Mit der Kreisgebietsreform und der Verwaltungsreform treten ab 01.08.2008 Regelungswerke in Kraft, die im Freistaat umfangreiche Wirkungen entfalten werden. Es bleibt deshalb abzuwarten, inwiefern sich die Reformen auf die Gemeindestrukturen und die Bevölkerungsentwicklung auswirken werden. Erst wenn dies klar ist, kann eine möglichst dauerhafte neue Wahlkreiseinteilung getroffen werden, die eine Kontinuität der zukünftigen Wahlkreise sicherstellt.
Die dem Landtag nun vorgelegte Wahlkreiseinteilung passt daher die Beschreibung der Wahlkreise an die Kreisgebietsreform an. Sie beschränkt sich jedoch auf die Zusammenführung von Gemeindeteilen und Gemeindeverbänden und sieht nur eine echte Neueinteilung im Bereich der Wahlkreise 15, 56 und 57 vor, die aufgrund ihrer Bevölkerungsentwicklung den geltenden absoluten Grenzwert von 33 1/3 % zur abweichenden Bevölkerungszahl in Wahlkreisen überschritten haben oder diesen voraussichtlich zum Wahltag 2009 zu überschreiten drohen. In diesen Fällen ist eine Neueinteilung daher unumgänglich.
Lassen Sie mich mit einem Hinweis auf die Eilbedürftigkeit des Gesetzes schließen. Ab dem 19. Oktober dieses Jahres können die Parteien mit der Aufstellung ihrer Bewerber für die Landtagswahl 2009 beginnen. Zu diesem Zeitpunkt muss vor allem die neue Wahlkreiseinteilung in Kraft getreten sein, denn die Direktkandidaten müssen schließlich wissen, welches Gebiet ihr jeweiliger Wahlkreis umfasst. Es bleibt zu wünschen, dass der Gesetzentwurf dazu beiträgt, dass die Wahlbeteiligung bei der nächsten Landtagswahl positiv beeinflusst wird.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben eingebrachten Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – mitberatend – zu überweisen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Überweisung beschlossen.
1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Ein-Raum-Gaststätten
Auch hier ist keine allgemeine Aussprache vorgesehen. Ich bitte daher die einreichende Fraktion um Einbringung; Herr Abg. Zastrow.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wir als FDPFraktion zu dem in diesem Haus vor einiger Zeit fabrizierten sogenannten Nichtraucherschutzgesetz stehen, dürfte sich inzwischen ein bisschen herumgesprochen haben. Wir halten dieses Gesetz nicht nur für unnötig, sondern in weiten Teilen sogar für schädlich; denn das, was unter dem populären Mantel des Nichtraucherschutzes hier im Hohen Haus gemacht worden ist, führt in der
Praxis leider zu großen Existenz- und Arbeitsplatznöten in vielen Gastronomiebetrieben. Aber lassen Sie mich der Reihe nach etwas dazu sagen.
Das vom Sächsischen Sozialministerium völlig zu Unrecht mit großem Brimborium gefeierte Gesetz ist Bürokratie in Reinkultur, verkompliziert das Leben und schafft Verordnungen und Verbote, die Stammgäste aus den Kneipen treiben, ohne neue hineinzulocken.
Statt auf Augenmaß, Toleranz und Fingerspitzengefühl, setzt es auf die Bevormundung von Gästen und Wirten.
Ich muss allerdings zugeben, dass Frau Staatsministerin Orosz eigentlich nur erwartungsgemäß gehandelt hat, nämlich typisch deutsch. Die typisch deutsche Skepsis der Obrigkeit gegenüber dem Geschick und der Vernunft freier Bürger manifestiert sich auch im Sächsischen Nichtraucherschutzgesetz. Ich bin mir sehr sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auch mit einer kleinen, feinen, unbürokratischen und lebensnahen Rahmengesetzgebung zurechtgekommen wären, auf jeden Fall besser als mit dem Verbots- und Bevormundungsmonstrum, das uns die Mehrheit des Landtages präsentiert hat.
Herr Zastrow, ich möchte Sie bitten, dass Sie Ihr Gesetz einbringen. Wir haben jetzt keine Debatte zum Inhalt der anderen Gesetze.
Aus unserer Sicht hätte eine Kennzeichnungspflicht für gastronomische Einrichtungen völlig ausgereicht, die jedem Gast aufzeigt, ob es sich um eine Rauchergaststätte oder um eine Nichtrauchergaststätte handelt. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Bürger in unserem Land in der Lage ist, selbst zu entscheiden, welche Gaststätte er betritt. Betritt er beispielsweise Rauchergaststätten in Zukunft nicht mehr, wird es genau diese Gaststätten nicht mehr geben. Das nennt man im Übrigen, meine Damen und Herren, Marktwirtschaft.
Für alle, die es vielleicht vergessen haben: Die Marktwirtschaft gilt spätestens seit 1989 im allgemeinen gesellschaftlichen Konsens als Modell, das sich eindeutig gegen alle staatlichen und planwirtschaftlichen Experimente und Modelle durchgesetzt hat.
Wir als FDP-Fraktion haben all dem nicht zugestimmt und uns im Hohen Haus auch so verhalten. Inzwischen sind wir ein Stück weiter, weil sich die ersten Auswirkungen dieser sächsischen Gesetzgebung in der Praxis zeigen. Es gibt eine neue Studie der Industrie- und Handelskammer, die feststellt: „Die Umsatzeinbrüche in sächsischen Gastronomiebetrieben sind – wie befürchtet – dramatisch.“ 61 % der Betriebe melden einen Umsatzrückgang, 67 % weniger Gäste und 69 % eine kürzere Verweildauer der Besucher.
Ganz besonders leiden unter dieser neuen Gesetzgebung natürlich die sogenannten Ein-Raum-Gaststätten. Denn anders als größere Gastronomiebetriebe, die oftmals noch über mehrere Räume verfügen und zum Teil durch den Einsatz von erheblichem finanziellem Aufwand die Anforderungen des Gesetzes vielleicht gerade so erfüllen können, ist das den Ein-Raum-Gaststätten nicht möglich. Sie haben keine Chance. Deshalb finden wir es völlig richtig, dass mehrere Inhaber dieser Ein-RaumGaststätten jetzt vor das Verfassungsgericht gezogen sind. Wir finden das Urteil des Verfassungsgerichtes sehr
bemerkenswert, denn es gibt den Klägern in einem ersten Eilverfahren recht, indem es am 27. März dieses Jahres das Gesetz für diese Gaststätten vorübergehend außer Kraft setzt und feststellt: „Würde sich die Existenzgefährdung realisieren, käme ein in der Hauptsache gewährter Grundrechtsschutz zu spät.“
Die Not ist also akut und widerlegt damit die aus meiner Sicht etwas befremdliche Aussage des sächsischen Justizministeriums. In einer Erwiderung des SMJus zur Klage der Inhaber von Ein-Raum-Gaststätten konnte ich am 27. März in der „Bild“-Zeitung nachlesen: „Die Berufsausübung der Gaststättenbetreiber wird nur in unerheblichem Umfang eingeschränkt.“ Weiter heißt es aus meiner Sicht recht lakonisch: „Nicht auszuschließen ist, dass einzelne Gaststättenbetreiber ihre Geschäftstätigkeit aus wirtschaftlichen Gründen einstellen müssen, aber dieser kleine Personenkreis ist nicht außerordentlich schützenswert.“
Abgesehen davon, dass sich die betroffenen Gastronomen sicherlich sehr darüber freuen, von unserer Staatsregierung als „nicht außerordentlich schützenswert“ bezeichnet zu werden, sollten uns die Einwände des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes zum Nachdenken animieren, meine Damen und Herren.
Ziel unseres Gesetzentwurfes ist es, für Rechtssicherheit zu sorgen. Anstatt in einem juristischen Wettlauf durch mehrere Instanzen zu treten, schlagen wir vor, den problematischsten Teil der neuen Nichtraucherschutzgesetzgebung auf unbürokratische Weise zu heilen; denn die Existenznöte, vor denen die inhabergeführten Ein-RaumGaststätten stehen, liegen auf der Hand und können von niemandem – auch nicht in diesem Raum – wegdiskutiert werden. Unser Gesetzentwurf greift die Begründung des Verfassungsgerichtes auf und weicht keinen Millimeter von dessen Denkweise ab. Deshalb vergessen wir als FDP-Fraktion für einen Moment unsere generelle Kritik an der Gesetzgebung und wenden uns ausschließlich den inhabergeführten Ein-Raum-Gaststätten zu, also den Gaststätten, die aus nur einem Raum bestehen, wie Kneipen, Bars und Cafés, und ohne Angestellte geführt werden. Diese Kleinunternehmer sind in ihrer Existenz massiv bedroht, weil wir, weil es die Politik so will. Ich bin der festen Überzeugung, meine Damen und Herren, dass Politik so weit nicht gehen darf.
Ich bitte Sie deshalb, unseren Gesetzentwurf genau zu prüfen. Vielleicht überprüfen Sie – ich richte das an die Reihen meiner Kollegen von der Union –, wie viel Wirtschaftsfreundlichkeit und wie viel Unternehmersinn Sie noch Ihr Eigen nennen. In Richtung Ihres Koalitionspartners möchte ich diese Frage gar nicht erst stellen.
Ich finde es bezeichnend, dass unser Anliegen, diesen Gesetzentwurf federführend im Wirtschaftsausschuss zu behandeln, wo er aus meiner Sicht auch hingehört, denn
auch das Verfassungsgericht hat eindeutig gesagt, dass es um die wirtschaftlichen Existenznöte der Ein-RaumGaststätten geht, leider auch mit den Stimmen der CDUFraktion verhindert worden ist und die Federführung jetzt – aus unserer Sicht falsch – beim Sozialausschuss liegt.
Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass das kein Hinweis dafür ist, wie Sie mit den wirtschaftlichen Nöten vieler selbstständiger Gastronomen in unserem Land umzugehen gedenken.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben eingebrachten Entwurf an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend – federführend – und an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr – mitberatend – zu überweisen. Wer möchte dazu die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Überweisung beschlossen.
1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Sächsischen Architektengesetzes und des Sächsischen Ingenieurgesetzes
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von mir eingebrachte Gesetz dient ausschließlich der Umsetzung der sogenannten Berufsanerkennungsrichtlinie aus dem Jahr 2005. Die Berufsanerkennungsrichtlinie trifft Regelungen über die Aufnahme und die Ausübung eines reglementierten Berufes in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Bei den Architekten und Ingenieuren handelt es sich um reglementierte Berufe. Daher ist eine Umsetzung im Sächsischen Architektengesetz bzw. im Sächsischen Ingenieurgesetz erforderlich.
Bei der Umsetzung kann an die im Sächsischen Architektengesetz sowie im Sächsischen Ingenieurgesetz bereits umgesetzten Vorgängerrichtlinien angeknüpft werden, da der durch diese Richtlinien eingeführte Anerkennungsmechanismus sich nicht grundsätzlich ändert.
Wesentliche Regelungen der Berufsanerkennungsrichtlinien betreffen die Dienstleistungsfreiheit einerseits und die Niederlassungsfreiheit andererseits sowie die Fristen und die Verfahrensanforderungen in diesem Zusammenhang und die Verpflichtung, zuständige Stellen zu benennen, die Ansprechpartner für auswärtige Personen und Stellen sind. Die Dienstleistungsfreiheit für Unionsbürger umfasst die vorübergehende und gelegentliche Erbringung von Dienstleistungen im Freistaat Sachsen, ohne hier eine Niederlassung zu gründen. Der Dienstleister muss das erstmalige Erbringen der Dienstleistung der Architektenkammer bzw. der Ingenieurkammer lediglich vorher schriftlich anzeigen. Nur in Ausnahmefällen erfolgt eine Überprüfung der Berufsqualifikation. Die Niederlassungsfreiheit umfasst das Recht für Unionsbürger, im Freistaat Sachsen eine Niederlassung zu gründen.
Eine häufig geübte Kritik sagt, dass die Regelung zur Niederlassungsfreiheit eine Inländerdiskriminierung zur Folge habe. Dies ist so nicht richtig. Für Hochbauarchitekten geht es schon deshalb nicht, weil die Berufsanerkennungsrichtlinie Mindeststandards definiert. Dazu gehören sowohl Studieninhalte als auch eine Mindestdauer von acht Semestern. Die Mindeststudienzeit entspricht exakt den Vorgaben des Sächsischen Architektengesetzes. Für Ingenieure, Innenarchitekten, Garten- und Landschaftsarchitekten sowie Stadtplaner gilt nichts anderes. Für diese Berufe teilt die Berufsanerkennungsrichtlinie im Interesse eines einfachen und schnellen Anerkennungsverfahrens die Ausbildungsabschlüsse in fünf Qualifikationsniveaus ein.
Die Mitgliedsstaaten müssen Abschlüsse anerkennen, die entweder dem Niveau entsprechen, das sie selbst von inländischen Antragstellern verlangen, oder dem Niveau, das eine Stufe darunter liegt. Um eine Absenkung des Qualifikationsniveaus im zweiten Fall zu verhindern, können die Mitgliedsstaaten sogenannte Ausgleichsmaßnahmen vorsehen.
Eine solche Regelung haben wir im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehen. Soweit eine niedrigere Qualifikation gegeben ist, kann die Architektenkammer bzw. Ingenieurkammer einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung verlangen. Diese Ausgleichsmaßnahmen sorgen für einen Ausgleich eines eventuellen Qualifikationsdefizits.
Im Hinblick auf die Diskussion um die sogenannte Inländerdiskriminierung sind mir folgende Punkte wichtig: Diese Problematik besteht nur für Innenarchitekten, Garten- und Landschaftsarchitekten und Stadtplaner mit einem Bachelorabschluss und einer Studienzeit von weniger als acht Semestern. Durch die Ausgleichsmaßnahme wird für einen Ausgleich eines eventuellen Qualifikationsdefizits gesorgt.
Für Inländer besteht die Möglichkeit, im Anschluss an einen Bachelorabschluss einen Masterabschluss und damit die Eintragungsvoraussetzung in die jeweilige Liste zu erwerben. Die Architektenkammer bzw. die Ingenieurkammer wurde im Gesetzentwurf als zuständige Stelle genannt. Die Kammern haben damit insbesondere die Aufgabe, die nach der Berufsanerkennungsrichtlinie erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Bescheinigungen auszustellen. Der vorliegende Gesetzentwurf greift die zwingend umzusetzende Regelung der Berufsanerkennungsrichtlinie auf. Darüber hinaus werden im Interesse der Berufsstände und der Sicherung einer gleichbleibend hohen Qualifikation einige ins Ermessen der Mitgliedsstaaten gestellte Regelungen aufgegriffen.