Servicestelle nur dann optimal und effizient arbeiten können, wenn sich bundesweit alle Hochschulen an der Servicestelle beteiligen. Nur dann wird sie ihren Zweck vollständig erfüllen können, der insbesondere auch darin besteht, sicherzustellen, dass alle angebotenen Studienplätze auch tatsächlich genutzt werden und nicht, wie es heute oftmals der Fall ist, selbst Numerus-claususStudienplätze am Ende des Bewerbungsverfahrens frei bleiben.
Die Serviceleistungen selbst erfolgen nach Maßgabe des jeweiligen Landesgesetzes und der darauf fußenden Hochschulsatzungen zur Vergabe der Studienplätze, sodass die Interessen Sachsens und der sächsischen Hochschulen durch den Staatsvertrag nicht beeinträchtigt werden.
Ich bin der Überzeugung, dass die Hochschulen ein gutes Angebot erhalten, um das Zulassungsverfahren – man muss sagen – endlich zu optimieren. Den zukünftigen Studentinnen und Studenten kann mit der neuen Servicestelle eine zentrale Anlaufstelle angeboten werden, die ihre Informationsmöglichkeiten verbessert. Wir werden damit auch unserer Verantwortung gegenüber der nächsten Generation besser gerecht, wenn wir es ermöglichen, dass die angehenden Studentinnen und Studenten möglichst schnell zentral die Informationen erhalten, die sie für ihre Entscheidung benötigen, was und wo sie studie
ren wollen. Dies ist bei einem immer breiter gefächerten Bildungsangebot wichtiger denn je. Zudem werden sich mehr Studentinnen und Studenten für das Land – und die Hochschule – als Studienort entscheiden – das erleben wir bereits heute –, dem es am besten und schnellsten gelingt, übersichtliche Informationen über das Studienangebot zur Verfügung zu stellen, und das über ein effizientes und unbürokratisches Vergabeverfahren verfügt. Dies ist ein Aspekt, der zukünftig noch mehr an Bedeutung gewinnen wird und den wir nicht aus den Augen verlieren dürfen.
Es wird vorgeschlagen, das soeben eingebrachte Gesetz an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien – federführend – sowie an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich kann Einstimmigkeit erkennen. Damit ist die Überweisung beschlossen.
1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Ermöglichung der Teilnahme von Wählervereinigungen an den Wahlen zum Sächsischen Landtag
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute einen einfachen Gesetzentwurf vor, aber mit beabsichtigt weitreichenden Folgen. Wir wollen nämlich Wählervereinigungen, die sich nicht als Partei im Sinne des Parteiengesetzes organisiert haben, bereits die Teilnahme an den Landtagswahlen am 30. August dieses Jahres ermöglichen. Eine Verabschiedung des Gesetzes ist im März machbar, sodass Wählervereinigungen an der Landtagswahl teilnehmen könnten, so sie es denn wollen.
Warum dieser Vorschlag? Wir wollen Sachsen damit demokratisch modernisieren und nicht länger hinter anderen Bundesländern zurückstehen. Bereits in sieben anderen Ländern ist die Teilnahme von Wählervereinigungen bei Landtagswahlen zugelassen: in Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, RheinlandPfalz sowie im Saarland.
Meine Damen und Herren! Für die Zulassung gibt es gute Argumente; denn demokratische Herrschaft wird durch gleiche, freie und allgemeine Wahlen legitimiert. Eine
Einschränkung von Wahlrechten ist unter diesem Aspekt stets verdächtig, zumindest aber begründungspflichtig. Ich kann keinen Grund für den Ausschluss von Wählervereinigungen erkennen, darum muss diese Beschränkung des aktiven und passiven Wahlrechtes ein Ende haben. Sie widerspricht der wünschenswerten Offenheit des politischen Wettbewerbes. Ich kann insbesondere keinen Grund unter dem Aspekt des Artikels 21 des Grundgesetzes erkennen, nach dem die Parteien – Zitat – „... an der Willensbildung des Volkes mitwirken“. Es besteht also kein verfassungsrechtlich begründbares Parteienmonopol, weder bei der Willensbildung des Volkes noch bei der Wahlteilnahme.
Meine Damen und Herren! Die Parteibindung der Bevölkerung in Sachsen ist extrem schwach. Inzwischen wissen wir, dass es sich nicht um ein vorübergehendes, ostspezifisches Problem handelt. Auch in den alten Bundesländern hat die Parteibindung der Bürgerinnen und Bürger seit den Neunzigerjahren extrem abgenommen. Hingegen hat die Bedeutung der Wählervereinigungen deutlich zugenommen.
Wir sind also aufgerufen, nach Wegen zu suchen, wie die Rückbindung der Politik und die Bindung der Bürger an die Politik über die Parteien hinaus deutlich verbessert werden kann. Ein Schritt dazu kann das Recht für Wählervereinigungen sein, zur Landtagswahl anzutreten.
Zum Gesetzestext. Wir wollen eine Gleichbehandlung zwischen Parteien und Wählervereinigungen. Der Gesetzentwurf streicht daher die Beschränkung im § 4 Landeswahlgesetz auf Landeslisten von Parteien und fügt in den folgenden Vorschriften jeweils die Wählervereinigungen ein. Damit soll eine vollständige Gleichbehandlung zwischen zur Wahl antretenden Parteien und Wählervereinigungen erreicht werden.
Für Wählervereinigungen gelten also ebenso die Notwendigkeit einer demokratischen Binnenorganisation, die 5-%-Hürde oder die Notwendigkeit, Unterstützungsunterschriften zu sammeln, wenn sie, die Wählervereinigungen, noch nicht im Landtag vertreten sind. Auch sollen Wählervereinigungen 2 Euro Wahlkampfkostenerstattung je Stimme erhalten. Dies entspricht im Übrigen den Regelungen in Hessen und Rheinland-Pfalz.
Meine Damen und Herren! Gegen die Teilnahme von Wählervereinigungen an Landtagswahlen wird mitunter ins Feld geführt, dass ihnen eine landesweite Programmatik fehlen würde. In dieser Argumentation schwingt ein wenig der Vorwurf mit, Wählervereinigungen wären nicht verlässlich genug. Ich halte diese Begründung nicht für stichhaltig, und vor dem Hintergrund des Einzuges der antidemokratischen NPD in den Landtag wird diese Entgegnung ohnehin völlig absurd.
Meine Damen und Herren! Die sächsischen Wählervereinigungen sind seit Langem ein stabiler Bestandteil der kommunalen Ebene. Sie wurden bei den Kreistagswahlen mit 12 % zur drittstärksten politischen Kraft in Sachsen. Wer gegen die Zulassung von Wählervereinigungen ist, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, diese starke politische Kraft aus der Landespolitik ausschließen zu wollen.
Ich bin sehr froh, dass sich der Vorsitzende der Freien Wähler Sachsens positiv zu unserem hier vorliegenden Gesetzentwurf geäußert hat. Ich möchte aber auch betonen, dass es uns hierbei um keine bestimmte Wählervereinigung geht, sondern um eine grundsätzliche, demokratietheoretisch begründete Öffnung des Wahlgesetzes. Ich bin gespannt, ob die Fraktionen dieses Hauses unseren Vorschlag aufgreifen und die Teilnahme der Wählervereinigungen ermöglichen.
Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf kann noch in dieser Legislaturperiode beraten und verabschiedet werden, sodass Wählervereinigungen bereits am 30. August an den Landtagswahlen teilnehmen könnten. Gemäß der Bekanntmachung der Landeswahlleiterin vom 24. November 2008 ist die Absicht der Beteiligung an der Landtagswahl bis zum 1. Juni 2009 bei ihr schriftlich anzuzeigen. Die Landesliste und die Kreiswahlvorschläge sind bis zum 25.06.2009 einzureichen.
Wir haben hier die Initiative ergriffen, um noch rechtzeitig ein Gesetzgebungsverfahren in Gang zu setzen. Der Gesetzentwurf kann in den Ausschüssen im Februar beraten und bereits im März beschlossen werden. Ihre guten Vorschläge zur Erreichung dieses Zieles greifen wir im Verlauf der Debatte natürlich gern auf.
Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer gibt seine Zustimmung? – Die Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Es gibt keine Gegenstimmen und keine Stimmenthaltungen. Die Überweisung ist damit beschlossen und der Tagesordnungspunkt 7 beendet.
1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen
Wir verfahren wie mit den letzten Gesetzentwürfen. Ich bitte die Einbringerin, das Wort zu nehmen. Frau Staatsministerin Clauß.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Vor einem Jahr fand der Kinderschutzgipfel unseres Ministerpräsidenten mit den sächsischen Landräten und Oberbürgermeistern statt.
Die Beteiligten stimmten darin überein, dass die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen im Interesse des Kinderschutzes verbindlich geregelt werden sollte. Das SMS wurde mit der Erarbeitung eines entsprechenden Gesetzentwurfes beauftragt, den ich Ihnen heute vorlegen darf.
Mit diesem sächsischen Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz wird ein weiterer wichtiger Baustein des bereits in großen Teilen praktizierten sächsischen Handlungskonzepts für präventiven Kinderschutz umgesetzt.
Das Gesetz dient in direkter Hinsicht dem Kinderschutz. Es schafft die Voraussetzungen, um Gesundheit und das gesunde Aufwachsen von Kindern in Sachsen zu verbessern, und es knüpft an die Früherkennungsuntersuchung der gesetzlichen Krankenversicherung an.
Diese Untersuchungen haben eine ganz besondere Bedeutung für das gesunde Aufwachsen von Kindern. Wir haben uns daher entschlossen, dem Beispiel einiger anderer Länder zu folgen und ein verbindliches Einladewesen für diese Früherkennungsuntersuchungen einzuführen. Die für uns relevanten U 3 bis U 7a liegen in der Altersspanne eines Kindes von vier Wochen bis drei Jahren. Sie eignen sich besonders gut, um eventuell vorliegende Erkrankungen, Auffälligkeiten, Fehlentwicklungen und Bedarfe in der frühen Kindheit zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Diese Untersuchungen können darüber hinaus auch geeignet sein, eine mögliche Überforderung von Eltern oder Risikofamilien frühzeitig wahrzunehmen und geeignete Hilfsangebote zu unterbreiten.
Künftig sollen also Eltern, die mit ihrem Kind – aus welchem Grund auch immer – nicht an den genannten Früherkennungsuntersuchungen teilgenommen haben, von den Gesundheitsbehörden eine Erinnerung erhalten, die auf die Bedeutung der jeweiligen Untersuchung aufmerksam macht. Der Gesetzentwurf benennt die dazu notwendigen Akteure und deren Aufgaben.
Unsere allerersten Partner sind natürlich die Kinderärzte. Darüber hinaus übernimmt die Kassenärztliche Vereinigung eine zentrale Rolle in diesem Prozess.
Wenn ein Arzt in Sachsen eine der Früherkennungsuntersuchungen U 3 bis U 7a durchführt, meldet er das innerhalb von fünf Tagen an die KVS. Technisch ist das kein Problem. Die KVS ist auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Ärzte zur Übermittlung von Daten – elektronisch oder per Fax – bereits aus anderen Zusammenhängen gut vorbereitet. Sie steht zudem auch in anderer Weise regelmäßig in Kontakt mit den Ärzten.
Diese Daten werden dann von der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Daten des Melderegisters abgeglichen. Dazu stellt die Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung, die SAKD, die entsprechenden Datensätze zum Abruf bereit. Dieser Rückruf und dieser Rückgriff auf das Melderegister haben den Vorteil, dass damit auch Kinder erfasst werden, deren Eltern privat versichert sind. Ergibt dieser Abgleich, dass ein Kind in einer bestimmten Frist nicht an der Untersuchung teilgenommen hat, informiert die Kassenärztliche Vereinigung umgehend das zuständige Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt erinnert daraufhin die Eltern schriftlich an die Untersuchung.
Wir haben uns für diesen ersten Schritt entschieden, weil es oft nachvollziehbare Gründe für die Nichtteilnahme gibt. Manchmal wird so ein Termin auch schlicht vergessen. Wenn die Untersuchung umgehend nachgeholt wird, muss das Gesundheitsamt natürlich nichts weiter unter
nehmen. Wenn allerdings nichts geschieht, dann wird es aktiv werden und den Eltern Hilfe und Unterstützung anbieten.
Dazu gehört die Benennung geeigneter Ärzte in der Nähe oder auch die Möglichkeit, die Untersuchung im Gesundheitsamt selbst durchführen zu lassen. Erst wenn Eltern auf die angebotene Hilfe nicht reagieren, soll das Gesundheitsamt die Daten an das zuständige Jugendamt weiterleiten. An dieser Stelle greifen dann Kindergesundheitsvorsorge und präventiver Kinderschutz ineinander. Jugendamt und Gesundheitsamt müssen in einem abgestimmten Prozess klären, ob es Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung gibt. Soweit zum Verfahren.
Die Kosten für dieses Gesetz werden sich bei circa 98 000 Kindern in der entsprechenden Altersgruppe auf jährlich etwa zwei Millionen Euro beziffern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Staatsregierung ist sich bewusst, dass sie sich in einem sehr konfliktträchtigen Spannungsfeld bewegt. Der Gesetzentwurf steht zwischen dem Elternrecht auf der einen und dem Wächteramt des Staates auf der anderen Seite. Wir wollen Eltern nicht – und dürfen dies auch nicht – unter einen Generalverdacht stellen. Wir wissen – und das ist außerordentlich ermutigend –, dass die große Mehrheit der Eltern ihre Aufgaben sehr verantwortungsbewusst wahrnimmt. Dafür sage ich an dieser Stelle auch einmal sehr deutlich danke.
Doch in Einzelfällen sind Eltern überlastet und mit der Erfüllung ihrer Pflichten überfordert. Dann braucht es ein erhöhtes Maß an öffentlicher Verantwortung. Aber der Staat tritt nicht an die Stelle der Eltern. Er beschränkt sich auf sein von der Verfassung vorgegebenes Wächteramt und belässt die Verantwortlichkeit für die Personensorge bei den Eltern. Deshalb haben wir das verbindliche Einladewesen zur Grundlage unseres Entwurfs gemacht.
Unsere zentrale Botschaft lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Hinsehen! Babys und Kleinkinder können sich nicht selbst schützen, und da Vernachlässigung und andere Formen von Kindesmisshandlung sich leider, wenn sie vorkommen, im Verborgenen abspielen, ist Aufmerksamkeit gefordert. Dazu gehört auch, Fragen des Datenschutzes mit der Frage des effektiven Kinderschutzes sorgfältig abzuwägen.