Bund bereit ist, nicht einzelnen Unternehmen, sondern Regionen massive, überdurchschnittliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel fordern wir vom Bund ein!

(Beifall von der CDU.)

Der Kollege Ahr hat eben in der Debatte gefragt, was denn frühere Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, was Vorgänger geleistet hätten. Ich will es Ihnen sagen: Frühere Ministerpräsidenten haben nicht nur angekündigt; frühere Ministerpräsidenten haben geliefert. Oskar Lafontaine - das muss man anerkennend sagen - hat dafür gesorgt, dass das Saarland vom Bund zwei Teilentschuldungen bekommen hat in einem Wert von 6 Milliarden Euro. Annegret Kramp-Karrenbauer hat es geschafft, dass das Saarland aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich pro Jahr 500 Millionen Euro mehr erhält. Das

sind in einem Zeitraum von zehn Jahren 5 Milli arden Euro zusätzlich für das Saarland.

Frau Ministerpräsidentin, Sie sind stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD. Wann, wenn nicht jetzt, ist es an der Zeit, dass Sie Extragelder für das Saarland aus Berlin holen?

(Anhaltender Beifall von der CDU.)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender! Eine weitere Wortmeldung ist eingegangen. - Ich erteile das Wort dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion, Herrn Ulrich Commerçon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst einmal dankbar feststellen, Herr Kollege Toscani, dass wir in einem Ziel Einigkeit haben. Das ist eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen. Wir sind einig darin, dass wir die klimaneutrale Wirtschaft und ein klimaneutrales Leben in diesem Land ermöglichen wollen. Das ist schon einmal gut. Es ist auch gut, wenn man über den Weg streitet.

Jetzt stellen Sie die Frage, wer bezahlt. Ich will ganz deutlich sagen, wer in einer Marktwirtschaft bezahlt. Das ist völlig klar. Zunächst einmal haben die Unternehmen selbst den Löwenanteil zu tragen und nicht die öffentliche Hand. Sie haben eben gesagt, der Bund soll den Löwenanteil bezahlen. Nein, das ist nicht unsere Aufgabe.

(Beifall von der SPD.)

In einer Marktwirtschaft haben das zunächst einmal die Unternehmen zu tun. Okay, Sie korrigieren das. Dann haben wir auch an dieser Stelle einen weiteren gemeinsamen Punkt.

Selbstverständlich ist es so, dass der Bund seinen Beitrag dazu wird leisten müssen. Wir müssen aber auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir Kofinanzierungen sicherstellen können. Dafür brauchen wir die entsprechenden und geeigneten Maßnahmen. Dazu dient unter anderem auch dieser Transformationsfonds, aber natürlich auch der Kernhaushalt. Das ist die Voraussetzung, die wir am heutigen und morgigen Tag - denn morgen wird final abgestimmt - schaffen wollen. Dafür sind wir mit diesem Haushalt gut aufgestellt.

Der dritte Punkt ist: Wer bezahlt? Ich habe eben versucht, es deutlich zu machen. Bei uns ist es ziemlich klar, wer das bezahlt. Wir haben einen Tilgungsplan aufgestellt. Da kann man genau nachlesen, welcher Haushalt das in welchem Jahr bezahlt. Das kann man in Zukunft anpas

(Abg. Toscani (CDU) )

sen, je nachdem, wie die wirtschaftliche Lage ist.

Ihr Gegenvorschlag ist allerdings einer, der einen tatsächlich ungedeckten Wechsel auf die Zukunft darstellt, denn Sie sagen nur, man soll perspektivisch 1 Milliarde im Kernhaushalt ein sparen. Sie sagen an keiner Stelle, wo das geschieht. Sie sagen mit Ihren Abänderungsanträgen gleichzeitig, dass Sie vor allem im konsumtiven Bereich zusätzliche Ausgaben tätigen wollen. Das sagt eben nicht, wann und von wem es bezahlt wird und an welchen Stellen. Da sind Sie die Antwort nach wie vor schuldig geblieben. Wir haben das sehr deutlich gemacht, indem wir den Tilgungsplan aufgestellt haben. Deswegen ist das die solidere Grundlage, die heute und morgen zur Abstimmung steht.

(Beifall von der SPD.)

Ich komme zum Schluss. Dieser Nachtragshaushalt und der Haushalt für das Jahr 2023 eröffnen die Chance auf eine gelingende Transformation, mit guter Arbeit, mit echtem Klimaschutz und mit guten Bildungschancen für alle. Deswegen bitte ich um Zustimmung. - Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. Eine weitere Wortmeldung ist eingegangen. ‑ Ich erteile das Wort dem Fraktionsvorsitzenden der AfD-Fraktion, Herrn Dörr.

Wie viel Zeit habe ich noch, Frau Präsidentin?

Ihre Zeit über den Tag sind noch 36 Minuten und 54 Sekunden.

Über den Tag?

Ja, über den Tag. Das kann ich Ihnen so sagen.