Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Ein zweiter Punkt. Das Japanische Palais ist, Herr Gerstenberg, Teil der Museumsfläche. Es bedarf demnach dort keiner Nachkorrektur, es sei denn, es stellt jemand streitig, was ich aber derzeit nicht sehe.

Ich möchte auch aus dem Beitrag von Herrn Gerstenberg richtigstellen, dass sich die Stiftung Sächsische Gedenkstätten in einem unhaltbaren Zustand befindet. Das weise ich strikt zurück. Die Stiftung leistet eine hervorragende Arbeit, wie schon in den letzten Jahren. Wir haben wegen der Besetzung des Geschäftsführers ein Übergangsproblem. Aber wir wissen, dass wir mit dem kommissarischen Geschäftsführer und der Arbeit der Stiftung eine ganze Reihe von Problemen, die die Stiftung tatsächlich vor zwei Jahren hatte, ausräumen konnten. Wenn wir uns die Gedenkstätten selbst ansehen – um diese geht es vor allem –, können wir feststellen, dass dort eine sehr, sehr gute Arbeit geleistet wird. Wir haben uns auch, Herr Gerstenberg, den ausgetretenen Verbänden angenähert. Ich habe in meinem Beitrag sehr deutlich gesagt, wo die Grenzen dieser Annäherung sind, die wir jetzt gemeinsam überschreiten müssen: die Novellierung des Stiftungsratsgesetzes.

Vielleicht noch ein Punkt, bevor ich zum Zweckverband Sächsisches Industriemuseum komme. Es ist von einigen Rednern, insbesondere auch von Herrn Heitmann, das Thema Stellenabbau in unseren Kultureinrichtungen angesprochen worden.

Ich kann das nur unterstreichen. Der eine oder andere wird sich vielleicht daran erinnern, dass ich in verschiedenen Beiträgen in der Vergangenheit darauf hingewiesen habe, dass der vom Landtag in den Haushalten beschlossene Stellenabbau einschließlich des damit verbundenen Staubsaugerprinzips, wonach jede frei werdende Stelle automatisch gestrichen wird, zu einer schwierigen Situation, um es mit freundlichen Worten auszudrücken, in den von Ihnen, Herr Heitmann, genannten Einrichtungen, in den Staatlichen Kunstsammlungen und in der Sächsischen Landesbibliothek, geführt hat. Insofern hoffe ich, dass die Worte, die hier heute gefallen sind, auch bei den nächsten Haushaltsverhandlungen berücksichtigt werden.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Lassen Sie mich kurz etwas zum Thema Industriemuseum, Industriekultur sagen. Eigentlich bin ich durch die Worte von Herrn Mannsfeld, der jetzt leider nicht im Raum ist – doch, er ist im Raum, aber vielleicht sollte er zuhören –, darauf gestoßen worden. Es tut mir leid, aber es fehlt mir einfach die Logik in bestimmten Beiträgen. Wir haben festgestellt, dass der Zweckverband Industriemuseum in Sachsen nicht leben kann allein aufgrund kommunaler Unterstützung, allein aufgrund der Kulturraumunterstützung und allein aufgrund der Unterstützung aus der Wirtschaft. Herr Mannsfeld, Sie haben es gerade deutlich gemacht: Das Engagement der Wirtschaft hält sich in Grenzen, um es vorsichtig auszudrücken. Insofern gibt es nur eine Logik: Der Staat muss sich, wenn er ein Interesse an seiner Industriekultur im Land hat, stärker engagieren, als dies bisher der Fall gewesen ist.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Ich gebe Ihnen recht, wir müssen ein umfassenderes Konzept der Industriekultur haben. Wir brauchen die

wissenschaftliche Beratung, wir brauchen ein Kompetenzzentrum. Wir haben genügend wissenschaftlichen Sachverstand dazu. All dies wird uns aber nicht weiterhelfen, wenn wir auf der anderen Seite Industriedenkmäler abreißen und den Industriezweckverband oder auch eine Stiftung nicht in ausreichendem Maße mit finanziellen Mitteln ausstatten. Ich bitte einfach darum, dass wir hinsichtlich der Weiterentwicklung des Themas Industriekultur in unserer Argumentation konsistent bleiben.

Gestatten Sie mir ein letztes Wort. Ich habe nicht ganz verstanden, Herr Heitmann, wie Sie das mit den klaren Mehrheiten gemeint haben. Ich hatte den Eindruck, dass wir klare Mehrheiten gehabt haben. Deswegen ist ja eine ganze Reihe von Dingen im Rahmen der Koalitionsentscheidungen auch im Bereich der Kulturpolitik durchsetzbar gewesen.

(Beifall der Abg. Stefan Brangs und Dr. Liane Deicke, SPD)

Ich habe – gestatten Sie mir als politisch denkendem Menschen, das zu sagen – auch ein anderes Demokratieverständnis. Deswegen habe ich vorhin in meiner Rede von einer demokratischen Kultur gesprochen.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich finde es nicht besser für eine Demokratie, wenn man die politischen Einigungsprozesse am Aufwand und an der Zeit misst.

(Beifall bei der SPD)

Ich messe politische Einigungsprozesse daran, ob das, worauf man sich geeinigt hat, den Menschen in diesem Land besser nutzt.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Gestatten Sie mir zu der Kritik, die von Herrn Schmalfuß, Herrn Gerstenberg und einigen anderen gekommen ist, Folgendes zu sagen: Wir haben jetzt Konzepte auf den Tisch gelegt, wir haben einiges angestoßen. Geben Sie uns einfach noch fünf Jahre Zeit, vielleicht auch mehr, und wir setzen es um.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Aussprache zur Fachregierungserklärung ist beendet. Ich rufe jetzt den von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entschließungsantrag in Drucksache 4/15840 auf. Ich bitte um mündliche Einbringung. Frau Abg. Mattern.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie haben sicherlich vernommen, dass vor wenigen Minuten in Sevilla die Beratung über die Aberkennung des Welterbetitels für die Landeshauptstadt Dresden begonnen hat.

Meine Damen und Herren, wie auch immer man zu den Gründen für das nunmehr bevorstehende Debakel stehen

mag – sichtbar wird zumindest eines: Die Politik hat es nicht vermocht, den angekündigten Schaden abzuwenden. Genauer: Die Politik hat versagt, sie ist ihrer Aufgabe nicht nachgekommen.

Man kommt einer solchen Aufgabe auch nicht näher, Frau Ministerin Stange, wenn man sich wenige Stunden vor der UNESCO-Tagung in Sevilla den Status eines Shootingstars der Welterbeverteidiger zulegen möchte. Ihre Befürchtung, dass die Aberkennung des Welterbetitels zu einem Dammbruch für neue Bauvorhaben im Elbtal werden könnte, hat Umweltminister Kupfer wegzureden versucht, indem er auf die Wasserschutzrichtlinie verwies, die dem Elbtal als Kulturerbe ausreichend Schutz bieten würde.

Herr Minister Kupfer – er ist jetzt nicht anwesend –, mit Ihrem Verweis auf die Wasserschutzrichtlinie bestätigen Sie im Grunde das, was die Öffentlichkeit und die Medien meinen, wenn sie der sächsischen Politik Provinzialität vorwerfen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Dass sich die Kulturministerin mit diesem Verweis abspeisen lässt, beweist nicht nur, wie provinziell Sie denken, sondern sagt sehr viel, wenn nicht alles über die Zustände der sächsischen Koalition, über den Zustand der SPD innerhalb dieser Regierung.

Um darauf zu sprechen zu kommen, wie es weitergehen kann, haben wir den Entschließungsantrag genau darauf kapriziert, welcher Weg künftig beschritten werden soll. Die bisherige Handlungsunfähigkeit unserer Regierung hat ja dazu geführt, dass die Landeshauptstadt Dresden und auch Sachsen bereits einen Ansehensverlust hinnehmen mussten. Ich glaube, genau das führt zu den weiteren bizarren Vorgängen, die man beobachten kann, wenn man nach Sevilla schaut und sieht, wie seit Tagen die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt dort quasi herumlungert.

Der Versuch von Helma Orosz, die UNESCO von der Schönheit der Brücke zu überzeugen, ist ganz sicher aller Ehren wert; aber die Anstrengungen der Oberbürgermeisterin wirken zumindest auf mich so, als würden buddhistische Mönche ausgerechnet im Vatikan damit beginnen zu missionieren.

Die UNESCO hat vor einem Jahr ihre Kompromisslinie vorgelegt. Dresden hat nichts vorgelegt außer einer Infobroschüre. Der Standpunkt, Dresden sei sowieso ein Kulturerbe, es brauche diesen Titel nicht, zeugt von der Arroganz und dem Zustand der politischen Kultur in diesem Land und meines Erachtens auch von dem Zustand, der inzwischen den verehrten Kollegen Heitmann ereilt hat. Es ist einfach nicht hinnehmbar, mit welcher Arroganz man über einen solchen Titel urteilt. Weltkulturerbe – das ist nicht nur das aus anderen Geschichtsperioden überkommene gemeinsame Erbe der Menschheit, ein Erbe, in dem sie sich erkennt, sondern es ist das erst wirklich, indem wir uns heute zu ihm bekennen, als

Menschheitserbe und nicht nur oder zuerst als eine örtliche Angelegenheit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Dresden hat diesen Titel für seine Gesamtheit gewollt. Damit ist die Stadt eine Verpflichtung eingegangen, die sie selbst nun aufgekündigt hat. Die Politik hat ihre Überheblichkeit und ihre Unfähigkeit, Kompromisse zu finden, zur Schau gestellt. „Was ist uns denn die UNESCO?“ hörte man in Dresden verlautbaren, ganz zu schweigen von den gelegentlichen Angriffen auf Mitglieder des UNESCO-Welterbekomitees, die teilweise rassistische Züge annahmen.

Die UNESCO ist eben eine Weltgemeinschaft, der man nicht nur gleichberechtigt gegenübersteht, sondern zu der man gehört. Es geht also um mehr. Es geht um nichts weniger als um Menschheit. Erst damit verstehen wir, was Weltkultur, Weltkulturerbe bedeuten. Es geht nicht um die Steine, sondern darum, dass wir alle uns darin als Schöpfer eines Größeren, eines Zusammenhangs und Zusammenhalts erkennen.

Man muss nicht jedes Argument für oder gegen eine Brücke teilen, man kann über Verkehrsströme unterschiedlich denken, wie über Tunnel usw.; aber die Frage, ob man sich tatsächlich einfach so fahrlässig, ignorant oder auch unwissend über die Welt hinwegsetzen kann, der man gleichzeitig verdankt, dass die Frauenkirche wieder entstehen konnte, die eben selbst jenen universellen Gedanken verkörpert, den man nun mit Füßen tritt – diese Frage wird eine Beantwortung erfahren müssen, und die Kritik wird festhalten, dass wir es nicht gepackt haben, als es darauf ankam.

Bitte zum Ende kommen.

An die Regierungsbank gewandt, kann ich nur sagen: Sie hätten es anders machen können, mit mehr Geschlossenheit und einem Handlungswillen. Sie haben es nicht getan. Sie sind dafür verantwortlich.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Für die CDUFraktion Herr Prof. Mannsfeld, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal will ich einräumen, dass zur Stunde in der Tat in Sevilla über den Vorgang beraten wird und dass man es demnach durchaus ein Stück weit tolerieren kann, dass nach einer Aussprache über die Kulturpolitik im Lande ein kulturpolitisches Moment in diesem Kontext noch einmal aufgegriffen wird und in einen Entschließungsantrag einmündet. Der Landtag soll feststellen – da sind die ersten sechs Zeilen durchaus eine reelle Beschreibung –, dass mit der Aufnahme in die Welterbeliste die Besonderheit gewürdigt worden ist und dass auf Antrag des Stadt

rates, unterstützt von der Staatsregierung – das stimmt schon mal nicht, wie es hier steht; das war nicht das Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das war die Staatsregierung in Gänze –, das Elbtal diesen Titel erhielt.

Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass man das hier noch einmal – auch der Öffentlichkeit – erklären muss. Eine gewisse Authentizität schwingt mit. Weil ich den Kabinettsbeschluss im Jahre 2003 selbst mit gefasst habe, weiß ich, was in dem Beschluss steht und was der UNESCO über den Bund präsentiert worden ist: dass in diesem Bereich von etwa 20 Kilometer Ausdehnung eine Brücke zu errichten ist in der zu entwickelnden Kulturlandschaft. Auch der Punkt, die genaue topographische Verortung, war bekannt.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Unter diesen Kautelen hat die UNESCO der Stadt Dresden den Welterbetitel verliehen. Es ist jetzt nicht die Zeit und der Ort, im Detail darauf einzugehen, warum es dann zu einer anderen Auffassung gekommen ist. Aber wir sollten an den Anfang die Wahrheit und den Realitätsanspruch stellen, dass diese Dinge bekannt waren.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Ich bedaure es sehr, dass wir heute noch immer über eine solche, wenn man so will, Fehlinterpretation sprechen müssen. Deswegen sind die nachfolgenden Sätze, die unter Ziffer 1 aufgeschrieben worden sind, mehr oder weniger nicht zutreffend. Es ist im Grunde genommen nur der Versuch, die Situation, die unter Punkt 4 beschrieben wurde, von den Füßen auf den Kopf zu stellen. Wir müssen es wieder auf die richtigen Fundamente zurückführen. Wir haben im Grunde als Stadt und auch als Land alle Voraussetzungen eingehalten und geschaffen, damit die Kriterien, die mit der Aufnahme in die Weltkulturerbeliste verbunden sind, eingehalten werden. Sonst hätte man uns seinerzeit diesen Titel nicht verleihen dürfen.

Nun soll die Staatsregierung ersucht werden. Verehrte Kollegen der Linksfraktion, das haben Sie vor zwei Jahren schon mit Anträgen im Umweltausschuss versucht. Diese werden jetzt wieder aufgewärmt und ich kann nur sagen – ich kenne das Interview des Umweltministers nicht –: Fakt ist, dass die gesamten Elbauen Landschaftsschutzgebiet sind.

(Beifall des Abg. Lars Rohwer, CDU)

Wer nicht weiß, was das ist, der schaue einmal in das Naturschutzgesetz, § 19, was danach alles möglich ist und was eben in diesem Gebiet zu tun nicht möglich ist. Jede Befürchtung, es könnte eine wilde Bautätigkeit ausbrechen, entbehrt also jeglicher Grundlage,

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

zumal die Stadt Dresden in der Lage wäre, noch eine spezielle Satzung quasi als zusätzliches Heilmittel anzubringen.