Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Bitte, Herr Tischendorf.

Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Bei Entschließungsanträgen der FDP prüft man immer nur, was unschädlich ist. Es gibt eine Menge darin, was Lyrik ist.

Den Punkt I kann man beschließen oder auch nicht – er hat keine Folgewirkung. Wenn Sie das aber gern wollen, dann kann man sich nicht dagegenstellen und diesen Fließtext beschließen.

Unter Punkt II wollen Sie jetzt Ihre Kompetenz nach vorn treiben. Absenkung der Mehrwertsteuer – seit 1998 haben wir das in unserem Wahlprogramm stehen. Ich danke gerade der Fraktion der Linken, die das immer wieder beantragt, was dann im Deutschen Bundestag erfolgreich abgelehnt wird. Insofern haben wir kein Problem damit, Sie auch darin weiter zu unterstützen.

Bei der Reformierung der GEZ-Gebühren muss ich meinem Kollegen Heiko Hilker danken: Wir haben mehrmals beantragt, in diesem Bereich etwas zu tun. Dem werden wir natürlich auch zustimmen; dieses Thema bearbeiten wir schon lange.

Weiter: Wer kann dagegen sein, die Vermarktung des Tourismusstandortes Sachsen zu verbessern? Wer kann dagegen sein, den Aufbau touristischer Infrastruktur voranzutreiben? Entwicklung touristischer Angebote verbessern …

Das sind alles tolle, „zielgenaue“ Punkte, denen wir uns nicht verstellen wollen und die wir besonders gut finden. Auch die Schmalspurbahn als Touristikkette ist ein Punkt, den Sie gut in Ihren Antrag eingearbeitet haben.

Ein wenig kritisch sehe ich es, wie der Minister, was die GEMA-Gebühren im Punkt 7 betrifft. Wenn die FDP beantragt, von Staats wegen immer in privatrechtliche Angelegenheiten einzugreifen, dann verwundert es mich ein wenig. Aber anscheinend ist es in der Kontinuität dieses Fließtextes passiert und Sie haben nicht lange darüber nachgedacht.

Abbau bürokratischer Hemmnisse – ist auch toll, damit kann man richtig Wahlkampf machen.

Unter Punkt 9, Schaffung gesetzlicher Grundlagen für touristenfreundliche Ladenöffnungszeiten, verbirgt sich ja nichts anderes, als dass Sie die Freigabe der Ladenöffnungszeiten haben und die Angestellten rund um die Uhr beschäftigen wollen. Dazu werden Sie von uns keine Zustimmung bekommen.

Abschaffung restriktiver Rauchverbote – also, jeder kann rauchen, wo er will –, da haben wir mit dem Gesundheitsschutz ein Problem und werden dem auch nicht zustimmen.

Zuletzt sei gesagt, ich fühle mich sehr geehrt wegen Ihrer Feststellung, dass ich keine Wahlkampfrede gehalten habe. Ich gehe mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, meinen Wahlkreis wieder zu gewinnen, und zwar dadurch, dass ich nur das verspreche, was ich am Ende auch umsetzen kann. Da hat es die Opposition natürlich leichter, weil sie diesen Beweis nie antreten muss.

Das waren die drei konkreten Punkte, die Sie benannt haben; alles andere ist Lyrik.

Deshalb bitte ich Sie, Frau Präsidentin, über die Punkte 7, 9 und 10 von Punkt II einzeln abzustimmen. Aller anderen Lyrik werden wir natürlich zustimmen, wenn es Ihnen hilft.

(Beifall der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Frau Windisch, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erlaube mir, jetzt noch einige Bemerkungen zum Entschließungsantrag zu machen, weil ich ihn erst zu Beginn der Debatte zur Kenntnis bekommen habe.

Ich sagte eingangs in meinem Redebeitrag, dass die Große Anfrage fachlich sehr flach war – noch flacher ist der Entschließungsantrag. Um festzustellen, dass Sachsen ein attraktives Tourismusland ist, bedarf es nicht dieses Antrages. Er wimmelt in Punkt 1 von Plattitüden und das sogenannte Zehn-Punkte-Programm macht genau das deutlich, was ich vorhin kritisiert habe: Es geht um Bürokratieabbau und Kosten- und Abgabensenkung – eigentlich ein hehres Ziel; aber was ich in einer Entschließung vermisse, ist die Entwicklung von Visionen, wie es besser werden kann.

Fakt ist, dass diese sogenannten zehn Punkte ein Sammelsurium von Forderungen sind, die in erster Linie an den Bund gerichtet werden.

Zum Rundfunkstaatsvertrag wissen wir, dass die Reform der GEZ-Gebühren der MPK obliegt. Grundlage dafür sind die KEF-Erhebungen über den Kostenbedarf.

Ich bin gespannt, wenn das System geändert wird und die Belastungen vielleicht in anderer Richtung höher werden, wie Ihre Fraktion dann reagiert, wenn die Erhöhung andere Bereiche betrifft.

(Staatsminister Thomas Jurk: Dann fordern sie die Senkung!)

Sie fordern dann die Senkung, genauso ist es.

Bei der Umsatzsteuer ist es dasselbe. Selbstverständlich sehen wir hier Regulierungsbedarf, aber im Rahmen einer Neuregulierung des Gesamtsystems der Umsatzsteuer in der Bundesrepublik als Ganzes.

Fakt ist, diese zehn Punkte sind nicht geeignet, kurzfristig in irgendeiner Art und Weise etwas zu bewegen. Wenn Sie sich für den Tourismusstandort Sachsen einsetzen wollen, dann mit konkreten Sachanträgen, aber nicht mit solch einem Sammelsurium von Wünschen.

Wir werden deshalb ihren Entschließungsantrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weiteren Redebedarf zum Entschließungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich rufe auf den Entschließungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 4/14752. Ich lasse abstimmen über I., Punkte 1, 2, 3. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Bei einer Reihe von Stimmen dafür sind die Punkte 1 bis 3 von I. mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe II.1 bis 6 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Die Stimmenthaltungen, bitte. – Eine Stimmenthaltung, eine Reihe von Stimmen dafür, dennoch sind die Punkte mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe II. 7 auf. Wer möchte dem Punkt 7 seine Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei nur ganz wenigen Stimmen dafür ist Punkt 7 mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe II.8 auf. Wer möchte dem Punkt 8 seine Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und einer Reihe von Stimmen dafür wurde Punkt 8 dennoch mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe II.9 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Ich frage nach Gegenstimmen. – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmen dafür ist Punkt 9 mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe II.10 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Ich frage nach Gegenstimmen. – Wer enthält sich der Stimme? – Bei nur wenigen Stimmen dafür wurde Punkt 10 mit großer Mehrheit abgelehnt.

Da jeder Punkt abgelehnt wurde, brauche ich keine Gesamtabstimmung mehr durchzuführen. Ich beende diesen Tagesordnungspunkt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

Lehrstellen- und Ausbildungssituation im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/14473, Große Anfrage der Linksfraktion, und die Antwort der Staatsregierung

Es ist eine allgemeine Aussprache vorgesehen. Als Einbringerin spricht die Fraktion DIE LINKE und danach folgen CDU, SPD, NPD, FDP und GRÜNE. Frau Abg. Klinger, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf in die dritte Runde! Wie ich sehe, freut sich Herr Jurk schon besonders.

(Staatsminister Thomas Jurk: Mein Lieblingsthema!)

Sie haben gestern in Ihrer Fachregierungserklärung verkündet: „Den derzeit rund 18 700 Bewerbern stehen 13 800 Ausbildungsplätze gegenüber. Dieses Verhältnis zum heutigen Tage lässt darauf hoffen, dass letztendlich zum Jahresende erneut allen Bewerbern um einen Ausbildungsplatz ein Angebot gemacht werden kann.“

Und genau hier liegt das Problem, Herr Jurk. Das Verhältnis, von dem Sie gestern sprachen, ist eben nur ein rechnerisches und kein reales. Real kommen nämlich nochmals über 8 000 Altbewerberinnen und -bewerber dazu. Für diese müssen wieder vollzeitschulische und außerbetriebliche Maßnahmen herhalten. Es ist nur ein mathematischer Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage, und das reicht eben nicht aus.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Es sind nicht Ihre Initiativen, die maßgeblich für die verkündete Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt sorgen, sondern es ist die Demografie. Es sind nicht Ihre eigenen Anstrengungen; da hat die Zeit für Sie gearbeitet. Seit 2003 hat sich die Zahl der Schulabgänger von über 56 000 auf heute 26 000 mehr als halbiert. Der Tiefpunkt in dieser Entwicklung wird erst 2011 erreicht sein.

Selbst wenn sich die quantitativen Probleme des Ausbildungsmarktes von selbst erledigen, die qualitativen tun es eben nicht. Immer noch werden zu wenig duale Ausbildungsplätze angeboten. Das Verhältnis von dualen Lehrstellen und Berufsausbildungssuchenden beträgt immer noch eins zu zwei. Nur durch das Schönen der Zahlen, unter Hinzunahme von vollzeitschulischen Ausbildungsgängen und außerbetrieblichen Angeboten errechnen Sie eine Relation von einem Lehrstellenbewerber auf 1,2 angebotene Ausbildungsplätze. Das, Herr Jurk, ist Betrug an den jungen Sächsinnen und Sachsen.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Gestatten Sie mir ein Wort zu den vollzeitschulischen Bildungsgängen. Herr Jurk, ich spreche jetzt nicht über die bundesrechtlich geregelten Gesundheitsberufe.

(Widerspruch des Staatsministers Thomas Jurk)

Die Übernahmechancen nach einer vollzeitschulischen Ausbildung sind wesentlich schlechter als bei der Ausbildung im dualen System. So werden je nach Ausbildungsgang und -dauer durchschnittlich nur 26 % der Absolventinnen und 20 % der Absolventen in Beschäftigung vermittelt. Wir schlussfolgern: Die Ausbildungsneigung der sächsischen Unternehmen muss weiter gesteigert werden, gerade angesichts der derzeitigen Situation, in der viele kleine und mittelständische Unternehmen abwarten und die Entwicklung der Konjunktur beobachten. Auf der anderen Seite kann einem Fachkräftemangel so nicht entgegengesteuert werden. Dabei befürchten in Sachsen gerade die Metallarbeitgeber, dass ihre ausgeschriebenen Stellen nicht besetzt werden können. Der erhebliche Mitteleinsatz im Bereich der Ausbildungsförderung hat keine wirkliche Veränderung gebracht. Oft wurden nur Löcher gestopft, es wurde nachgebessert, zum Beispiel bei den Altbewerbern, und das meist auch noch sehr spät. Eine grundlegende Veränderung in der Ausbildungspolitik, eine an den Bedürfnissen der Menschen und Unternehmen ausgerichtete Förderung der beruflichen Ausbildung wurde nicht erreicht. Ich gehe sogar so weit zu sagen: Vielleicht wurde es auch nicht versucht.

Bleiben wir beim Thema der Altbewerberinnen und Altbewerber. Hier findet sich in der Antwort auf die Große Anfrage eine Irreführung oder regelrechte Falschaussage. Die Staatsregierung spricht nämlich dort von einem kompletten Abbau der Bugwelle an Altbewerbern. Die sächsischen Arbeitsagenturen melden aber 8 184 Altbewerber, 8 184 Menschen, die Sie einfach unterschlagen haben, Herr Minister.