Wenn man nicht beabsichtigt, vor dem In-Kraft-Treten der Entscheidung eingreifen zu wollen, dann ist die blanke Information nicht an Fristen gebunden und kann auch gut danach erfolgen.
Es ist trotzdem Ihr gutes Recht, das zu verlangen. Da bin ich ganz an Ihrer Seite. Ich verlange es auch.
Ich sage nur, dringlich wäre es eigentlich nicht gewesen. Trotzdem hat die regierungstragende schwarz-rote Koalition zugestimmt. Auch sie wird weder an Leseschwäche noch an mangelhaftem Vermögen zum logischen Denken leiden. Auch hier scheint mir die Schlussfolgerung nahe liegend, dass es ihr nun wiederum gar nicht darum geht, ihrem dringenden Herzenswunsch Rechnung zu tragen, sondern dem Minister einen Vorwand zu geben, sich erklären zu können, was er ja auch getan hat.
(Andreas Lämmel, CDU: Kommen Sie doch zum Kern der Sache! – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Seien Sie doch einmal ruhig, Herr Lämmel, es wird eingekreist!)
Ich rede immer noch über das Zustandekommen der Dringlichkeit und des Antrages. Das muss mir doch gestattet sein. Danke.
Das, was eigentlich dazu verlockt hat, das zu machen, ist doch offensichtlich die öffentliche Aufregung, die wir alle zusammen beobachten konnten. Das ging ja in den letzten Tagen durch alle Zeitungen.
Worin liegt denn nun der Kern dieser Entscheidungen? Für mich liegt er darin: Wenn in einer Zeit behaupteter und nachgewiesener knapper Kassen, kurz nach einem verabschiedeten Haushalt, nach brachial durchgesetzter Kürzungspolitik im Bildungsbereich bei den Schulen, nur mit gravierenden Sparauflagen genehmigter oder nicht genehmigter Haushalte, zum Beispiel in den drei
Großstädten, dennoch handstreichartig 300 Millionen Euro aus dem Hut gezaubert werden können, dann – –
Aus der Sicht der Öffentlichkeit, die sich darüber aufregt, sollen in so einer Zeit also, in der so etwas gemacht werden muss, 300 Millionen Euro gar nicht so schlimm sein, nachdem wir eine Woche vorher schon einmal 190 Millionen Euro ebenso bereitgestellt haben. Das ist doch der Grund von Unverständnis, Empörung und Wut. Ich sage Ihnen einmal ganz im Ernst und ohne Spaß: Wenn es uns nicht gelingt, das zu erklären, dann haben wir ein Problem, und zwar alle zusammen, weil diese Politikverdrossenheit von solchen Dingen kommt. Aber zurück zum Thema.
Was mich bewegt, ist das Unverständnis, diese Empörung, diese Wut für eine Entscheidung, für die ich sehr wohl rationale Gründe kenne, gehört habe und zum Teil auch teile. Wir haben den Journalisten Stoff geboten, das hat die Menschen im Land bewegt und uns zur heutigen Debatte verholfen. Damit bin ich am Abschluss meines ersten Punktes. Da kann man mit der Dringlichkeit auch mal nicht ganz so krümelkackerisch umgehen. Hauptsache, wir können darüber reden.
Über den tieferen Hintergrund der ganzen Angelegenheit wurde schon mehrfach geredet. Das kann ich mir sparen. Es handelt sich um Basel II, also den Wegfall der Gewährträgerhaftung. Das heißt, eine politische Entscheidung anderer, also der Europäischen Union, zwingt uns, dass wir etwas unternehmen. Das ist seit Jahren bekannt. Was nun wiederum eine spezifisch sächsische Eigenart ist, ist, dass bei dieser Gelegenheit, bei der alle Länder, die eigene Landesbanken haben oder behalten wollen, zu einem solchen Schritt der Erhöhung des Eigenkapitals gezwungen sind, hier in Sachsen en passant gleich noch andere Dinge mit erledigt werden sollen.
Es geht um Flurbereinigung. Eines der zu vielen Bankinstitute soll vom Markt. Die Sächsische Landesbank ist nun einmal die kleinste und die schwächste unter ihren Schwestern. Also wird versucht, diese Bank in Sachsen auch unter Nutzung ihrer Sekundärschwächen sturmreif zu schießen. Charakterliche Mängel und Verfehlungen des Spitzenpersonals, Personalverquickung, Anhängerkupplung – das kennen Sie alles – kommen in diesem Zusammenhang gerade recht. Wie immer werden gleich noch weitere Rechnungen präsentiert. Ich will hier von diversen Briefen erst gar nicht reden.
Das Problem ist, dass alle anderen Landesbanken – Sie haben es vorhin schon gehört – die unumgänglichen Kapitalerhöhungen mit entsprechenden Beträgen, die teilweise weit über unseren liegen, bereits in aller Stille vollzogen haben. Nur Sachsen hängt hinterher, obwohl auch hier in Sachsen diese Kapitalerhöhung tatsächlich ebenfalls langfristig vorbereitet wurde. Wir waren mit dem Haushalts- und Finanzausschuss vor drei Jahren – Herr Metz, vor drei Jahren? – zusammen in Leipzig und haben uns damals genau darüber informieren lassen,
lang und breit und ausführlich. Es ist nicht so, dass hier niemand gewusst hat, was auf uns zukommt. Das war in der vorigen Wahlperiode. Aber seit wir hier in Dresden Räuber und Gendarm spielen müssen, fehlen offensichtlich Kraft und Nerven für die wirklich wichtigen Entscheidungen.
Ich denke, diese 300 Millionen Euro hätten natürlich bei der Haushaltsaufstellung mit berücksichtigt werden können und müssen.
Das Problem ist – das wäre auch automatisch der Fall gewesen, es wäre gar nicht zu umgehen gewesen –, wenn die Anteilseignerversammlung, die anfangs im März getagt haben sollte, die genau diese Entscheidung fällen sollte, diese nicht zuwege gebracht hat. Die Anteilseigner haben gesagt, dass sie diesem Konzept nicht folgen. Daraufhin waren wir mit dem Haushalt etwas schneller als die Anteilseigner, dann hat sich der Minister irgendeinen Trick einfallen lassen, über den ich jetzt nicht richten will.
Es wurden aber noch ganz andere Summen in diesen Haushalt eingestellt. Wir haben das im Rahmen der Haushaltsverhandlung hier des Langen und des Breiten verhandelt und als PDS-Fraktion einen Alternativantrag zum Haushaltsgesetz eingebracht. Sie werden sich erinnern, da brannte hier auch schon einmal die Luft, weil wir der Meinung waren, dass wir der Exekutive nicht so viel Freizügigkeit gewährleisten wollen. Sie haben das getan. Da bin ich jetzt wieder bei dem Problem. Diese 300 Millionen Euro sind in Wirklichkeit, gemessen an dem, was der Herr Minister im Zugriff haben könnte, wenn er denn wollte, eine sehr kleine Summe, will ich einmal vorsichtig sagen. Wenn das Gesetz, das wir damals vorgeschlagen haben, beschlossen worden wäre, hätte sich der Minister vor der Anteilseignerversammlung zwingend im Parlament – ich sage es einmal in DDR-Deutsch – eine Reisedirektive holen müssen. Da das nicht beschlossen worden ist, brauchte er das nicht und er hat es nicht getan. Es ist sozusagen eine Entscheidung, die, wie sie zustande gekommen ist, mir auch nicht gefallen hat. Sie ist aber zustande gekommen, weil die Koalition es wollte und diesen Freibrief ausgeschrieben hat.
Wenn sich heute die Koalition darüber aufregt, dann sage ich, meine Damen und Herren, bitte, Sie haben hier wissentlich dieser Haushaltsermächtigung, diesem Haushaltsgesetz in diesem Haushalt zugestimmt. Nun jammern Sie nicht, wenn Herr Metz das macht, was er für richtig hält! Sie haben ihn beauftragt, es zu tun. Wenn sich die Opposition darüber aufregt, dann verstehe ich das, dann bin ich auch mit dabei.
Die PDS-Fraktion – wir haben das bereits mehrfach öffentlich erklärt – sieht keine Alternative zur Eigenkapitalaufstockung. Um dort Klarheit zu erlangen, haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht, der den Landtag in diese Entscheidung einbinden will. Er liegt Ihnen vor, ich will nicht viel dazu sagen. Nur nebenbei zu der
ganzen Kritik dazu: Dieses Geld ist dort nicht so schlecht angelegt, wie es viele meinen. Das Geld geht nicht verloren. Es wird umgewandelt in Anteile an der Landesbank. Wenn die Landesbank funktioniert, ist das Geld dort wirklich rentabel angelegt. Das ist das, was ich sehe.
Jetzt besteht für mich die eigentliche Frage darin: Wollen wir die Landesbank oder wollen wir sie nicht? Da frage ich einmal, ob es Alternativen zu diesem Vorschlag gibt, der uns auf dem Tisch liegt, bzw. zu dieser Entscheidung, die getroffen wurde und die wir jetzt nachträglich erklärt bekommen. Auf das Geld selbst haben wir, der Landtag, durch Entscheidung der Koalition weder vor dieser Entscheidung von Herrn Metz, noch nach ihr, Zugriff gehabt. Selbst wenn er anders entschieden hätte, hätten wir das Geld nicht zu unserer Verfügung, Frau Hermenau, das ist mein Problem, das regt mich auf.
Was wäre denn gewesen, wenn ich Ihrem Antrag folgte, Frau Hermenau? Sie werfen im Grunde genommen vor bzw. Sie erwägen, dass es doch vielleicht nicht ganz günstig wäre, dass das Land allein diese Last schultert. Steht das drin?
Dann frage ich einmal: Was wäre denn die Alternative? Die Einbeziehung der kommunalen Anteilseigner? Ich sage Ihnen, die bekommen Sie nicht, und zwar nicht aus bösem Willen, sondern die haben es nicht! Das heißt, wenn wir sie durch Mehrheitsentscheidung hätten zwingen wollen, dass sie sich beteiligen, hätten wir ihnen die letzte Hose heruntergezogen. Das will ich nicht, das will die PDS nicht. Ich nehme einmal an, dass Sie es auch nicht wollen. Aber dann kann man so einen Weg nicht einmal gedanklich nahe legen. Das ist mein Problem mit diesem Antrag.
Die Städte gehen doch im Moment gerade den umgekehrten Weg, weil sie sich so einen Luxus, so etwas zu machen, nicht leisten können. Da verkaufen sie Eigentum, um sozusagen damit ihren Haushalt irgendwie entlasten zu können, damit sie die Genehmigung des RP bekommen. Das ist unser Problem in der Kommune.
Mein Problem ist, wiederum zurück zum Haus: Ich habe immer nur gehört, dass sich hier alle, über Fraktionsgrenzen hinweg, zur Zukunft der Landesbank verständigen. Alle wollen die Landesbank. Aber ich habe auch heute wieder festgestellt und praktisch erlebt, dass fraktionsübergreifend pausenlos dieses Thema benutzt wird, um sich hier zulasten der Bank zu profilieren. Das halte ich für leichtfertig, wenn nicht gar schlimmer.
Die Frage, ob wir die Bank wollen oder nicht, ist für mich die entscheidende Frage; der Rest ist davon abgeleitet.
Nun wurde in aller Eile neben dem Finanzminister von der CDU auch der Wirtschaftsminister von der PDS in die Anteilseignerversammlung berufen – –
Sie sind drin? Das habe ich in einer Presseerklärung gelesen. – Entschuldigung, Herr Jurk, ich gehe aufs Knie. PDS wollte ich nicht sagen; es steht auch richtig hier, ich zeige es Ihnen nachher. – Ich wollte das ja gerade begrüßen.
Also, ich begrüße hier sozusagen in Anbetracht der politischen Verhältnisse die Einführung des Vier-AugenPrinzips; dann wissen Sie immer, was der Kollege tut, und er weiß, was Sie tun. Nun erwarte ich aber als nächsten Schritt, dass in der Konsequenz auch den aktuellen Mehrheiten im Verwaltungsrat Rechnung getragen wird. Ich halte es für unvorstellbar, dass die CDU mit den gravierend veränderten Mehrheiten weiterhin beide Plätze, die dem Landtag zustehen, im Verwaltungsrat besetzt, und ich könnte mir gut vorstellen, dass die stärkste Oppositionsfraktion einen davon übernehmen würde – ich wäre bereit.
Meine Damen und Herren! Wir haben es mit einem sehr vielschichtigen Thema zu tun und wir haben für jeden seiner zeitlichen Aspekte als Landtag ein eigenes Gremium geschaffen.
Erstens: Für die Vergangenheit und die Aufarbeitung der Verfehlungen, Verstrickungen usw. – was natürlich alles aufgeklärt werden muss – haben wir den Untersuchungsausschuss eingerichtet. Der aber hat weder etwas mit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung zu tun noch mit den unumgänglichen Schritten, um demnächst für die Landesbank ein besseres Rating zu gewährleisten. Das muss man ganz klar sagen. Er beschäftigt sich mit Fehlern in der Vergangenheit, die auch ich aufgeklärt wissen will, die mich aber in der Arbeit, für die ich Verantwortung trage, nicht tangieren.
Zweitens: Wir haben für die Gegenwart und das praktische Handeln den Haushalts- und Finanzausschuss. Mit der In-Kraft-Setzung des Haushaltsgesetzes kommt es dort zu einer Arbeitsteilung. Das Ministerium bewirtschaftet den Haushalt im Rahmen seines Vollzuges voll verantwortlich. Die Kontrolle hat der Landtag kraft Beschlusses überwiegend an den Haushalts- und Finanzausschuss delegiert. Damit ist für mich zwangsläufig klar, dass die Dinge im Ausschuss behandelt werden müssen und dort auch hingehören und eigentlich nicht ins Plenum.
Die Debatte heute finde ich in Ordnung, aber das, was mich interessiert, die Details, müssen erst einmal im Ausschuss geklärt werden. Dort ist nun wiederum auf unsere Initiative der Bericht des Ministers zur aktuellen Lage der Sachsen LB seit Monaten fest in die Tagesordnung eingebunden. Er steht immer drin und Sie berichten immer; darüber brauchen wir nicht mehr zu reden, das läuft automatisch. Dort werden wir uns anhören,
was Sie zu sagen haben. Wir werden nachfragen, wieso das Geld so unproblematisch vorhanden gewesen sein kann, woher es kommt und welche Konsequenzen die momentane Entscheidung haben wird, denn sie wird Konsequenzen haben.
Drittens: Für die Zukunft der Bank wiederum haben wir einen eigenen Ausschuss auf Antrag der GRÜNEN und mit breiter parlamentarischer Unterstützung gebildet, diesen Unterausschuss. Wir hatten bisher drei Sitzungen und sind noch gar nicht so weit gekommen – was eigentlich unser Einsetzungsauftrag ist –, dort konstruktive Schritte für die Zukunft der Landesbank zu beraten; es sind noch gar keine Vorschläge eingegangen. Was wir bisher gemacht haben – ich sage es einmal ein bisschen lax –: eine hochwertige Weiterbildung. Wir haben von Vertretern der Bank und der Sachsen-Finanzgruppe die ganze Problematik ausführlich und umfänglich erläutert bekommen – was ich für nicht so problematisch halte, weil dieser Unterausschuss laut Einsetzungsbeschluss erst im September einen Bericht vorlegen soll.
Wenn ich dann von Kollegen auf den Fluren Spekulationen höre, dass dieser Ausschuss im Grunde genommen seine Arbeit schon erledigt hat und dass wir ihn jetzt wieder abschaffen können, dann sage ich: Aber das Ziel ist doch noch keineswegs erreicht. Das beunruhigt mich nicht wirklich, weil ich mir sage, die Themen, die ich hier angesprochen habe – es kommen noch ein paar andere hinzu –, werden von uns, wenn sie nicht im Unterausschuss geklärt werden, selbstverständlich im normalen Haushalts- und Finanzausschuss geklärt, denn dort gehören sie originär auch hin.