Protokoll der Sitzung vom 09.12.2004

die im Geschichtsunterricht gezeigt werden.

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Das Bild von Ihnen, Herr Apfel, die rechte Hand zum Gruß erhoben, ging um die Welt.

(Holger Apfel, NPD: Machen Sie doch eine Anzeige!)

Um es noch deutlicher zu sagen: Auf dem Bundespresseball in Berlin wurde dies als „Sächsischer Gruß“ bezeichnet. Ich schäme mich dafür.

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Hier im Plenum spielen die Vertreter Ihrer Fraktion den Biedermann. Aber wenn es hart auf hart geht, fallen Sie aus der Rolle und zeigen Ihr wahres Gesicht.

Wenn die sächsische Polizei Maßnahmen gegen Personen einer verbotenen rechtsextremistischen Vereinigung ergreift, dann schreien Sie auf. Dann titulieren Sie Maßnahmen des Rechtsstaates als – ich zitiere – „gezielte Provokation“. Wenn Sie draußen im Lande tönen, dann zeigen Sie Ihr wahres Gesicht.

Sie hätten den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses glaubhafter vorgetragen, wenn Sie sich auch von den „Skinheads Sächsische Schweiz“ distanziert hätten.

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Joseph Goebbels hat den Einzug der Nationalsozialisten in den Reichstag im Jahre 1928 mit folgenden Worten kommentiert. Ich zitiere aus dem Aufsatz „Was wollen wir im Reichstag?“ in „Der Angriff“ vom 30. April 1928. Also Goebbels: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahm zu legen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrtkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre Sache. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren.“

Ihr Bundesvorsitzender sagte nach dem Einzug in den Sächsischen Landtag in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“: „Wir erstreben zwar die Überwindung der BRD, aber so lange sie de facto existiert, werden wir ihre Gesetze befolgen … Es ist unser Ziel, die BRD ebenso abzuwickeln, wie das Volk vor 15 Jahren die DDR abgewickelt hat. Das geht offensichtlich auch über die Wahlurne.“

(Heinz Eggert, CDU: Hört, hört!)

Goebbels schreibt weiter: „Wenn es uns gelingt, bei diesen Wahlen 60 bis 70 Agitatoren und Organisatoren in die verschiedenen Parlamente hineinzustecken, so wird der Staat selbst in Zukunft unseren Kampfapparat ausstatten und besolden.“

Sie schreiben auf den Internet-Seiten: „Mandate, Gelder und Ressourcen werden neu verteilt … Erfolg hat, wer angreift. Jetzt müssen aus der Begeisterung des Augenblicks die Instrumente, Kader und Strukturen künftiger Siege geschmiedet werden.“ Ihr Landesvorsitzender spricht seit langem vom „bevorstehenden Endkampf“. Im September haben Sie in der „Deutschen Stimme“ den Anfang vom Ende der Bundesrepublik herbeischreiben wollen.

Meine Damen und Herren! Goebbels endete damals mit den Worten: „Wir kommen als Feinde. Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.“ Wie der Wolf – so kommen Sie von der NPD. Sie wollen wieder der Wolf sein, von dem Goebbels vor siebzig Jahren sprach. „Sächsischer Wolf“, das war übrigens der Name der Gaststätte, in der Sie Ihre erste Pressekonferenz inszenierten. Sie sagten ganz unverhohlen auch hier im

Landtag, dass Sie Fundamentalopposition betreiben wollen. „Heute Sachsen, morgen Deutschland“, das ist Ihre Parole.

Wir alle wissen, wie die historische Katastrophe in Deutschland begann. „Kampf um die Parlamente“ lautet die Strategie der NPD, aber wir werden alle Versuche, die Geschichte zu wiederholen, nicht zulassen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Unsere Gesellschaft ist getragen von einer gefestigten demokratischen und freiheitlichen Kultur. Sachsen ist ein weltoffenes Land und das wird auch so bleiben.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN sowie vereinzelt bei der PDS)

Wir wollen ein freundliches und lebenswertes Sachsen. Wir wollen den Sachsen und allen, die zu uns kommen, Mut machen. Wir wollen jedem bei uns die Möglichkeit geben, seine Ideen von einem glücklichen und erfüllten Leben zu verwirklichen.

Wir alle wissen, mit welchem Mut die Menschen gerade hier in Sachsen für eine freiheitliche und offene Gesellschaft auf die Straßen gegangen sind. Manche der Abgeordneten hier im Saal waren damals unter den Demonstranten und haben der politischen Verfolgung ins Gesicht gesehen. Das sollten wir nicht vergessen und wir sollten es nicht missachten, denn die demokratischen Parteien in diesem Haus haben gemeinsame Ziele.

Wir alle sind von dem Willen geleitet, der Gerechtigkeit, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung zu dienen. So sagt es die Verfassung unseres Freistaates. Die Freiheit von Willkür des Staates, die Würde jedes einzelnen Menschen, Toleranz gegenüber Religionen, anderen Kulturen und Weltanschauungen – das sind die gemeinsamen Werte, die uns alle vor den Bürgerinnen und Bürgern in die Verantwortung nehmen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die neue Staatsregierung stellt sich der Verantwortung. Wir sind entschlossen, die Probleme anzupacken. Wir haben zügig mit den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag begonnen und wir haben gründlich und solide verhandelt. Denn die Wähler wollen keinen Streit, sondern die Erfolge unseres Landes gemeinsam fortsetzen. Das werden wir tun.

Die Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen haben sich ein anspruchsvolles Programm gegeben, anspruchsvoll wie das Land und die Menschen. Wir übernehmen Verantwortung für mehr Arbeit, für eine höhere Qualität der Bildung und für gerechte Chancen für jeden Einzelnen.

Die Staatsregierung wird auch in Zukunft mit allen Bürgern in diesem Land gemeinsam anpacken. Wir wollen auf unseren Erfolgen weiter aufbauen. Aber wir brauchen dafür neuen Schwung; denn der Aufbau im Osten braucht einen zweiten Aufbruch. Solidarpakt I und II sind eine einmalige Anstrengung aller Deutschen. Wir

erhalten große Hilfe, wir wissen aber auch um die Verpflichtungen.

Wir können stolz darauf sein, dass wir diese Verpflichtungen trotz aller Anstrengungen immer beherzigt haben. Wenn es immer heißt, allein Sachsen verwende die Mittel aus dem Solidarpakt sachgerecht, wenn alle Gutachten darauf hinweisen, dass allein Sachsen mit den Geldern aus dem Solidarpakt Investitionen finanziert hat, dann ist das das Markenzeichen einer nachhaltigen und soliden Finanzpolitik in unserem Land.

(Beifall bei der CDU)

Es ist aber vor allem Ausdruck einer gesamtdeutschen Verantwortung. Gelder, die uns andere zur Verfügung stellen, nicht in laufenden Ausgaben wirkungslos versickern zu lassen – das ist Ausdruck einer fairen und selbstbewussten Art, Hilfe anzunehmen. Und es ist diese faire und selbstbewusste Haltung, auf die wir stolz sein sollten. Die sachgerechte Verwendung ist der beste Dank für die großzügige Unterstützung, die wir erhalten.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Gisela Schwarz, SPD)

Diese Dankbarkeit haben wir im Übrigen auch nach der Flut bewiesen.

Die Staatsregierung wird dieser Verantwortung vor der Gemeinschaft auch in Zukunft gerecht werden. Auch die Fraktionen, die nicht die Regierung tragen, werden sich an diesem Anspruch messen lassen müssen.

Für die Staatsregierung gilt auch in den kommenden Jahren: weiterhin höchste Investitionsquote und weiterhin beispielhaft niedrige Pro-Kopf-Verschuldung. Denn eines zeigt der Vergleich mit anderen Bundesländern ganz deutlich: Sparen ist kein kleinkarierter Selbstzweck, Sparen sichert Wohlstand und bedeutet Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir in Sachsen uns in der gleichen Weise verschuldet hätten wie die anderen neuen Bundesländer, dann müssten wir jetzt Jahr für Jahr 660 Millionen Euro mehr Zinsen zahlen. 660 Millionen Euro pro Jahr – davon finanzieren wir gegenwärtig die Kitas, das Landeserziehungsgeld, den Schulhausbau, die Sportförderung, die Schulen in freier Trägerschaft, die Zuschüsse für die Kulturräume sowie Oper, Staatsschauspiel und Landesbühnen. Meine Damen und Herren, 660 Millionen Euro pro Jahr mehr Spielraum – das ist das, worum uns andere beneiden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, andere haben keine Möglichkeit mehr, über die Kofinanzierung Wirtschaftsförderung zu betreiben. Wir haben gerade wieder – darüber sind wir glücklich – zusätzliche GA-Mittel vom Bund erhalten. Das sind Mittel, die andere nicht abrufen können, weil sie sie nicht gegenfinanzieren können oder weil sie keine Investoren haben.

Sparen ist also nicht unattraktiv, Finanzen sind keine Nebensache. Mit unserer Haushaltspolitik sorgen wir für

mehr Chancen in unserem Land und vor allem für mehr Gerechtigkeit gegenüber den nachkommenden Generationen. Wir wollen unseren Kindern und Enkeln keinen Rucksack aufbürden, den sie nicht tragen können. Ich halte es – das will ich ganz deutlich sagen – für unfair und unsozial, auf Kosten der nachfolgenden Generationen zu leben.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb wollen wir auch trotz der sich ändernden Rahmenbedingungen die Neuverschuldung bis 2009 auf Null absenken, obwohl die finanzielle Ausstattung der öffentlichen Hand weiter zurückgeht und trotz der demografischen Entwicklung.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass unsere Bevölkerung schrumpft. Jährlich verlassen viele junge Menschen Sachsen und suchen ihre Perspektive woanders. Glücklicherweise kommen fast ebenso viele junge Menschen zu uns, weil sie in Sachsen die Bedingungen finden, die sie für ihre Arbeit, ihre Ideen oder ihre Lebensvorstellungen brauchen. Gerade die Universitäten und Hochschulen sind ein großer Anziehungspunkt.

Wir werden dafür arbeiten, dass wir noch attraktiver werden. Wir wollen dafür sorgen, dass auch in Zukunft jeder, der etwas bewegen will, nach Sachsen kommen oder vor allen Dingen auch in Sachsen bleiben kann. Trotzdem werden wir die Entwicklung mittelfristig nicht völlig umkehren können; denn die wichtigste Ursache für den Bevölkerungsrückgang in Sachsen insgesamt sind fehlende Geburten. Es werden zu wenige Kinder geboren. Diese Tendenz lässt sich kurzfristig nur abmildern. Selbst wenn sich die Zahl der Geburten pro Frau in den nächsten Jahren verdoppeln würde, wären nachhaltige positive Effekte auf die Bevölkerungsstruktur erst in 40 bis 50 Jahren zu erwarten.

Die Politik muss sich dieser Situation stellen. Wir dürfen nicht länger vor der demografischen Entwicklung die Augen verschließen. Wir dürfen auch nicht glauben, uns stünden politische Instrumente zur Verfügung, mit denen wir diese Entwicklung in den kommenden Jahren völlig verändern könnten. Aber wir müssen und können sie abschwächen. Wir werden neue Antworten finden, wie wir die bestehende Infrastruktur verändern können; denn nicht nur die Auslastung wird sich verändern – mit sinkender und alternder Bevölkerung verändern sich auch die Bedürfnisse der Menschen.

Darauf werden wir uns neu ausrichten und das Vorhandene neu gestalten. Wir werden Antworten geben, wie wir mit der sich verändernden Finanzausstattung umgehen und die kommunale Seite in diesen Prozess einbeziehen; denn die sinkende Bevölkerungszahl und die abnehmende Zahl der Erwerbstätigen werden Veränderungen auf der Einnahmenseite von Land und Kommunen bewirken. Der Bund-Länder-Finanzausgleich ist stark einwohnerbezogen. Freistaat und Gemeinden sind und bleiben faire Partner. Wir werden uns – gerade bei dieser Herausforderung – nicht auseinander dividieren lassen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die Staatsregierung ist angetreten, um die Herausforderungen anzunehmen und unter den neuen Rahmenbedingungen die Zukunft unseres Landes zu gestalten – für mehr Arbeit, mehr Bildung und mehr Gerechtigkeit.

Wir haben in den vergangenen Jahren solide und tragfähige Grundmauern errichtet, auf denen wir weiter aufbauen wollen. In vielen Bereichen haben wir westdeutsches Niveau erreicht bzw. stehen sogar besser da. Das sind auch Dinge, die das Leben lebenswert machen. Die Versorgung unserer Kinder im Vorschulalter ist im weltweiten Vergleich Spitze.