Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

1. Lesung des Entwurfs Sechstes Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes

Drucksache 4/12979, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums auf eine allgemeine Aussprache vor; deshalb spricht nur die Staatsregierung. Herr Minister Prof. Unland, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Parallel zum Haushaltsgesetz werden auch alle zwei Jahre die Änderungsgesetze bzw. Änderungen zum Finanzausgleichsgesetz vorgestellt. Das Besondere in diesem Jahr sind einige grundlegende Änderungen, die sich unter folgenden Überschriften zusammenfassen lassen: Kreisgebietsreform, Vorsorgevermögen und Finanzausgleichs

umlage. Ich möchte mich in meiner Rede hierauf beschränken.

Ich beginne mit der Kreisgebietsneugliederung. Die Vorredner haben schon gesagt, dass die ehemaligen kreisfreien Städte Zwickau, Plauen, Görlitz und Hoyerswerda in die umgebenden Kreise eingegliedert worden sind, und die Zahl der Kreise sank insgesamt von 22 auf nunmehr zehn. Damit liegt es auf der Hand, dass sich auch die Finanzströme des FAG an die neuen kommunalen Gegebenheiten anpassen müssen.

Den Kommunen war es dabei wichtig, dass ein Teil des Vorsorgevermögens bei den einzelnen Kommunen selbst angelegt wird. Sie wollten wissen, wann sie über diese Mittel verfügen können, um ihre Investitionen planen zu können. Daher haben wir für diese Mittel, die bei den Kommunen angesiedelt sind, bereits feste Auszahlungszeitpunkte festgelegt. Mit diesen Mitteln soll ein Polster geschaffen werden, um auch angesichts zurückgehender Solidarpaktmittel weiter investieren zu können.

Der Landtag hat am 23. Januar 2008 seine Ziele formuliert, nach denen die Finanzströme im FAG im Zuge der Kreisgebietsneugliederung geordnet werden sollen. Danach sollten die sogenannten Schlüsselzuweisungen auch nach der Reform in den von dem Verlust der Kreisfreiheit betroffenen Regionen verbleiben. Die gesteckten Ziele haben wir mit dem Ihnen vorliegenden Entwurf erreicht. Bereits nach dem allgemeinen Verteilungssystem kommen 96 % der den Städten Zwickau, Plauen, Görlitz und Hoyerswerda im Jahr 2008 zugewiesenen Mittel in den jeweiligen Räumen an. Außerdem möchten wir ein Sondervermögen bilden und in dieses die restlichen 317 Millionen Euro einlegen. Die Mittel werden verzinst und gehören den Kommunen. Mit diesen Mitteln sollen die Schlüsselzuweisungen des FAG verstärkt werden, wenn die Konjunktur nicht mehr so gut läuft.

Soweit dies nicht erreicht werden konnte – also für die verbleibenden 4 % –, haben wir einen Anpassungsfonds eingerichtet, mit dem die Verluste über einen Zeitraum von zehn Jahren abschmelzend zur Verfügung gestellt werden sollen. Wir haben diese auch für die zentralörtlichen Funktionen der ehemaligen kreisfreien Städte berücksichtigt. Diesen Städten werden auch zukünftig Mittel zugewiesen, mit denen sie für die Einwohner aus den Landkreisen Leistungen anbieten können, die in einer kleinen Gemeinde nicht vorgehalten werden können, beispielsweise die Kulturangebote.

Das von mir beschriebene kommunale Vorsorgevermögen fand auch seine Zustimmung durch die kommunalen Landesverbände in einem Spitzengespräch Ende Mai. Auch die überwiegende Mehrheit der kommunalen Vertreter hat sich hierzu positiv geäußert.

Allerdings will ich nicht verhehlen, dass insbesondere von den kreisfreien Städten Kritik am Vorsorgevermögen geäußert worden ist. Bemängelt wurden hauptsächlich zwei Dinge: Die Zuführungen zum Vorsorgevermögen seien zu hoch und der Aufwuchs der Schlüsselzuweisungen sei zu gering. Diese Kritik kann ich aus zwei Gründen nicht ganz unterstützen.

Außerdem hat die Staatsregierung ein regionales Nachsteuerungselement implementiert. Dieses soll für eine Übergangszeit der finanziellen Unterstützung der Landkreise dienen, die die Aufgaben der ehemaligen kreisfreien Städte übernehmen.

Das Zweite ist das Vorsorgevermögen. Hierzu muss man zum einen wissen, dass sich für das kommende Jahr unter Anwendung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes – Kollege Rößler hat das ja vorhin schon gesagt – mit über 3,25 Milliarden Euro die zweithöchste FAG-Masse des Freistaates seit der Wiedervereinigung ergibt. Das ist ein Aufwuchs von 643 Millionen Euro gegenüber dem aktuellen Jahr.

Erstens. Erinnert man sich daran, dass die Kommunen in den Finanzausgleichsjahren 2005/2006 insgesamt 756 Millionen Euro an den Freistaat zurückzahlen mussten, so zeigt sich, dass das Vorsorgevermögen von 617 Millionen Euro nicht überdimensioniert ist. Sie erinnern sich vielleicht: Wir mussten damals die Rückzahlung mit einem Darlehen in Höhe von 347 Millionen Euro unterstützen. Fasst man das zusammen, so kann man nur feststellen: Das Volumen des Vorsorgevermögens ist nicht zu hoch bemessen.

Auch im Jahr 2010 verbleibt die FAG-Masse mit rund 3,15 Milliarden Euro auf einem sehr hohen Niveau. Die hohen FAG-Massen werden auch noch durch die kommunalen Steuereinnahmen flankiert, und seit Jahren besteht nur eine Tendenz, nämlich die nach oben.

Zweitens. Betrachtet man allein die von den Kommunen stets als besonders wichtig empfundenen allgemeinen Schlüsselzuweisungen, so fällt der Aufwuchs bei den kreisfreien Städten mit 10 % so hoch aus wie seit 1995 nicht mehr. – Man kann nur das Fazit ziehen: Auch die Schlüsselzuweisungen sind nicht zu gering bemessen.

Zum anderen müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, dass wir uns derzeit in einer Hochkonjunkturphase befinden. Allen Erfahrungen nach folgt darauf ein Konjunkturtal. Hinzu kommt, dass die Mittel des Solidarpaktes vorhersehbar abschmelzen und ab dem Jahr 2020 nicht mehr zur Verfügung stehen.

Ich möchte an diesem Punkt abschließend klar formulieren: Es wäre unverantwortlich, in diesen für die Kommunen finanziell guten Zeiten nichts zurückzulegen und beim nächsten Einnahmeneinbruch auf die Hilfe des Freistaates zu vertrauen.

Unser Ziel war es deshalb, dieses Auf und Ab zu vermeiden und die kommunale Finanzausstattung zu stabilisieren. Um dieses Ziel zu erreichen, schaffen wir in den Jahren 2009 und 2010 aus den Mitteln des FAG ein Vorsorgevermögen in einem Umfang von 617 Millionen Euro. Es gilt zum einen, den Rückgang der Solidarpaktmittel abzufedern, und zum anderen soll eine Reserve geschaffen werden, um die Schlüsselzuweisungen in konjunkturell schwierigen Zeiten zu stützen.

Der dritte Punkt betrifft die Finanzausgleichsumlage. Sie wird insbesondere von den besonders finanzkräftigen Gemeinden erhoben. Hierbei handelt es sich um Gemeinden, die wegen ihrer hohen eigenen Steuereinnahmen keine Schlüsselzuweisungen erhalten. Wir nennen sie auch „abundante Gemeinden“. In Sachsen war diese Umlage aufgrund der geringen Steuerkraftunterschiede

und der geringen Anzahl abundanter Gemeinden bislang nicht notwendig.

Nun ist aber die Zahl der abundanten Gemeinden im Zeitraum von 2005 bis 2008 von vier auf fast 30 gestiegen, und das bei gleichzeitig sinkender Gesamtgemeindenanzahl. Zudem hat sich der Abstand der Steuereinnahmen je Einwohner im gleichen Zeitraum zwischen der ärmsten und der reichsten Gemeinde mehr als vervierfacht. Wir hatten im Jahr 2002 einen Unterschied in der Steuerkraft von rund 1 000 Euro pro Einwohner; er beträgt in diesem Jahr bereits 4 580 Euro pro Einwohner, und das bei einem Durchschnitt von rund 402 Euro pro Einwohner. Sie können sich also vorstellen, wie stark die Spreizung inzwischen ist.

Unser Ziel war es daher, die Solidarität zwischen den Gemeinden zu verbessern. Die Einnahmen aus der Finanzausgleichsumlage verbleiben selbstverständlich komplett im kommunalen Bereich. 50 % der den Finanzbedarf übersteigenden Steuerkraft verbleiben bei der abundanten Gemeinde, rund ein Viertel fließt den Landkreisen zu, in denen die abundante Gemeinde ihren jeweiligen Sitz hat. Der Rest kommt der Schlüsselmasse der kreisangehörigen Gemeinden zugute.

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir haben mit dem vorliegenden Änderungsgesetz eine ausgewogene Antwort auf die drängenden Fragen der Kommunalpolitik gefunden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Sechstes Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes an die nachfolgend genannten Ausschüsse zu überweisen: Haushalts- und Finanzausschuss – federführend –, Innenausschuss, Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss, Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend, Ausschuss für Schule und Sport, Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien sowie Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft. Wer das Einverständnis gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte. – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

2. und 3. Lesung des Entwurfs Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Hochschulzulassungsgesetzes

Drucksache 4/11860, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/12721, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die CDU beginnt. Es folgen Linksfraktion, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.

Ich übergebe jetzt Herrn Prof. Mannsfeld das Wort. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abgetrennt vom Hochschulgesetz liegt heute die Beschlussempfehlung für eine Novelle des Sächsischen Hochschulzulassungsgesetzes vor. Dieses Gesetz beschäftigt sich als Spezialregelung mit dem Auswahlverfahren bei zulassungsbeschränkten Studiengängen. Dazu muss man sich in Erinnerung rufen, dass bis vor drei Jahren für die bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengänge nur 24 % der Plätze von den Hochschulen selbst vergeben werden konnten. Diese Quote ist 2005 mit einem Änderungsgesetz auf 60 % angehoben worden.

Nun soll mit dem novellierten Sächsischen Hochschulzulassungsgesetz bei der Auswahl von Studierenden, die sich auf örtlich zulassungsbeschränkte Fächer bewerben – das ist der Fall, wenn zum Beispiel die Universität Leipzig oder die TU Chemnitz einzelne Fächer mit einem

Numerus clausus versehen müssen –, eine Änderung vorgenommen werden. Parallel zu den prozentualen Anteilen, wie sie für die Bundesregelung gelten, wollen wir den Hochschulfreiheitsgrad für solche NC-Fächer von 24 % auf 60 bis 80 % der Studienplatzvergabe erhöhen, wozu ein entsprechendes Auswahlverfahren durchgeführt werden muss. Hierfür benennt die Gesetzesnovelle einen Katalog von Auswahlkriterien, der zusätzlich zur Durchschnittsnote des Abiturs, also der Hochschulzulassungsberechtigung, die besondere Eignung und Motivation der Bewerber stärker berücksichtigen soll.

Ich denke, dass dieses Gesetz den Hochschulen die von ihnen in vielen Einzelbelangen gewünschte Freiheit und Eigenständigkeit gibt und deshalb vom Grundsatz her, beispielsweise mit der Möglichkeit, die Auswahl der Studenten mit einer Quote zwischen 60 und 80 % selbst zu steuern, auch seitens der Sachverständigen in der Anhörung begrüßt wurde.

Abweichende Ansichten gab es dagegen hinsichtlich der Verbindlichkeit bei der Anwendung des Katalogs von Auswahlkriterien. So wurde mehrheitlich die zwingende Anwendung eines weiteren Kriteriums, zusätzlich zur Hochschulzulassungsberechtigung, unter Berücksichtigung des sehr unterschiedlichen Charakters verschiedener

Studiengänge infrage gestellt. Dennoch möchten wir den Hochschulen mit Nachdruck empfehlen, den Katalog zusätzlicher Auswahlkriterien, wie er bereits in der Gesetzesnovelle vom März 2005 bei uns in Sachsen sowie im Staatsvertrag zur Vergabe von Studienplätzen vom April 2007 enthalten ist, verstärkt in Anwendung zu bringen.

Den kritischen Hinweisen wollen wir mit einer redaktionellen Anpassung begegnen, wonach die bisher vorgesehene verbindliche Einbeziehung – im Sinne einer Istvorschrift – eines zusätzlichen Kriteriums durch eine Sollvorschrift modifiziert wird. Die fast durchgängige Ablehnung der Istvorschrift seitens der Sachverständigen bedeutet jedoch nicht, dass zusätzliche Auswahlkriterien bei vielen Studiengängen nicht doch eine echte Unterstützung für eine objektive und sachgerechte Auswahl von Studienbewerbern für zulassungsbeschränkte Studiengänge darstellen.

Ich kolportiere an dieser Stelle einfach die Übersetzung einer Sollvorschrift, die wir hier in diesem Hohen Hause mehr oder weniger unwidersprochen über all die Jahre akzeptiert haben: Sollen heißt müssen, wenn man kann.

Da jedoch der Charakter der unterschiedlichen zulassungsbeschränkten Studiengänge keine einheitliche Anwendungspraxis erwarten lässt, kann die Hochschule im Sinne unseres Änderungsantrages in jedem Einzelfall entscheiden, ein zusätzliches Kriterium auszuwählen, Kriterien zu kombinieren oder nach den Erfahrungen an der jeweiligen Hochschule auch einmal zu verzichten.

Daher ist es uns völlig unverständlich – insoweit setze ich mich jetzt schon etwas mit den Änderungsanträgen auseinander –, dass Änderungsanträge von Oppositionsfraktionen zu § 3 Abs. 1 den Hochschulen die Wahlmöglichkeit zur Gestaltung und Anwendung zusätzlicher Auswahlkriterien nehmen wollen und die Auswahlentscheidung nicht nach einem Auswahlverfahren entsprechend diesen Kriterien – zusätzlich zur Abiturnote, je nach Situation – vornehmen lassen wollen, sondern grundsätzlich zur Abiturnote ein Auswahlgespräch vorsehen.

In der Tat, ein solches Auswahlgespräch ist im Kanon zusätzlicher Kriterien enthalten. Es aber zur einzigen Möglichkeit zu deklarieren geht völlig an der Gesetzesphilosophie vorbei und wird von uns deshalb entschieden abgelehnt.

Als Beispiel, wie zusätzliche Auswahlkriterien mithelfen können, die Auswahl der Studienbewerber sachgerechter vornehmen zu können, benannte das SMWK in der Gesetzesbegründung: das Problem der Auswahl sorbischmuttersprachlicher Studienbewerber für das Lehramt. Dazu wurde dem Ausschuss im Rahmen der Anhörung zu dem Gesetzentwurf von den Vertretern des sorbischen Volkes die Hoffnung bzw. die Erwartung vorgetragen, dass der Gesetzgeber hier im Sinne der bestehenden Rechtslage tätig werden solle. Die Koalitionsfraktionen haben sich dieses Themas in besonderer Weise angenommen und dazu vorgeschlagen, in § 6 Abs. 2 einen dritten,

also zusätzlichen Satz aufzunehmen, der den Kanon der vorhin schon einmal genannten Kriterien zusätzlicher Art um diesen besonderen Hintergrund erweitert.

(Beifall bei der CDU)

Bei den umfangreichen Erörterungen zu diesem Anliegen – sie waren eigentlich auch der Grund dafür, dass die Gesetzesnovelle noch nicht im Juli auf der Tagesordnung stehen konnte – spielte die Verfassungsmäßigkeit etwaiger Regelungen – ich nenne das Stichwort „Landeskinderregelung“ – eine zentrale Rolle. Um dem Anliegen sowohl der Gesetzesinitiative als auch der Sachverständigen zu entsprechen, haben wir unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einen Vorschlag entworfen, der versucht, das Problem sorbisch-muttersprachlicher Lehrkräfte im Sinne anwendbarer Auswahlkriterien partiell zu lösen. Der von uns in einem Änderungsantrag formulierte Programmsatz – dieser Änderungsantrag ist bereits Teil der Beschlussempfehlung – müsste nach seiner gesetzlichen Verankerung natürlich dann konkret in der Satzung der Universität Leipzig umgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU)

Zusammengefasst heißt die Botschaft, meine Damen und Herren: Mit dieser Gesetzesnovelle leistet der Landtag einen notwendigen Beitrag zur weiteren Flexibilisierung und erhöhten Eigenverantwortung der Universitäten und Hochschulen bei der Auswahl von Studenten in zulassungsbeschränkten Studiengängen.